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Vollständige Version anzeigen : Bushido Heute - Wert-Voll ? - oder veraltet ?



Uwe Hasenbein
25-02-2009, 04:15
Hallo zusammen,
mich interessiert eure Meinung ob für euch die alten Kampfkünste Wert-Voll ( absichtlich so geschrieben ) sind oder ob ihr Sie für eine überalterte Denkweise haltet. Hier als erstes möchte ich euch in meine Gedanken einladen.

Bushido Heute und jetzt

Auch in der Gegenwart, in einer Zeit des immer schneller voranschreitenden Wandels sind die Menschen in der Leistungsgesellschaft auf der Suche nach Werten und Strategien. Hier kann Bushido Orientierung sein, durch eine Rückbesinnung auf ausserwirtschaftliche Aspekte und eine starke Fokussierung auf den Einzelnen in seiner Interaktion mit anderen.
Eine so geschaffene Basis stärkt die Handlungen. Fälschlicherweise wird oft die Handlung selbst schon als die Basis angesehen.

Dazu vielleicht ein Beispiel: Ich denke das jeder von euch der schon eine Weile übt bemerkt hat, dass seine Wahrnehmung ändert. Die Wahrnehmung für seinen Körper, Emotionen sowie die für seine Partner und die Bewegung von Anderen. Man lernt in der KK mehr und mehr den " anderen zu lesen.

Nun wahrnehmen kommt in meinem Verständnis von - Für Wahr nehmen - und schließlich steuert unsere Wahrnehmung unsere Handlungen, da wir nur auf das reagieren und agieren, was für Für Wahr nehmen und halten.

Also ist z.Bsp. für mich die Lehre auf dem Weg zu sich selbst DO immer noch aktuelle.

Ich freue mich auf eure Meinungen und einen anregenden Diskurs.

LG
Kensai Uwe Hasenbein

pilger
26-02-2009, 10:04
Hallo Uwe,

hmm, ..., vielleicht liege ich komplett falsch, aber interessiert jemanden, der (alle ?) seine Graduierungen in in seinem Profil auflistet und dann auch noch seinen Post mit Kensai (anderes Wort für Kensei) abschließt, wirklich die Meinung der anderen zu diesem Thema. Oder geht es Dir vielleicht mehr darum, eben Deine Meinung anderen "weniger Wisseneden" darzulegen?
Das interessiert mich jetzt wirklich! Denn ich habe manchmal das Gefühl, dass jemand, der seine "Erfolge" so nach außen transportiert (s. Profil) sich VIELLEICHT nicht wirklich so sehr für die Meinungen der anderen interessiert. Zumindest sind mir schon einige Menschen in der Richtung über den Weg gelaufen. Natürlich schere ich nicht alle über einen Kamm. Daher frage ich nur vorsichtig nach :)

Falls Dich die Meinung anderer also doch wirklich und ernsthaft interessiert, möchte ich mich für meine dann falsche Vermutung aufrichtigst entschuldigen.

Wie bist Du eigentlich zu dem Titel Kensei gekommen? Laut Wiki ist Kensei ja folgendes:

"Kensei (jap. 剣聖, wörtlich: „Schwertheiliger“) ist ein japanischer Ehrentitel, der an Krieger mit legendären Fähigkeiten in der Schwertkampfkunst vergeben wurde.

Zu den berühmtesten Kensei gehört Miyamoto Musashi, auch wenn nicht alle Historiker ihm diesen Begriff zuordnen würden. Andere historische Kensei sind oftmals Gründer von berühmten Schwertkampfschulen. Es ist auch eine Art ungeschriebenes Gesetz, dass der Titel so viel Ehre mit sich bringt, dass es nie mehr als einen Kensei zur selben Zeit geben soll."

Grüße
Pilger

bluemonkey
26-02-2009, 20:38
Hallo zusammen,
mich interessiert eure Meinung ob für euch die alten Kampfkünste Wert-Voll ( absichtlich so geschrieben ) sind oder ob ihr Sie für eine überalterte Denkweise haltet.

Einer meiner Lehrer beschreibt das Ziel traditioneller Kampfkunst ungefähr folgendermaßen:

"Kläre Dich selbst, kläre Deine Beziehungen, finde Deine Aufgabe in der Gesellschaft!"

Also auch als Weg zur Selbsterkenntnis und darüber hinaus zur Verantwortlichkeit.

So betrachtet erscheinen mir traditionelle Künste auch heute noch äußerst sinnvoll!:)

Wenn es allerdings nur um Nostalgie, komische Riten, Klamotten, Egomanie und Erfüllung von Macht- und Kontrollphantasien geht, und die losgelöste Entwicklung von Sekundärtugenden geht, dann finde ich das (für mich persönlich:)) eher unnötig bis schädlich;)


„Tradition ist eine Laterne, der Dumme hält sich an ihr fest, dem Klugen leuchtet sie den Weg.”

George Bernard Shaw

LoneWolf
26-02-2009, 20:41
@bluemonkey

Das würde ich für mich persönlich ganz genauso sehen!

DonBorgetti
26-02-2009, 22:46
Für mich stellt der Bushido eigentlich eher ein veraltetes Mittel zur Unterdrückung der Kriegerklasse dar, die es heute nicht mehr so gibt bzw. haben heute Soldaten ein anderen sozialen Status als damals die Samurai. Immerhin hatten die damals meistens aus wohlhabenden Familien.

Durch den Bushido sind die Krieger an sich bedingungslos an ihren Herren gebunden. Wer gegen ihn verstößt darf sich hinrichten. Sonst ist man selber nicht nur ehrenlos sondern gleich die ganze Familie.

Für einen Westeuropäer ist man hier stark durch die Aufklärung geprägt, die nunmal das Individuum an sich sicht und auch grade dieses Individuum eigentständig denken und handeln kann.

In der heutigen anonymen Gesellschaft hingegen arbeitet man viel zu häufig nur weil es eben nicht ohne geht, sonst verliert man sozialen Status (man wird sozusagen "entehrt").

Durchaus positiv finde ich beim Bushido jedoch die Tugenden/Prinzipien die vermittelt werden, besonders gegenüber anderen Menschen etwa wie Respekt, Höfflichkeit, Ehrlichkeit und Würde.

Erkan.S
27-02-2009, 00:18
Würde sich jeder die Tugenden wie:
1. Gi (義): Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit
2. Yu (勇): Mut
3. Jin (仁): Güte
4. Rei (礼): Höflichkeit
5. Makoto (誠) oder Shin (真): Wahrheit und Wahrhaftigkeit
6. Meiyo (名誉): Ehre
7. Chūgi (忠義): Treue oder auch Chū (忠): Pflicht und Loyalität
(quelle:wikipedia)
...zuherzen nehmen würde währen wir wesentlich weiter als wir es heute sind.
Alleine 1,3,4,5,würden reichen um das zusammenleben aller Menschen um einiges schöner zugestalten.
oder seid ihr da anderer Meinung.

LoneWolf
27-02-2009, 04:25
Alleine 1,3,4,5,würden reichen um das zusammenleben aller Menschen um einiges schöner zugestalten.
oder seid ihr da anderer Meinung.

Na, ja… so einfach ist das menschliche Zusammenleben eben nicht als, dass es sich an kleinen Regeln orientieren kann. Beispielsweise Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit. Was für den einen Aufrichtig und Gerecht wirkt kann für den anderen genau das Gegenteil bedeuten.

Die Höhner singen da so ein Lied: Leve un' leve losse“, ... ;)

Ich persönlich glaube ja, dass wir hier im Westen gerne dazu neigen die Samurai- Ära zu romantisieren. Nüchtern betrachtet waren sie Krieger die von den Herrn da oben in Schlachten geschickt wurden. Sie töteten und wurden getötet. Nur waren damals die Waffen andere. In den heutigen Kriegen bist Du nur Material ohne Namen und wenn es Peng macht bist Du tot. Vermutlich weißt Du noch nicht mal wen Du getötet hast wenn man auf ein Knöpfchen gedrückt hat.

Uwe Hasenbein
04-03-2009, 08:38
Hallo Uwe,

hmm, ..., vielleicht liege ich komplett falsch, aber interessiert jemanden, der (alle ?) seine Graduierungen in in seinem Profil auflistet und dann auch noch seinen Post mit Kensai (anderes Wort für Kensei) abschließt, wirklich die Meinung der anderen zu diesem Thema. Oder geht es Dir vielleicht mehr darum, eben Deine Meinung anderen "weniger Wisseneden" darzulegen?
Das interessiert mich jetzt wirklich! Denn ich habe manchmal das Gefühl, dass jemand, der seine "Erfolge" so nach außen transportiert (s. Profil) sich VIELLEICHT nicht wirklich so sehr für die Meinungen der anderen interessiert. Zumindest sind mir schon einige Menschen in der Richtung über den Weg gelaufen. Natürlich schere ich nicht alle über einen Kamm. Daher frage ich nur vorsichtig nach :)

Falls Dich die Meinung anderer also doch wirklich und ernsthaft interessiert, möchte ich mich für meine dann falsche Vermutung aufrichtigst entschuldigen.

Wie bist Du eigentlich zu dem Titel Kensei gekommen? Laut Wiki ist Kensei ja folgendes:

"Kensei (jap. 剣聖, wörtlich: „Schwertheiliger“) ist ein japanischer Ehrentitel, der an Krieger mit legendären Fähigkeiten in der Schwertkampfkunst vergeben wurde.

Zu den berühmtesten Kensei gehört Miyamoto Musashi, auch wenn nicht alle Historiker ihm diesen Begriff zuordnen würden. Andere historische Kensei sind oftmals Gründer von berühmten Schwertkampfschulen. Es ist auch eine Art ungeschriebenes Gesetz, dass der Titel so viel Ehre mit sich bringt, dass es nie mehr als einen Kensei zur selben Zeit geben soll."

Grüße
Pilger
Hallo Pilger,
ich weiß das dieser Auftritt durchaus polarisierend ist. Ich bin allerdings wirklich sehr an der Meinung anderer interessiert. Nur durch die Vernetzung mit anderen und deren Impulse kann man sich weiterentwickeln. Ich wollte einfach offen in dieses Forum eintreten daher benutze ich meinen richtigen Namen und kein " alias Profil " und ich habe einfach alle Informationen gegeben, die ich für das Hauptthema passend hielt.
Mehr wollte ich damit nicht erreichen.

Den Titel Kensai habe ich von meinem Lehrer und dessen Verband bekommen. Du hast recht mit der Bedeutung. Es ist ein verliehener Ehrentitel.
( Gemessen an dem alten Vorbild entspricht er aber nur der Auszeichnung eines Großmeisters - andere Systeme verleihen halt dafür den 5. - 10. Dan etc. )
Ihn an seinen Namen anzuhängen ist nach der Verleihung Pflicht.
Es hat damit zu tun geradeheraus Stellung zu Beziehen, genauso wie du in anderen Kampfkünsten ja auch sichtbar deine Graduierung trägst. Mehr nicht.

Ich freue mich auf anregenden Austausch mit dir und den anderen.

Herzliche Grüße
Kensai Uwe Hasenbein

Uwe Hasenbein
04-03-2009, 08:46
Für mich stellt der Bushido eigentlich eher ein veraltetes Mittel zur Unterdrückung der Kriegerklasse dar, die es heute nicht mehr so gibt bzw. haben heute Soldaten ein anderen sozialen Status als damals die Samurai. Immerhin hatten die damals meistens aus wohlhabenden Familien.

Durch den Bushido sind die Krieger an sich bedingungslos an ihren Herren gebunden. Wer gegen ihn verstößt darf sich hinrichten. Sonst ist man selber nicht nur ehrenlos sondern gleich die ganze Familie.

Für einen Westeuropäer ist man hier stark durch die Aufklärung geprägt, die nunmal das Individuum an sich sicht und auch grade dieses Individuum eigentständig denken und handeln kann.

In der heutigen anonymen Gesellschaft hingegen arbeitet man viel zu häufig nur weil es eben nicht ohne geht, sonst verliert man sozialen Status (man wird sozusagen "entehrt").

Durchaus positiv finde ich beim Bushido jedoch die Tugenden/Prinzipien die vermittelt werden, besonders gegenüber anderen Menschen etwa wie Respekt, Höfflichkeit, Ehrlichkeit und Würde.
Hallo Don,
ich bin ganz bei dir. Die Gedanken des Bushido wurden von den Herrschern missbraucht in Ihrer Deutung der Treue zu dem Lehnsherren. Ich habe es wie folgt gelernt: Chugi - die Treue - soll man seinem höchsten Herren geben. Der "höchste" Herr bist du selbst. Es geht hier mehr um die Treue zu sich selbst, seinen Visionen, Idealen, Zielen.
So betrachtet macht es für mich durchaus Sinn - und ist Impuls für mich.

Liebe Grüße
Kensai Uwe Hasenbein

Uwe Hasenbein
04-03-2009, 09:16
Würde sich jeder die Tugenden wie:
1. Gi (義): Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit
2. Yu (勇): Mut
3. Jin (仁): Güte
4. Rei (礼): Höflichkeit
5. Makoto (誠) oder Shin (真): Wahrheit und Wahrhaftigkeit
6. Meiyo (名誉): Ehre
7. Chūgi (忠義): Treue oder auch Chū (忠): Pflicht und Loyalität
(quelle:wikipedia)
...zuherzen nehmen würde währen wir wesentlich weiter als wir es heute sind.
Alleine 1,3,4,5,würden reichen um das zusammenleben aller Menschen um einiges schöner zugestalten.
oder seid ihr da anderer Meinung.
Hallo Erkan,
ich bin in der Einstellung ganz bei dir. Es geht für jeden darum ein resonanzfähiges Wertemodell zu finden, dass der Orientierung dienen kann.
Ich erlebe es in meiner Praxis als Trainer/Coach in Führungskräfte Seminaren immer wieder, dass die Damen und Herren außer wirtschaftlichen Wertevisionen keine besitzen.
Daher fallen auch Lösungsansätze schwer. Und ich finde das Bild der Laterne, was hier erwähnt wurde sehr sehr passen, danke dafür.

Nehmen wir mal als Beispiel die "Wahrhaftigkeit":
für mich bedeutet das die Wahrheit in den Handlungen und Bedingungen zu finden. Im Moment fallen alle in den Chor der Krisenbeschwörung ein. Es ist ja auch so schön einfach fremdbestimmt die Schuld zu verteilen.
Die Anwendung der Wahrhaftigkeit bedeutet für mich persönlich: Es gibt keine Krisen. Es gibt lediglich Situationen, die nicht mit unseren Erwartungshaltungen und Zielvorstellungen übereinpassen. Mit diesem Ansatz finde ich fällt es leichter Lössungen zu finden. Wichtig für selbstbestimmtes Handeln und zielorientiertes Denken ist es, das was wahr ist von dem zu trennen, was ich an Gedanken und Interpretationen hineingebe. Nicht der Chef ist der Chef, sondern lass die Wahrheit dein "Chef" sein.
Ich schließe mich dir hier voll an, dass ein wenig "Tugendhaftigkeit" besonders den Menschen die andere anleiten sollen gut tun würde.

Liebe Grüße
Kensai Uwe Hasenbein

pilger
04-03-2009, 10:13
Hallo Pilger,
ich weiß das dieser Auftritt durchaus polarisierend ist. Ich bin allerdings wirklich sehr an der Meinung anderer interessiert. Nur durch die Vernetzung mit anderen und deren Impulse kann man sich weiterentwickeln. Ich wollte einfach offen in dieses Forum eintreten daher benutze ich meinen richtigen Namen und kein " alias Profil " und ich habe einfach alle Informationen gegeben, die ich für das Hauptthema passend hielt.
Mehr wollte ich damit nicht erreichen.

Den Titel Kensai habe ich von meinem Lehrer und dessen Verband bekommen. Du hast recht mit der Bedeutung. Es ist ein verliehener Ehrentitel.
( Gemessen an dem alten Vorbild entspricht er aber nur der Auszeichnung eines Großmeisters - andere Systeme verleihen halt dafür den 5. - 10. Dan etc. )
Ihn an seinen Namen anzuhängen ist nach der Verleihung Pflicht.
Es hat damit zu tun geradeheraus Stellung zu Beziehen, genauso wie du in anderen Kampfkünsten ja auch sichtbar deine Graduierung trägst. Mehr nicht.

Ich freue mich auf anregenden Austausch mit dir und den anderen.

Herzliche Grüße
Kensai Uwe Hasenbein


Na dann viel Spaß beim diskutieren und philosophieren :)

Ein wenig Senf von mir "zum Thema" ?? :

Ich betreibe die Kampfkunst und die anderen Künste, die in dem von mir betriebenen Stil damit einhergehen, vor allem zur persönnlichen Weiterentwicklung auf geistiger und körperlicher Ebene. Weniger, um mich in einer eventuell mal auf mich zu kommenden Auseinandersetzung wehren zu können. Das konnte ich auch schon ganz gut, bevor ich mit Tai Chi Chuan anfging. Denn dazu reichten meine Kenntnisse aus Judo/Jujutsu und Kickboxen idR aus.

Der Grund, mit Tai Chi Chuan zu beginnen war vorrangig eine Suche nach einer Methode, meinen Geist zu öffnen, mit versteckten oder offenen Aggressionen besser umgehen zu lernen und gleichzeitig den Körper auf sanfte Weise zu trainieren. Denn harte Methoden hatte ich hinter mir (ich meine nicht Judo, aber Kickboxen und schweres Hanteltraining) - mit Verletzungen, mit deren Spätfolgen ich bis heute noch ab und an zu tun, ja teilweise zu kämpfen habe.
Jedesmal z.B., wenn mein kleines Ego wieder groß wird und ich deshalb aus falschem Ehrgeiz heraus zu viel Gas im Partnertraining oder bei den Tritten gebe, merke ich den lieben netten Bandscheibenvorfall von vor Jahren! Und das bringt mich dann schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Wie im Moment auch gerade mal wieder, der Rücken schreit "Mach langsam!!!"

Natürlich interessiere ich mich für die Wurzeln "meiner" Kampfkunst, sogar riesig, denn ich interessiere mich für MArtial Arts seit ich Kind bin, so natürlich auch für die Anwendungen der Form meiner "jetzigen" KAmpfkunst und ich lasse es auch gerne mal mit Partner krachen. ABER es ist für mich wichtig, dabei meine eigentliche Intension im Auge zu behalten. Tue ich das nämlich nicht, weil´s Ego mal wieder groß wird und mir zeigen will, was ich doch für ein doller Kämpfer bin ;) spätestens dann melden sich die alten Verletzungen und zeigen mir, warum ich die Sache eigentlich tue. Zwar eine schmerzhafte, aber dafür sehr wirkungsvolle Methode, mich wieder zur Besinnung zu bringen.

Was das mit dem Weg des Bushido und den Werten zu tun hat? Für mich sehr viel. Ich übe die Künste, um mich selbst zu kultivieren und so das "innere Schlachtfeld" ein wenig im Zaum zu halten ;) Dadurch gelingt es mir immer mehr, mich im Umgang mit anderen selbst etwas mehr zurückzunehmen, ein wenig hilfsbereiter zu sein, liebevoller mit den Mitmenschen umzugehen und mich allgemein im Leben nicht mehr ganz so wichtig zu nehmen :)

Noch mal kurz zum Thema Auseinandersetzungen: Sieh an sieh an, je länger ich mich in den Künsten übe, um so friedlicher kommt die Umwelt auf mich zu. Und warum? Sicher nicht, weil man denkt: "Oh Vorsicht, der hat bestimmt was drauf", nein nein, daran liegt´s nicht. Es liegt daran, dass ich anders auf meine Mitmenschen zugehe, nämlich in einer friedfertigeren und harmonischeren Art. Ohne die Arroganz und ohne das zu viel an Aufplustern, Sachen die ich früher gerne immer mal ausstrahlte. Und es wird mir immer bewusster, dass man das erhält, was man gibt. Spieglein Spieglein ...

Herzliche Grüße
Pilger

PS: Meinen richtigen Namen findest Du derzeit bei Kampfkunst-ezine.de, in dem kleinen Artikel über den Lee Stil ;)

Uwe Hasenbein
04-03-2009, 11:07
Hallo Pilger,
da haben wir interessante Parallelen.
Auch bei mir viel der wirkliche Zugang zur Kampfkunst über die Beschäftigung mit Tai Chi und Qui Gong.
Erst die Beschäftigung mit den weichen Künsten hat mir den Wert der vorherigen Arbeit und dessen Fehlleitungen aufgezeigt.
Dazu ein passendes Zitat, dass ich einmal von einem meiner Lehrer bekommen habe in Punkto fehlgeleiteter Ehrgeiz:

Das Gras wächst auch nicht schneller wenn man daran zieht.

Auf Bald
Kensai Uwe Hasenbein

pilger
04-03-2009, 11:20
Hallo Pilger,
da haben wir interessante Parallelen.
Auch bei mir viel der wirkliche Zugang zur Kampfkunst über die Beschäftigung mit Tai Chi und Qui Gong.
Erst die Beschäftigung mit den weichen Künsten hat mir den Wert der vorherigen Arbeit und dessen Fehlleitungen aufgezeigt.
Dazu ein passendes Zitat, dass ich einmal von einem meiner Lehrer bekommen habe in Punkto fehlgeleiteter Ehrgeiz:

Das Gras wächst auch nicht schneller wenn man daran zieht.

Auf Bald
Kensai Uwe Hasenbein


Hallo Uwe, (ist Uwe ok, oder soll Kensai davor??)

der Vergleich ist sehr schön. Wenn ich ihn weiter spinne fällt mir dazu ein:

Und wenn ich glaube noch stärker ziehen zu müssen, dass es endlich wächst, reisse ich es lediglich ab.

Grüße
Pilger

Uwe Hasenbein
04-03-2009, 11:32
Hallo Pilger,
Uwe ist völlig ok ( lacht )
Vorallem reißt es nicht nur ab sondern man verliert seine Wurzeln.

Lieben Gruß
Uwe

Robb
04-03-2009, 11:39
Das Gras wächst auch nicht schneller wenn man daran zieht.

entschuldigt wenn ich in eurer Gespräch mitschreibe. Als Hobby Gärtner kann ich bestätigen das wenn man "am Gras od. dem Stamm einer Pflanze wackelt diese dann kräftiger wird." Das könnte man vergleichen mit dem natürlichen Wind. Durch die Bewegung ändern(verstärkt) sich die Außenhaut-Gewebe der Pflanze.

Uwe Hasenbein
04-03-2009, 11:53
Hallo Rob,
schön das du dich in das Gespräch einbringst.
Der Wind kann sicherlich fördernd und fordernd wirken, aber der Sturm entwurzelt.

Ich bekam das Zitat gesagt zu einer Zeit in der ich mit aller Macht Entwicklung vorcieren wollte - und ich denke mein Lehrer wollte mir damit nur sagen, dass diese Verbissenheit dem Ziel nicht zuträglich ist.

Ich finde deine Ergänzung passt gut, denn ganz ohne Anforderung keine Entwicklung

Lieben Gruß
Kensai Uwe Hasenbein

pilger
04-03-2009, 14:22
entschuldigt wenn ich in eurer Gespräch mitschreibe. Als Hobby Gärtner kann ich bestätigen das wenn man "am Gras od. dem Stamm einer Pflanze wackelt diese dann kräftiger wird." Das könnte man vergleichen mit dem natürlichen Wind. Durch die Bewegung ändern(verstärkt) sich die Außenhaut-Gewebe der Pflanze.

Hallo Robb,

wir sind in nem Board und führen ja keine persönliche Unterhaltung zu zweit, warum also entschuldigen ;)

Wie stehst Du zu Sachen wie Werte in der Kampfkunst? Ich sehe Du boxst. Dient es rein der körperlichen Fitness oder was sind Deine persönlichen Gründe?

Grüße
Pilger

Robb
04-03-2009, 15:09
Die Werte des Bushido od. Samurai sind ja nicht ganz neu. Die 7 vorher aufgezählten sind immer Zeitgerecht. Loyal ist z.Z bei mir begrenzt da ich keine eigene Familie hab und Sportschulen auch wechsel.
Kampfkunst bzw Kampfsport betreib ich weil es als ein festes Hobby akzeptiert ist. So wie sich andere zum Schach treffen od. zum Segeln.. . Zudem ist Sport Gesund.

Ich werf mal eine Frage in den Raum. Wozu benötigt man Werte? Und was können diese verbessern?

pilger
04-03-2009, 16:39
...

Ich werf mal eine Frage in den Raum. Wozu benötigt man Werte? Und was können diese verbessern?

Hi Robb,

man "benötigt" sie gar nicht. Auch bin ich kein Fan davon, zu sagen, "Ich finde es wichtig, dass Mensch die und die und die Werte hat" Und erst recht bin ich kein Fan davon, das dann auch noch festzuschreiben.

Denn in meinen Augen erreicht man mit einem Festschreiben/Festlegen solcher Dinge nicht viel.
Bei denen, die sowieso schon nach Werten leben, weil sie einfach in ihnen so gewachsen sind -warum auch immer- ist das Festlegen unnötig.
Und für die, die solche Werte nicht interessieren, wird ein Festlegen im Sinn von "Du musst Dich soundso verhalten" nichts bringen, denn sie werden trotzdem nicht danach handeln.

Mein (recht taoistisches und gar nicht konfuziunistisches) Fazit ;) :

Entweder die Einsicht in gewisse Dinge kommt von selbst oder eben gar nicht.

Grüße
Pilger

Robb
04-03-2009, 16:55
Wo wir schon beim Thema autoritär od. antiautoritär währen. Ich denke auch anderen etwas aufzwingen bringt nicht so viel. Dann doch eher mit einen vernünftigen Beispiel voran. Und wem es zusagt der handelt gleich od. ähnlich.

