PDA

Vollständige Version anzeigen : Shaolin - die Königin der Kampfkünste



SQ
14-06-2003, 00:27
Gibt es heute noch wahre Shaolinmeister, die die 1.500 jährige Tradition des Klosters weiterleben? Gibt es andere Stile, die einen lückenlosen Stammbaum von 1.500 Jahren aufweisen können? Ist das traditionellen Shaolin Kung Fu noch ganzheitlich und komplett? Was ist eure Meinung?

hanzaisha
14-06-2003, 00:40
Original geschrieben von Shaolin Quan
Ist das traditionellen Shaolin Kung Fu noch ganzheitlich und komplett?

noch besser, es entwickelt sich immer weiter!!! es sind mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit ein paar formen/techniken flöten gegangen (ich kenn keine shaolin kung fu schule, die z.B. bogenschießen unterrichtet), aber es hat sich über die jhrhunderte, jahrtausende… weiterentwickelt und das tut`s heute noch… "ein unendlicher fluß…";)

Kazuko
14-06-2003, 02:53
Ich denke auch das durch den ständigen Wandel der Zeit sich die Technik genauso verändert hat. Manche Techniken waren vielleicht überflüssig andere zu gefährlich um weitergegeben zu werden. Ich glaube nicht das man das ursprüngliche Shaolin mit dem von heute vergeleichen kann. Ein besser steht nicht zur Debatte denn jede Technik hatte in der jeweiligen Epoche ihren Platz.

Kazuko

Verity
14-06-2003, 21:54
Ich denke genausowie die anderen hier das sicher eine Entwicklung stattgefunden hat und heute noch stattfindet...
Damals ging es sicher um Effektivität, so daß Formen, die diesem Kriterium nicht gewachsen waren, durch effektivere Techniken ersetzt wurden... dadurch haben die Mönche überlebt und ihre Techniken....
Heute hat sich vielleicht das Kriterium verändert... den wie oft müssen heute noch die Mönche oder Sifu´s um ihr Leben kämpfen... dagegen, wie oft führen sie ihr Können einem Laienpublikum vor...?
heute könnte ein Kriterium die Eleganz und Ausstrahlung einer Technik sein... damit sie vielleicht in den Stil aufgenommen wird.
Allerdings ist diese Entwicklung sicher nicht von den wirklichen Meistern beabsichtigt... und so denke ich, gibt es mindestens zwei verschiedene Arten von Meistern im Kung fu... die eine macht die sensationellen Techniken.. die gut aussehen und die auch können erfordern, die jedoch auf das Publikum ausgerichtet sind... und die zweite Art von Meistern, die versuchen den Schülern ein umfassendes Kung fu zuvermitteln, das vielleicht manchmal weniger spektakuler, dafür effektiv ist...

Man muß nur wissen, was man will und ein Händchen für den richtigen Meister haben....

SQ
14-06-2003, 23:15
na dann wollen wir blos hoffen, dass es mehr von den zweitgenannten shifus gibt...

hanzaisha
15-06-2003, 01:30
Original geschrieben von Shaolin Quan
na dann wollen wir blos hoffen, dass es mehr von den zweitgenannten shifus gibt...

ich wage das zu bezweifeln, aber hoffen tu ich`s auch. wenn man sich mal so umschaut, ist`s wohl meist so, daß kung fu in erster linie unterrichtet wird, um geld damit zu machen.

womit wir wieder beim thema "shaolin-nagelstudio" wären… :rolleyes:

Verity
15-06-2003, 12:54
Ich möchte noch etwas loswerden...

Thema "Stammbaum"

Einerseite finde ich, ist er absolut unwichtig, da wie oben bereits erwähnt die Art des Meisters eine große Rolle beim unterrichten des Schülers spielt, dabei ist es egal, ob der Meister einen ganz neuen Stil entwickelt hat oder ob es schon etliche Generationen von Meistern gab. Wobei man natürlich davon ausgeht, dass der Meister ja von irgendjemanden sein Wissen erworben hat und es nur neu interpretiert.... somit haben viele neue Stile ihren Ursprung im alten... und damit auch irgendwie einen Stammbaum und eine Geschichte....

Andererseits finde ich, war für mich der Stammbaum auch eine Art Qualitätsmerkmal (ist einwenig unglücklich formuliert)...
Man geht einfach davon aus, daß schon viele diesen Stil so gut fanden, dass er überlebt hat, die ganzen Jahrhunderte hindurch und das er sich in dieser Zeit auch entwickelt hat und nicht mehr an "Kinderkrankheiten" leidet,...

Ich glaube einfach auch an das altbewährte und versuche erst dieses zu erlernen, bevor ich ein neues System, welches vielleicht gut ist, versuche würde zu erlernen... aber das ist meine persönliche Meinung...

hanzaisha
15-06-2003, 13:04
die spaltung zwischen "traditionalisten" und "modernen" ist allgemein bekannt!

ich persönlich sehe immer mit sehr viel respekt auf denn stammbaum, den das shaolin quan geprägt und entwickelt hat.

ich seh`s ähnlich wie Verity, ich lege sehr viel wert auf die tradition, die geschichte und die "ursprünglichkeit" die wiederzufinden ist.
ich find`s aber genauso wichtig, daß man seine augen vor anderem/neuem nicht verschließt und nicht ständig in sachen entwicklung auf der stelle steht.

Andreas Weitzel
15-06-2003, 14:52
Hallo,

eine Frage: Wie ist denn der Stammbaum von Shaolin? Wie wurde seine Lückenlosigkeit 1500 Jahre lang gewehrleistet?

Gruß
Andreas

SQ
15-06-2003, 15:31
Mit dem Stammbaum der Shaolin meinte ich nicht, den Stammbaum des Shaolin Kung Fu oder Shaolin Quan Fa, sondern den Stammbaum des Klosters selbst. Dieser ist allein schon durch die buddhistische Namensgebung der vielen Mönche gegeben. Jede Mönchsgeneration hat einen Abt und die Namen der Äbte lässt sich zurückverfolgen bis zur Gründung des Klosters.

Andreas Weitzel
15-06-2003, 15:55
Hallo, Christian,

wie sicher läßt sich die Namensliste mit den dazugehörigen "Amtszeiten" verfolgen. Gab es bereits vor 1500 Jahren Aufschreibungen darüber. Wurde eine Art "Tagebücher" geführt? Oder sind es Aussagen aus den späteren Zeiten?

Gruß
Andreas

Kazuko
15-06-2003, 15:57
@verity
Ein neuer Stil heißt ja aber nicht unbedingt das er unbewährt ist sondern kann auch lediglich bedeuten das einige eher kleine Änderungen vorgenommen wurden. Du darfst nicht vergessen das jeder seinen eigenen Stil hat weil jeder es ein wenig anders macht. Wenn du jetzt in einigen Jahren die Idee hast eine eigene Schule aufzumachen aber nicht (aus welchen Gründen auch immer) mit deinem alten Meister in Verbindung gebracht werden möchtest kannst du den an und für sich gleichen Stil umbennen und als deinen eigenen Neuen verkaufen.

Außerdem bringt das Thema Stammbaum noch eine ganz andere Problematik mit sich. In Asien ist es im allgemeinen nicht üblich irgendwelche Zertifizierungen auszustellen so das sich die Qualität eines aisatischen Lehrers oft gar nicht oder nur sehr schlecht überprüfen lässt und viele Leute fallen auf Scharlatane rein weil sie eben den "Asienvorteil" mitbringen. Mittlerweile hat sich das zum Glück etwas gelegt aber zu den Hochzeiten des Kung Fu war das an der Tagesordnung in Deutschland.

Kazuko

SQ
15-06-2003, 17:00
@ andreas:

am sichersten weiß man es vom pagodenwald her, dass ist der sehr berühmte friedhof der shaolinmönche, der nahezu komplett die zerstörungen des kloster überstanden hat.

jedem wichtigen mönch (und dazu zählen äbte ja) wurde zur aufbewahrung seiner sterblichen überreste eine pagode gewidmet mit inschriftentafel. heute existieren so ca. 200 - 250 pagoden und man kann anhand dieser bauwerke recht gut auf die geschichte shaolins schliessen.

aber es existieren auch aufzeichnungen und natürlich erzählungen.

Andreas Weitzel
15-06-2003, 17:08
@ Shaolin Quan:

Welche Aufzeichnungen gibt es denn? Aus welcher Zeit stammen sie?

Zu Pagoden: Es gibt 200-250 Pagoden. Wie sicher ist ihre Altersermittlung? Wie wurde sie durchgeführt? Wenn es dort Inschriften gibt, wird wahrscheinlich auch die Zeit angegeben, in der der jeweilige Mönch (nicht unbedingt ein Abt, habe ich das richtig verstanden?) lebte, oder? Wie kompatibel ist diese altchinesische Zeitrechnung mit der modernen?

Gruß
Andreas

SQ
15-06-2003, 22:10
@andreas:

die pagoden haben inschriften (jedenfalls einige), die auch datierte angaben enthalten, wann der mönch gelebt und gewirkt hat. einige pagoden sind auch zu ehren vieler im krieg gefallener mönche, d.h. die angaben darauf beziehen sich auf ein ereignis.

wie es mit der zeitrechnung aussieht, kann ich dir nicht genau sagen, aber ich denke, so wichtig ist das nicht, dadie zeitrechnung irrelevant ist, wichtig ist nur, dass die zeiten auf den pagoden sich nicht widersprechen. ob die zeitrechnung nun an unsere angeglichen werden kann oder nicht - egal.

das alter der pagoden kann aber auch durch ihren baustil definiert werden. denn jede epoche hat eine eigene charakteristik.

hier mal ein bild:

Joachim
15-06-2003, 22:39
Shaolin ist ohne jeden zweifel die Königin der Kampfkünste, so wie Franz Beckenbauer ohne jeden Zweifel der Kaiser von Deutschland ist.