LoneWolf
04-03-2009, 19:08
Natürlich interessiere ich mich für die Wurzeln "meiner" Kampfkunst, sogar riesig, denn ich interessiere mich für MArtial Arts seit ich Kind bin, so natürlich auch für die Anwendungen der Form meiner "jetzigen" KAmpfkunst und ich lasse es auch gerne mal mit Partner krachen. ABER es ist für mich wichtig, dabei meine eigentliche Intension im Auge zu behalten. Tue ich das nämlich nicht, weil´s Ego mal wieder groß wird und mir zeigen will, was ich doch für ein doller Kämpfer bin spätestens dann melden sich die alten Verletzungen und zeigen mir, warum ich die Sache eigentlich tue. Zwar eine schmerzhafte, aber dafür sehr wirkungsvolle Methode, mich wieder zur Besinnung zu bringen.

Tja da können wir uns ja die Hand geben denn ich habe meinen Bandscheibenvorfall auch im Fitnessstudio vor ca 20 Jahren bekommen. Man war Jung und wollte was darstellen und dann war da einfach zu viel Gewicht auf der Beinpresse!

Ich habe nach der OP aber eigentlich wenig Probleme gehabt muss aber heute auch noch aufpassen. Also bei mir hat die Hara Methode wirklich gute Dienste getan und ich glaube das ist gerade für Bandscheiben eine sehr, sehr, gute Übung! ;)


Noch mal kurz zum Thema Auseinandersetzungen: Sieh an sieh an, je länger ich mich in den Künsten übe, um so friedlicher kommt die Umwelt auf mich zu. Und warum? Sicher nicht, weil man denkt: "Oh Vorsicht, der hat bestimmt was drauf", nein nein, daran liegt´s nicht. Es liegt daran, dass ich anders auf meine Mitmenschen zugehe, nämlich in einer friedfertigeren und harmonischeren Art. Ohne die Arroganz und ohne das zu viel an Aufplustern, Sachen die ich früher gerne immer mal ausstrahlte. Und es wird mir immer bewusster, dass man das erhält, was man gibt. Spieglein Spieglein ...

Ja, das habe ich auch genauso erfahren! Das Universum gibt Dir genau das zurück was Du in seinen Äther reintust. ;) Die schlimme Seite an vielen Kampfkunstausübenden ist das Ego, welches immer wieder künstlich aufgeblasen wird!

Erst wenn man dies wirklich mal verinnerlicht hat kann man auch sein ganzes Potential ausschöpfen und dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass man in eine ernsthafte Auseinandersetzung gerät sehr gering!

Thaiboxen oder Hanteltraining ist für mich heute nur noch eine Methode um meinen Körper zu trainieren. Das hilft mir bei der arbeit und im Alltag!

LoneWolf
04-03-2009, 19:11
@ Uwe Hasenbein

Ich habe mir erlaubt etwas nach Dir zu googeln und habe ein paar Clips auf youtube entdeckt die mir sehr gefallen haben.

In „Shinkendo“ habe ich mich irgendwie sofort verliebt und werde mal sehen ob ich das irgendwann oder irgendwo ausüben kann. Das ist wirklich eine feine Sache!

Leider kann ich zum Bushido wenig schreiben, da mir das nötige Hintergrundwissen dazu fehlt!

Uwe Hasenbein
04-03-2009, 20:53
@ Lone Wolf,

danke für die Blumen. Wenn du mir sagst wo du sucht ( Ort, Stadt, oder Landkreis ) dann kann ich vielleicht vermitteln.

Liebe Grüße
Uwe

LoneWolf
04-03-2009, 21:27
danke für die Blumen. Wenn du mir sagst wo du sucht ( Ort, Stadt, oder Landkreis ) dann kann ich vielleicht vermitteln.


Schön wäre es wenn es im Kreis Mayen/Koblenz was gäbe aber ich habe nichts gefunden.

Uwe Hasenbein
04-03-2009, 22:22
Ich schau mal was ich raus kriegen kann für dich

Lieben Gruss
Uwe

pilger
05-03-2009, 08:50
Tja da können wir uns ja die Hand geben denn ich habe meinen Bandscheibenvorfall auch im Fitnessstudio vor ca 20 Jahren bekommen. Man war Jung und wollte was darstellen und dann war da einfach zu viel Gewicht auf der Beinpresse!

Ich habe nach der OP aber eigentlich wenig Probleme gehabt muss aber heute auch noch aufpassen. Also bei mir hat die Hara Methode wirklich gute Dienste getan und ich glaube das ist gerade für Bandscheiben eine sehr, sehr, gute Übung! ;)

Hallo Lone Wolf,
bei mir ist die Verletzung erst ca. 6 1/2 Jahre her. Physiotherapie half nicht, Medikamente auch nur kurzfristig. Es half Akupunktur und zwar super! Bei ner Dame aus Taiwan, die TCM dort studierte. Ich konnte mich wieder zu 100% bewegen, trotz der Prognose eines Chirurgen, über ne Bandscheiben OP nachzudenken.
Ausgeblieben ist ne OP damals aber nicht bei ner Schulterverletzung ungefähr zur gleichen Zeit! Da war "Totalschaden". Tja und so stellt sich dann ein Sinneswandel ein :) Tai Chi Chuan, Qigong und Sitzen waren die Folgen dieses Sinneswandels ;) (nicht nur) um die Sachen zu stabilisieren. In der Tat sehr gute Methoden, denn trotz der anfänglichen Prognose des Chirurgen ging es ohne Bandscheiben-OP. Und seit dem bin ich zu 95 % meiner Zeit schmerzfrei. Nur wenn ich´s halt mal wieder übertreibe und mich im Training zu dolle prügeln "muss" -eigene Dummheit- dann merk ich´s wieder mal ein paar Tage. Dann mache ich wieder verstärkt diesbezügliche Qigong-Übungen und auch Sitzen, dann geht´s wieder weg!
Das Buch "HARA" ist übrigens ein feines. Zwar sind viele "Sachen" drinnen, mit denen ich mich schon seit längerer Zeit beschäftige, aber trotzdem immer wieder gute Anregungen dabei und die gleiche Sache oft aus einem anderen Winkel betrachtet - sehr gut! Allerdings eines der Bücher, was "zu einem kommen muss". Nur der Schreibstil ist mir an manchen Stellen etwas zu ... hmm ... "altbacken". Aber das Buch ist ja auch schon was älter ;)




Ja, das habe ich auch genauso erfahren! Das Universum gibt Dir genau das zurück was Du in seinen Äther reintust. ;) Die schlimme Seite an vielen Kampfkunstausübenden ist das Ego, welches immer wieder künstlich aufgeblasen wird!

Erst wenn man dies wirklich mal verinnerlicht hat kann man auch sein ganzes Potential ausschöpfen und dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass man in eine ernsthafte Auseinandersetzung gerät sehr gering!



100% Zustimmung!

Ich spreche da aus eigener Erfahrung, gerade was das aufgeblasene Ego angeht, welches man aufgrund von Kampfsport/kunst und Kraftsport doch sehr schnell bekommen kann. Na klar meldet es sich auch heutzutage noch mindestens 100 mal an nem "schlechten Tag" ;) aber es rückt immer öfter ein wenig in den Hintergrund und die "schlechten Tage" weichen den "guten Tagen" immer mehr. Ja ja, immer diese Polarisierungen ... ;)

Viele Grüße
Pilger

pilger
05-03-2009, 10:12
Wo wir schon beim Thema autoritär od. antiautoritär währen. Ich denke auch anderen etwas aufzwingen bringt nicht so viel. Dann doch eher mit einen vernünftigen Beispiel voran. Und wem es zusagt der handelt gleich od. ähnlich.

Yep! Wie sagt man doch so schön: Es nützt nix, Wasser zu predigen und Wein zu saufen :)

Also nicht labern, sondern es soweit es geht vorleben. Und auch mal zugeben, wenn es einem nicht möglich ist, warum auch immer. Denn manchmal lässt der Alltag und seine Rollen, die er von einem fordert, einfach nicht mehr zu, weil man momentan einfach noch nicht in der Lage ist, auch in der speziellen Situation bestimmte "Werte" zu leben.

Grüße
Pilger

Robb
05-03-2009, 16:12
Yep! Wie sagt man doch so schön: Es nützt nix, Wasser zu predigen und Wein zu saufen :)

Also nicht labern, sondern es soweit es geht vorleben. Und auch mal zugeben, wenn es einem nicht möglich ist, warum auch immer. Denn manchmal lässt der Alltag und seine Rollen, die er von einem fordert, einfach nicht mehr zu, weil man momentan einfach noch nicht in der Lage ist, auch in der speziellen Situation bestimmte "Werte" zu leben.

Grüße
Pilger


Werte die man selbst hat bzw pflegt müßen ja auch nicht immer die richtigen od. die besseren Lebensnormen sein. Mit dennen man Gesund lebt. Ich glaub es gleitet jetzt etwas vom Thema ab. Am Fredanfang war etwas mit Bushido und werte. Ich find es schon interessant wenn die Etikette gepflegt wird.

Uwe Hasenbein
06-03-2009, 09:00
Ich denke auch, dass das Leben der eigenen Werte das wichtigste ist. Die ständige Überprüfung ob deren Wertigkeit sollte man ebenfalls nicht außer Acht lassen.
Ich finde nicht das du "off topic" läufst. Denn ich halte nichts davon an Dogmen festzuhalten. Mir geht es ja im Besonderen darum wie man die alten Lehren Sinn voll interpretieren und leben kann.
Wir haben spezielle dazu ein Projekt ins Leben gerufen wenn es euch interessiert findet ihr infos unter startseite - HOME (http://www.insideleadership.de)

Lieben Gruß
Uwe

Uwe Hasenbein
06-03-2009, 09:18
Hallo Pilger,
danke für deinen Buchtip.
Ich habe sehr ähnliche Erfahrungen in meiner Entwicklung gemacht. Je weiter man kommt, desto friedfertiger reagiert die Umwelt. Ich habe dies in 2 Stufen erlebt. Stufe 1: Man wird selbstbewuster. Da Agressoren meist keinen fairen Wettstreit suchen und weil Körpersprache nicht lügt faällt man nicht mehr in das Opferschema und hat mehr Frieden. Hier stimme ich dir zu, dass die Gefahr des "aufgeblasenen" Verhaltens besteht.
Stufe 2: Man wird selbst innerlich friedlich. Weil die meisten Menschen tief im innern auf der Suche nach frieden und Sicherheit sind reagieren Sie positiv auf den "friedvollen Krieger". Ich wundere mich sehr oft wie deeskalierend die reine Anwesenheit seien kann.
Nur wer gibt bekommt.
Ich habe ein sehr schönes Beispiel für diese Resonanz der Umwelt erleben dürfen.
Ich hatte das Glück eine Weile mit dem Meister Shi Xing Peng Tai Ci und Qui Gong üben zu dürfen. Als das Wetter eines Tages sehr schön war bat er uns doch draußen in einem nahe gelegen Park zu üben. Nach kurzer Zeit geschah etwas seltsames. Alle Tiere im Park, Enten, Vögel, Hunde etc. scharten sich um die Rasenfläche und schauten zu. Es war eine sehr ergreifende Szenerie. Damals dachte ich es wäre Zufall gewesen, heute denke ich , dass innerer Frieden von allen Lebewesen gespürt wird und anziehend wirkt. Ich werde dieses Bild mein ganzes Leben im Herzen tragen.
( Ich glaube ich werde gerade am frühen Morgen sentimental....)

Liebe Grüße und einen herrlichen Tag

Uwe

pilger
06-03-2009, 09:55
Hallo Pilger,
danke für deinen Buchtip.
Ich habe sehr ähnliche Erfahrungen in meiner Entwicklung gemacht. Je weiter man kommt, desto friedfertiger reagiert die Umwelt. Ich habe dies in 2 Stufen erlebt. Stufe 1: Man wird selbstbewuster. Da Agressoren meist keinen fairen Wettstreit suchen und weil Körpersprache nicht lügt faällt man nicht mehr in das Opferschema und hat mehr Frieden. Hier stimme ich dir zu, dass die Gefahr des "aufgeblasenen" Verhaltens besteht.
Stufe 2: Man wird selbst innerlich friedlich. Weil die meisten Menschen tief im innern auf der Suche nach frieden und Sicherheit sind reagieren Sie positiv auf den "friedvollen Krieger". Ich wundere mich sehr oft wie deeskalierend die reine Anwesenheit seien kann.
Nur wer gibt bekommt.
Ich habe ein sehr schönes Beispiel für diese Resonanz der Umwelt erleben dürfen.
Ich hatte das Glück eine Weile mit dem Meister Shi Xing Peng Tai Ci und Qui Gong üben zu dürfen. Als das Wetter eines Tages sehr schön war bat er uns doch draußen in einem nahe gelegen Park zu üben. Nach kurzer Zeit geschah etwas seltsames. Alle Tiere im Park, Enten, Vögel, Hunde etc. scharten sich um die Rasenfläche und schauten zu. Es war eine sehr ergreifende Szenerie. Damals dachte ich es wäre Zufall gewesen, heute denke ich , dass innerer Frieden von allen Lebewesen gespürt wird und anziehend wirkt. Ich werde dieses Bild mein ganzes Leben im Herzen tragen.
( Ich glaube ich werde gerade am frühen Morgen sentimental....)

Liebe Grüße und einen herrlichen Tag

Uwe

Hallo Uwe,

der BUCHTIPP ist ursprünglich von LONEWOLF. War sozusagen ne Antwort auf seinen Tipp :) Sehr schönes Buch, mit dem ich allerdings noch nicht ganz durch bin. Aber auf jeden Fall lesenswert und bereichernd.

Deine beiden Stufen beschreiben es sehr treffend! In der Tat habe ich persönlich die Erfahrung machen dürfen, dass die meisten der Streit suchenden tatsächlich ein Opfer, aber keinen Gegner suchen. Das geht allerdings sehr früh schon los, nämlich bereits in der Kindheit. Gerade weil ich bis zum "Alter" von 9 Jahren mehr der Opfertyp war (klein, zierlich, goldig und ein wenig schüchtern) habe ich dies damals das ein oder andere Mal am eingenen Leib erfahren, wie das ist. Sicher hat das damals auch meine Entscheidung geprägt, mit Judo zu beginnen. Und von da an ging es tatsächlich relativ schnell, dass ich kaum noch blöde angemacht wurde. Und wenn doch noch mal, sprach es sich recht schnell rum, dass sich an dem goldigen Kerlchen irgendwas verändert hat ;) Soweit zur Stufe 1.

Stufe 2 kommt dann natürlich später, wobei es eine ganze zeitlang so ein gesunder Mix aus Stufe 1 und 2 ist, zumindest war es bei mir so. Bevor dann die Stufe 2 immer mehr die Oberhand gewinnt.

Das Beispiel mit den Tieren ist ein sehr schönes. Auch hier möchte ich gerne etwas beisteuern, wenn auch ich natürlich nicht die Aura eines Meisters habe. So aber ist es beim Tai Chi in meinem Garten oft so, dass des NAchbars Katze, manchmal auch eine Amsel da sitzt und "zuschaut". Mag sich für jemanden der das nicht kennt, komisch oder völlig beknackt anhören. Aber wenn man´s erlebt hat, weiß man, dass einen die Tierchen tatsächlich beobachten. Sehr schöne Erfahrung.

Herzliche Grüße
Pilger

Robb
06-03-2009, 12:36
Umgekehrt ist es doch genauso interessant. Wer auf dem Land lebt oder lebte weiß bestimmt wie schön es zu beobachten ist. Wenn Katzen mit ihren Nachwuchs spielen. Ich selbst hatte auf dem "Hühnerhof" eine ausreichende Grünfläche die ich zum Abendsport genutzt habe. Wenn man, so wie ihr beschrieben habt, merkt wie schön es ist im Einklang mit der Natur zu sein. Hat man einen kleinen Anreiz den "Garten" so zu gestalten das sich auch Tiere wohl fühlen. Und das macht sich auch bemerkbar. Da die gleichen mal eins wiederkommen.

kanken
06-03-2009, 13:32
Das Bild mit den Stufen trifft es sehr schön. Meiner Meinung nach ist der liebevolle Umgang mit sich selbst eine der Grundvoraussetzungen dafür.
Nur wenn ich lerne mich zu lieben und zu akzeptieren, kann ich dies auch bei anderen Menschen tun. Bei den meistens Menschen findet jedoch im Laufe Ihrer Entwicklung ein Proßess statt, der dafür sorgt, dass sie nicht mehr liebevoll mit sich umgehen können. Sie halten einen Teil in sich, der schwach, hilflos und liebebedürftig ist für schlecht und versuchen stattdessen mit unterschiedlichen Methoden diesen Teil zu kontrollieren, bzw. mundtot zu machen. Dies kann über verschiedene Süchte laufen, aber auch über die Ausübung einer Kampfkunst.

Für mich persönlich sollte der Weg eines Kampfkünstlers über die eigenen Gefühle und Ängste zum wahren Grund seines Seins gehen, um sich selbst und die Liebe in sich zu finden. Dies geht allerdings nur, wenn meine seine Ängste und Gefühle auch zuläßt und nicht versucht sie abzutöten.

Ein sehr schönes Bild dazu ist, wie ich finde, ein kleiner Baum (stellvertretend für das Kleine, Schwache in uns). Viele Kampfkünstler versuchen nun mit Ihrer Kunst/Sport einen Schutzwall um diesen Baum zu bauen und denken je stärker er ist, desto sicherer ist dieser Baum.
In unserer Schule ist der Ansatz jedoch ein anderer, wir versuchen diesen kleinen Baum wachsen zu lassen, ihn als das zu stärken, was er ist, damit er eines Tages eine stattliche Eiche werden kann, die keinen Sturm oder ähnliches fürchten muss. Das macht für mich den Weg einer vollständigen Kampfkunst aus. Dadurch kann man zu einem friedlichen "Krieger" werden.

Grüße

Kanken

LoneWolf
06-03-2009, 17:49
Deine beiden Stufen beschreiben es sehr treffend! In der Tat habe ich persönlich die Erfahrung machen dürfen, dass die meisten der Streit suchenden tatsächlich ein Opfer, aber keinen Gegner suchen. Das geht allerdings sehr früh schon los, nämlich bereits in der Kindheit. Gerade weil ich bis zum "Alter" von 9 Jahren mehr der Opfertyp war (klein, zierlich, goldig und ein wenig schüchtern) habe ich dies damals das ein oder andere Mal am eingenen Leib erfahren, wie das ist.

Ich würde das mal so beschreiben:

Es gibt einen Bewusstseinszustand den ich „Das Sein“ nennen würde. BIST Du dann wirst Du instinktiv merken, dass Du auf natürliche Art und Weise mit dem Lauf der Dinge fließt. Du wirst angemessen und auf natürliche Art und Weise auf die Reaktionen oder Aktionen Deiner Mitmenschen reagieren oder agieren.

Aber Hand aufs Herz: Wer hier ist denn soweit, dass er immer in diesem Zustand verweilt? Ich bin es nicht! Ist man nicht in diesem Zustand dann wird man wie jeder andere Mensch auch kämpfen müssen. Man ist verletzbar, man wert sich und schon sind wir wieder in dem Teufelskreislauf gefangen.

Ich glaube wenn wir versuchen das alles mechanisch oder nur durch Regeln zu ertragen dann sind wir nicht wirklich frei! Durch Meditationspraktiken wie Zen oder wie in meinem Buchtipp von Karlfried Graf Dürckheim beschriebenen Hara- Die Erdmitte des Menschen lernen wir uns diesem Sein zu öffnen.

Das ist aber auch (habe ich auch schon oft beschrieben) ein langwieriger Prozess. Man kann sein weltliches oder unerlöstes Ich nicht einfach ausschalten denn es wird sich immer wieder behaupten. Versucht man es mit aller Gewalt dann wird man ein Ungleichgewicht schaffen und leiden. Ich habe den Autor des Buches mal ende der 80iger Jahre in einem Interview im ZDF gesehen und da sagte er folgenden Satz: „Um sein weltliches Ich zu besiegen muss man zuerst mal eines haben!“

Meine Erfahrung geht dahin, dass man zwar versuchen kann und auch sollte ein guter Mensch zu sein aber erst durch den Zustand des Menschen im „Sein“ ist er ein Ganzes! Alles andere wird immer nur ein Stückwerk und ein Wunschdenken sein. Das ist aus meiner Sicht ein schwerer und auch Steiniger Weg den ich schon mehr oder weniger konsequent seit knapp 20 Jahren versuche zu gehen und das mal mehr bewusst und mal weniger!

Bei mir ist das ähnlich wie bei Dir und Deiner Verletzung, Pilger! Wenn es mir wirklich dreckig geht dann besinne ich mich auf diesen Anker und dann ist er mir aber auch ein Anker der mich dann auch Stück für Stück in ganz kleinen schritten voranbringt! In ganz kleinen Schritten… ;)

Reden wir also hier vom „Weg des Kriegers!“ und vom friedlichem Krieger in den Kampfkünsten dann müssen wir diesen Weg auch gehen, sofern uns das wirklich am Herzen liegt. Das bedeutet Training und nicht nur Meditation denn dann wird der „Krieger“ in uns der Teil des weltlichen Ichs ist ;) ganz schnell rebellieren!

Uwe Hasenbein
06-03-2009, 22:18
[QUOTE=LoneWolf;1694013]Ich würde das mal so beschreiben:

Es gibt einen Bewusstseinszustand den ich „Das Sein“ nennen würde. BIST Du dann wirst Du instinktiv merken, dass Du auf natürliche Art und Weise mit dem Lauf der Dinge fließt. Du wirst angemessen und auf natürliche Art und Weise auf die Reaktionen oder Aktionen Deiner Mitmenschen reagieren oder agieren.

Ich finde das einen sehr schönen Ansatz.
Für mich hat das von dir beschriebene "Sein" wie ich es wahrnehme, viel mit Verlangsamung zu tun.
Sich die Zeit zu nehmen zu spüren was ist wirklich, und was dichte ich in meiner Interpretation hinzu. Das ist für mich die Grundlage für zielorientiertes, selbstbestimmtes Handeln.

Ich habe einmal einem Clienten, der beruflich total gestresst war eine große Wanduhr in sein Büro gehängt. Ich habe die Zeiger der Uhr entfernt und auf das Zifferblatt JETZT geschrieben. Die Wirkung war enorm.

Die von dir angemahnte Natürlichkeit finde ich auch extrem wichtig.
Mit - und nicht gegen die wahren Dinge sollten wir uns bewegen.
Loslassen um sich zu festigen würde ich das nennen.

@ alle : Ich danke euch für die sehr wertvollen Impulse bisher
Ich freue mich sehr dieses Board entdeckt zu haben.

Liebe Grüße
Uwe

Uwe Hasenbein
06-03-2009, 22:20
Jetzt muss mir nur noch jemand erklären wie man die Tools zum zitieren und Bezug nehmen auf andere Beiträge richtig nutzt. Sorry ( lacht )

sich entschuldigender
Uwe

pilger
06-03-2009, 23:19
...

Bei mir ist das ähnlich wie bei Dir und Deiner Verletzung, Pilger! Wenn es mir wirklich dreckig geht dann besinne ich mich auf diesen Anker und dann ist er mir aber auch ein Anker der mich dann auch Stück für Stück in ganz kleinen schritten voranbringt! In ganz kleinen Schritten… ;)

Hallo LoneWolf,

Mittlerweile kann ich sagen, dass es nicht nur der Schmerz ist, der mich immer wieder zurück auf den WEG bringt. Ich bin mir seit einiger Zeit zu für mich großen Teilen, meinem eigentlichen Sein sehr bewusst und lasse mich von dem Kern in mir, der leisen inneren Stimme, immer öfter und stärker leiten. Dass dies nicht immer einfach ist, weißt Du genausogut wie ich und wie jeder andere, der beginnt, diesen WEG zu gehen.
Wenn es dann wieder besonders steinig wird, besteht die Gefahr, von dem eingeschlagenen WEG wieder abzuspringen und sich sozusagen wieder ganz von seinem "Weltlichen ICH", "EGO" nenne man es wie man will, leiten zu lassen. Aber mit jeder schweren Situation, in der man es trotzdem schafft, in seinem Sein zu verweilen, wächst man ein ganzes Stück.
Und wenn man das geschafft hat, eine "Krisensituation" zu meistern, indem man auf dem WEG blieb und sich nicht irgendwelchen Ersatz -ablenkungen -befriedigungen oder was auch immer hingab, merkt man, wie wertvoll und hilfreich dieser WEG ist. Und für das nächste Mal fällt es einem ein Stück weit leichter, drauf zu bleiben.
Gerade in den letzten drei Jahren bin ich in dieser Hinsicht durch mein kleines Ego immer wieder verstärkt "getestet" worden, denn es gab in dieser Zeit viele Situationen, in denen ich einige Jahre zuvor vermutlich den WEG wieder aufgegeben hätte. Bin mal gespannt, was da noch so kommt als Test ;) Darf aber gern auch wieder glatter und nicht ganz so steinig sein ;)





Reden wir also hier vom „Weg des Kriegers!“ und vom friedlichem Krieger in den Kampfkünsten dann müssen wir diesen Weg auch gehen, sofern uns das wirklich am Herzen liegt. Das bedeutet Training und nicht nur Meditation denn dann wird der „Krieger“ in uns der Teil des weltlichen Ichs ist ;) ganz schnell rebellieren!