Xiaoshi
16-06-2003, 07:07
:D :D :D

Andreas Weitzel
16-06-2003, 08:43
@ Shaolin Quan:

Das heißt aber, daß die Pagoden nicht aussagwekräftig im Bezug auf das Alter des Klosters sind. Wenn man die Innschriften nicht zu 100 % zeitlich bestimmen kann, weil die Zeitrechnungen unkompatibel sind, könnte es sein, daß die Pagoden erst ein paar Hundert Jahre alt sind. Der Baustil sagt in diesem Fall leider nichts aus, weil er auch an die Zeitrechnung gebunden ist.

Ich bringe Dir ein Beispiel: Zur Zeit des ersten chinesischen Kaisers Juan-Di (bei der Schreibweise bin ich mir nicht sicher :)), der angeblich in der ersten Hälfte des 3. Jahrtausend vor unserer Zeit regierte, wurde ein Horoskop aufgestellt, der uns heute bekannt ist. Wenn man heute den Horoskop datiert, ohne das erwünschte Ergebnis künstlich herbeizuziehen, kommt man auf einen ganz anderen Zeitpunkt, nähmlich 9 Februar 1345 (!) unserer Zeit! Ein Unterschied von 3000-4000 Jahren! Wenn man aber sagen würde, daß eine Pagode aus der Epoche des Kaisers Juan-Di stamme, sollte es doch bedeuten, daß diese Pagode über 3000 Jahre alt ist, oder? Wenn aber der Horoskop stimmt und tatsächlich während der Regierungzeit des ERSTEN chinesischen Kaisers gemacht wurde, dann... Das wage ich nicht einmal auszusprechen ;)

Gruß
Andreas

Thorre
16-06-2003, 09:27
Die ganze Diskussion wäre selbst albern, wenn jemand anders als ein Shaolin Kung Fu Lehrer sie initiiert hätte: "Königin der Kampfkünste" ist eine pathetische Phrase, die in keinem offenkundigen Zusammenhang mit dem eigentlichen Inhalt des Threads steht. Selbst wenn eine KK sehr alt ist und über lückenlose Stammbäume verfügt (was im Falle Shaolins meines Wissens nicht so ist) macht sie das nicht zu etwas, das man als superior ansehen kann...

So richtig daneben finde ich es aber, wenn ein Lehrer, den Stil, den er unterrichtet, so unsachlich hochjubelt. Ich glaube kaum, daß es der buddhistischen Tradition von Shaolin entspricht, das eigene Tun so aufzublasen.

Beste Grüße
Thorre

Le Lôi
16-06-2003, 09:59
kennen wir solche aussagen normelerweise nicht aus dem wt lager, von wegen beste kk und so.

gruss

Andreas Weitzel
16-06-2003, 10:25
Leute, auch wenn mancher meint, jemand sei unsachlich bei seinen Aussagen (was ich selbst bis jetzt nicht gemerkt habe), soll man selbst doch bitte sachlich und fair bleiben. Danke.

Gruß
Andreas

hanzaisha
16-06-2003, 11:40
hi,

ich vermute einfach mal, das einige geologen, archäologen und restauratoren ganz einfach anhand der baumaterialien feststellen könnten, wann sie gebaut wurden!

Andreas Weitzel
16-06-2003, 11:52
ich vermute einfach mal, das einige geologen, archäologen und restauratoren ganz einfach anhand der baumaterialien feststellen könnten, wann sie gebaut wurden!Leider ist es nicht so einfach. Sie brauchen ja auch einen Bezugspunkt (z.B. "wenn ich sicher weiß, daß die Pagode Nr.1 während der Juan-Di Epoche gebaut wurde, dann wurde die Pagode Nr.145, die die gleichen Merkmale aufweist, vermutlich zur selben Zeit gebaut").

@ Shaolin Quan:

Zu den oberen Fragen hätte ich noch eine:
Gibt es andere Stile, die einen lückenlosen Stammbaum von 1.500 Jahren aufweisen können?
Mit dem Stammbaum der Shaolin meinte ich nicht, den Stammbaum des Shaolin Kung Fu oder Shaolin Quan Fa, sondern den Stammbaum des Klosters selbstWieso wiedersprechen sich diese beiden Aussagen?

Gruß
Andreas

hanzaisha
16-06-2003, 11:58
Original geschrieben von Andreas Weitzel
Leider ist es nicht so einfach. Sie brauchen ja auch einen Bezugspunkt (z.B. "wenn ich sicher weiß, daß die Pagode Nr.1 während der Juan-Di Epoche gebaut wurde, dann wurde die Pagode Nr.145, die die gleichen Merkmale aufweist, vermutlich zur selben Zeit gebaut").

hi andreas,

wenn man steine benutzt hat und diese geologisch untersucht kann man das meines wissens nach durch analysen des gesteins feststellen.

wenn man`s anhand der architektur feststellen will haste allerdings recht!

Andreas Weitzel
16-06-2003, 12:03
wenn man steine benutzt hat und diese geologisch untersucht kann man das meines wissens nach durch analysen des gesteins feststellen. Hallo, hanzaisha,

das Alter des Gesteins selbst (plus/minus ein paar Hunderttausend Jahre? was für Geologen sowieso keine Rolle spielt) kann man ungefähr feststellen. Aber was bringt es und in diesem Fall?

Gruß
Andreas

hanzaisha
16-06-2003, 12:07
hi andreas,

ich denke wenn viele fachleute zusammenarbeiten (s.o.) wär das möglich. aber hast recht, schweift jetzt auch zu sehr vom eigentlichen thema ab!!! ;)

Le Lôi
16-06-2003, 12:07
@ andreas

genau! steine können nicht auf ein exatkes datum festgelegt werden. also können locker 10 generationen dadurch übergangen worden sein. auch die architektur ist relativ schwierig zum nachverfolgen. es kam vielfach vor, dass dem bau von neuen tempel alte tempel als vorlage dienten.

gruss

Verity
16-06-2003, 13:50
Also, es kann gut sein, das ich mich täusche, aber hieß es nicht, dass die Pagoden mit Jahresdaten versehen seien und soweit mir bekannt, gibt es genügend schriftliche Zeugnisse (mehr als bei vielen anderen Kulturen) in China, die ein Umrechnen dieser Daten ermöglichen sollten.
Zusätzlich wird normalerweise der Mörtel der Bauwerke untersucht, da dieser immer zur Zeit des Baues gemischt wird. Daher sind relativ exakte Datierungen von Bauwerken möglich.
Ich bin allerdings nur ein Laie... und kann mich da täuschen.:)

Andreas Weitzel
16-06-2003, 20:00
Also, es kann gut sein, das ich mich täusche, aber hieß es nicht, dass die Pagoden mit Jahresdaten versehen seienWelcher Zeitrechnung? Das ist eben die Frage.
soweit mir bekannt, gibt es genügend schriftliche Zeugnisse (mehr als bei vielen anderen Kulturen) in China, die ein Umrechnen dieser Daten ermöglichen sollten. Es gibt leider keine chinesischen schriftlichen Dokumente, die vor dem XVII Jh. unserer Zeit entstanden sind. In den vorhandenen Schriften (ab dem XVII Jh.u.Z.) wird die 5000jährige Geschichte Chinas beschrieben.
Zusätzlich wird normalerweise der Mörtel der Bauwerke untersucht, da dieser immer zur Zeit des Baues gemischt wird. Daher sind relativ exakte Datierungen von Bauwerken möglich.Hier haben wir das gleiche Problem, wie mit dem Baustil (s.o.).

Es geht mit nicht adrum, ob Shaolin "die Mutter aller Kampfkünste" ist oder nicht. Auf diese Frage habe ich bereits meine Antwort. Mir geht es primär um den (lückenlosen) Stammbaum und die Geschichte des Shaolin-Tempels.

Bekomme ich Antworte auf meine oben gestellte Fragen? ;)

Gruß
Andreas

Xiaoshi
16-06-2003, 21:03
Wenn ich nicht irre, gibt es aber durchaus auch geschichtliche Aufzeichnunge von vor 1600... keineswegs lückenlos und nicht immer verlässlich, aber es gibt Aufzeichnungen, wie z.B. das Shi-ji, in dem Daten über die Philosophen der Vorkaiserzeit enthalten sind.

Petit Scarabee
16-06-2003, 21:12
Original geschrieben von Andreas Weitzel
Es gibt leider keine chinesischen schriftlichen Dokumente, die vor dem XVII Jh. unserer Zeit entstanden sind. In den vorhandenen Schriften (ab dem XVII Jh.u.Z.) wird die 5000jährige Geschichte Chinas beschrieben.

Das stimmt nicht !
Oder sprichst du von etwas spezielles ?

Xiaoshi
16-06-2003, 21:29
Na ja doch, überwiegend schon. Es gibt zwar schriftliches Material von vorher (wie ich ja schon geschrieben habe), aber tatsächlich ist das meiste erst in der Ming-Dynastie aufgearbeitet worden.

P.S. Hab ich vergessen, das Shi-ji wird glaube ich etwa auf die vorletzte Jahrtausendwende datiert...

Joachim
16-06-2003, 22:11
Thorre hat den Nagel auf den Kopf getroffen.

SQ
16-06-2003, 23:20
@ Andreas Weitzel:

Tatsächlich ist es schwer, dass Shaolin Quan Kung Fu lückenlos zu verfolgen. Ich sage mal, die Komplettheit des Systems kann nicht lückenlos in der gesamten Geschichte belegt werden.

Das ist es aber, was mich so reizt an diesem System. Ich lerne es von der Familie Liu, die es ca. 8 Generationen komplett zurückverfolgen können. Davor verknüpft es sich mit der Geschichte des Tempels und wir sind dann auch in einer der Höhepunkte des Klosters. Man kann also davon ausgehen, dass der Stil, den ich lerne und unterrichte, mindestens mal auf die Glanzzeiten Shaolins zurückgeht, wohl aber seine Wurzeln viel früher findet. Hier beginnt aber meine Forschungsarbeit. Woher kommt was, wie alt kann was sein, wenn es auch in anderen Stilen auftaucht. Welche Stile beziehen sich auf Shaolin...