Die Mischung macht´s hier für mich zwischen einerseits Kampfkunst als sozusagen Yang-Teil des WEGES und andererseits stiller Meditation als Yin-Teil des WEGES. Beides in ausgewogenem Maße und natürlich viele Dinge die irgendwo dazwischen liegen. Für mich z.B. eine langsame Form des Tai Chi Chuan die durchaus beide Aspekte in sich birgt.

Liebe Grüße
Pilger

kanken
06-03-2009, 23:21
Hallo Uwe,

schön, dass jemand mal einen solchen Thread eröffnet hat, da dieser Aspekt in den Kampfkünsten leider nicht so häufig diskutiert wird.
Einen schönen Text, der einen auf dem Weg zum friedvollen Krieger begleiten kann ist meiner Meinung nach auch folgender:

In einer weiten Landschaft liegt ein Fluss. Er strömt von Horizont zu Horizont.
Dieser Fluss entspringt einer Quelle und ergießt sich ins Meer.
Auf dem Fluss schwimmen verschiedene Boote: große, kleine, offene, geschlossene, bewaffnete, friedliche, ... .
Zwischen den Booten springt ruhelos und angestrengt eine kleine Person hin und her.
Diese Person bleibt in keinem der Boote sehr lange - sie springt und springt.
Der Fluss, der all diese Boote trägt, ist das "Wahre-Selbst", - die Boote sind Empfindungen, Wahrnehmungen, Gefühle, Gedanken, Absichten, Ziele, Erwartungen, Verhaftungen, ... .
Die Boote schwimmen auf dem Fluss, gehören zu ihm, sind aber nicht der Fluss.
Die kleine Person ist unser "Ich". Die Quelle und das Meer sind "die Macht, die größer ist als ich selbst", sind das "GÖTTLICHE", sind das "ABSOLUTE GEHEIMNIS", dass das "Wahre-Selbst" hervorbringt, trägt und in seine wesentliche Dynamik bringt.
Immer fährt unser "Ich" in einem der Boote; es ist sehr wasserscheu und hat Angst davor, ertrinken zu müssen, wenn es die vertrauten Boote verlässt und in den Fluss springt. "Öffnen von Herz und Geist für das leere GewahrSein, - für mein Wahres-Selbst" heißt: mutig aussteigen aus dem vermeintlich sicheren Boot, in den Fluss springen und sich dem Fluss überlassen, fließen als der Fluss, der man immer schon war, nur-Hier-und-Jetzt ist, immer sein wird, - von der Quelle zum Meer.
Und nun, - frage und erforsche bei Tag und bei Nacht, - bei allem was Du tust und lässt:

Wer bin ich, - nicht?? Wer ist es, der eigentlich sieht, hört, riecht, schmeckt, berührt, fühlt, denkt will, redet und handelt ??
Was ist mein ureigentliches Wesen, - mein "Wahres-Selbst"??

Er stammt von meinem Meditationslehrer und begleitet mich seid nunmehr 16 Jahren in meinem Alltag. Vielleicht kann ja auch einer der Leser hier damit etwas anfangen...

Wünsche jetzt noch einen schönen Abend

Grüße

Kanken

pilger
06-03-2009, 23:27
=Uwe Hasenbein;1694200

...
Ich habe einmal einem Clienten, der beruflich total gestresst war eine große Wanduhr in sein Büro gehängt. Ich habe die Zeiger der Uhr entfernt und auf das Zifferblatt JETZT geschrieben. Die Wirkung war enorm.
...


Hallo Uwe,

dieses kleine Wort "Jetzt" hat große Macht. Saß ich doch neulich mit meinen Kids im Auto und die wollten alle 10 Minuten wissen wie spät es ist. Beim 3. oder 4. Fragen sagte ich nur noch "Jetzt". Erst waren sie mal ganz verdutzt und fragten wieder und bekamen von mir immer wieeder die gleiche Antwort, bis meine Tochter langsam anfing zu verstehen und dann meinte, das wäre ja toll, man bräuchte ja eigentlich gar keine Uhr lernen (auch wenn sie sie mit 11 natürlich schon längst kann), wenn ja sowieso immer "Jetzt" ist.

Schön dachte ich mir, warum musste ich eigentlich erst fast 40 werden, um das zu begreifen ;) - EDIT: Anfangen zu begreifen :)

Ist schon lustig, wir scheinen ähnliche Themen zu haben :)

Gute Nacht Grüße
Pilger

PS: Einfach die Zitat Funkton drücken. Aber wie Du siehst, funktoniert´s bei mir auch nicht immer 100%ig :)

Uwe Hasenbein
07-03-2009, 00:24
Hier eine kleine Comedyeinlage aus dem real life...:)

Als junger Kerl ( Anfang 20 ) nahm ich an einer Meisterschaft Teil. Ich ein relativer Frischling im Kontaktkampf und hatte ordentlich mit meiner Angst vor den anderen viel erfahreneren Teilnehmern zu kämpfen. Einer meiner Kotrahenten vollführte am Hallenrand unglaubliche High Kicks aus um sich seinen "Anhängern" zu produzieren und die anderen Teilnehmer zu beeindrucken und einzuschüchtern. Was ihm bei mir auch mehr als hinlänglich gelang. Zum krönenden Abschluss holte er ein Brett aus seiner Sporttasche und zerlegte es mit einem Fauststoß.
Einige quittierten diese Aktion mit Applaus und Gegröhle.:ups:

Mein damaliger Lehrer ( Chen Tao Tze) hatte dies sehr wohl bemerkt und auch meine Verunsicherung.
Er nahm mich bei der Hand und ging mit mir zu dem besagten " Showman " mit den Worten: " Komm wir schauen was da los ". Angekommen sprach er den Betroffenen in seinem gebrochenen Deutsch an:

" Ah....das sicher viel schwer"
Antwort: " Ach das ist noch gar nichts "

Chen Tao Tze: " Aber sag ich nicht verstehen was ist Sinn von Übung ? "

Der Gefragte blieb eine Antwort schuldig.

Chen Tao Tze: " Ah ich jetzt wissen Holz bestimmt war böse ! "

Er trat auf den Bruchstücken herum bespuckte um beschimpfte sie lauthals: " oh du böse Holz, du nicht gut hier "

Wir gingen und die gesamte Halle brach in Gelächter aus. Der betroffene verlies beschähmt den Event.

Darauf hin sagte er: " Siehst du - böses Holz und dumme Holz jetzt weg - du nix mehr viel Angst vor all dem Holz hier.
Jetzt geh roden Wald wir brauchen Feuer mir viel kalt in Herz.

Dankbarkeit ist Wachsamkeit von Seele gegen Kraft von Zerstörung."


So Geschehen Mitte der 80er
Gruß und gute Nacht
Uwe

LoneWolf
07-03-2009, 09:08
@ Kanken

Das ist ein sehr schöner Text!

@Uwe


Ich finde das einen sehr schönen Ansatz.
Für mich hat das von dir beschriebene "Sein" wie ich es wahrnehme, viel mit Verlangsamung zu tun.
Sich die Zeit zu nehmen zu spüren was ist wirklich, und was dichte ich in meiner Interpretation hinzu. Das ist für mich die Grundlage für zielorientiertes, selbstbestimmtes Handeln.

Es liegt ja alles im Hier und Jetzt eines jeden Augenblickes verborgen! Verlangsamung bedeutet für mich fasst, dass die Zeit stehen bleibt. Nutzt man die Kraft des Augenblickes dann ist es so als würde man die Zeit einfrieren und dann nimmt man Dinge oder seinen Körper ganz anders war.

Und das finde ich gerade im Hinblick auf die Kampfkünste sehr interessant! Ein Faustschlag oder ein Tritt beinhaltet viel mehr als nur die bloße Bewegung der Muskeln und Knochen. Was von vielen immer sehr missverstanden wird sind beispielsweise die Bruchtests.

Es geht nicht darum Sinnlos Bretter zu zerschlagen und seine Kraft zu demonstrieren. Aus meiner Sicht geht es darum einen Gegenstand zu durchdenken. Ich glaube das macht man auch beim japanischen Schwertkampf mit diesen Schnittübungen so, richtig?

Man sammelt also seine Energie und dann muss man es nur noch auf der physischen Ebene umsetzen aber die eigentliche Umsetzung geschieht schon vorher. Man richtet seinen ganzen Körper und Geist auf dieses Ziel aus. Interessant finde ich auch das Bogenschießen unter diesem Aspekt.

Ich versuche das auf das Thaiboxen oder Boxen zu übertragen indem ich die Bewegungen ganz langsam ausführe und dabei spüre was der Körper machen muss damit die Technik perfekt ausgeführt wird. Aber das kann man überall mit einfließen lassen. Egal was für eine Tätigkeit man gerade ausübt und das ist sehr spannend denn mit der Zeit merkt man, dass man schneller gehen kann als andere und kaum müde wird oder bei der Arbeit einfach schneller ist weil man seinen Körper machen lässt und das ist das wirklich spannende dabei denn so versuche ich in jede Bewegung Perfektion hineinzubringen.

Manchmal gelingen mir dann Dinge die andere dann wundersam finden. Letztens bin ich bei der Arbeit von einer Rampe gesprungen ohne dabei nachzudenken und ich landete ganz natürlich auf dem Boden und ich gebe gerne zu, dass ich solche Momente richtig geil finde. *g*



ch habe einmal einem Clienten, der beruflich total gestresst war eine große Wanduhr in sein Büro gehängt. Ich habe die Zeiger der Uhr entfernt und auf das Zifferblatt JETZT geschrieben. Die Wirkung war enorm.

Das ist echt eine geniale Sache! Ich glaube, dass selbst jemand der sich nicht mit Zen und ähnlichen Meditationspraktiken beschäftigt irgendwann instinktiv begreift was damit gemeint ist. Die meisten Leute sagen ja aus sich selbst heraus, dass man im Hier und Jetzt lebt aber verwechseln dass dann oft mit Leichtsinnigem Verhalten. Trotzdem spüren sie in diesen Momenten die Kraft die eigentlich von jedem Augenblick ihres Lebens ausgeht!


Die von dir angemahnte Natürlichkeit finde ich auch extrem wichtig.
Mit - und nicht gegen die wahren Dinge sollten wir uns bewegen.
Loslassen um sich zu festigen würde ich das nennen.

Ja, Natürlichkeit ist sehr wichtig und man merkt auch wenn man unnatürlich wird. Wenn das Ego sich angeben will mit gewissen Dingen oder Fähigkeiten… etc. Tut man dies dann funktionieren sie nämlich nicht mehr! ;) Es scheint in der Tat gewisse Gesetze zu geben und das finde ich auch sehr spannend!

Bezüglich der Zitate:

Ich mache es mir da sehr einfach denn ich habe oft schon lange Texte geschrieben die ich dann in Foren abschicken wollte und dann war der Server tot! So etwas prägt denn es ist sehr ärgerlich. *lol* Deshalb schreibe ich die Texte alle in Word und kopiere sie dann in die Textbox. Wenn man dann schon mal Word benutzt kann man sich der Autokorrektur bedienen. Ich habe das Kürzel x1 für den Quote Eröffnungstag und x2 für schließen. ;)

@Pilger


Die Mischung macht´s hier für mich zwischen einerseits Kampfkunst als sozusagen Yang-Teil des WEGES und andererseits stiller Meditation als Yin-Teil des WEGES. Beides in ausgewogenem Maße und natürlich viele Dinge die irgendwo dazwischen liegen. Für mich z.B. eine langsame Form des Tai Chi Chuan die durchaus beide Aspekte in sich birgt.

Im japanischen nennt man es Hara- Tanden in den man sich fallen lässt. Im chinesischen heißt es glaube ich Tan Tien? Ist das eigentlich beim Tai Chi so, dass man das ganze dann in der Bewegung macht? also sich zuerst versenken und dann seinen Körper aus der Mitte heraus bewegt oder geht das anders? Würde mich mal interessieren!

pilger
07-03-2009, 10:07
@ Kanken


@Pilger



Im japanischen nennt man es Hara- Tanden in den man sich fallen lässt. Im chinesischen heißt es glaube ich Tan Tien? Ist das eigentlich beim Tai Chi so, dass man das ganze dann in der Bewegung macht? also sich zuerst versenken und dann seinen Körper aus der Mitte heraus bewegt oder geht das anders? Würde mich mal interessieren!

Guten Morge LoneWolf,

ja es ist das Dan Tien, genau genommen das untere, denn es gibt derer eigentlich drei, aber wenn mal imm allgemeinen von Dan Tien spricht, meint man idR das Untere.

Und mit Deiner Vermutung liegst Du schon sehr gut! Die langsame Form ist durchaus eine Meditation in Bewegung. Aber nicht nur die, auch die schnelle und die Waffenformen können dies sein. Du bist in deiner Mitte gesammelt und die Bewegungen finden aus dieser Mitter heraus statt und kehren wieder dort hin zurück. Es dreht sich sozusagen alles um die Mitte :) Das ist ein sehr schönes Empfinden, was mit den Jahren immer weiter wächst und intensiver wird.

Den Stil den ich übe, liebe ich deshalb so sehr, weil er alle für mich wichtigen Element enthält. Von der sitzenden Meditation über bewegte Qigong Übungen (Dao Yin und Kai Men) über langsame und schnelle Tai Chi Formen bis hin zu konkreten Anwendungen und Freikampfsituationen. Auch gibt es Waffenformen. All dies spricht verschiedene Teile meines Wesens an, so dass ich immer je nach Verfassung verschiedene gerade passende Akzente setzen kann. Sozusagen von Yin bis Yang :) alles möglich.

Falls Du etwas mehr lesen willst, ich durfte nen kleinen Artikel in dem Online-Magazin www.kampfkunst-ezine (http://www.kampfkunst-ezine.de/2009/02/ueber-den-lee-stil/) über den Lee Stil verfassen. Nix dolles, aber ein gaaanz grober Einblick ;)

Oder einfach unter meinem Post, da geht´s auf die Seite meines Lehrers.

Aber wer weiß, vielleicht klappt das ja tatsächlich mal mit nem Treffen, da könnten wir uns bestimmt prima austauschen :)

Grüße
Pilger

Uwe Hasenbein
07-03-2009, 11:38
Und das finde ich gerade im Hinblick auf die Kampfkünste sehr interessant! Ein Faustschlag oder ein Tritt beinhaltet viel mehr als nur die bloße Bewegung der Muskeln und Knochen. Was von vielen immer sehr missverstanden wird sind beispielsweise die Bruchtests.

Es geht nicht darum Sinnlos Bretter zu zerschlagen und seine Kraft zu demonstrieren. Aus meiner Sicht geht es darum einen Gegenstand zu durchdenken. Ich glaube das macht man auch beim japanischen Schwertkampf mit diesen Schnittübungen so, richtig?

Man sammelt also seine Energie und dann muss man es nur noch auf der physischen Ebene umsetzen aber die eigentliche Umsetzung geschieht schon vorher. Man richtet seinen ganzen Körper und Geist auf dieses Ziel aus. Interessant finde ich auch das Bogenschießen unter diesem Aspekt.




Guten Morgen Lone Wolf

Entspannung, Ruhe, Natürlichkeit - Die Mühe versaut alles!

Tamashigiri ( Schnitttest ) mit dem Schwert – das heißt, das Schwert einfach fallen lassen, denn es kennt den Weg. Wozu es also an der Leine führen? Man droht nur, seinen geraden Weg zu verreißen.
Das Prinzip der Natürlichkeit bedeutet, vom Ziel her zu denken (das Ziel ist magnetisch und zieht das Schwert an), sich also zu fragen, wo will ich hin. Das Ursache-Wirkungsprinzip ist zutreffend für die Physik, aber nicht unbedingt da, wo Menschen involviert sind. Alles, was verkrampft geschieht, funktioniert nicht richtig. Ist die Natürlichkeit nicht gegeben, verliert man auch die Wahrnehmung und damit das Ziel des Handelns. Ist die Natürlichkeit gegeben, so stellen sich Ruhe und Entspannung von selbst ein. Wenn man schon unnatürlich steht, so setzt man den Körper und eine Anspannung, die vor dem Ausführen der Übung unangemessen ist und die Ausführung selbst behindert – das weiß jeder Schüler, der es nach einem halben Jahr des Trainings versuchte, es den Meistern gleichzutun und genauso tief wie sie im Reiterstand zu stehen – der aus dem Stand geforderte Fußtritt wird weder schnell, noch kraftvoll, noch präzise auslösbar gewesen sein.

Vorstellungskraft und Qi

Die Vorstellungskraft steuert die Energien, das Qi. Hast Du ein Ziel, stell Dir vor, Du seiest schon da. Das ist natürlich eine Übungs- und Einstellungsfrage. Bis man dahin gelangt, heißt es arbeiten, arbeiten, arbeiten. Alles was wir tun erfordert den Einsatz von Energie. Energie, die man sich wie einen Strom vorstellen muss, der die Körperteile verbindet und gelenkt und gebündelt werden kann, um Bewegungen und Gedanken zur Ausführung kommen zu lassen. Doch wie gelangt die Energie dahin, wo sie hin soll? Zunächst muss der Weg frei sein – damit sind wir wieder bei der Natürlichkeit, denn nur in der entspannten Ruhe ist der Körper durchlässig für den Energiestrom. Aber dann muss die Energie gerichtet werden. Etwas muss ihr vorangehen und ihr den Weg weisen: Fließe dorthin! Das ist die Vorstellungskraft, die das Qi dorthin lenkt, wo es hingelangen soll. Übrigens funktioniert das sogar, wenn man nicht an das Qi glaubt. Sind die Wege nur frei – befindet sich also der Körper in einer Stellung, die den Energiefluss zulässt – und denkt man nur an das, was man vollbringen will, etwa die Kraft eines Fauststoßes in ein Makiwara zu bringen, so wird sich das Qi auch entsprechend bewegen. Nur ist die Intensität dieser Bewegung von harter Übungsarbeit abhängig. Riten sind ein guter Weg, die Energiearbeit zu unterstützen. Wichtig ist, dass man bei sich und der Sache ist und Riten markieren genau dieses bei sich sein.

Wir haben ein paar neue Clips vorgestern gepostet zum Zhema Bewegung aus der Mitte und Verknüpfung an die Basis. Nix tolles aber vielleicht interessiert es dich ja. Du findest Sie unter startseite - HOME (http://www.insideleadership.de) unter der Rubrik "Referenten" findest du 2 Links die Basis 1 und Basis 2 heißen.

Ich wünsche dir einen geschmeidigen Samstag
Uwe

Uwe Hasenbein
07-03-2009, 11:55
Guten Morge LoneWolf,

ja es ist das Dan Tien, genau genommen das untere, denn es gibt derer eigentlich drei, aber wenn mal imm allgemeinen von Dan Tien spricht, meint man idR das Untere.

Und mit Deiner Vermutung liegst Du schon sehr gut! Die langsame Form ist durchaus eine Meditation in Bewegung. Aber nicht nur die, auch die schnelle und die Waffenformen können dies sein. Du bist in deiner Mitte gesammelt und die Bewegungen finden aus dieser Mitter heraus statt und kehren wieder dort hin zurück. Es dreht sich sozusagen alles um die Mitte :) Das ist ein sehr schönes Empfinden, was mit den Jahren immer weiter wächst und intensiver wird.

Den Stil den ich übe, liebe ich deshalb so sehr, weil er alle für mich wichtigen Element enthält. Von der sitzenden Meditation über bewegte Qigong Übungen (Dao Yin und Kai Men) über langsame und schnelle Tai Chi Formen bis hin zu konkreten Anwendungen und Freikampfsituationen. Auch gibt es Waffenformen. All dies spricht verschiedene Teile meines Wesens an, so dass ich immer je nach Verfassung verschiedene gerade passende Akzente setzen kann. Sozusagen von Yin bis Yang :) alles möglich.

Falls Du etwas mehr lesen willst, ich durfte nen kleinen Artikel in dem Online-Magazin www.kampfkunst-ezine (http://www.kampfkunst-ezine.de/2009/02/ueber-den-lee-stil/) über den Lee Stil verfassen. Nix dolles, aber ein gaaanz grober Einblick ;)

Oder einfach unter meinem Post, da geht´s auf die Seite meines Lehrers.

Aber wer weiß, vielleicht klappt das ja tatsächlich mal mit nem Treffen, da könnten wir uns bestimmt prima austauschen :)

Grüße
Pilger

Morgen Pilger,
danke für den Link zu dem Artikel von dir.:)
Du hast recht wir haben wirklich sehr verwandte Gedanken und Themen.

Zu dem Thema Bewegung aus dem Dan Tien:
Ich empfinde das wie folgt. Im Stand versuche ich eine harmonische Ausrichtung zu finden, will heißen es gibt kein Oben oder Unter, kein Links kein Rechts, keine Anspannung und keine Schlaffheit. Diesen Zustand nennen wir Wu Wei ( alles ist im Gleichklang )
Wenn man sich nun bewegt gilt es diesen Zustand beizubehalten.
Beispiel: Will ich einen Tritt ausführen, muss ich meine Körperhaltung ändern. Also sinke ich im Stand ein, dieses Sinken bringt meinen Fuß nach vorne - so als wenn mann einen Luftballon zusammendrückt - auch dort muß der nicht gedrückte Teil irgendwohin - der Ballon verändert die Form - die Luft im Ballon bleibt aber die Selbe.
Oder wie ein Tippkick Fußballmännchen: drücke ich auf dem Knopf am Kopf bringt dieses das Bein der Figur nach vorn.

Die Geschwindigkeit spielt dabei keine Rolle. Allerdings habe ich beim langsamen Üben mehr zeit zu nach innen zu fühlen, was in und mit mir passiert.

Das Tai Chi hat bei mir das Gesamtverständnis für die Kampfkünste radikal geändert. Ich will fast behaupten das erst mit der Entdeckung der langsamen Bewegung in Harmonie mir der Zugang zu den anderen Systemen die ich betreibe möglich wurde.

Und ich bin voll bei dir wenn du sagst man braucht beide Seiten: Hart und Weich, langsam und schnell, etc.... um die Möglichkeit zu haben zu verstehen.

Lieben Gruss am verschlafenen Morgen
Uwe

pilger
07-03-2009, 13:16
Morgen Pilger,
danke für den Link zu dem Artikel von dir.:)
Du hast recht wir haben wirklich sehr verwandte Gedanken und Themen.

Zu dem Thema Bewegung aus dem Dan Tien:
Ich empfinde das wie folgt. Im Stand versuche ich eine harmonische Ausrichtung zu finden, will heißen es gibt kein Oben oder Unter, kein Links kein Rechts, keine Anspannung und keine Schlaffheit. Diesen Zustand nennen wir Wu Wei ( alles ist im Gleichklang )
Wenn man sich nun bewegt gilt es diesen Zustand beizubehalten.
Beispiel: Will ich einen Tritt ausführen, muss ich meine Körperhaltung ändern. Also sinke ich im Stand ein, dieses Sinken bringt meinen Fuß nach vorne - so als wenn mann einen Luftballon zusammendrückt - auch dort muß der nicht gedrückte Teil irgendwohin - der Ballon verändert die Form - die Luft im Ballon bleibt aber die Selbe.
Oder wie ein Tippkick Fußballmännchen: drücke ich auf dem Knopf am Kopf bringt dieses das Bein der Figur nach vorn.

Die Geschwindigkeit spielt dabei keine Rolle. Allerdings habe ich beim langsamen Üben mehr zeit zu nach innen zu fühlen, was in und mit mir passiert.

Das Tai Chi hat bei mir das Gesamtverständnis für die Kampfkünste radikal geändert. Ich will fast behaupten das erst mit der Entdeckung der langsamen Bewegung in Harmonie mir der Zugang zu den anderen Systemen die ich betreibe möglich wurde.

Und ich bin voll bei dir wenn du sagst man braucht beide Seiten: Hart und Weich, langsam und schnell, etc.... um die Möglichkeit zu haben zu verstehen.

Lieben Gruss am verschlafenen Morgen
Uwe

Hallo Uwe,

interessante Clips! Du machst einen sehr professionellen Eindruck und drückst Kompetenz aus.
Und die Bewegung in Clip 1 ist ja geradezu eine typische für aus der Mitte heraus bewegen. Ähnlich existiert diese ja auch im Tai Chi Chuan, eine Anwendung, die sich beispielsweise aus der einfachen Peitsche ergeben kann, aber auch im Aikido, wenn ich nicht irre. Wobei ich letzteres noch nicht geübt habe.
Wobei hier letztlich der Stil bzw. das System natürlich mit der Zeit immer nebensächlicher werden und erst recht die Namen, die man den Figuren gibt. Denn letztlich geht es um die Essenz der Prinzipien. Und das erkennt man sehr schön wie ich finde. Ganzkörperbewegung, aus der Mitte heraus, sich bzw. sein eigenes Zentrum verbinden mit dem Zentrum des Partners, sozusagen ein Zentrum werden und ihn somit spielerisch dahin führen, wo ich ihn haben möchte. In dem Fall auf den Boden ;) Sehr schönes Beispiel dafür in Clip 1!