So bin ich mir Heute sicher, dass die Familie Liu einer der Träger des "alten, klassischen" Shaolin Kung Fu sind. Immerhin war es Liu Baoshan, der die "neuen" Mönche des Klosters nach 1928 wieder mit Kung Fu versorgt hat, nachdem sein Vater den großen Brand mitgelöscht hat...

Aber wie du sagst, es ist schwer an Dokumente zu kommen, die vor dieser Zeit sind. Vieles ist einfach nur mündlich überliefert und kann nur durch Vergleich und Recherche zusammengefügt werden.

Du siehst also, der von dir angesprochene Widerspruch ist eigentlich keiner... ....der Stammbaum meiner Kung Fu Familie weicht jedoch vom Stammbaum des Klosters ab, weshalb das ganze etwas komplizierter ist.

@ Xiaoshi:

Leider sind die schriftlichen Dokumente, die aus grauer Vorzeit existieren nur ein kleiner Auszug des wirklichen damaligen Wissens, aber sie helfen uns enorm bei der Zuordnung der Wurzeln unserer Kampfkunst....

SQ
16-06-2003, 23:25
@ thorre:

sorry, hab leider deinen beitrag zu spät gelesen.

@ all:

jetzt versteh ich erst die allgemeine aufregung...

...mir geht es nicht darum, meinen stil aufzuwerten, sondern ich wollte mit "königin der Kampfkünste" eigentlich ausdrücken, wie viele Systeme auf Shaolin beruhen und vergleichbares erfahren.

Ich meine Hung Gar, Tang Lang, Weng Chun, Shaolin Quan, Choy Lay Fut, Okinawa Te,... und die Liste liest sich belieben lang, all diese Stile begründen ihre Wurzeln auf Shaolin.

Jetzt meine Frage nochmal:

Gibt es Vergleichbares? Leben die Lehrer dieser Kampfkünste die Shaolinphilosophie? Gibt es andere Stile mit einer so langen Geschichte und klaren Herkunft?

Andreas Weitzel
17-06-2003, 00:19
@ Shaolin Quan:

Bei dieser ganzen Geschichte hat mir folgende "Kleinigkeit" große Sorgen bereitet: Es ist eine Tatsache, daß die chinesische Regierung die Geschichte ihres Landes erst im XVII-XVIII Jh. geschrieben hat. Und zwar wurde damals ein ganzer Ausschuß mit 360 Mann zur Forschung der chinesischen Geschichte gebildet. Ab 1772 wurden 20 (!) Jahre lang sämtliche Bücher im ganzen Land gesammelt. Allein von 1774 bis 1782 gab es 34 (!) Zwangssammlungen. Sämtliche Bücher wurden in vier Kategorien aufgeteilt. 3457 Titeln wurden überarbeitet (!) und später neu veröffentlicht. Die restlichen 6766 Titeln wurden katalogisiert und verboten. Wer sich diesem Prozess widersetzt hat, wurde einfach zum Tode verurteilt und geköpft. Man könnte also behaupten, daß die ganze "uralte" chinesische Geschichte erst Ende des XVIII Jh. geschrieben wurde. Oder sogar am Anfang des XIX Jh.! Alles andere wurde aussortiert, redaktiert, umgeschrieben... Deswegen war auch meine Frage bezüglich des "lückenlosen" Stammbaums des Shaolin-Tempels.

Gruß
Andreas

SQ
17-06-2003, 00:25
Trotz aller Problematik des Themas Shaolin war es zu stark globalisiert, um etwas daran zu ändern (siehe die verbreitung in andere asiatische länder). ich denke, wir können beim thema shaolin davon ausgehen, dass die geschichte, die wir heute kennen, nahezu richtig ist und nicht vom chin. regime verschönert wurde.

Joachim
17-06-2003, 01:00
lol...du bist die Königin...

hanzaisha
17-06-2003, 01:43
Original geschrieben von Joachim
lol...du bist die Königin...

wußtest du nicht, das wir alle nur in abendrobe trainieren und am wettkampfabend high heels und das berühmte "kleine schwarze" pflicht sind??? ;) :D

nachdem was ich über die shaolin tradition und die schule des shaolin weiß und was ich darüber gelesen habe schließe ich mich Shaolin Quan`s aussage an (jaja, der plappert seinem lehrer alles nach!)…
aber niemand kann wissen, was wirklich war/ist/wird… typisch buddhistisch… oder nicht???

Xiaoshi
17-06-2003, 07:22
Original geschrieben von Shaolin Quan
Trotz aller Problematik des Themas Shaolin war es zu stark globalisiert, um etwas daran zu ändern (siehe die verbreitung in andere asiatische länder). ich denke, wir können beim thema shaolin davon ausgehen, dass die geschichte, die wir heute kennen, nahezu richtig ist und nicht vom chin. regime verschönert wurde.

Na ja, wie gesagt, ich bin mir immer noch nicht sicher. Wie ich schon per PN gesagt habe, dir eigentlichen Quellen sind alle chinesisch und nicht gerade einfach gehalten, weshalb ich hieraus (noch) keine Informationen ziehen kann.
Aber selbst der "Rahmen" der Shaolingeschichte scheint mir wackelig, da sogar die historische Persönlichkeit Bodhidarma zumindest umstritten ist.

Andreas Weitzel hat nämlich den Nagel auf den Kopf getroffen. Es gibt in China ohne jeden Zweifel viel schriftliches Material zu allen möglichen Themen, aus verschiedenen, auch älteren Zeitepochen, aber tatsächlich wurde erst während der Ming-Dynastie eine Strukturierung vorgenommen. Die meisten Qigong-systeme beispielsweise lassen sich, auch wenn die Meister/Übenden anderes behaupten nur bis zur Ming-Dynastie sicher zurückverfolgen - aus früherer Zeit wurden kaum schriftliche Daten darüber gefunden.Und anders kann man historisch nicht arbeiten, denn Geschichtsforschung ist Quellenarbeit.
Ähnlich verhält es sich mit vielen anderen Bereichen der chinesischen Kultur. Das schwierigste ist dabei, dass es in China Tradition ist, seine eigenen Aussagen dadurch aufzuwerten, sie älter zu machen. Das hat bereits mit Kong-zi (Konfuzius) und den Daoisten angefangen, hat sich aber bis in die heutige Zeit gehalten - und wie man sieht hat es auch auf Europäer eine starke Wirkung! Bei genauer historischer Überprüfung sieht man aber, dass viel von dieser Geschichtsschreibung nur bis zur Ming-Dynastie zurückreicht, weil eben dort das erste mal historische Forschung und Aufzeichnung im großen Stil betrieben wurde... was aber auch bedeutet, dass man sich bereits auf Interpretationen stützt, denn die Ming-Dynastie hat sicherlich nur die Geschichte geschrieben, die ihr genutzt hat bzw. in ihr Weltbild gepasst hat!
Man kann zweifellos auch ältere Quellen heranziehen, aber hierzu muss man sehr viel vergleichen, versuchen, die Autoren zu überprüfen, Hinweisen auf andere Schriften oder Personen nachgehen und und und. Es ist eben viel einfacher sich auf irgend ein Buch von 1700/1800/1900-irgendwas zu beziehen und zu sagen hier steht es das ist Fakt - wenn jedoch dieses Buch keinen Bezug zu historischen Tatsachen hat, was wie gesagt schwierung zu überprüfen ist, und erst möglich war, als in China eine seriöse, nach westlichem Vorbild angelegte Geschichtsforschung eingeleitet wurde, dann fällt die gesamte Theorie zusammen wie ein Kartenhaus.

So verhält es sich beispielsweise mit der Waijia/Neijia-Theorie, hier ein ganz interessanter Artikel:
http://www.nardis.com/~twchan/henning.html

SQ
17-06-2003, 16:39
Ich verstehe deinen Ansatz und denke auch, dass du gewisser Weise recht hast, allerdings sehe ich darin kein so großes Problem.

Das Alter Shaolins dürfte klar sein, 1.500 Jahre kommt ganz gut hin. Der Einflussreichtum (zu welcher Zeit auch immer er am größten war) ist auch gegeben und die Effektivität der Shaolinlehre ist auch nicht anzuzweifeln... ...warum soll man den Rest der Geschichte nicht auch übernehmen?

Immerhin ist es doch toll, eine solche Geschichte zu haben. Natürlich kann man auch neues Erfinden (wie andere Stile), aber ich gebe doch lieber die Version wieder, die ich von meinen Lehrern habe, die sie wiederum von ihren haben...

Gehört doch zu einer traditionellen Kampfkunst - die Geschichte hilft dem Schüler zu verstehen, und ehrlich gesagt: ich glaube auch daran!

Xiaoshi
17-06-2003, 17:07
Ja, aber neben der Geschichte irgendwelcher Lehrer und der eigens erfunden gibt es ja noch eine historisch glaubwürdige. Aber auch hier macht sich natürlich jeder selbst ein Bild, somit wäre es auch seine "eigene" Geschichte... mich stört nicht die Legende selbst, sondern dass viele sie als historische Fakten verkaufen - man hört die selben Märchen (soll nicht abwertend gemeint sein) so oft, dass man sie als wissenschaftlich abgesegnet betrachtet. Dabei sind viele Elemente völlig paradox. Zum Beispiel dass die Kampfkünste nicht vor allem von Kriegern gepflegt wurden sondern von Mönchen! An sich für einen Europäer völlig unvorstellbar, aber solange es aus Asien kommt, ist ja schließlich alles möglich.
Nicht, dass Einsiedler und Mönche keinen wichtigen Einfluss auf die chinesischen KK gehabt hätten, bedingt durch die Eigentheit der chinesischen Kultur und des dortigen Bewusstseins - aber je mehr ich mich mit China befasse, desto mehr wird mir auch klar, dass die Chinesen auch nur Menschen sind und waren. Deswegen interessiere ich mich eben vor allem für das, was die Chinesen gerne aus ihren Erzählungen weglassen. Eine Kampfkunst verkauft sich eben besser, wenn sie von irgendwelchen unsterblichen Heiligen gegründet oder weitergetragen wurde, anstatt von Terroristen und religiösen Fanatikern (Geheimgesellschaften), von Mördern und Räubern...