Übrigens, so verschlafen war der Morgen bei mir nicht. War schon fleißig am Üben, erst Tai Chi Chuan Formen und Dao Yin-Morgenübungen und bis vor ner Stunde ein schönes freies Partnertraining (naja war eher ein kerniges Sparring) mit nem Bekannten, der aus dem JKD und Thaiboxen kommt. Immer wieder spaßig, zu testen, ob die Prinzipien auch hier funktionieren :)

In der Tat ist es so, dass Tai Chi Chuan einem ein komplett anderes Verständnis für Kampfkunst aber auch Kämpfen geben kann. Nicht zuletzt ist es eine KAMPFKUNST! Was halt viele leider nicht wissen oder wahrhaben wollen. Natürlich kann es sehr meditativ und entspannend sein. Aber genau HIERIN liegt in meinen Augen ja das Geheimnis. Auf diese Weise lerne ich mich dann auch am Mann zu entspannen und entstressen und zumindest manchmal) laufen Sachen wie von selbst, wie von außen gemacht. Seit ich mich intensiv mit der Kunst beschäftige und das auch mit Partnern übe, habe ich gelernt, zu kämpfen ohne zu denken. Natürlich nicht immer und sicher nicht auf meisterschaftlicher Ebene. ABER es ist ein komplett anderes Kämpfen als früher. Ich nehme mir nichts mehr vor, sondern "lasse" einfach nur machen. Schwer zu beschreiben, aber Du weißt sicher (viel besser als ich) was ich meine.

So und jetzt wieder raus, ist super Wetter noch ein paar Formen zu laufen. Hab heut nämlich keine Kids, da nutz ich das doch für einen schönen und entspannten Übungstag :)

Bis denne
Pilger

Robb
07-03-2009, 14:24
Morgen Pilger,
danke für den Link zu dem Artikel von dir.:)
Du hast recht wir haben wirklich sehr verwandte Gedanken und Themen.

Zu dem Thema Bewegung aus dem Dan Tien:
Ich empfinde das wie folgt. Im Stand versuche ich eine harmonische Ausrichtung zu finden, will heißen es gibt kein Oben oder Unter, kein Links kein Rechts, keine Anspannung und keine Schlaffheit. Diesen Zustand nennen wir Wu Wei ( alles ist im Gleichklang )
Wenn man sich nun bewegt gilt es diesen Zustand beizubehalten.
Beispiel: Will ich einen Tritt ausführen, muss ich meine Körperhaltung ändern. Also sinke ich im Stand ein, dieses Sinken bringt meinen Fuß nach vorne - so als wenn mann einen Luftballon zusammendrückt - auch dort muß der nicht gedrückte Teil irgendwohin - der Ballon verändert die Form - die Luft im Ballon bleibt aber die Selbe.
Oder wie ein Tippkick Fußballmännchen: drücke ich auf dem Knopf am Kopf bringt dieses das Bein der Figur nach vorn.

Die Geschwindigkeit spielt dabei keine Rolle. Allerdings habe ich beim langsamen Üben mehr zeit zu nach innen zu fühlen, was in und mit mir passiert.

Das Tai Chi hat bei mir das Gesamtverständnis für die Kampfkünste radikal geändert. Ich will fast behaupten das erst mit der Entdeckung der langsamen Bewegung in Harmonie mir der Zugang zu den anderen Systemen die ich betreibe möglich wurde.

Und ich bin voll bei dir wenn du sagst man braucht beide Seiten: Hart und Weich, langsam und schnell, etc.... um die Möglichkeit zu haben zu verstehen.

Lieben Gruss am verschlafenen Morgen
Uwe

Es gibt doch eine Bezeichnung für den weichen und langsamen sowie für den harten und schnellen Stil bei Formen? Mir fallen diese jetzt nicht ein. Selten so einen guten Beitrag hier gelesen.

Nachtrag: es ist der innere und äußere Stil. Ich hab noch mal Nachgeschaut.

pilger
07-03-2009, 16:42
Es gibt doch eine Bezeichnung für den weichen und langsamen sowie für den harten und schnellen Stil bei Formen? Mir fallen diese jetzt nicht ein. Selten so einen guten Beitrag hier gelesen.

Hallo Rob,

also die Namen der Formen sind idR von Taichi-Stil zu Taichi-Stil verschieden. Im Chen haben die teils andere Namen als im Wu oder Lee oder im Yang-Stil. Oder meinst Du jetzt allg. eine Übersetzung für weich / hart usw?

Es ist im Übrigen oft zu sehen, dass wie oben bei dir auch, die Begriffe weich mit langsam sowie schnell mit hart in Verbindung gebracht werden.
Das ist aber nur EINE MÖGLICHE Kombination!
Es gibt auch z.B. schnelle Formen die butterweich rüberkommen. Und das heißt nicht, dass sie keine Wirkung haben. Die können genauso hart "Aua" machen wie "harte" Formen!
Und eine langsame weiche Form wird nicht deshalb hart, nur weil ich sie anfange schneller zu laufen.

Was man imo sowieso machen sollte. Die gleiche Form zumindest ab und an in verschiedenen Geschwindigkeiten zu laufen. So übt man verschiedene Aspekte. Sehr langsam fördert die Kräftigung (nicht im Sinne von Eisen biegen) und man spürt jeden kleinen Fehler sehr gut. Schnell ausgeübt ist die Dynamik viel besser zu erfühlen usw.

Auch ist es interessant, eine eigentlich schnell konzipierte Form zu entschleunigen und langsam zu laufen. Plötzlich entdeckt man "Wackler" in den Stellungen, die einem vorher gar nicht bewusst waren usw usf.

Und auch besteht bei der Kategorisierung in weich hart langsam schnell usw. oft die Gefahr, die Art der Ausführung (z.B. äußerlich weich anzusehen) mit der Art der Wirkung gleichzusetzen bzw. zu verwechseln, die dann so gar nicht weich rüberkommt. Zwar gelingt es im optimalen Fall, einen Partner/Gegner butterweich in einen Wurf, Takedown oder Hebel zu bekommen um ihn zum Boden zu befördern, der Partner aber kann durchaus den Eindruck haben, von einem Truck überrollt worden zu sein. Wie gesagt, wenn´s optimal läuft. Ich habe beide Situationen schon erlebt, sowohl als der Überrollte als auch der, der den andere überrollt - sehr zur Überraschung der meist größeren und schwereren Gegenüber.

Naja, nur so ein paar Gedanken, die mir so zu den Begrifflichkeiten gerade durch den Kopf schossen.

Grüße vom
Pilger

EDIT: UPS, hat sich wohl überschnitten:

Diese Kategorisierung ist auch wieder so n Ding in inner und äußere Stile. Da gab´s schon Endlosdiskussionen im Taichiforum. Ich finde, man sollte sich frei machen von solchen Begrifflichkeiten, für´s grobe und anfangs vielleicht hilfreich, fangen sie früher oder später nur an störend zu wirken. Man beschränkt seinen Geist!
Es gibt Karateka aus dem modernen Shotokan-Karate, deren eigentlich nach Definition äußerer Kampfstil innerlicher ist, als der manch eines Tai Chi Praktizierenden (Tai Chi gehört nach Def. zu den inneren), der aber nur äußerlich ein paar Tai Chi Bewegungen vor- bzw. nachturnt. Einfach deshalb, weil der eine vielleicht die Bewegungen von innen spürt und nach außen transportiert und der andere vielleicht nicht. Von daher rate ich, sich frei zu machen davon.

Vielleicht kann hier LoneWolf was zu sagen. Er kommt ja aus dem Thaibox Bereich, was per Def. sicher äußerlich ist. Aber anderswo hat er glaube ich geschrieben, dass seit er sich mit "inneren" Übungen wie dem Sitzen im Hara/Dantien beschäftigt, sein Thaiboxen ein anderes geworden ist. Nicht nur von der Einstellung, sondern auch von der Wirkung. So hab ich´s zumindest im Kopf. Vielleicht ein gutes Beispiel, wie äußerlich und innerlich sehr schnell verschwimmen können.


Grüße
Pilger

Robb
07-03-2009, 17:14
also die Namen der Formen sind idR von Taichi-Stil zu Taichi-Stil verschieden. Im Chen haben die teils andere Namen als im Wu oder Lee oder im Yang-Stil. Oder meinst Du jetzt allg. eine Übersetzung für weich / hart usw?

Nein ich fragte erst nur nach der Bezeichnung wenn z.b eine Form schnell und kraftvoll oder eher sanfter gemacht wird. Genaue Bezeichnungen interessieren mich nicht so sehr da eine Bewegung mega viele verschiedene Bezeichnungen haben kann so wie du es schon geschrieben hast.

LoneWolf
07-03-2009, 19:51
Vielleicht kann hier LoneWolf was zu sagen. Er kommt ja aus dem Thaibox Bereich, was per Def. sicher äußerlich ist. Aber anderswo hat er glaube ich geschrieben, dass seit er sich mit "inneren" Übungen wie dem Sitzen im Hara/Dantien beschäftigt, sein Thaiboxen ein anderes geworden ist. Nicht nur von der Einstellung, sondern auch von der Wirkung. So hab ich´s zumindest im Kopf. Vielleicht ein gutes Beispiel, wie äußerlich und innerlich sehr schnell verschwimmen können.

Korrekt! Ich glaube hat man einmal den Schlüssel zu den inneren Aspekten gefunden dann wird auch alles innerlich. Dabei spielt es dann keine Rolle ob man sitzt, steht, liegt, geht oder rennt.

Genauso verhält es sich bei mir mit den Techniken des Thaiboxens oder reinen Boxens.

Ich würde es aber mehr als kritisch ansehen wenn man aus einer Wettkampfsportart wie Thaiboxen etwas inneres machen möchte. Ich habe nämlich bei mir schon sehr schnell gemerkt, dass sich das auf keinster Weise vereinbaren lässt.

Wenn man aus sportlichen Erfolgsgründen jemanden verletzt dann kann das nichts inneres sein, oder?

Also kann man aus den Techniken eines jeden Stils etwas inneres machen aber dann wird man auch schnell feststellen, dass Wettkämpfe und innerliche arbeit schwer zu vereinbaren sind! ;)

Nein, ich mag das Boxen und auch das Thaiboxen als Sport aber mit fasst 40 habe ich keine Wettkampfambitionen mehr. ;) Ich würde lieber etwas traditionelles und japanischen machen. Mein Traum war immer Bujinkan Budo Taijutsu/ Ninjutsu aber bis heute konnte ich das leider nicht realisieren… :)

LoneWolf
07-03-2009, 20:01
Falls Du etwas mehr lesen willst, ich durfte nen kleinen Artikel in dem Online-Magazin www.kampfkunst-ezine über den Lee Stil verfassen. Nix dolles, aber ein gaaanz grober Einblick

Oder einfach unter meinem Post, da geht´s auf die Seite meines Lehrers.

Finde ich sehr interessant! Gibt es dazu auch irgendwo bei youtube bewegtes Material? Wie lange braucht man um so einen Stil zu erlernen? Ich wohne hier leider im Niemandsland und habe nicht so viele Auswahlmöglichkeiten. Würde es etwas bringen wenn man gewisse Seminare in abständen besuchen würde oder muss man regelmäßig in einer Gruppe unter Aufsicht des Lehrers trainieren?


Aber wer weiß, vielleicht klappt das ja tatsächlich mal mit nem Treffen, da könnten wir uns bestimmt prima austauschen

Ja, ich habe im Frühjahr/ Sommer wieder etwas Luft im Moment habe ich leider nur Stress… Wäre schön wenn man sich mal treffen könnte und ich bin sicher, dass das eine Interessante Sache würde.

Frage mich ob sich hier im Forum nicht mal ein Usertreffen realisieren lassen könnte? Bin sicher das würde eine interessante Sache!

pilger
08-03-2009, 01:19
Finde ich sehr interessant! Gibt es dazu auch irgendwo bei youtube bewegtes Material? Wie lange braucht man um so einen Stil zu erlernen? Ich wohne hier leider im Niemandsland und habe nicht so viele Auswahlmöglichkeiten. Würde es etwas bringen wenn man gewisse Seminare in abständen besuchen würde oder muss man regelmäßig in einer Gruppe unter Aufsicht des Lehrers trainieren?



Ja, ich habe im Frühjahr/ Sommer wieder etwas Luft im Moment habe ich leider nur Stress… Wäre schön wenn man sich mal treffen könnte und ich bin sicher, dass das eine Interessante Sache würde.

Frage mich ob sich hier im Forum nicht mal ein Usertreffen realisieren lassen könnte? Bin sicher das würde eine interessante Sache!


Grüß Dich zu später Stunde,

gib bei Youtube mal Howard Gibbon ein. Da hat er aus seinen DVD´s verschiedene Sequenzen veröffentlicht, aber immer nur recht kurze Parts. Von der normalen Form, der Stockform, dern Dao Yin DVD usw. Aber keine komplette Formen. Hier z.B. der Link zu dem DaoYin Clip (http://www.youtube.com/watch?v=V3LxI9aUH-g) mit Ausschnitten von Übungen. Oder hier der Ausschnitt aus dem Tai Chi Stock Clip (http://www.youtube.com/watch?v=t_mmu0Z2Mto&feature=related) für nen kleinen Eindruck

Es sind zwar auch noch Lee-Stil Sachen von anderen Organisationen drinnen, aber die sind qualitativ eher weniger aussagekräftig, um´s mal höflich auszudrücken. Das hat nichts mit schlecht machen zu tun, einfach nur ne Feststellung, um keinen falschen Eindruck von dem Stil zu bekommen.

Also, wie lange man braucht um den KOMPLETTEN Stil zu lernen? Viele Jahre, vorausgesetzt man hat einen (der wenigen) Lehrer, der auch alles gelernt hat. Ich kann längst auch noch nicht alles. Zwar schon einiges, aber es wir noch lange dauern, alles zu lernen. Wenn überhaupt in diesem Leben. Aber es ist auch nicht wirklich wichtig, alle Dao Yin Übungen oder alle Waffen-Formen bis zum Ende nach möglichst kurzer Zeit zu beherrschen. Vielmehr geht es los mit dem ersten Schrittchen und es reihen sich immer weitere an. Das ist ein langer aber halt super interessanter Weg. Und dann gibt´s da ja noch die Formensammler, die möglichst viele Formen in kurzer Zeit lernen wollen. Ist aber leider dann Thema verfehlt, denn dann kommt meist nichts wirklich inneres zustande. Lieber laaange für ne Form Zeit nehmen und dafür in die Tiefe lernen.
Ich habe mir z.B. für die lange Handform über zwei Jahre Zeit genommen. Für die schnelle Form ließ ich mir fast drei Jahre Zeit und ich begann sie erst, nachdem ich mit der langen (langsamen Handform) durch war. Und erst vor einem Jahr, also 5 Jahre nach Beginn des Lee-Stils begann ich mit Stock und dann Schwert. Denn die Waffen folgen den Prinzipien der Handformen, aber verlangen ungleich mehr vom Übenden. Da wäre es fatal, gleich nach den Waffen zu greifen. Sicher muss es keine 5 Jahre dauern, aber so knapp drei sollten es in der Regel sein. Ich habe mir halt besonders Zeit gelassen, erst dann begonnen, als meine innere Stimme sagte: JETZT kann´s mit den Waffen losgehen ;)

Der Lee Stil ist also so aufgebaut, dass man erst mal die kleine Handform lernt, zeitgleich einige grundlegende DaoYin und KaiMen Qigong Übungen. Wenn man das täglich übt, hat man schon einiges zu knabbern. Wenn dann die kleine Form durch ist, wird diese gefestigt und dann geht´s zur großen. Zwischendurch werden immer mal neue DaoYin und KaiMen Übungen eingepflegt. Auch das Sitzen ist von Anfang an dabei. Partnerübungen kommen auch relativ früh dazu, um die Prinzipien der Form umsetzen zu lernen. Und so baut eins aufs andere auf.

Falls Du ernsthaft Interesse hast: Ich kann zwar noch nicht alles und bin sicherlich noch kein wahrer Meister. ABER nicht einfach so hat mir Howard die Lehrberechtigung erteilt. Und das mache ich auch bei mir zu Hause im kleinen privaten Rahmen. Und zwar für lau. Denn nen Job habe ich. Ich muss mit Tai Chi kein Geld verdienen. Tai Chi soll rein aus der Liebe an der Sache laufen, daher nehme ich kein Geld. So komm ich erst gar nicht in Situationen, in denen mir evtl. jemand sagen könnte: Hey ich zahle, also bring mir jetzt die Schwertform bei oder ähnlich...

Gerade am Anfang ist es wichtig, regelmäßig einen Unterricht zu besuchen, um die Grundzüge zuverstehen, sich regelmäßig korrigieren zu lassen usw. Später reichen dann in der Tat Lehrgänge/Workshops einige Male im Jahr aus, vorausgesetzt, man hat etwas Talent zum Autodidakten und übt regelmäßig allein und idealerweise auch mit Partner die Partnerübungen.

Ich z.B. bekomme von meinem Lehrer Howard auf den Workshops in England und Schottland meine Hausaufgaben. Und wenn ich das nächste Mal dort bin, geht´s dort weiter, vorausgestzt ich hab die Hausaufgaben gemacht ;)

Zwar gibt es in Deutschland auch einige sicher recht gute Schulen des Lee-Stils. Aber ich wollte halt, nachdem ich die ersten Jahre ja in einer der Schulen war, näher an die Quelle und da führte mich kein Weg an England vorbei. Mein Lehrer ist halt einer der wenigen Lee-Stil-Leute, die den Stil vollständig erlernt haben. Das ist hier schwer zu finden. Und da ich auch im Lauf der Jahre möglichst viel mitnehmen will, war er für mich die erste Wahl. Vielleicht lerne ich nicht alles, aber ich hab noch viele Jahre Zeit und da ist noch einiges drin ;) Ich war von Anfang an in die Sache verliebt, naja andere sagen, ich wäre verrückt, soviel Zeit zu investieren, aber das sind dann die, die jeden Abend in der Kneipe sitzen und dort Zeit investieren ;)
Aber wenn ich gleich dort in England angefangen hätte, nur mit Workshops, das hätte mcih komplett überfordert. Eine regelmäßige Schule für den Grundstock war wichtig für mich.
Es ist halt dies mein Weg, so wie´s läuft, läuft´s genau richtig :)

Falls Du Interesse hast nur einfach mal was davon zu sehen oder zu spüren, schick mir einfach ne PN. Ich glaube so weit wohnen wir nicht auseinander. Und wie gesagt, wir haben wahrscheinlich Gesprächsstoff für Tage ;)

Bis denne und gute Nacht
Pilger

Robb
08-03-2009, 09:37
Eine kleine Demo od. Anleitung von inneren Künsten ist bestimmt gern gesehen. http://www.kampfkunst-board.info/forum/f82/08-august-picknick-90753/ :blume:

Uwe Hasenbein
08-03-2009, 09:49
Grüß Dich zu später Stunde,
Also, wie lange man braucht um den KOMPLETTEN Stil zu lernen? Viele Jahre, vorausgesetzt man hat einen (der wenigen) Lehrer, der auch alles gelernt hat. Ich kann längst auch noch nicht alles. Zwar schon einiges, aber es wir noch lange dauern, alles zu lernen. Wenn überhaupt in diesem Leben. Aber es ist auch nicht wirklich wichtig, alle Dao Yin Übungen oder alle Waffen-Formen bis zum Ende nach möglichst kurzer Zeit zu beherrschen. Vielmehr geht es los mit dem ersten Schrittchen und es reihen sich immer weitere an. Das ist ein langer aber halt super interessanter Weg. Und dann gibt´s da ja noch die Formensammler, die möglichst viele Formen in kurzer Zeit lernen wollen. Ist aber leider dann Thema verfehlt, denn dann kommt meist nichts wirklich inneres zustande. Lieber laaange für ne Form Zeit nehmen und dafür in die Tiefe lernen.

Falls Du ernsthaft Interesse hast: Ich kann zwar noch nicht alles und bin sicherlich noch kein wahrer Meister. ABER nicht einfach so hat mir Howard die Lehrberechtigung erteilt. Und das mache ich auch bei mir zu Hause im kleinen privaten Rahmen. Und zwar für lau. Denn nen Job habe ich. Ich muss mit Tai Chi kein Geld verdienen. Tai Chi soll rein aus der Liebe an der Sache laufen, daher nehme ich kein Geld. So komm ich erst gar nicht in Situationen, in denen mir evtl. jemand sagen könnte: Hey ich zahle, also bring mir jetzt die Schwertform bei oder ähnlich...

Gerade am Anfang ist es wichtig, regelmäßig einen Unterricht zu besuchen, um die Grundzüge zuverstehen, sich regelmäßig korrigieren zu lassen usw. Später reichen dann in der Tat Lehrgänge/Workshops einige Male im Jahr aus, vorausgesetzt, man hat etwas Talent zum Autodidakten und übt regelmäßig allein und idealerweise auch mit Partner die Partnerübungen.

Ich z.B. bekomme von meinem Lehrer Howard auf den Workshops in England und Schottland meine Hausaufgaben. Und wenn ich das nächste Mal dort bin, geht´s dort weiter, vorausgestzt ich hab die Hausaufgaben gemacht ;)


@ Lone Wolf & Pilger

Guten Morgen zusammen,

Enen Stil zu lernen und zu verinnerlichen dauert Jahre wenn nicht Jahrzehnte da stimme ich aus eigener Erfahrung zu.
Ich übe mich jetzt seit ca. 20 Jahren im Yang Stil Tai Chi. Am Anfang glaubte ich wenn ich die lange 160er Form kann dann habe ich es. Während des Lernens merkte ich dann, dass die Form nur das Mittel zum Lernen ist, und dass das Lernen erst beginnt wenn man die Bewegungsabläufe einigermaßen kennt. Um dich aber nicht zu desillusionieren, es ist schon so dass man nach 1-2 Jahren sein Gefühl für den Stil entwickelt. Die meisten Tai Chi Stile sind halt recht komplex weil meist auch etliche Waffen dazugehören. Beim Yang Stil sind es: Stock, Säbel, Schwert und Fächer.
Das Lernen läuft bei mir mittlerweile ähnlich wie bei Pilger. Einmal im Jahr treffe ich für 1-2 Wochen meinen jetzigen Lehrer und wir arbeiten zusammen - danach Hausaufgaben machen. Denn das Lernen kann dir auch ein Meister nicht abnehmen.

@ Pilger
Ich muss immer mehr schmunzeln:o
Ich habe früher von der Kampfkunst gelebt und habe dies absichtlich eingestellt. Mein eigentlicher Beruf erlaubt es mir kostenfrei unterrichten zu können. Das Shinkendo unterrichte ich kostenfrei aber nicht umsonst.
Es hat sich so entwickelt, dass ich dort viele Schüler aus anderen Kampfkünsten habe , die es als Ergänzung zu Ihrem Stil lernen.
Ich finde Sie zahlen schon einen sehr hohen Preis - nämlich Ihre ZEIT.
Und diese ist unbezahlbar. So treffen wir uns jeden Sonntag im Dojo und lernen zusammen.
Auch dem von dir beschriebenen Effekt - ich habe gezahlt, jetzt bring mir was bei - gehe ich auch aus dem Weg.
Ansonsten unterrichte ich viel auf Seminaren und Lehrgängen - die aber auch alle zum Selbstkostenpreis stattfinden um möglichst vielen Menschen den Zugang zu ermöglichen. Wir haben allein zu diesem Zweck einen eigenen Verband gegründet.

Das dass Lernen in der Kampfkunst nie aufhört ist denke ich der besondere Reiz. Es gibt somit immer Motivation weiter zu gehen.

Lieben Gruß
Uwe

LoneWolf
08-03-2009, 10:31
@ Uwe Hasenbein und Pilger


Enen Stil zu lernen und zu verinnerlichen dauert Jahre wenn nicht Jahrzehnte da stimme ich aus eigener Erfahrung zu.
Ich übe mich jetzt seit ca. 20 Jahren im Yang Stil Tai Chi.

Ich habe jetzt schon einige Tai Chi Videos gesehen und ich kann mir lebhaft vorstellen, dass das kompliziert ist aber ich verstehe da ein paar Dinge nicht! :)

Also ich praktiziere das Versenken im Hara (Tanden) hierbei lässt man SICH am Kopf und in den Schultern los. Das Einatmen kurz und das ausatmen lang. Dies bewirkt eine Transzendenz hin… ja ich nenne es jetzt auch mal so „Göttlichen“! also während des Ausatmens verteilt sich das Ki gleichmäßig vom Tanden in jedem Körperpunkt und wichtig dabei ist… Ohne dabei Bewusst nachzuhelfen!

Bei den Tai Chi Übungen habe ich gelesen, dass man andere Atemtechniken verwendet, richtig? Die Schwierigkeit der von mir beschriebene Methode besteht darin, dass man SICH immer wieder loslassen muss somit entsteht eine Leere und dann findet jede Ursprüngliche Bewegung und auch jedes Denken vom Tanden statt. Das ist natürlich sehr schwierig aber hat man das Prinzip mal verinnerlicht dann bewegen sich die Gliedmaßen ganz genau so wie sie sollten. Das ganze hat natürlich auch sofort eine positive Auswirkung auf das Denken und die Psyche!

Ich habe mal über eine Atemübung im Qi Gong gelesen in der man seine Lungen quasi vollständig füllt und sich dabei auf den Dantien konzentriert. Hierbei kommt es mir dann so vor als würde man sein Qi so ähnlich wie Batterien aufladen aber ohne dabei diese Leere schaffen zu müssen.

Genau dieser Punkt verwirrt mich etwas! Ich weiß auch nicht ob ich das richtig verstehe und deshalb meine Fragen an euch denn ich habe mir alles selbst beibringen müssen. Einen Lehrer habe ich nie gehabt! ;)

Ich habe den Verdacht, dass die von mir erwähnte Hara Meditation eine Methode ist die viel Tiefgreifender ist und auch die Erleuchtung zur Folge haben kann denn die Leere die ich spüre lässt mich schon zu diesem Entschluss kommen.