Andreas Weitzel
17-06-2003, 17:59
@ Xiaoshi:

Mein Gedanke geht noch ein wenig weiter. Die Zeit, die ich beschrieben habe, war bereits die Regierungszeit der Manschuren. Sie hatten ein "plötzliches" Interesse an der Geschichte Chinas. Und sie haben sie dann schließlich geschrieben, wobei ihre schriftlichen Quellen lediglich aus der Ming-Dynastie stammten. Für mich sieht das Ganze also noch unglaubwürdiger aus.

Und, wie ich schon sagte, das Alter des Shaolin-Klosters ist überhaupt nicht zweifelsfrei bestimmt worden. Umgekehrt. Alle historischen FAKTEN weisen daraufhin, daß Shaolin erst im Mittelalter gebaut wurde. Möglicherweisesogar nach dem XIV Jh. und während der Ming-Dynastie.

Wie kann man dann so eine große Anzahl von Pagoden auf dem Freidhof erklären. Genauso, wie man eine große Anzahl der Gräber in vielen wichtigen europäischen Klöstern erklärt: Es wurden dort nicht nur berühmte Mönche begraben, sondern auch wichtige staatliche Persönlichkeiten, Adeligen, Herrscher, Fürste, Könige, Kaiser usw. Dann ist es kein Wunder, daß eine größere Anzahl der Gräber in einem relativ kurzen Zeitabschnitt entsteht.

Zum Thema "Kampfmönche". Ich persönlich glaube nicht daran, daß Mönche überhaupt imstande sind, eine Kampfkunst zu entwickeln und zu pflegen. Aber! Aber Krieger, die ihren Dienst verlassen haben und zu Mönchen wurden, können das! Genauso war das in Europa. Nur so konnte ein Kloster zu einem Zentrum für Kampfkunst werden. Alles andere ist meiner Meinung nach Legende.

Eine Theorie, die sowohl aus dem Bereich der Legenden stammen, als sich auch als entpuppen könnte: Die Ming-Dynastie kam nach China von außerhalb. Die Manschuren auch. Zur selben Zeit (XVI Jh. glaube ich) wurde auch Japan von "Fremden" besetzt (vom Tokugawa-Clan), die einen starken Samurai-Staat gegründet haben. Es KÖNNTE also sein, daß die japanischen Kampfkünste ihren Ursprung gar nicht im Shaolin-Kungfu haben, sondern, daß beide, sowohl die japanische, als auch die chinesische Richtung von den Dritten (Manschuren?) beeiflußt wurden und deswegen gemeinsame Wurzeln aufweisen.

Gruß
Andreas

Petit Scarabee
17-06-2003, 18:22
@ Xiaoshi, Andreas

Jetzt bin ich verloren... Ich kein Profi in Geschichte (war immer mein schlechtestes Fach), aber ich kann euch nicht folgen.

Ihr sagt also, dass die ganze Buecher und die ganze Geschichte Chinas in XVII-XVIII Jh. neugeschrieben worden sind ?
Oder habe ich falsch verstanden ?

Alle historischen FAKTEN weisen daraufhin, daß Shaolin erst im Mittelalter gebaut wurde. Möglicherweisesogar nach dem XIV Jh. und während der Ming-Dynastie"
Was fuer historische Fakten, wenn alles sowieso im XVII-XVIII Jh geschrieben worden ist ?

Ihr sagt also : wenn man chinesische Buecher liest, ist es zum Teil richtig, zum Teil ganz falsch.
Wie kann man sicher sein, was richtig und falsch ist ?
Muss man also sagen : wir wissen ueberhaupt nicht 100%ig, was die Geschichte Chinas vor dem XVIII Jh ist ?

In Geschichte ist es immer das Problem : nehmen wir das Beispiel "Jesus". Es gab bis jetzt keine Beweise, dass er wirklich gelebt hat. Es steht in keine Schriften von der Zeit, erst viel spaeter wird ueber ihn geschrieben.
Heisst es also, dass er nicht existiert hat ? Nein, man kann nur sagen (historisch gesehen, ich will keiner beleidigen) : vielleicht ja, vielleicht nein...

Oder bin ich ganz falsch ?