Das macht es aber auch für mich sehr schwierig denn es ist nicht einfach immer diesen klaren Geist zu erzeugen! Wenn ich mir die Clips von Pilger anschaue dann spüre ich förmlich was die Leute dort erfahren, beschreiben kann ich das aber nicht! ;) Wenn ich den Bewegungen geistig folge dann spüre ich quasi die körperlichen Erlebnisse welche die Ünenden dort haben müssen.

Ist es also deswegen so schwierig weil man auf die Form achten muss und gleichzeitig auf die innerlichen Aspekte oder ist die Form nur etwas äußerliches also eine Kampfkunst? Ist dem so dann könnte man doch auch sein eigenes Tai Chi für jede Kampfkunst beispielsweise fürs Boxen oder Thaiboxen entwickeln indem man die Übungen langsam und bewusst aus der Körpermitte heraus macht.

Entschuldigt wenn das alles etwas verwirrt klingt aber so richtig mit jemandem gesprochen habe ich da auch noch nicht! ;)


Ich habe früher von der Kampfkunst gelebt und habe dies absichtlich eingestellt. Mein eigentlicher Beruf erlaubt es mir kostenfrei unterrichten zu können. Das Shinkendo unterrichte ich kostenfrei aber nicht umsonst.

Als ich Deine Clips gesehen habe konnte ich auch in etwa nachvollziehen wie sich das anfühlt. Ich befürchte allerdings, dass bei uns in der Ecke keine Möglichkeit besteht Shinkendo zu erlernen und mit Seminaren wird sich das wohl auch nicht so einfach erlernen lassen.

Ich persönlich glaube wenn ein Meister oder Lehrer Geld für seinen Unterricht nimmt ist daran zwar nichts verwerfliches aber er liefert sich dann auch dem Stress und der Kommerzialisierung aus. Vielleicht leidet auch das ansehen seiner Kunst etwas darunter denn der Schüler zahlt Geld und verlangt dabei die Ware. Nicht gerade romantisch… :D

Uwe Hasenbein
08-03-2009, 10:44
Hallo Lone Wolf,
ich kann deine Verwirrung verstehen. Du bist aber auf einem sehr guten Weg weil du hinterfragst. Ich muss jetzt zum Training. Heute Abend werde ich versuchen dir ein paar Ansätze zu geben zu den von dir angesprochenen Themen, Gedanken und Ansätzen. Du bist gar nicht so weit entfernt vom verstehen wie du glaubst.
Zu dem Thema wo und wie du Anregung "live" bekommen kannst finden wir eine Lösung.

Dein Interesse und Berührtheit zum Thema beeindruckt mich

Lieben Gruss
Uwe

pilger
08-03-2009, 11:34
Eine kleine Demo od. Anleitung von inneren Künsten ist bestimmt gern gesehen. http://www.kampfkunst-board.info/forum/f82/08-august-picknick-90753/ :blume:

Hi Robb,

kannst Du jede Woche in Wiesbaden sehen, da übe ich mit Trainingspartner(n) im Park oder bei mir zu Hause, da hab ich auch jede Woche jemanden zum Üben, gerne Bescheid sagen, ich nenne dir dann genaue Örtlichkeit und Uhrzeit. Aber nach Hamburg oder München oder Berlin fahren für nur mal so, sorry, so dick hab ich´s dann nicht. Weder fininziell noch zeitlich. Ich wohne zwischen Ffm und Wiesbaden.

Grüße
Pilger

pilger
08-03-2009, 12:37
@ Uwe Hasenbein und Pilger



Ich habe jetzt schon einige Tai Chi Videos gesehen und ich kann mir lebhaft vorstellen, dass das kompliziert ist aber ich verstehe da ein paar Dinge nicht! :)

Also ich praktiziere das Versenken im Hara (Tanden) hierbei lässt man SICH am Kopf und in den Schultern los. Das Einatmen kurz und das ausatmen lang. Dies bewirkt eine Transzendenz hin… ja ich nenne es jetzt auch mal so „Göttlichen“! also während des Ausatmens verteilt sich das Ki gleichmäßig vom Tanden in jedem Körperpunkt und wichtig dabei ist… Ohne dabei Bewusst nachzuhelfen!

Bei den Tai Chi Übungen habe ich gelesen, dass man andere Atemtechniken verwendet, richtig? Die Schwierigkeit der von mir beschriebene Methode besteht darin, dass man SICH immer wieder loslassen muss somit entsteht eine Leere und dann findet jede Ursprüngliche Bewegung und auch jedes Denken vom Tanden statt. Das ist natürlich sehr schwierig aber hat man das Prinzip mal verinnerlicht dann bewegen sich die Gliedmaßen ganz genau so wie sie sollten. Das ganze hat natürlich auch sofort eine positive Auswirkung auf das Denken und die Psyche!

Ich habe mal über eine Atemübung im Qi Gong gelesen in der man seine Lungen quasi vollständig füllt und sich dabei auf den Dantien konzentriert. Hierbei kommt es mir dann so vor als würde man sein Qi so ähnlich wie Batterien aufladen aber ohne dabei diese Leere schaffen zu müssen.

Genau dieser Punkt verwirrt mich etwas! Ich weiß auch nicht ob ich das richtig verstehe und deshalb meine Fragen an euch denn ich habe mir alles selbst beibringen müssen. Einen Lehrer habe ich nie gehabt! ;)

Ich habe den Verdacht, dass die von mir erwähnte Hara Meditation eine Methode ist die viel Tiefgreifender ist und auch die Erleuchtung zur Folge haben kann denn die Leere die ich spüre lässt mich schon zu diesem Entschluss kommen.

Das macht es aber auch für mich sehr schwierig denn es ist nicht einfach immer diesen klaren Geist zu erzeugen! Wenn ich mir die Clips von Pilger anschaue dann spüre ich förmlich was die Leute dort erfahren, beschreiben kann ich das aber nicht! ;) Wenn ich den Bewegungen geistig folge dann spüre ich quasi die körperlichen Erlebnisse welche die Ünenden dort haben müssen.

Ist es also deswegen so schwierig weil man auf die Form achten muss und gleichzeitig auf die innerlichen Aspekte oder ist die Form nur etwas äußerliches also eine Kampfkunst? Ist dem so dann könnte man doch auch sein eigenes Tai Chi für jede Kampfkunst beispielsweise fürs Boxen oder Thaiboxen entwickeln indem man die Übungen langsam und bewusst aus der Körpermitte heraus macht.

Entschuldigt wenn das alles etwas verwirrt klingt aber so richtig mit jemandem gesprochen habe ich da auch noch nicht! ;)





Hallo Lone Wolf,

Es ist schwierig, ein ganzes System in schriftlicher Form zu erklären und dann auch noch kurz. Hier ist es wie mit Deiner Hara-Atmung, solange Du es nur gelesen hast, verstehst Du es nicht, erst mit der Praxis kommt es.

TROTZDEM von mir ein paar kleine Anmerkungen.

Mach Dich gerade am Anfang davon frei, alles mit Deinem Kopf erfassen und katalogiseren zu wollen. Denn dann entsteht ein Wust im Kopf, ein Knäuel aus vielen verschiedenen Fäden wo Du weder Anfang noch Ende der einzelnen Fäden siehst.
Du bist mit Deiner Methode auf einem guten Weg!
Es gibt so viele Atemmethoden wie es Chinesen gibt :) Nein nicht ganz, aber es gibt derer tatsächlich viele.

Z.B ist die taoistische Meditation im Sitzen, die man bei uns lernt, der Methode, die Du praktizierst relativ ähnlich. Es gibt dann ganz grob verschiedene Stadien: Beruhigen, Entspannen, Gedanken ziehen lassen, so lange bis es immer weniger werden und ganz gedankenleer werden, bis man schließlich den Zustand erreicht, indem man "eins mit allem" ist. Die Konzentration auf die Atmung dient hier lediglich als Hilfsmittel, um so über kurz oder lang alle anderen Gedanken zum "Gehen" zu bewegen. Und wenn die weg sind, lässt man den Gedanken an die Atmung auch los. Und in der Tat soll damit etwas erreicht werden können, was die Zen-Praktizierenden mit Satori bezeichnen. Dieses "eins mit allem". Aber vergiss das am Besten gleich wieder, denn Du weißt ja, wenn ich immer nur auf´s Ziel schaue, sehe ich den Weg nicht mehr ;)

Zur Atmung: Bei den Atemübungen (z.B. Dao Yin)- Übungen haben wir in der Tat verscbhiedene Formen des Atmens. Hier ist der Atem und das Atmen erst mal DAS Mittel in Verbindung mit der Körperbewegung, um die Lungen, die jeweils betroffenen Organe und Körperteile der speziellen Übung vermehrt mit Sauerstoff (meinetwegen auch Qi -als Konzept) zu füllen, um so den Körper zu stärken. Ein weiterer Aspekt ist aber eben auch, dass ich hierdurch ebenfalls in einen zumindest angenehm entspannten Zustand komme, der aber auch durchaus weiterführen kann. Es gibt dann in einem weiteren Stadium noch Visualisationstechniken, um das ganze zu verstärken.
Und die Übungen wirken sich positiv auf Alltag aus, man geht gestärkt in den Tag. Vorwiegend geht es hier also um Kraft tanken und Gesunderhaltung, aber eben auch die mentale Seite ist durhc das Gewahrsein während der Übungen angesprochen.

Und das ganze dient dazu, das Tai Chi Chuan besser erlernen und verstehen zu können. Erst einmal mit den Atemtechniken des Dao Yin vertraut, ist es später nicht mehr schwer, die Atmung auch in die Tai Chi Formen zu übernehmen. Wobei dies nicht in allen Formen oder Stilen getan wird.
Erst mal lässt man aber beim Erlernen der Tai Chi Form(en) die bewusste Atmung komplett weg, man achtet nciht auf sie. Das kommt erst später, sonst fürht dies nur zu unschönen Dingen wie evtl Verkrampfungen o.ä.!

Auch die sanften Dehnungen des Kai Men in unserem Stil öffnen den Körper, so dass die Energie dann beim Erlernen der Form schneller beginnen kann, im Körper zu zirkulieren. Andere Stile haben da andere Methoden.

Wenn die Form einmal verinnerlicht ist, kannst Du in den gleichen leeren Zustand gelangen, wie z.B. beim Sitzen im Hara. Nur hast Du in der Tai Chi Form noch den Zusatz, dass sie eine Mischung aus Qigongbewegunen und Kampfkunst-Methode ist. Letzteres natürlich nur dann, wenn man übt, diese Bewegungen, die sich auf Grund des erreichten entspannten oder sogar leeren Zustandes so tief ins Unterbewusste "eingebrannt" haben, auch auf einen Partner zu übertragen. Das ist eben der Punkt, an dem das Tai Chi über eine Entspannung- oder Meditationsmethode wieder zur Kampfkunst werden kann. Wie es ja ursprünglich auch gedacht war, angeblich ... ;)

Letztlich sind das aber eben alles nur Methoden, verschiedene Methoden, um ein gleiches Ziel zu erreichen ;) Und Du weißt bereits welches.

Von daher komme ich gerne noch mal zurück auf meinen Anfang. Lies das alles und vergiss es wieder. Denn letztlich ist es völlig egal welche Methode der "Selbstkultivierung" du ausübst.

Und wie Du sagst:
Wenn Du es schaffst, Dein Bewusstsein, was Du während des Sitzens im Hara hast, auf "Dein" Thaiboxen zu übertragen, dann nennt sich das zwar nicht Tai Chi Chuan, weil Die darin enthaltenen "Techniken" nicht dieselben sind, aber der Zustand, in den Du Dich begibst, ist genau der gleiche in dem Du beim Tai Chi Chuan eben auch bist!

Hoffe etwas zu Deiner Verwirrung beigetragen zu haben ;)

So, ich geb jetzt mal an Dich, UWE, weiter :)

Filu
08-03-2009, 13:15
Moin,
ich bin nicht Uwe...sorry...:)
Ich glaube, daß man erst mal anfangen muß um verstehen zu können. Nur mit der Theorie kommt man nicht weit. Leider braucht man dafür auch einen guten Lehrer (meiner Meinung nach) um auch Fortschritte machen zu können, der einem "die Richtung" sagen kann. Lernen muß man dann alleine und das dauert......!

Gruß, Filu

Robb
08-03-2009, 14:05
Hi Robb,

kannst Du jede Woche in Wiesbaden sehen, da übe ich mit Trainingspartner(n) im Park oder bei mir zu Hause, da hab ich auch jede Woche jemanden zum Üben, gerne Bescheid sagen, ich nenne dir dann genaue Örtlichkeit und Uhrzeit. Aber nach Hamburg oder München oder Berlin fahren für nur mal so, sorry, so dick hab ich´s dann nicht. Weder fininziell noch zeitlich. Ich wohne zwischen Ffm und Wiesbaden.

Grüße
Pilger

Ich hab mal kurzeitig in Kriftel gewohnt. Sehr schöne gegend das Main Taunusgebiet. Würde ich um die Ecke wohnen hätte ich gerne mal mitgemacht.

pilger
08-03-2009, 14:27
Moin,
ich bin nicht Uwe...sorry...:)
Ich glaube, daß man erst mal anfangen muß um verstehen zu können. Nur mit der Theorie kommt man nicht weit. Leider braucht man dafür auch einen guten Lehrer (meiner Meinung nach) um auch Fortschritte machen zu können, der einem "die Richtung" sagen kann. Lernen muß man dann alleine und das dauert......!

Gruß, Filu

Hi Filu,
Recht Du haben :)
einerseits, aber andererseits ist Theorie trotzdem manchmal hilfreich, um die Praxis zu verstehen!
Ich habe zu Beginn meiner Tai Chi Zeit viele Bücher gelesen und nur ganz wenig gerafft, aber egal, etwas blieb hängen.
Als ich die Bücher später noch mal las, so nach ein paar Jahren, habe ich dann shon ne ganze Ecke mehr gerafft :)
Aber interessant war´s auch schon am Anfang zu lesen.

Mit der Wertung "Guter Lehrer" oder eben nicht bin ich vorsichtig. Ein Lehrer der z.B. Dir nicht oder nicht mehr gefällt, kann den Wissensdurst anderer vielleiht exakt stillen, weil sie genau das brauchen, was er vermittelt. So kommt es immer drauf an, was einer braucht und was der andere geben kann. Für den einen taugt er nciht viel, der andere findet ihn genial. Du weißt doch, nichts ist nur schwarz oder weiß ;)


Grüße
Pilger

PS:Schön, dass Du jetzt auch hier bist.

pilger
08-03-2009, 14:47
Ich hab mal kurzeitig in Kriftel gewohnt. Sehr schöne gegend das Main Taunusgebiet. Würde ich um die Ecke wohnen hätte ich gerne mal mitgemacht.


Na denn, falls es Dich mal wieder in die Ecke verschlägt, einfach melden :)

LoneWolf
08-03-2009, 15:20
@pilger

Danke für die ausführliche Erklärung, denke ich kann jetzt einiges besser verstehen!


Und in der Tat soll damit etwas erreicht werden können, was die Zen-Praktizierenden mit Satori bezeichnen. Dieses "eins mit allem". Aber vergiss das am Besten gleich wieder, denn Du weißt ja, wenn ich immer nur auf´s Ziel schaue, sehe ich den Weg nicht mehr

Es ist völlig kontraproduktiv sich ein Ziel zu setzen welches da Erleuchtung heißt denn man würde es nur weit weg schieben, sobald das „Ich“ sich solch ein Ziel setzt. Man wird aber wohl ab und an gewisse Erfahrungen haben, die einem schon mal einen kleinen Einblick erlauben. Aber das wird passieren wenn die Zeit reif dafür ist. :)


Wenn Du es schaffst, Dein Bewusstsein, was Du während des Sitzens im Hara hast, auf "Dein" Thaiboxen zu übertragen, dann nennt sich das zwar nicht Tai Chi Chuan, weil Die darin enthaltenen "Techniken" nicht dieselben sind, aber der Zustand, in den Du Dich begibst, ist genau der gleiche in dem Du beim Tai Chi Chuan eben auch bist!

Genau das meinte ich und deswegen kann ich auch in etwa nachfühlen was ein Tai Chi- Praktizierender gerade erlebt wenn er seine Übungen macht. :)


Hoffe etwas zu Deiner Verwirrung beigetragen zu haben

Noch nicht mal denn ich konnte das alles sehr gut nachvollziehen! ;)


Hi Filu,
Recht Du haben
einerseits, aber andererseits ist Theorie trotzdem manchmal hilfreich, um die Praxis zu verstehen!
Ich habe zu Beginn meiner Tai Chi Zeit viele Bücher gelesen und nur ganz wenig gerafft, aber egal, etwas blieb hängen.
Als ich die Bücher später noch mal las, so nach ein paar Jahren, habe ich dann shon ne ganze Ecke mehr gerafft
Aber interessant war´s auch schon am Anfang zu lesen.

Ich würde sogar noch einen schritt weitergehen und meinen, dass wenn man selbst mal die Basis geschaffen hat man sich dann auch mit vielem leichter tut. Boxen habe ich mir weitestgehend selbst beigebracht und das viel mir leichter weil ich mich eben mit den inneren Dingen beschäftigt habe. Weißt Du wie Dein Körper funktionieren kann dann sind viele Formen und Techniken nicht wirklich das große Problem.

Hier spielt dann eher die Körperliche Fitness eine Rolle die man erst mal haben muss denn ohne Fitness nützt Dir Ki auch nichts! Ki fließt erst durch unsere Muskeln und wenn keine da sind… ;)

LoneWolf
08-03-2009, 15:31
Moin,
ich bin nicht Uwe...sorry...
Ich glaube, daß man erst mal anfangen muß um verstehen zu können. Nur mit der Theorie kommt man nicht weit. Leider braucht man dafür auch einen guten Lehrer (meiner Meinung nach) um auch Fortschritte machen zu können, der einem "die Richtung" sagen kann. Lernen muß man dann alleine und das dauert......!

Ja, gerade was die Richtung betrifft kann ein Lehrer sehr hilfreich sein. Ohne Anleitung kann gerade die Beschäftigung mit den geistigen Lehren eine mühsame Sache sein aber man darf sich auch nichts vormachen. Kein Lehrer und kein Meister kann Dir den Weg abnehmen den Du zu gehen hast um Dich weiterzuentwickeln.

pilger
08-03-2009, 16:51
@pilger

Danke für die ausführliche Erklärung, denke ich kann jetzt einiges besser verstehen!



Das freut mich :)





Es ist völlig kontraproduktiv sich ein Ziel zu setzen welches da Erleuchtung heißt denn man würde es nur weit weg schieben, sobald das „Ich“ sich solch ein Ziel setzt. Man wird aber wohl ab und an gewisse Erfahrungen haben, die einem schon mal einen kleinen Einblick erlauben. Aber das wird passieren wenn die Zeit reif dafür ist. :)


Ich seh schon, wir ticken ähnlich...




Genau das meinte ich und deswegen kann ich auch in etwa nachfühlen was ein Tai Chi- Praktizierender gerade erlebt wenn er seine Übungen macht. :)



Aber nur, wenn er es eben auch wirklich "von innen" macht und nicht nur einfach seine Form abpult.

ABER man sollte auch regelmäßig über das meditative Laufen der Formen hinaus, die Form sozusagen "technisch" laufen, sprich, dauernd auf die Stände, die Mitte und die Hände achten, sich sozusagen selbst immer wieder in die richtige Position zu korrigieren. Diese beiden Arten, die Form zu laufen - meditativ oder technisch - so drücke ich es jetzt einfach mal aus, sind wieder die zwei Seiten der einen Medaille. Und auch dazwischen liegt vieles.





Noch nicht mal denn ich konnte das alles sehr gut nachvollziehen! ;)



So was, und ich hielt meine Ausführungen eher für ein wenig chaotisch ;) Aber um so mehr freut es mich!





Ich würde sogar noch einen schritt weitergehen und meinen, dass wenn man selbst mal die Basis geschaffen hat man sich dann auch mit vielem leichter tut. Boxen habe ich mir weitestgehend selbst beigebracht und das viel mir leichter weil ich mich eben mit den inneren Dingen beschäftigt habe. Weißt Du wie Dein Körper funktionieren kann dann sind viele Formen und Techniken nicht wirklich das große Problem.

Hier spielt dann eher die Körperliche Fitness eine Rolle die man erst mal haben muss denn ohne Fitness nützt Dir Ki auch nichts! Ki fließt erst durch unsere Muskeln und wenn keine da sind… ;)

Auch ich habe nichts gegen Muskeln. Hab schließlich jahrelang gepumpt :)ABER seit dem ich mit den "inneren" Sachen anfing, habe ich nach und nach mein Hanteltraining runtergeschraubt, obwohl die auskurierte Verletzung es wieder zugelassen hätte. Aber ich merkte, dass ein gewisses Maß Muskulatur gut ist, was darüber hinaus ging, aber kontraproduktiv war. Die Masse störte mich bei immer mehr Dao Yin und Kai Men Übungen. Aber es ging mir nicht nur um das zu viel an Masse, sondern vor allem darum, dass ich die Muckis nicht ganzheitlich in einer Kette einsetzen konnte. Ich habe anfangs mit Frauen "Sticky Hands", eine Partnerübung gemacht, bei der man versucht, den anderen aus der Balance zu bringen und selbst stabil zu bleiben. Diese Frauen waren teilweise 30-35 kg leichter als ich (ich wog damals ca. 84 muskulöse kg bei nur 171 cm Größe) und schubsten mich durch die Gegend, blieben aber selbst stabil. Na klar, wenn ich alles an roher Kraft aufendete, flogen sie auch weg. Aber das war ganz was anderes als das, was sie mit mir machten. Denn aufgrung ihrer wenigen Muskeln und des geringen Körpergewichts hätten sie mich eigentlich gar nicht bewegen dürfen - aber sie taten es. Und da fing ich halt an, umzudenken.

Heute mache ich nur noch einmal die Wochen Klimmzüge und Liegestütz, für die Beine übe ich tiefe Stände. Ansonsten gibt es Übungen mit ner Stange oder Bowlingkugel, die ich ab und an mache. Oder ich "werfe" meine großen Sandsack. Alles Übungen, die der "Ganzkörperkraft" die es für die "inneren" braucht, zuträglich sind. Was ich nicht mehr mache, ist Hanteltraining, bin komplett davon weg. Na klar drück ich heute keine 130 oder 140 kg mehr auf der Bank, aber das braucht´s halt auch nicht mehr. Denn auch so bin ich in der Lage, schwere Menschen zu bewegen. Nicht immer aber immer öfter ;) Habe ca. 12 kg weniger als "damals", aber die Kraft, die ich für die "inneren" brauche, ist gestiegen.

Liebe Grüße
Pilger

Somebody
08-03-2009, 17:42
Ich lese seit kurzer Zeit bei euch mit und bin wirklich beeindruckt von euren Beschreibungen, Diskussionen und Ausführungen, die meine Neugier geweckt haben ;).
Leider verstehe ich viele Dinge nicht, weil ich beispielsweise noch nie bewusst soetwas wie eine innere Mitte oder Ki/Qi gefühlt habe. Ich hoffe per Meditation in einem buddhistischen Zentrum einen Einstieg in dieses Thema zu finden. Nächstes Wochenende schau ich mal vorbei und guck mir das an.
Allerdings sind die Kampfsportarten, an denen ich interessiert bin, nicht so mit der inneren Kraft verknüpft wie beispielsweise Tai Chi (ich möchte vorerst mit Muay Thai anfangen, später evtl. noch mit Capoeira beginnen).
Gibt es irgendetwas, was ich beachten muss?

Liebe Grüße

Uwe Hasenbein
08-03-2009, 18:01
Hi Filu,
Recht Du haben :)
einerseits, aber andererseits ist Theorie trotzdem manchmal hilfreich, um die Praxis zu verstehen!
Ich habe zu Beginn meiner Tai Chi Zeit viele Bücher gelesen und nur ganz wenig gerafft, aber egal, etwas blieb hängen.
Als ich die Bücher später noch mal las, so nach ein paar Jahren, habe ich dann shon ne ganze Ecke mehr gerafft :)
Aber interessant war´s auch schon am Anfang zu lesen.

Mit der Wertung "Guter Lehrer" oder eben nicht bin ich vorsichtig. Ein Lehrer der z.B. Dir nicht oder nicht mehr gefällt, kann den Wissensdurst anderer vielleiht exakt stillen, weil sie genau das brauchen, was er vermittelt. So kommt es immer drauf an, was einer braucht und was der andere geben kann. Für den einen taugt er nciht viel, der andere findet ihn genial. Du weißt doch, nichts ist nur schwarz oder weiß ;)


Grüße
Pilger

PS:Schön, dass Du jetzt auch hier bist.

Hi Filu,
ja viel recht haben du:)
Wirkliches verstehen geht nur mit Anleitung.
Ich pflichte aber auch Pilger bei, das es nicht schaden kann auch seinen Geist zu "kneten".

@ Pilger die Sache mit dem guten Lehrer sehe ich sehr ähnlich.
Es gibt einen schönen Spruch: Jeder Lehrer bekommt die Schüler, die er verdient. Es ist ja schließlich eine freie Wahl die dort geschieht, Schüler sucht Lehrer aus und Lehrer sucht Schüler aus. Jemand den ich grauenhaft finde kann vielleicht jemand anderem viel geben usw.

Liebe Grüße
Uwe

LoneWolf
08-03-2009, 18:03
Auch ich habe nichts gegen Muskeln. Hab schließlich jahrelang gepumpt ABER seit dem ich mit den "inneren" Sachen anfing, habe ich nach und nach mein Hanteltraining runtergeschraubt, obwohl die auskurierte Verletzung es wieder zugelassen hätte. Aber ich merkte, dass ein gewisses Maß Muskulatur gut ist, was darüber hinaus ging, aber kontraproduktiv war.

Ja, das ist so eine Geschichte denn jeder Körper ist anders! Ich merke beispielsweise, dass wenn ich länger nicht pumpen war mir das gar nicht gut tut. Ich scheine eine gewisse Muskelmasse zu brauchen. Mache ich aber nur statisches Hanteltraining, so ist das auch kontraproduktiv.

Ich glaube die Mischung macht es bei mir! Ich mache fasst jeden morgen auf einem Holzbrett 30 intensive Liegestütze auf den Fäusten und zwar ganz langsam und bewusst. Dabei stelle ich mir vor, dass ich mit meinen Fäusten durch die Decke will… *lol* Hört sich jetzt bescheuert an und das ist hoffentlich so auch nicht möglich *g* aber durch diese Visualisierung bekomme ich den Effekt den höchstmöglichsten Muskelwiderstand zu erzielen und dabei fließt dann das Ki so richtig schön und man härtet etwas die Fäuste ab.

Ich habe danach manchmal das Gefühl als wäre meine Faust riesig!

Es gibt ja einige innere Stile die eher darauf ausgerichtet sind ohne viel Fitness auszukommen. Beim Boxen und Thaiboxen braucht man aber gewisse Physische Grundlagen. Erst recht wenn man noch kein Meister der inneren Energien ist denn das ist ja alles noch am wachsen… ;)


Was ich nicht mehr mache, ist Hanteltraining, bin komplett davon weg. Na klar drück ich heute keine 130 oder 140 kg mehr auf der Bank, aber das braucht´s halt auch nicht mehr. Denn auch so bin ich in der Lage, schwere Menschen zu bewegen. Nicht immer aber immer öfter Habe ca. 12 kg weniger als "damals", aber die Kraft, die ich für die "inneren" brauche, ist gestiegen.

Daran sieht man, dass man mit Ki alleine keine 130 oder 140kg auf der Flachbank drückt. Die Tatsache, dass Du trotzdem schwere Menschen bewegen kannst ist auf Deinen Kampfstil zurückzuführen.

Also muss der Kampfstil so klug ausgelegt sein, dass man eben ohne viel Kraft und Physis auskommt.

Wenngleich ich mir auch nicht so recht im klaren darüber bin ob es nicht doch irgendwelche anderen Techniken gibt die es einem erlauben enorme physische Kraft mit der Kraft des Geistes umzusetzen. Ich glaube die Leute die sich mit Kundalini beschäftigen sähen da noch andere Möglichkeiten. Aber das ist mir alleine zu gefährlich und zu unkontrolliert und da würde ich ohne Erfahrenen Lehrer keine Selbstexperimente starten. Alle versuche die ich da mal so gemacht habe waren doch eher unangenehm… *g*

Uwe Hasenbein
08-03-2009, 18:12
Ich lese seit kurzer Zeit bei euch mit und bin wirklich beeindruckt von euren Beschreibungen, Diskussionen und Ausführungen, die meine Neugier geweckt haben ;).
Leider verstehe ich viele Dinge nicht, weil ich beispielsweise noch nie bewusst soetwas wie eine innere Mitte oder Ki/Qi gefühlt habe. Ich hoffe per Meditation in einem buddhistischen Zentrum einen Einstieg in dieses Thema zu finden. Nächstes Wochenende schau ich mal vorbei und guck mir das an.
Allerdings sind die Kampfsportarten, an denen ich interessiert bin, nicht so mit der inneren Kraft verknüpft wie beispielsweise Tai Chi (ich möchte vorerst mit Muay Thai anfangen, später evtl. noch mit Capoeira beginnen).
Gibt es irgendetwas, was ich beachten muss?

Liebe Grüße

Hallo Someboy,
schön das du da bist.
Meiner Meinung und Erfahrung nach ist es egal womit du beginnst. Es sollte dich interessieren und Spass machen.
Schau dir einfach ein Training an, dass in deiner Nähe angeboten wird und schau darauf ob Lehrer und Schüler dir zusagen.
Achte darauf was die Schüler so können, soweit du das beurteilen kannst. Den es ist wichtiger ob der Lehrer vermitteln kann als ob er selber sehr gut in seinem Fach ist.
Dann mach mal ein Probetraining mit ( was meistens geht ), und wenn du dann das Gefühl hast: " hier will ich wieder hin " dann hast du deinen Start gefunden. Was du später einmal machst wird sich in deiner Entwicklung dann von selber ergeben.

Herzliche Grüße (Faß dir ruhig ein Herz - es gibt soviel schönes zu erfahren)
Uwe

LoneWolf
08-03-2009, 18:16
Ich lese seit kurzer Zeit bei euch mit und bin wirklich beeindruckt von euren Beschreibungen, Diskussionen und Ausführungen, die meine Neugier geweckt haben .
Leider verstehe ich viele Dinge nicht, weil ich beispielsweise noch nie bewusst soetwas wie eine innere Mitte oder Ki/Qi gefühlt habe.

Als ich in Deinem alter war hatte ich mein erstes Ki Erlebnis und das hat mein Leben Stück für Stück zum positiven verändert. Ich finde es toll, dass Du selber etwas ausprobieren möchtest und wünsche Dir alles Gute!



Ich hoffe per Meditation in einem buddhistischen Zentrum einen Einstieg in dieses Thema zu finden. Nächstes Wochenende schau ich mal vorbei und guck mir das an.

Ich hoffe Du berichtest uns von Deinen Erlebnissen! Das würde mich sehr interessieren… :)

Uwe Hasenbein
08-03-2009, 18:44
Also ich praktiziere das Versenken im Hara (Tanden) hierbei lässt man SICH am Kopf und in den Schultern los. Das Einatmen kurz und das ausatmen lang. Dies bewirkt eine Transzendenz hin… ja ich nenne es jetzt auch mal so „Göttlichen“! also während des Ausatmens verteilt sich das Ki gleichmäßig vom Tanden in jedem Körperpunkt und wichtig dabei ist… Ohne dabei Bewusst nachzuhelfen!


Das macht es aber auch für mich sehr schwierig denn es ist nicht einfach immer diesen klaren Geist zu erzeugen! Wenn ich mir die Clips von Pilger anschaue dann spüre ich förmlich was die Leute dort erfahren, beschreiben kann ich das aber nicht! ;) Wenn ich den Bewegungen geistig folge dann spüre ich quasi die körperlichen Erlebnisse welche die Ünenden dort haben müssen.


Als ich Deine Clips gesehen habe konnte ich auch in etwa nachvollziehen wie sich das anfühlt. Ich befürchte allerdings, dass bei uns in der Ecke keine Möglichkeit besteht Shinkendo zu erlernen und mit Seminaren wird sich das wohl auch nicht so einfach erlernen lassen.


Hallo Lone Wolf,
das mit der Leere und dem Loslassen ist Anfangs gar nicht so easy. Vielleicht kann dir folgendes Bild helfen:
Versuche nicht dich aktiv zu entspannen, das funktioniert wegen des Wollens nicht.
" Verdammt jetzt entspanne dich " funktioniert genauso wenig wie: " Sei doch endlich mal spontan - JETZT "

Mir hat ein Bild eines meiner Lehrer geholfen er sagte:
Dein Kopf ist ein Käfig voller kleiner, aufgeregter Affen. Die Affen sind deine Gedanken. Wenn du den Käfig jetzt aufmachst und versuchst sie zu vertreiben werden sie aufgeregt hin und her springen und den Ausgang nicht finden. Öffne einfach die Tür und warte - Sie werden den Ausgang finden. dann herrscht Ruhe.

Ich versuche das meinen Schülern wie folgt zu erklären wenn sie diese Ruhe/Leere im Kampf anwenden sollen:
Der Körper ist wie Wasser, er kann jede Form annehmen ist weich und kann trotzdem immense Wucht haben. Dieses Wasser ist ein stiller See mit ganz glatter Oberfläche. Ist die Oberfläche ruhig erzeugt selbst eine Mücke die sich auf das Wasser setzt Wellen, die du spürst und sehen kannst.
Ist das Wasser in Aufruhr kannst du einen Fels hineinwerfen und du würdest es nicht spüren.

Versuche dich einmal darin, falls du im Moment für dein Thai Boxen einen Sparringspartner hast, zu kämpfen ohne kämpfen zu wollen.
Wenn du auf seine Bewegungen reagierst wirst du immer einen Moment zu spät sein, denn du must ja durch dein Wollen hindurch erstmal merken was er will. Stell dir einmal vor ihr wäret mit Stangen verbunden, dann würde er dich automatisch zu sich ziehen wenn er zurückweicht und umgekehrt.
Laß dich durch ihn führen, du sparst unheimlich viel Energie und Aufgeregtheit ein dadurch, weil du ja nicht mehr überlegen musst was du tust.

Ein Angriff ist ein Geschenk:o

Nehme es an und benutze es:p

Wenn er einen Jab schlägt gibt es unweigerlich eine Lücke unter seinem Arm. Lass diese Lücke deine Technik anziehen wie ein Magnet.
Der Jab selbst ist nicht gefährlich - gefährlich ist die Quelle wo er herkommt.

Willst du das Wesen des Flusses verstehen, erforsche die Quelle.
( Zitat ) Mayomoto Musashi

Viel Spaß bei diesem "aktiven Denkversuch"

( Ich hoffe ich habe mich nicht zu verquer ausgedrückt )
Lieben Gruss
Uwe

pilger
08-03-2009, 18:53
@ Pilger die Sache mit dem guten Lehrer sehe ich sehr ähnlich.
Es gibt einen schönen Spruch: Jeder Lehrer bekommt die Schüler, die er verdient. Es ist ja schließlich eine freie Wahl die dort geschieht, Schüler sucht Lehrer aus und Lehrer sucht Schüler aus. Jemand den ich grauenhaft finde kann vielleicht jemand anderem viel geben usw.

Liebe Grüße
Uwe

Das ist ja nicht zu glauben. DEN Spruch wollte ich ursprünglich schreiben, hab mich aber dann doch für eigene Worte entschieden

Wird mir immer mysteriöser hier ;) Kleiner Scherz

Liebe Grüße
Pilger

Uwe Hasenbein
08-03-2009, 18:56
@ Pilger,
hm............Internet vodoo ? :ups:
lol
Uwe

Uwe Hasenbein
08-03-2009, 19:12
@ alle

Ich habe vor einiger Zeit den Versuch gestartet ein Buch zur Kampfkunst zu schreiben. Wahrscheinlich wird es nie beendet oder fertiggestellt weil ich immer glaube die Dinge nicht exakt niederschreiben zu können.

Da es aber glaube ich gut in den Kontext hier passt zwei Auszüge aus dem Skript mit der Bitte um Feedback ob Ihr die Meinungen teilen könnt.

Verrückter Gedanke: Ich glaube fest an die "Weisheit der Vielen" will meinen eine Gruppe ist immer intelligenter als ein einzelner.
Was haltet ihr davon ein solches "Unding" gemeinsam in Angriff zu nehmen ?
Jeder steuert seine Erfahrungen bei. So könnte man mehrere Ansätze vereinen um den Lesern einen Besseren Zugang zu geben. Dies ist kein kommerzieller Vorschlag da ich daran dachte, falls man einen Verlag findet, die Erlöse einem noch zu bestimmenden guten Zweck zukommen zu lassen.

Nun denn, Weltpremiere ( schluck )

Willkommen in meinen Gedanken

Kampfkunst
Wenn ich mich mit Außenstehenden unterhalte und auf das Thema Kampfkunst zu sprechen komme, habe ich oft das Problem, diesen Begriff zu erklären. Unter dem Begriff Kampfsport können sich die meisten etwas vorstellen, aber der Zusammenhang zwischen Kampf und Kunst ist oft schwer verständlich. Weiterhin ist der Begriff Kampf bei vielen Menschen negativ besetzt und wird mit Gewalt, Aggression oder gar Krieg in Verbindung gebracht. Das, was sich die meisten noch am ehesten unter dem Begriff vorstellen können, ist Kampfkunst als Selbstverteidigung, also wieder als eine Form von Gewalt, wenn auch legitimiert, um einen Angriff abzuwehren. (Dabei lassen wir die Gefahr des Missbrauchs von Kampftechniken mal außer Acht.) Die Kampfkunst aber strebt in eine ganz andere Richtung, nämlich danach Frieden und Harmonie zu schaffen.

An dieser Stelle kommen wir zur Trennung zwischen Kampfsport und Kampfkunst. Den Aspekt der Selbstverteidigung gibt es sicherlich, aber in der Kampfkunst spielt er eine eher untergeordnete Rolle. Im Kampfsport dagegen steht er durchaus gleichberechtigt neben dem Aspekt der körperlichen Fitness. Hinzu kommt noch der Bereich des sportlichen Wettkampfes, der im Kampfsport eine große Rolle spielt; in der Kampfkunst weniger. Mit den Bereichen Selbstverteidigung und Wettbewerb bewegt sich der Kampfsport aber hauptsächlich auf der äußeren Ebene, weitestgehend beschränkt auf das Training des Körpers.
Die Kampfkunst hingegen beschäftigt sich über die körperliche Ebene hinaus mit den geistigen, philosophischen und auch religiösen Ursprüngen. Ziel der Kampfkunst ist die Selbsterkenntnis; die Kampftechniken dienen dabei als Mittel. Die Bewegung, ihre Abfolgen, die Wiederholungen dienen vor allem der Konzentration. Kampfkunst ist Meditation in Bewegung und Meditation trachtet danach, den Menschen ganzheitlich, spirituell, intellektuell und körperlich, zu entwickeln. Wenn wir den Begriff Kampf hier also als Anstrengung oder Auseinandersetzung definieren, kommen wir dem Sinn der Kampfkunst näher. Auseinandersetzung meint hier vor allem Auseinandersetzung mit sich selbst. Wichtig ist z. B. die Wahrnehmung der eigenen Gefühle, auch der vermeintlich negativen. Wie gehe ich mit Gefühlen wie Wut oder Angst um und wo kommen die überhaupt her?

Wenn ich mich also im Sinne der Kampfkunst mit mir auseinandersetze, lerne ich, die Wechselwirkungen und Zusammenhänge von Körper und Geist zu erkennen und kann an deren Harmonisierung und Einheit arbeiten. In diesem Zusammenhang muss mir klar sein, dass der kleinste Gedanke eine Reaktion in meinem Körper hervorruft. Wenn ich hungrig bin und an ein leckeres Essen denke, so läuft mir das Wasser im Munde zusammen. Der Gedanke allein also hat ausgereicht, eine körperliche Reaktion hervorzurufen. Genauso wird ein Gedanke – etwa an etwas das ich stark ablehne, an etwas, das ich fürchte – genügen, um meinen Blutdruck zu steigern und meinen Puls zu erhöhen. Genauso wird aber auch mein körperliches Empfinden meinen Geist beeinflussen – Lust wird mich antreiben, Schmerz wird mich hemmen.
Einerseits hat also meine Körperhaltung Einfluss auf den Zustand meines Geistes und andererseits wiederum ist der Zustand und die Haltung meines Körpers Ausdruck meines Geistes. Körper und Geist lassen sich nicht trennen. Unmotiviertes Lachen (eine körperliche Tätigkeit) ist durchaus in der Lage, meine Laune (die Ebene des Geistes) zu heben. Niedergeschlagenheit drückt sich auch gerne in hängenden Schultern aus. Richte ich nur meinen Körper auf, so verbessert sich schlagartig schon meine geistige Konstitution. Diese Zusammenhänge sind mittlerweile wissenschaftlich nachgewiesen.

An dieser Schnittstelle von Körper und Geist liegt ein weiterer Unterschied zwischen Kampfkunst und Kampfsport: Zum Sport gehe ich, bewege mich eine Zeit lang mehr oder weniger ausgiebig und gehe dann wieder nach Hause. Kampfkunst wirkt sehr viel weiter in den Alltag hinein. Lassen wir die ganzen vordergründigen Aspekte wie Steigerung der Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit, Entwicklung von Geduld, Disziplin, Beharrlichkeit etc., mal außer Acht und schauen wir etwas tiefer.
Die Basis jeder Kampfkunst, auf körperlicher Ebene, ist der stabile Stand in jeder Situation. Ohne Standfestigkeit, ohne die Verwurzelung im Boden, ist jede weitere Technik wertlos. Die Entwicklung eines stabilen Standes funktioniert aber nur, wenn ich die Arbeit auf der geistigen Ebene fortsetze. Nur, wenn ich darüber nachdenke, was einen guten Stand überhaupt ausmacht und was das mit meinem Alltag zu tun hat, kann ich bei dieser Aufgabe Fortschritte erzielen. Ich lege mir die Wurzeln, die mir meine Standhaftigkeit geben werden, zuerst im Kopf an. Soll das beispielsweise im Dojo, an zwei Tagen in der Woche für die Zeit zwischen 19.00 und 21.00 Uhr funktionieren, so muss ich weit über diese zweimal zwei Stunden und den einen, beschränkten Ort hinausgreifen. Die nötige Konzentration und die Gelassenheit, die die Anspannung des Kime erst ermöglichende vorherige Entspannung sind nur erreichbar, wenn ich mich in einem ausgeglichenen körperlichen und geistigen Zustand befinde: ausreichend ernährt, selbstsicher, sorgenfrei bei der Sache, emotional ausgeglichen. So erarbeite ich mir den festen Standpunkt im Dojo aus einem festen Standpunkt, den ich auch im alltäglichen Leben einnehme. Um diesen Standpunkt für das alltägliche Leben zu gewinnen, kann ich aber auf Erkenntnisse aus der den Kampfkünsten unterliegenden Philosophie sowie auf deren körperliche und geistige Übungen zurückgreifen. Deren Erkenntnis und Praxis wird nicht ohne Einfluss auf mein tägliches Leben bleiben und mir geistige Standhaftigkeit verleihen. Diese äußert sich dann etwa in Selbstbewusstsein und Gelassenheit – im Dojo genauso wie in der Schule, an der Werkbank oder hinter dem Schalter. So wirkt das eine verstärkend auf das andere ein und eine Spirale der positiven Persönlichkeitsentwicklung hat begonnen, sich zu drehen.

Flexibilität ist eine weitere Voraussetzung, um beim Trainingskampf auf die verschiedenen Anforderungen, wie Abwehr und Angriff, Finten etc. reagieren zu können. Arbeite ich daran, so lerne ich auch, auf die verschiedenen Anforderungen des Alltags flexibel zu reagieren. Im Kampf kann ich es mir nicht leisten, mich auf eingefahrene Verhaltensmuster zu verlassen (nach rechts ausweichen, Fußtritt zum Knie des Standbeins, Faustschlag zum Kopf), denn was passiert, wenn der andere auch ausweicht? Grundlage für die Flexibilität ist aber meine geistige Einstellung, meine Offenheit für sich wandelnde Situationen. Diese Offenheit wird sich mit der Zeit auch zu einem Charakterzug entwickeln, der im täglichen Leben Anwendung findet. Auch hier beginnt eine Spirale, sich zu drehen; eine Art Himmelskreis, im diametralen Unterschied zum bekannteren Teufelskreis.
Diese Beispiele lassen sich beliebig fortführen, Analogien zwischen Dojo und täglichem Leben finden sich auch bei der Entspannung, der Dynamik, dem strategischen Denken und anderen Punkten. Für das Verständnis des Verhältnisses von Emotion, Intellekt und Körperlichkeit einerseits und deren Auswirkung in allem Tun – den Anstrengungen vor allem - andererseits lohnt es, sich mit den philosophischen und religiösen Ursprüngen der Kampfkunst auseinanderzusetzen. Taoismus, Buddhismus und die Ideen des Konfuzius hatten einen wesentlichen Einfluss auf ihre Entwicklung. Die Grundlagen der asiatischen Philosophien und Religionen differieren stark von denen, die wir im Westen automatisch erlernen und die meist die Bedeutung des Intellekts überbetonen, so dass es nötig ist, sich aktiv mit ihnen auseinanderzusetzen, wenn man die den Kampfkünsten unterliegende Haltung und Weltanschauung verstehen will.

Fazit: Die Kampfkunst ist ein Weg nach innen mit dem Ziel, sich selbst zu erkennen; eine Suche nach Ganzheit, nach Einheit von Körper und Geist und nach Einklang mit dem Universum. Es gibt den Begriff des „friedvollen Kriegers“, er strebt nach innerer Harmonie und danach, im Einklang mit Natur und Umwelt zu leben. Er ist ein zutiefst friedliebender Mensch.

Wer andere kennt, ist klug.
Wer sich selber kennt, ist weise.
Wer andere besiegt, hat Kraft.
Wer sich selbst besiegt, ist stark.
Laotse, Tao te king

Lieben Gruss
Uwe

LoneWolf
08-03-2009, 19:16
Das mit dem Magnet ist eine interessante Vorstellung und werde ich mal austesten! Ich sehe wir verstehen uns und sprechen die selbe Sprache, Uwe! ;)

Ps. funktioniert auch prima am Sandsack... ;)

Uwe Hasenbein
08-03-2009, 19:19
@ Lone Wolf

Du hast geschrieben, das der Wettkampf für dich keine große Bedeutung mehr hat. Ich finde das schön ( auch wenn es ok sich sich mal mit anderen zu messen )

Hier meine Gedanken dazu:

Wettkampf

Man kann den eingeschränkten Begriff von Kampf aber auch am Beispiel des Wettkampfes aufzeigen, so wie ihn alle Kampfsporttreibenden aus der eigenen Schule kennen. Das ist zwar kein bedrohlicher Kampf, der um die eigene Existenz gefochten wird, aber hinter dem harmloseren Rahmen des sportlichen Vergleichs verbirgt sich das gleiche eingeschränkte Paradigma, wie es auch die Vulgärsicht des Führungskräftetrainings nach vermeintlichen Kriegerprinzipien beinhaltet: Kampf als Mittel zum Sieg über einen Gegner.
Aus der Erfahrung der Teilnahme an etlichen nationalen und internationalen Wettkämpfen, folgt eine Schilderung meiner persönlicher Erfahrungen. Eines muss dabei vorangeschickt werden: Eine Teilnahme an solchen Events und Wettbewerben ist der positiven persönlichen Entwicklung oftmals hinderlich.

Dies ist sicher nicht auf Anhieb zu verstehen – hier der Versuch einer Erklärung:

Am Anfang ist dem Schüler der Wettbewerbsgedanke förderlich, er setzt sich kurzfristige Ziele – „Ich will nächstes Jahr soweit sein wie Schüler X“. Wer aber zuvorderst danach strebt, besser zu sein als X, steht seiner Entwicklung langfristig im Weg – das verkrampfte Wollen und die Fixierung auf Ziele mit Blick auf andere statt auf sich selbst und seine Bedürfnisse lässt einen die Offenheit für anderes verlieren. Bezogen auf den Wettkampf heißt das: Der Gewinn einer Meisterschaft bedeutet nur, dass man begründet auf ein Regelwerk (was eine eklatante Einschränkung bedeutet) innerhalb einer Personengruppe (nur die Anwesenden) laut Meinung von Dritten (Schiedsrichter, Kampfrichter), zu einer bestimmten, punktuellen Zeit etwas besser gemacht haben soll als ein paar andere Menschen.
Hmmm – später lernt man, dass sich die Mühe dafür nicht lohnt! Welchen Wert außer einer momentanen Befriedigung hat es, zwei, drei Kombinationen etwas besser zu beherrschen als die sieben, acht, oder zehn anderen in deiner Gewichtsklasse, so dass du ein Turnier gewinnen konntest? Welchen Nutzen hat es überhaupt, sich hinsichtlich eines isolierten Aspektes mit anderen zu vergleichen? Es lohnt sich viel eher, die Energie seiner ganzheitlichen und langfristigen Entwicklung zu widmen. Diese wahre Leistung wird dir dein Leben lang als Belohnung dienen.
Auch ist die Teilnahme an Wettbewerben kein Zeichen von Meisterschaft. Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Es kam einmal ein Schüler zu mir – schlaganfallgeschädigt mit vielen Bewegungs- und Leistungseinschränkungen. Jetzt, Jahre später, bewegt er sich wie ein gesunder Mensch. Da er aber schon 60 Jahre alt ist, wird er nicht mehr die absolute körperliche Fitness eines jungen Mannes erreichen – in der Summe hat er aber viel mehr geleistet als der junge, sportlich talentierte Mann, der nach der selben Trainingszeit irgendeinen Meistertitel nach Hause bringt, den er dem exzessiven Training seines mittlerweile nahezu perfekten Ura Mawashi-Geris verdankt. Respekt dafür, aber mit ganzheitlicher Entwicklung hat das im Gegensatz zu dem anderen Schüler nicht viel zu tun. Wettkampf schränkt jeweils auf enge Anwendungsgebiete und eine limitierte, meist geringe Anzahl von Anlässen ein, während die Kampfkunst, als Kunst und später dann als Lebenshaltung verstanden, uneingeschränkt zur Entwicklung der Persönlichkeit zur Verfügung steht.

Herzlichen Gruss
Uwe

kanken
08-03-2009, 19:25
Ein Angriff ist ein Geschenk:o

Nehme es an und benutze es:p



@Uwe

Schön beschrieben!

Ich drücke es für mich folgendermaßen aus

"Absichtsloses Handeln aus bedingungsloser Annahme/Liebe"

Grüße

Kanken

pilger
08-03-2009, 19:47
Ich glaube die Mischung macht es bei mir! Ich mache fasst jeden morgen auf einem Holzbrett 30 intensive Liegestütze auf den Fäusten und zwar ganz langsam und bewusst. Dabei stelle ich mir vor, dass ich mit meinen Fäusten durch die Decke will… *lol* Hört sich jetzt bescheuert an und das ist hoffentlich so auch nicht möglich *g* aber durch diese Visualisierung bekomme ich den Effekt den höchstmöglichsten Muskelwiderstand zu erzielen und dabei fließt dann das Ki so richtig schön und man härtet etwas die Fäuste ab.

Ich habe danach manchmal das Gefühl als wäre meine Faust riesig!



Hallo LoneWolf,

das Abhärtungstraining habe ich auch seit Jahren ins Training einbezogen, sowohl Liegestütz auf den Fäusten als aber auch Schlagtraining gegen einen brettharten Boxsack mit den nackten Fäusten.
Hat auch jahrelang gut geklappt.
Bis neulich...
Fingen an, die Hände anzuschwellen, dachte ich mir, ok, hatte ich schon immer mal. Dann ging´s aber dummerweise weiter, die Finger und Handrücken wurde spröde und rissen, heilten kaum noch. Nach viel Salbe schmieren gingen die Risse weg alles schien ok, dann legte ich mit dem Abhärtungstraining wieder los, Mist gleiches Spiel aber jetzt sind die Hände immer noch leicht geschwollen und sehr gerötet, ist einfach blöd, sieht komisch aus. MAche seit ner Woche nichts mehr diesbezüglich. Scheint jetzt erst anzufangen, bersser zu werden, bin mal gespannt. Tja übertreiben ist Mist. Aber es ist wohl meine Art zu lernen, nämlich aus körperlichen "Schäden".

Hallo Uwe,

jetzt werd ich mal ganz genüsslich in Deine Gedanken eintauchen, mal gespannt...


LG
Pilger

pilger
08-03-2009, 20:16
Hallo Uwe,

Deine Gedanken zum Thema Kampfsport/Kampfkunst sind sehr schöne. Und es ist ein Thema, welches geeignet ist, sehr zu polarisieren.

Normalerweise schlag ich mich im Leben ja nur noch selten auf eine bestimmte Seite, in dem Fall würd ich´s aber tun. Es lebe die Kunst :D

Was Wettkämpfe anbelangt, denke ich, dass es für den Jugendlichen, sehr Yang-lastigen Menschen etwas tolles sein kann, diese zu bestreiten und auch zu gewinnen.
Ich persönlich habe zumindest diese Erfahrung gemacht. Aber alles kommt UND geht halt wieder zu seiner jeweiligen Zeit.

So ist es glaube ich der natürliche Lauf der Dinge, wenn man sich ernsthaft anfängt mit KampfKUNST im von Dir angeführten Sinne zu beschäftigen, dass der Wettkampfgedanke einfach immer weiter weggeht, bis man ihn nicht mehr sieht.

Übrigens bestreiten auch die Trainierenden meines Lehrers keine Wettkämpfe, mich natürlich eingeschlossen. Denn auch bei mir hat sich der Gedanke seit langem verabschiedet.
Allerdings gibt es andere Linien im Lee-Stil, z.B. die um Tony Swanson herum und dessen deutschen Ableger, die regelmäßig an Pushhands- und Sanda-Turnieren teilnehmen. Schon komisch, kommen ursprünglich vom gleichen Lehrer, Chee Soo, der auch seine Schüler NICHT auf Wettkämpfe schickte, aber einer der beiden Nachfolger hat ne komplett andere Philosophie als der andere.
Das war für mich übrigens mit ein Grund, zu Howard Gibbon zu gehen und nicht bei Tony Swanson anzufangen. Ich habe auch einen Kurs bei Tony gemacht, war fachlich auch hervorragend, aber der Rest war eben nicht so mein Ding.

Tja, da sind wir wieder beim anderen Thema - Lehrer/Schüler...

So, jetzt aber noch mal etwas üben, hab heut sehr viel Zeit vorm PC verbracht,

bis denne
Pilger

Uwe Hasenbein
08-03-2009, 20:38
Hallo Uwe,

Was Wettkämpfe anbelangt, denke ich, dass es für den Jugendlichen, sehr Yang-lastigen Menschen etwas tolles sein kann, diese zu bestreiten und auch zu gewinnen.
Ich persönlich habe zumindest diese Erfahrung gemacht. Aber alles kommt UND geht halt wieder zu seiner jeweiligen Zeit.

So ist es glaube ich der natürliche Lauf der Dinge, wenn man sich ernsthaft anfängt mit KampfKUNST im von Dir angeführten Sinne zu beschäftigen, dass der Wettkampfgedanke einfach immer weiter weggeht, bis man ihn nicht mehr sieht.


Wir haben uns auch schon mal daran versucht ein Turnier einmal anders zu bestreiten:

Jeder Teilnehmer musste sich 5 Min. mit dem anderen messen.
Es gab "Kampfrichter", die aber nur darauf achteten dass es nicht zu hoch herging.
Nach jedem Zweikampf musste jeder einen Bewertungsbogen ausfüllen mit folgenden Fragen:

1. Würde ich mit dem Partner gerne nochmal kämpfen?
2. Konnte ich von dem Partner lernen?
3. Fühlte ich mich gerecht behandelt?
4. Wie stark wurde ich gefordert?
5. Würde ich mit dem Partner auch gerne außerhalb des Turnieres üben ?

Man konnte pro Frage Punkte von 1 bis 6 vergeben.
Der Teilnehmer der nach dem Turnier am meisten Punkte gesammelt hatte wurde als "Bester des Turnieres gekürt.

Lieben Gruss und einen ruhigen abend
Uwe

Uwe Hasenbein
08-03-2009, 20:45
Gedanken zum Kampf

Das Wort Kampf kommt vom lateinischen „campus“, das Feld, wird aber bei der Übernahme in das Germanische schon auf das Schlachtfeld eingeschränkt. Die aggressive, Gewalt einschließende Auseinandersetzung liegt übrigens auch dem englischen Wort „fight“ und dem französischen „combat“ inne. Der Kampf bezeichnet von seiner etymologischen Wurzel her also eine aggressive Auseinandersetzung zwischen zwei oder mehr Parteien.

Das wird auch im Wettkampf, also dem sportlichen Wettstreit (der schließlich auch das Wort Streit enthält und ebenfalls auf Aggressionen zwischen Menschen verweist) nur graduell eingeschränkt, denn für den Zeitraum auch des sportlichen Wettkampfes werden typische andere zwischenmenschliche Verhaltensweisen ausgesetzt. Das geht auch nicht anders, denn wenn ein Hundertmeterläufer den Konkurrenten freundlich den Vortritt lässt, ist seine Teilnahme am Lauf sinnlos. Und im bewaffneten Kampf verwirkt der sich nicht verteidigende Verteidiger sein Leben. Kampf als Auseinandersetzung verschiedener Parteien kann notwendig sein, Kampf als Wettkampf kann auch Spaß machen, aber Kampf ist weit mehr als das.

Verdeutlichen lässt sich das auf einer ersten Stufe, wenn man wieder eine andere Sprache bemüht. Kampf heißt im Arabischen „Djihad“, aber das ist nicht die einzige Bedeutung der Vokabel, denn sie bedeutet – nebenweiteren religiösen Konnotationen – vor allem auch Anstrengung. Eine Anstrengung unternimmt aber der Einzelne. Man kann sich zwar auch mit oder gegen andere anstrengen, aber die Anstrengung selbst ist immer eine persönliche Sache. Als Anstrengung kann man dabei im weitesten Sinne alle Tätigkeiten verstehen, die man durchführt um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, wird aber sinnigerweise Anstrengung besser auf wirklich zielgerichtete Aktionen einschränken, deren Durchführung Kraft und Willen erfordert.

Einen Film anzusehen ist schwerlich eine Anstrengung, auch wenn man ihn zielgerichtet, etwa mit dem Wunsch nach Unterhaltung ansieht. Aber einen Film zu drehen ist eine Anstrengung, die man zu Recht auch als einen Kampf bezeichnen kann.

Die persönliche Weiterentwicklung, sich das Ziel setzen ein guter Mensch zu sein und ein erfolgreiches Leben zu führen und dieses Ziel dann zu verfolgen ist mit Sicherheit auch eine Anstrengung. Und es ist eine Auseinandersetzung. Eine Auseinandersetzung als Kampf mit sich selbst und gegen selbst hervorgebrachte Widerstände wie die eigene Faulheit. Ein Kampf gegen den Wunsch sich gehen zu lassen. Eine Auseinandersetzung mit sich selbst als Kampf gegen den Wunsch, sich einfach in die Bewegung der Masse einzuklinken und sich von ihr durch das Leben tragen zulassen. Nicht nur beim Turnier auf der Matte zu bestehen ist ein Kampf, auch wenn man zuerst an ein solches Bild denken mag. Eine Berufsausbildung durchzuhalten ist auch ein Kampf. Keiner der mit Fäusten gegen andere geführt wird (hoffentlich), sondern einer der mit Willenskraft gegen sich selbst geführt wird. Die Beziehung zum Partner kann in schweren Zeiten zu einem Kampf werden. Und damit sind nicht die Auseinandersetzungen und die Streitereien gemeint, die man mit dem Partner ausficht, sondern die Auseinandersetzungen, der Kampf mit sich selbst, die Anstrengung nicht einfach wegzulaufen und sich jemand anderen zu suchen. Der Kampf, sich zu der Erkenntnis durchzuringen, das Zusammenleben immer auch Zusammenraufen ist, sobald die Flitterwochen vorbei sind.

Die Pflege eines Verwandten ist Kampf, denn es ist eine enorme Anstrengung geduldig zu sein, sich zu überwinden, dauernd da sein zu müssen. Und das Ertragen eigener Krankheit ist Kampf. Oder sich nach einem Unfall durch manchmal jahrelange Rehabilitationen zu quälen, ohne aufzugeben.

Es gibt viele Kämpfe und kein Leben kann gelebt werden, ohne den Kampf und die Anstrengung zu erleben. Die Frage ist, wie man sich dazu verhält. Die Kampfkünste umfassen diese Einstellungsfrage mit der gleichen Selbstverständlichkeit, wie sie die technischen Fragen des Ausführens von „Die Pferdemähne teilen“ oder des richtigen Uchi ude uke umfassen. Die Einstellungsfrage aber ist die wichtigere, denn ihre Beantwortung führt zu der Geistes- und Körperhaltung, die die Pferdemähne oder den Block dann gelingen oder scheitern lässt. Und die Geistes- und Körperhaltung, die die Kampfkünste vermitteln können, lassen sich auf alle Aspekte außerhalb des Dojo genauso anwenden wie auf das Geschehen auf der Matte.

Leben bedeutet „Kampf“!

Aber nur zu einem kleineren Teil den Kampf mit anderen, sondern zuallererst den Kampf mit sich selbst, denn Kampf ist eine Anstrengung für ein Ziel und somit sehr viel mehr als die Auseinandersetzung mehrerer Individuen miteinander. Kampf als Anstrengung findet zuerst in uns selbst statt. Wir streben in unserem Leben nach Glück und Zufriedenheit, suchen die Ausgeglichenheit und sind sehr bemüht, diese zu bewahren.

Dies erfordert Anstrengungen. Wenn wir an friedlichen Gedanken arbeiten, brauchen wir Stabilität, damit wir uns von äußeren, negativen Einflüssen nicht stören lassen. Das heißt, wir müssen uns mit dem Negativen auseinandersetzen. Die Stabilität finden wir dann durch Ruhe und Gelassenheit nach der Auseinandersetzung mit den Störfaktoren, die dem inneren Frieden entgegenstehen. Die Übungen der Kampfkunst stellen die täglichen Hilfsmittel dar, dieses Ziel zu erreichen. Der Kampf richtet sich also auf uns selbst, es ist eine Anstrengung, die nicht nach außen, auf irgendwelche Feinde oder Wettbewerber gerichtet ist, sondern nur uns selbst betrifft. Meistern wir diese Anstrengung, halten wir die Stärke in Händen, die Laotse meint.

Sind das banale Weisheiten ähnlich derer, die man auf Kalenderblättchen und in Glückskeksen findet? Nun, auch Banalitäten können so wichtig sein, dass man sie (immer wieder) ins Gedächtnis rufen muss. Aber so banal kann das Gesagte gar nicht sein, wenn, wie man sehen kann, kaum jemand danach handelt.

Woran man das sehen kann?
An der unausgeglichenen und hektischen Umwelt, die uns umgibt; an den verfehlten Zielsetzungen die so viele Menschen umtreiben, dass ihnen die Nichtausgeglichenheit, das Nichtgelassensein und die Probleme, die sie mit dem Leben haben, förmlich aus den Poren dringen; an dem Primat materieller Ziele, das das Handeln so vieler Personen bestimmt und weit über die wirklich nötige Sicherheit der materiellen Grundbedürfnisse hinausgeht. Aber man kann es auch ganz konkret in den Kampfsportarten sehen: an Trainingseinheiten, in denen die Schüler nicht darauf hingewiesen werden, dass beim Kime die Entspannung wichtiger ist als die Zehntelsekunde der Anspannung; an Trainings, die allein die bloße Körperlichkeit in Form schnellerer Kicks und härterer Punchs in den Vordergrund stellen; an Formentrainings, die zuvörderst darauf bestehen, dass die Stellungen den Millimeterangaben auf einem Lineal zu folgen haben, anstatt die Individualität des Schülers zu berücksichtigen und ihm Abweichungen zu erlauben, die für ihn besser sind.

Natürlich sind Disziplin, gemeinsame Grundlagen und körperliche Fitness erstrebenswerte Ziele innerhalb der Kampfsportarten, die Kampfkünste aber gehen weiter, berücksichtigen individuelle Bedürfnisse stärker und betonen die Geistes- vor der Körperhaltung. So machen die Kampfkünste den „Lebenskampf“ als wertvolle Anstrengung erfahrbar. Und so wird das Dojo ein Übungsraum für das Leben.

Lieben Gruss
Uwe

LoneWolf
08-03-2009, 20:56
@ Uwe

Es fällt mir verdammt schwer den PC jetzt auszuschalten aber Deine Texte sind mir zu wertvoll als, dass ich sie im Schnelldurchgang abservieren möchte. Morgen früh klingelt bei mir um 3:20 Uhr der Wecker und daher werde ich nach der Arbeit gerne auf die Texte eingehen.

Bis dann und gute Nacht!

Uwe Hasenbein
08-03-2009, 21:45
@ Uwe

Es fällt mir verdammt schwer den PC jetzt auszuschalten aber Deine Texte sind mir zu wertvoll als, dass ich sie im Schnelldurchgang abservieren möchte. Morgen früh klingelt bei mir um 3:20 Uhr der Wecker und daher werde ich nach der Arbeit gerne auf die Texte eingehen.


Schlaf gut Lone Wolf
auch ich gehe jetzt in die Heia
habe eine anstrengende Veranstaltungswoche vor mir quer durch Deutschland. Werde also weniger online sein. Ich kann übers Handy allerdings Beträge lesen.

Apropo - ich gebe nächstes Wochenende einen offenen Beginner Lehrgang in Hamburg - falls du magst bist du herzlich eingeladen.

Herzlichen Gruß
Uwe

Uwe Hasenbein
08-03-2009, 22:30
@ alle

da es ja wie schon erwähnt beruflich bedingt eine KKB enthaltsame Woche seien wird habe ich hier noch etwas aus dem Skript für euch.
( Wenn ich euch damit verschonen soll sagt es bloss bitte :( )


Natürlich wurde für jede Kampfkunst ein Übungsrepertoire zusammengestellt, das in den Trainings vorgestellt und vermittelt wird. Doch wichtiger als diese konkreten Übungen, die sich ohne jegliche Vorkenntnis der Kampfkünste schlecht einsetzen lassen, sind die Prinzipien, die hinter den Übungen, die Prinzipien des Übens.
Kampfkunsttreibende verfügen über eine reichhaltige Auswahl verschiedenster Vorbereitungs-, Entspannungs-, Atem- und Kräftigungsübungen zuzüglich des gesamten Technikarsenals ihrer Bewegungskunst. Aber auch Sportler aus anderen Bereichen verfügen über ein breites Repertoire an körperlichen und eventuell auch geistigen Übungen, die sich gemäß der jetzt vorgestellten Prinzipien des Übens einsetzen oder abändern lassen.

Dabei gibt es kein richtig oder falsch in Form eines Urteils über die Korrektheit der Körperhaltung bei einem Block oder Fußtritt oder auch einem Felgaufschwung, sondern nur das Gefühl, ob man weiterkommt, es einem gut tut oder nicht.

Viele von uns, ich auch, haben früher gelernt, dass man eine Übung solange durchführen soll, bis sie schmerzt – und dann noch ein bisschen weitergehen. Das ist physiologisch gesehen Unsinn, und es härtet auch den Geist nicht ab.

Doch keine Angst, die Prinzipien des Übens sind keine Kaffeefahrt und auch nicht Bestandteil des Programmes „Gewaltfreies Töpfern in der Toskana“.:) Wir reden immer noch von einer Kampfkunst, und wie ausgeführt wurde ist Kampf mit Anstrengung gleichzusetzen.

Wer sich auf die Prinzipien des Übens einlässt und sie anwendet wird schnell herausfinden, dass es einer großen Anstrengung und Disziplin bedarf, um dabei zu bleiben, denn man kann durchaus bis ans Äußerste gehen, auch ohne sich die Knöchel bei einarmigen Liegestützen auf dem Asphalt blutig zu drücken.
Worauf man sich einlässt beim Üben, das sind durchaus Anstrengungen. Es kostet Disziplin sie wirklich durchzuhalten – nicht beim ersten Mal, aber später, nach den vielen Malen, die nötig sind, um echte Veränderungen von Körper und Geist zu bewirken. Wer aber mit offenen Sinnen in sich hineinlauscht, wird auch schnell die Anfänge positiver Veränderungen bemerken. Veränderungen, zu deren eintreten man sich auch nicht auf Glaubensfragen und bestimmte spirituelle Modelle einlassen muss.

Die Prinzipien des Übens wirken vollkommen unabhängig von der Weltanschauung der Übenden, einfach weil sie auf den Menschen und seine geistigen und körperlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind, ein Zuschnitt, der in Fernost in Jahrtausenden auf Grund von Erfahrungen entwickelt wurde. Und ein Zuschnitt, der in verschiedensten Formen auftreten kann – Taichichuan, Qigong, Baguazhang, Yoga, den äußere Kampfkünste, den Waffenkampfkünsten – und dessen Prinzipien sich doch einheitlich zusammenfassen lassen.


Die Prinzipien des Übens



Trotz der großen Vielfalt von Methoden und Formen der Kampfkunst, die alle ihre eigenen Charakteristika, Erfordernisse und Ziele haben, basieren sämtliche Kampfkunstübungen auf gleichen Prinzipien. Die wichtigsten Aspekte dieser gemeinsamen Grundlagen lassen sich in 6 Punkten zusammenfassen:

1. Entspannung, Ruhe, Natürlichkeit
2. Vorstellungskraft und Qui
3. Bewegung und Ruhe
4. Oben „leicht“ - unten „fest“
5. Das richtige Maß
6. Die Entwicklung


1.Entspannung, Ruhe, Natürlichkeit


Oberflächlich betrachtet erscheint es leicht, diese drei Forderungen zu verstehen und während des Übens zu beherzigen. In der Praxis stellt es sich jedoch schnell heraus, daß es gar nicht so leicht ist, das richtige Verständnis für Entspannung, Ruhe und Natürlichkeit zu entwickeln und diesen Anforderungen während des Übens nachzukommen.


Entspannung

Mit Entspannung ist sowohl die Entspannung des Körpers als auch die Entspannung des Geistes gemeint. Nur wer sich geistig entspannen kann, kann auch seine Gliedmaßen entspannen. Körperliche Entspannung bedeutet nicht Schlaffheit oder Kraftlosigkeit, sondern eine Lockerung mit dem Gefühl innerer Festigkeit. Diese innere Festigkeit darf aber nicht zur Steifheit und Starre werden. Entspannung bedeutet hier nicht absolute Entspannung, sondern relative Entspannung mit einem gewissen Maß an Spannung. Das Denken in absoluten Kategorien würde bei der Diskussion aller wichtigen Prinzipien der Kampfkunst unweigerlich zu Mißverständnissen führen, und es ist äußerst wichtig, Kampfkunst mit dem richtigen Verständnis für seine Prinzipien und Ziele zu üben.

Übertreibt man die Entspannung, so kann es zu einem Gefühl der Kraftlosigkeit während und nach dem Üben kommen. Übt man entspannt mit innerer Festigkeit, so fühlt man sich durch die Übung gestärkt und erfrischt. Gelingt die Entspannung nur ungenügend, so führt dies auf Dauer zur Starrheit und Steifheit der Gliedmaßen. Die Muskeln verhärten sich, man wird nervös und fühlt sich nicht wohl. Das richtige Maß für Entspannung und Anspannung ist nicht statisch, sondern ein ständiger Prozeß während des Übens. Die Feineinstellung muß jeder Übende nach individuellen Bedingungen und Empfinden vornehmen. Sie ist entscheidend für den Effekt der Übung. Diese Feinabstimmung ereignet sich innen, als innere Bewegung. Sie ist von außen nicht sichtbar, aber innerlich fühlbar.


Ruhe

Mit Ruhe ist die geistige Ruhe während des Übens der Kampfkunst gemeint. Die Ruhe des Geistes ist nicht absolut, sondern in der Relation zur Bewegung zu betrachten. Dem Wesen nach ist unser Leben ein sich ständig bewegender Prozeß, und so ist Ruhe in unserem Leben eben nur relativ vorhanden. Wir verändern und wandeln uns in jeder Sekunde unseres Lebens, und schließlich verwandeln wir uns in andere Dinge, der Fluß des Lebens kann nicht aufgehalten werden. Ruhe des Geistes bedeutet nicht, das alle Gedanken ausgelöscht sind, sondern daß die vielen umherstreunenden Gedanken gebündelt werden zu einigen wenigen. Unsere geistigen Aktivitäten sind ganz auf die Übung und deren Anforderungen gerichtet. Wir sind nicht nur mit den Gedanken, sondern auch mit dem Herzen bei der Übung und geben keinerlei Ablenkung Raum. Unsere alltägliche Gedankenwelt gleicht oft einem ungezügeltem Pferd, einer Horde wilder Affen. Wenn wir diese Horde wilder Affen entlassen, kommen wir zu einer geistigen Ruhe, zu einem klaren Bewußtsein. Geistige Ruhe heißt auch Reinigung des Geistes. Die geistige Ruhe beim Üben ist keine absolute Ruhe, sondern „Bewegung in der Ruhe“, Bewegung im Zustand geistiger Klarheit. Entspannung und Ruhe fördern und unterstützen sich gegenseitig. Die Entspannung hilft einem in die Ruhe zu kommen, in der Ruhe kann man sich weiter Entspannen. Entspannung und Ruhe sind zwei gleichzeitig nebeneinander ablaufende Prozesse.


Natürlichkeit


Die Forderung nach Natürlichkeit betrifft alle Aspekte der Kampfkunst-Übungen. Körperhaltung und Körperbewegung, Atmung und das Bewahren und Lenken von Vorstellungskraft sollen auf natürliche Weise erfolgen. Zwanghaftigkeit ist fehl am Platz. Nur wer sich seiner Natur gemäß verhält und übt, kann in den Genuß der angenehmen Wirkungen der Kampfkunst kommen. In China gibt es das Sprichwort „Natürlichkeit ist teuer“. Es hört sich leicht an, natürlich zu sein, aber in der Übungspraxis erweist es sich als gar nicht so leicht. Natürlichkeit bedeutet, daß jeder Übende die Übung im fortgeschrittenem Stadium ein wenig verschieden ausführt, entsprechend seinen eigenen Bedingungen. Viele Übende scheuen sich, die notwendigen kleinen Korrekturen zu machen, weil sie glauben, daß sie immer die Körperhaltung des Lehrers genau kopieren müßten. Selbstverständlich darf man die vorgeschriebene Körperhaltung nicht willkürlich ändern, aber wenn man nur alles nachahmt, wie sollte man da Natürlichkeit erlangen?

Es gibt zwei Arten der natürlichen Regulation und Korrektur der Körperhaltung:
Bei der ersten Art vollzieht sich keine Änderung der äußeren Gestalt, aber der Übende spürt z.B. ein Entspannen der Schulter und empfindet dabei, daß die Schulter nach unten sinkt. Eine solche Empfindung kann in verschiedenen Körperteilen auftreten. Oder der Übende spürt auf einmal nicht mehr, daß er den Bauch leicht einzieht und die Brust etwas zurücknimmt, obwohl er rein äußerlich weiterhin diesen Anforderungen der Standhaltung nachkommt. Oder der Übende spürt einen Drang, der ihn zum Begradigen der Wirbelsäule zwingt, aber dies verursacht keine äußerlich wahrnehmbare Veränderung. Wenn der Übende gerade bemerkt, daß sich günstige Veränderungen in ihm anbahnen und er diese Veränderungen zu unterdrücken versucht und dadurch die inneren Bewegungen in gewisser Weise einschränkt, widerspricht dies deutlich der Forderung nach „Natürlichkeit“. Wir müssen lernen, die Tendenz zu einer Entwicklung zu erkennen, den günstigen Zeitpunkt nicht verstreichen zu lassen und dem Drang zu einer Entwicklung auf natürliche Weise nachzugeben. Wenn sich in der Körperhaltung, der Atmung oder unsere Vorstellungskraft eine Wandlung anbahnt oder schon stattgefunden hat, soll man diesen Veränderungen nichts in den Weg stellen.

Die zweite Art der Regulation und Korrektur läßt sich auch äußerlich am Körper wahrnehmen: Es ist zu bedenken, daß körperliches Gleichgewicht und Ausgeglichenheit in der Haltung nicht Absolutes sind, sondern ein dynamischer Prozeß. Wenn man zum Beispiel eine gewisse Körperhaltung eingenommen hat ( z.B. Rücken gerade, Kopf aufrecht, Blick in die Ferne, Oberkörper wie ein Lot.....) und in dieser Haltung eine Zeitlang übt (3 - 5 Minuten oder länger), spürt man den Drang zu einer Veränderung nach links, rechts, vorne oder hinten. Dies ist das Anzeichen für eine notwendige Ausgleichsbewegung. Oft bedarf es nur einer sehr kleinen Korrektur. Nach einer weiteren Weile des Übens wird aufgrund der korrigierten Körperhaltung eine neue Veränderung auftauchen usw. Es tritt also im Laufe der Übung eine Sequenz von Veränderungen und Bewegungen auf, die sich mit Zeiten der Ruhe abwechselt. Es können innere oder äußere Veränderungen oder auch innere und äußere Bewegungen sein. Aufgrund dieser Korrekturen kristallisieren sich die eigenen Übungsregeln heraus.




Wie kann man erreichen, nach dem Kriterium der Natürlichkeit zu Üben?

Ich meine, daß man Entspannung und geistige Ruhe praktizieren muß, denn nur in geistiger Ruhe, d.h. mit einem klaren Bewußtsein kann man die inneren Bewegungstendenzen wahrnehmen und ihnen folgen, so wie es der Natur entspricht. In einem Kurs üben alle Teilnehmer nach den gleichen Anweisungen und Regeln. Dies ist auch notwendig, denn ohne das Prinzip einer Übung verstanden zu haben, kann man keine individuelle Anpassung entwickeln. Wenn später jeder für sich alleine übt, ergeben sich kleine Unterschiede zur gelehrten Form, und diese Unterschiede sind wertvoll und erlaubt. Denn wenn man alle Übenden in eine Form zwingen wollte, so würde man so handeln als wenn man den Fuß stutzt damit er in den Schuh paßt. Wenn man die kleinen Variationen nicht zuläßt, wird man sich auf Dauer unbehaglich fühlen und Widerwillen gegen die Übung entwickeln, weil man gegen seine Natur übt. Um die notwendigen kleinen Korrekturen zu erkennen, muß man sehr aufmerksam üben und die kleinen Veränderungen im Empfinden beachten. Bei den Korrekturen werden wir erfahren, daß kleine Änderungen in der Haltung eine Große Änderung im Gefühl hervorrufen, während große Veränderungen der Körperhaltung nur kleine Veränderungen im Empfinden bewirken. Die Gesetze der Natur wahrzunehmen und ihnen zu folgen ist das wichtigste Prinzip der Übungen der Kampfkunst.



2.Vorstellungskraft und Qui


Ein weiterer Schlüssel zu Verständnis der Kampfkunstpraxis ist die Erkenntnis, daß Vorstellungskraft und Qui eng zusammenspielen und während des Übens einander folgen. Die führende Rolle übernimmt dabei die Vorstellungskraft. Mit Vorstellungskraft (yi) sind geistige, gedankliche Aktivitäten gemeint. Mit Qui sind hier im weitesten Sinne die physiologischen Aktivitäten unseres Organismus gemeint. Diese inneren Bewegungen und Veränderungen können wir nach längerer Übungspraxis auch empfinden, etwa in Form von Wärme, dem Gefühl des Durchströmtwerdens oder feiner innerer Bewegung. Wir sprechen dann von Qui - Gefühl bzw. Qui - Fluß.

Alle unsere Gedanken und Vorstellungen haben Einfluß auf die physiologischen Vorgänge in unserem Körper. Ein alltägliches Beispiel zeigt dies deutlich. Wenn wir an eine köstliche Speise denken, läuft uns das Wasser im Mund zusammen, auch wenn weit und breit nichts zu Essen da ist. Die Vorstellungsübungen, die wir in der Kampfkunst benutzen, wirken regulierend und stärkend auf die Funktionen unseres Organismus, sie harmonisieren und kultivieren das Qui.
„Vorstellungskraft und Qui folgen einander“ besagt also, daß der Übende durch eigene geistige Tätigkeit physiologische Prozesse beeinflußt. Das enge Zusammenspiel von Qui und Qui wird stufenweise geübt. Die „Vorstellungskraft führt das Qui“ und „Qui folgt der Vorstellungskraft“ ist die erste Stufe. Nach längerer Übungspraxis sind Vorstellungskraft und Qui in völligem Einklang: „Vorstellungskraft und Qui folgen einander“.

In vielfältigen Übungsmethoden wird das Zusammenspiel von Vorstellungskraft und Qui praktiziert. Wenn wir z.B. in der 2. Ausdrucksform des Taiji-Quigong „den Mond auf den Händen tragen“, so wird diese Vorstellung das Qui vermehrt zu unseren Handflächen leiten, was wir etwa in Form von Wärme empfinden können. Wenn wir über unsere Akupunkturstelle Yongquan („Sprudelnde Quelle“) fest mit der Erde verwurzelt vorstellen, so folgt das Qui unserer Vorstellung und wir beeinflussen so eine wichtige Stelle des Fuß-Shaoyin (Nieren-Meredian). Diese Beispiele könnten wir beliebig fortsetzen.

Die Vorstellungskraft ist eine sehr starke Kraft und deshalb müssen wir sorgsam mit ihr umgehen. Die durch sie bewirkten physiologischen Veränderungen werden häufig unterschätzt. Niemals sollten wir die Vorstellungskraft zu stark einsetzen, weil wir etwa auf schnelle Erfolge schielen oder sensationelle Veränderungen in unserem Organismus erleben möchten. Wir können die Vorstellungsübungen getrost in Entspannung, Ruhe und Gelassenheit üben, denn ob wir Qui-Empfindungen dadurch auslösen oder nicht, spielt nicht die entscheidende Rolle. Natürlich zeigt uns ein angenehmes Gefühl im Bauch an, daß wir gut geübt haben, aber die Bedingungen der Menschen sind sehr verschieden. Manche üben lange Zeit, ohne ein Qui-Gefühl zu erleben, und trotzdem sind die Auswirkungen der Übung auf ihren Gesundheitszustand sehr gut. Andere bekommen sehr schnell Qui-Empfindungen und verlieren vor lauter Freude darüber die für die guten Wirkungen so wichtige Ruhe und Gelassenheit. Ein Maß für den richtigen Umgang mit der Vorstellungskraft ist das Wohlbefinden während und nach der Übung.

Neben der Intensität der eingesetzten Vorstellungskraft ist auch die Wahl der Vorstellungsbilder von Entscheidender Bedeutung für die Wirkung der Übung. Grundsätzlich werden Vorstellungen benützt, die angenehme Empfindungen auslösen und dem Erlangen der geistigen Ruhe und Entspannung dienlich sind. Dazu gehört es, daß man sich die vorgestellten Dinge nicht zu exakt vorstellt, sondern nur vage. Da die gesamte Übung, also auch Körperhaltung, Bewegung und Übungsablauf von unserer geistigen Aktivität angeführt wird, ist es wichtig, alle Übungsanforderungen mit der richtigen Einstellung zu praktizieren. Wir dürfen die Übungsanforderungen nicht „vergessen“, aber auch nicht zu stark daran denken.



3.Bewegung und Ruhe


Zum einen unterteilt man Kampfkunstübungen in die beiden Kategorien „Übungen in Ruhe“ und „Übungen in Bewegung“, zu anderen verknüpft man in jeder Übung Ruhe und Bewegung miteinander. Bewegung bezieht sich sowohl auf die äußere Bewegung des Körpers als auch auf die innere Bewegung des Qui. Auch die Ruhe hat zwei Aspekte: den äußeren Ruhezustand des Körpers als auch die geistige Ruhe. Bewegung und Ruhe sind relativ. Alle Dinge im Universum befinden sich in ständiger Bewegung, Entwicklung und Veränderung. Insofern gibt es keine absolute Ruhe.

Das Ziel der Übungen ist es, die physiologischen Funktionen als „Bewegung“ im Körper zu fördern. Kampfkunst hat eine regulierende, regenerierende und aufbauende Wirkung auf den Organismus. Vom Beginn einer Krankheit bis zur Heilung, von der Schwächung des Körpers bis zum Widererstarken läuft ein kontinuierlicher Prozeß ab, der sich nur in Bewegung realisieren kann. Ohne Bewegung gibt es keine Veränderung. Die chinesische Medizin ist der Ansicht, daß Krankheit dann entsteht, wenn Bewegung von Qui und Xue („Blut“) im Körper stagniert. Damit beides frei fließen kann, muß man es in Bewegung setzen. Aus diesem Grund ist die Bewegung so Elementar. Allerdings kann sich die Wirkung von Bewegung nur unter der Bedingung einer inneren Ruhe entfalten. Deshalb gilt die innere Ruhe als Voraussetzung einer jeden Übung. Hinsichtlich der Methode einer Übung kann entweder die Bewegung oder die Ruhe den Hauptaspekt bilden; die beste Wirkung erzielt man durch eine organische Verbindung der beiden Aspekte. Bei Übungen in Ruhe werden äußere Ruhe und innere Bewegung trainiert; in der Ruhe sucht man Bewegung. Bei Übungen in Bewegung werden äußere Bewegung und innere Ruhe gefördert; in der Bewegung sucht man Ruhe. Auf diese Weise gelangt man zum Ineinandergreifen und Einklang von Bewegung und Ruhe.

Man kann die beiden Übungskaterogien in verschiedener Weise miteinander kombinieren: an Übungen in Ruhe kann man Übungen in Bewegung anschließen, es darf auf keinen Fall eine Einseitigkeit entstehen sonst erreicht man keinen Fortschritt.


4.Oben „leicht“ - unten „fest“


Als Grenzlinie zwischen „oben und „unten“ wird die Nabelhöhe angenommen. Während des Übens soll der Körper oberhalb des Nabels als leicht („leer“) empfunden werden, unterhalb dagegen als fest und solide („voll“). Man spricht auch von „leichtem Brustkorb“ und „festem, solidem Bauch“. Was heißt „leer“ bzw. „leicht“?
Wenn eine Tasse Wasser enthält, so läßt es sich leicht umrühren, enthält die Tasse dagegen Lehm so rührt es sich schwer. In einer Türangel muß immer Platz (Leere) sein, dann läßt sich die Tür leicht bewegen. In diesem Sinne soll im oberen Teil des Körpers (Brustkorb und Kopf) das Gefühl der Leere, Leichtigkeit und inneren Beweglichkeit herrschen. Im unteren Teil des Körpers (Bauch und untere Extremitäten soll dagegen das Gefühl von Festigkeit und Kraft vorherrschen.

Die obere Leichtigkeit beruht auf der unteren Stabilität. Deshalb wird in den Übungen der Entwicklung der unteren Stabilität, dem festen Fundament, große Aufmerksamkeit gewidmet. Es gibt zahlreiche Übungselemente, die diesem Ziel dienen: das Bewahren der Vorstellungskraft im mittleren Dantian, die Vorstellung einer festen Verwurzelung mit der Erde, die Übung des „Inneren Schließens des Beckens“, die Körperhaltung mit lockerem gesenktem Becken mit nach unten gerichteter Gesäßkraft und die allgemein gültige Verteilung der Vorstellungskräfte (unten 70%, oben 30%). Dieses besagt, daß alle nach unten gerichteten Kräfte eine größere Bedeutung haben als die nach oben gerichteten.
Man braucht während der Übung nicht an die obere Leichtigkeit zu denken, sie ergibt sich von selbst, sobald die untere Stabilität verwirklicht wird. Sowohl bei Übungen in Bewegung als auch bei Übungen in Ruhe gilt es, das Prinzip der unteren Festigkeit zu praktizieren.

Die große Bedeutung von oberer Leichtigkeit und unterer Festigkeit wird sehr klar, wenn wir die Auswirkung des gegenteiligen Zustandes, nämlich der „Oberen Fülle“ und „Unteren Leere“ betrachten: Symptome und Mißempfindungen bei „Oberer Fülle“ sind: Schwerer Kopf, schlechtes Gedächtnis, schlechtes Einschlafen, Erwachen mit bleierner Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Kopfdruck, Schwindel, Gefühl von verstopften und zugeschwollenen Ohren, innere Unruhe, Nervosität, schweres Atemgefühl, leichte Erregbarkeit, Neigung zu Ärger und Zornausbrüchen, Migräne sowie Druckgefühl um den Kopf.

Die mit der „Oberen Fülle“ einhergehende „Untere Leere“ ist gekennzeichnet durch unsicheren Gang, instabilen Stand, Beschwerden und Schmerzen sowie Schwächegefühl im Kreuz-Lenden Bereich, Und Beschwerden in den Knien und Beinen.
Übt man ausdauernd nach dem Prinzip oben „leicht“ und unten „fest“, so beugt man den vielfältigen genannten Beschwerden, die besonders im höheren Lebensalter vorkommen, vor, und kommt in den Genuß vieler angenehmer Empfindungen: beim Aufstehen fühlt man sich erfrischt wie nach einem erholsamen Urlaub, das Reaktionsvermögen ist gut, der Kopf ist klar, Ohren und Augen funktionieren gut , die Atmung ist frei, man fühlt sich voller Lebensenergie und hat ein festes Fundament.

Ohne eine vernünftige Basis ist keine Handlung möglich, der sichere Stand ist bei allen Handlungen die Grundlage, mit der alles steht – oder fällt. Auch wenn die Analogien vom verwurzelten Bambus, den kein Wind ausreißen kann, oder von ähnlichen Gewächsen oder Tieren abgenutzt erscheinen mögen, ändert das nichts daran, dass das Prinzip zutrifft, und zwar im körperlichen wie im geistigen Sinn. Denn sowohl in Fragen des Gefühls als auch in Fragen der Überlegung und des Wissens und natürlich in allen sportlichen, körperlichen Unterfangen geht jeder Erfolg von einer haftenden Basis aus und wird mittels beweglicher, darüber liegender Organe erreicht.

Mann kann Liebe zu anderen nur entwickeln, wenn man sich selbst liebt, also unten, im Ego, eine feste Basis hat. Anderen gegenüber aber muss man beweglich – also oben leicht – gegenübertreten, nur so kann man die Kombination aus Missverständlichkeit, Andersartigkeiten, Rücksichtnahme und Bewahrung der eigenen Interessen, die das zwischenmenschliche Miteinander kennzeichnen, ertragen und den anderen lieben lernen. Oder wenigstens lernen, ihn nicht zu hassen.

Der Intellekt und seine rationalen Kapazitäten müssen aus der festen Basis eines möglichst tiefen und breiten Wissen schöpfen, um zu angemessenen Schlussfolgerungen und Entscheidungen zu kommen. Will der Intellekt aber nicht in Dogmatismus und Unbelehrbarkeit verfallen, braucht er ein großes Maß an Flexibilität, um neue Einflüsse aufnehmen und abwägen zu können.

5.Das richtige Maß

So wie in der Küche die Flamme nicht zu klein und nicht zu groß sein darf, so müssen wir auch während unserer Übung das richtige Maß für diese finden. Wir müssen die Grenze nach oben unten kennen. Wenn wir auf zu niedrigem Niveau üben, erzielen wir keine Wirkung. Wenn wir zu hart praktizieren, erreichen wir ebenfalls keine optimale Wirkung und müssen sogar mit schädlichen Wirkungen rechnen. Zu stark zu praktizieren ist schlimmer als zu lasch zu üben, da wir im ersten Falle unserem Organismus Schaden zufügen, im zweiten Falle lediglich keine Wirkung erreichen. Es gilt das rechte Maß in bezug auf alle Aspekte der Übung zu finden, also in bezug auf Körperhaltung, Bewegung, Atmung, Vorstellungskraft und Übungsdauer.

Das Gras wächst nicht schneller, wenn man dran zieht. :)

Das richtige Maß kann aber jeder nur selbst finden. Dies ist wiederum eine Frage der Erfahrung, denn schon der Alltag zeigt, dass die Unerfahreneren (meistn Leute) sich in der Regel schneller in Schwierigkeiten bringen als die Erfahreneren.
Trotzdem kann jeder sofort damit beginnen, auf das rechte Maß zu achten. Man muss ehrlich in sich hineinhören, um zu erspüren: Wo bin ich überlastet? Aber auch: Was hätte ich mir durchaus noch zutrauen können?

Denn die Suche nach Herausforderungen darf man auch nie sein lassen, sonst kommt es zum Stillstand. Da es aber im Leben sonst nie zum Stillstand kommt, sondern alles Veränderungen unterliegt, verliert, wer stillsteht, die Möglichkeit, die Bewegungsrichtung der Veränderungen zu beeinflussen und wird einfach mit fortgeschwemmt.

Körperhaltung

Die Körperhaltung muß stets bequem und der eigenen Kraft angemessen sein. Die Basisstellungen wie z.B. die „Pferdereiterstellung“ können in verschieden hoher Position mit unterschiedlicher Armstellung geübt werden, womit eine Anpassung der Übungsstärke möglich wird. Durch Änderung von Schrittgröße und Gewichtsverteilung erhält man ein sehr breites Spektrum für das Maß der Anstrengung, das mit der Standhaltung verbunden ist.
Dabei sollte man sich nicht an Darstellungen von Meistern messen wollen deren Pferdschritt sehr breit und tief ist und dementsprechend viel Stützkraft des Körpers fordert.
Die Kraftanstrengungen beim üben sollten so sein, daß wir mit ca. 75% unserer zur Verfügung stehender Energie und Kraft die Übung bewältigen können und zwar unter korrekter Ausführung. Fortgeschrittene können das Maß auf 80-85% steigern. Die Grenze nach oben ist dann erreicht wenn man aus Kraftmangel oder Konzentrationsschwäche nicht mehr in der Lage ist die Übung korrekt auszuführen. Eine Fortführung der Übung unter einem solchen Mangelzustand wirft uns mehr zurück, als das man Fortschritte erzielt.


Vorstellungskraft, Gedanken

Die Gedanken spielen die führende Rolle in den Übungen, die Vorstellungskraft ist der Dirigent aller Übungsaspekte. Um den richtigen Gebrauch von Gedanken und Vorstellungskraft zu beherzigen, muß man auf folgendes achten: „Man beachtet die Vorstellungskraft aber man betont sie nicht. Es ist wie etwas Denken und doch nicht Denken. Ähnlich einem Tagtraum, dem wir nicht ganz den Raum geben den er gerne hätte, und trotzdem beeinflußt er unsere Gemütsstimmung. Das heißt das man die Vorstellungskraft nie Zwanghaft einsetzen darf. Wenn wir etwas zu stark denken und uns etwas zu stark vorstellen, dann wird das Qui stagnieren. Wir bekommen das Gefühl das etwas in unserem Körper steckenbleibt. Messen wir ihr jedoch nicht genug Bedeutung bei, dann können wir keine innere Bewegung bewirken. Es ist sehr wichtig, daß richtige Maß für die Vorstellungskraft zu finden, sonst kann es insbesondere bei Übungen in Ruhe zu Mißempfindungen und schädlichen Wirkungen kommen.


Atmung

Es gibt zwar vielfältige Atemmethoden, die in der Kampfkunst Anwendung finden, aber alle diese Atemtechniken basieren auf der natürlichen Atmung. Zu Beginn der Übungspraxis ist es am besten, den Atem zu vergessen, d.h. der Atmung keine besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Praktiziert man Körperhaltung und Bewegung unter der Berücksichtigung aller bis jetzt genannten Übungsprinziepien, so entwickelt sich ganz von selbst eine natürliche tiefe Bauchatmung. Es kommt auf natürliche Weise zu einem harmonischem Zusammenspiel zwischen Haltung, Bewegung, Atmung und geistiger Tätigkeit. Jedes zwanghafte Führen der Atmung muß unterbleiben, da sie dabei leicht ins Stocken gerät. Erst wenn sich auf natürliche Weise eine langsame, tiefe, feine und gleichmäßige Atmung entwickelt hat, kann man spezielle Atemmethoden in Einklang mit Haltung, Bewegung und Vorstellungskraft üben.


Übungsdauer

Man übt nur solange, daß man noch über Kraft verfügt und das Interesse an den Übungen noch wach ist. Man sollte nie bis zum Überdruß praktizieren.
Nicht die teuerste Medizin ist die Beste, sondern die welche heilt. Ebenso ist nicht die härteste oder spektakulärste Übung die beste, sondern die, die den individuellen Bedingungen gemäß ist.




Schritt für Schritt üben


Um die gewünschten Ziele und Wirkungen zu erreichen, muß man ernsthaft und ausdauernd üben. Jede Übungsmethode hat ihre eigenen Anforderungen und Schwierigkeiten, die jeder Anfänger gut kennenlernen muß.

Zu Beginn der Übungspraxis ist es besonders wichtig, die Basisübungen ausgiebig zu praktizieren, um sich so ein sicheres und solides Fundament zu schaffen, um dann Schritt für Schritt zu den schwierigen Stufen überzugehen. Wer ungeduldig übt, und wer sich nicht ernsthaft mit einer Übung befaßt oder wer nach schnellen Effekten strebt, der wird keinen Fortschritt erzielen oder sogar schädliche Wirkungen auslösen. Auf Dauer ist das langsame Schreiten schneller als das ungeduldige und hastige Gehen.
Hin und wieder ist es auch sehr nützlich zu alten Übungen zurückzukehren, um durch das inzwischen erworbene neue Wissen Neues in ihnen zu entdecken.

6. Entwicklung

Entwicklung findet sowieso statt, denn Leben ist Veränderung. Aber in welche Richtung findet Entwicklung statt. Das kann man beeinflussen, wenn man sich seiner selbst illusionslos bewusst ist. Eine große Gefahr bei der Selbstentwicklung besteht darin, dass man nur seine Stärken ausbaut und den Schwächen aus dem Weg geht. Das ist natürlich leichter, aber was bringt mehr? – den Yoko geri noch eine oder zweihundertstel Sekunden schneller rausschnappen lassen zu können oder endlich mal richtig an die Blocktechniken zu gehen, die alle immer ein bisschen unsauber kommen? Der Tritt macht vielleicht mehr Spaß, aber gute Blöcke verhindern, dass dich Tritte treffen.

Was ist gut daran, dass du etwas nicht kannst?

Das du es noch erlernen darfst!

Wenn du nur gewinnst, lernst du nichts.

Übertragen bedeutet das, zu wissen:
Was sind meine echten Kompetenzen, Talente und Fähigkeiten. Zuerst lernt man zu stehen – das Prinzip „oben leicht, unten fest“ – dann aber muss man gehen, lernt laufen und – vielleicht – zu fliegen. Wie wird man seiner echten Kompetenzen gerecht? Es macht durchaus Sinn mal eine Konferenz der eigenen Kompetenzen einzuberufen, um zu sehen welche eurer Kompetenzen sich wie behandelt fühlt.

Eine illusionslose Selbstanalyse ist vonnöten.

Und auch wenn das, was dabei rauskommt, einem nicht unbedingt gefällt !!

Man einiges doch anders eingeschätzt hätte heißt es, die Analyse nicht zu verneinen und ihre Ergebnisse überall einzusetzen.
Immer muss man sich fragen: Wie kann ich meine Kompetenz für diesen Zweck einsetzen?
Und dazu muss ich mich vom Ziel her nähern – Stellt euch vor Ihr währt schon da, am Ziel.
Was wäre nötig gewesen - rückwärts gedacht um dahin zu kommen ?

Die Prinzipien der Entspannung und der Vorstellungskraft beweisen ihren Nutzen. Und alles Handeln wird an die Kompetenzen geknüpft.

Viel Spaß beim "darüberhirnen"
Schön das es euch gibt :):):)
Uwe

LoneWolf
10-03-2009, 18:23
Hallo uwe,

ich habe mir mal absichtlich ein wenig Zeit gelassen und Deine Texte gelesen und ich kann nur mitteilen, dass ich Deine Ansichten teile.

Jotaro
11-04-2009, 12:56
Ich finde es auch ganz spannend. hab auch scho ein paar gute Bücher Gelesen von denen ich viel lernen konnte obwohl ich erst vor kurzem begonnen hab mich damit zu befassen
Das eine Buch hiess glaub ich Shaolin Von Bernhard Möstlund das andere Ki im täglichen Leben von Koichi Tohei
dieser Text erinnert mit zum teil an das Yin Yang prinzip.

Gruss jotaro

Uwe Hasenbein
11-04-2009, 13:09
Hallo Jotaro,

das Prinzip der Ausgeglichenheit wirst du häufig finden. Auch in der TCM findest du diese Idee wieder. Hier wird Krankheit nicht als Defekt sondern als Übergewicht der einen oder anderen Sache gesehen. Auch hier versucht man dann auf dem Wege der Heilung wieder ein Gleichgewicht zu schaffen.

Liebe Grüße
Uwe

Jotaro
11-04-2009, 16:21
Das ist ja das interessante, dass man dieses Prinzip überall wiederfinden kann, auf so verschiedene Weise.
Hast du schon Erfahrung mit TCM?
Sollte es vielleicht auch mal damit versuchen Hab nähmlich ein schulteproblem und war scho bei X verschiedenen Therrapeuten....
Jotaro

Uwe Hasenbein
21-05-2009, 23:06
Hallo Liebe Leute,
es ist soweit - unsere Homepage ist online

http://www.gohshinkan.de

Liebe Grüße
Uwe