Andreas Weitzel
17-06-2003, 18:34
@ Petit:

Erstens, Du vermischst Aussagen von Xiaoshi und mir. Nicht, daß er damit unzufrieden wird ;)

Zweitens... Man weißt tatsächlich nicht, was in China vor dem XVII Jh. passiert nicht. Zumindest nicht aus zeitgenössischen schriftlichen Quellen. Und nur die zählen, als an 100 % grenzende. Alles, was davor war, "wissen" wir aus Abschriften, die im XVII-XIX Jh. angeblich von den Originalschriften (die ausgerechnet danach "verloren gingen") und den älteren Abschriften (die auch "verschwanden") abgeschrieben wurde.

Das sind FAKTEN.

Es gibt natürlich noch mündliche Überlieferungen, die ein paar Hundert oder Tausen Jahre alt sein sollen, aber sie werden meistens nicht als "Zeugnisse der Wahrheit" akzeptiert.

Es gibt auch Meinungen und Vermutungen, oder Informationen, die nur als Vermutungen gelten können. Aber sie können uns auch nicht helfen.

Über Jesus sollten wir einen eigenen Thread im Off-Topic eröffnen ;)

Gruß
Andreas

Petit Scarabee
17-06-2003, 18:48
@Andreas :

Tut mir Leid fuer die Vermischung, aber ihre Aussagen sind schon aehnlich (historische Fakten, usw)

Ich verstehe, was du meinst. Das war mir nicht bewusst.

Aber dann bin ich schon erstaunt, wenn du schreibst :


Original geschrieben von Andreas Weitzel
Alle historischen FAKTEN weisen daraufhin, daß Shaolin erst im Mittelalter gebaut wurde.

Das widerspricht, was du hier sagst :


Original geschrieben von Andreas Weitzel
Man weißt tatsächlich nicht, was in China vor dem XVII Jh. passiert nicht.

Was sind also deine FAKTEN ? (wenn du es unbedingt gross schreiben willst :p )

Andreas Weitzel
17-06-2003, 19:07
@ Petit:

Mittelalter wäre in diesem Fall die Zeit vor dem XVII Jh. Da das Kloster zu diesem Zeitpunkt offenbar existierte, konnte es nicht nach dem Mittelalter gebaut werden. Da die Geschehenisse, mit denen das Kloster verbunden ist (Kriege, Kaiser usw.), frühestens mit dem Ende des XIV Jh. datiert werden können, kann das Kloster nicht vor dem Mittelalter gebaut worden sein. Was bleibt also? Nur das Mittelalter.

Gruß
Andreas

Petit Scarabee
17-06-2003, 19:56
:confused: :confused:
ach ja ? so eine Logik... :confused:

Das Beweisen durch das Gegenteil geht in Mathematik, nicht in Geschichte !

du sagst einerseits "man ist ist sicher, was vor dem XVII Jh geschehen ist"
und andererseits "es ist sicher, dass das Kloster im Mittelalter gebaut worden ist "
widerspruch ! oder habe ich etwas verpasst ?

es ist genau, was mir hier stoert. nicht das genaue Datum, es ist mir in dieser Diskussion schon egal.
aber ich habe den Eindruck, du nimmst als "wahre" historische Fakten, was dir passt (und der Rest ist Legende)

nichts persoenliches ! aber deine Logik stimmt hier einfach nicht.

Xiaoshi
17-06-2003, 20:45
Ihr seit mir zu schnell Leute... ich gehe mal auf Andreas erstes Posting ein, ok?

So extrem wie du es beschreibst stimmt es aber nicht. Ich habe es bereits gesagt, es gibt schriftliche Quellen von vor der Ming-Dynastie, das kann ohne jeden Zweifel nachgewiesen werden. Wie aussagekräftig die jedoch sind muss durch Querverweise überprüft werden, also was hat der hier über diesen Autor gesagt bzw. was schreibt der über das Thema im Vergleich zu dem usw. Das kann ich auch recht sicher sagen, die Bibliothek des Instituts für Ostasienkunde an der LMU München ist ziemlich gut ausgestattet.

Auch von der Theorie dass das Kloster erst im Mittelalter gegründet wurde weis ich nichts. Dass das Gründungsdatum nicht exakt bestimmt werden kann trifft allerdings zu, die Daten gehen soweit ich weis aber "nur" um einige Jahrzehnte auseinander...

Dass nach der Ming-Dynastie die historische Literatur mehr INTERPRETIERT als ANALYSIERT wurde glaube ich auch - das habe ich aber ja schon mal gesagt. Das sieht man daran, zu welchem Extrem sich die Legenden aus den Swordmanfiction mit historischen Fakten vermischt hat - so sehr, dass man nicth umhin kommt, ALLES nochmal zu überprüfen, wenn man wirklich zu historischer Glaubwürdigkeit gelangen will.

Auch ich bin der Meinung, dass die Mönche/Asketen nicht den "Hauptteil" der KK-entwicklung getragen haben... ebenso wenig wie irgendwer anders. Die esoterischen Elemente, die zweifelsohne in den authentischen KK enthalten sind, müssen irgendwie dort hinein gelangt sein. Der Artikel, den Alfons Heck in diesem thread http://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?s=&threadid=8984&perpage=20&pagenumber=3 eingebracht hat weist darauf hin, dass die esoterischen Elemente, die Suche nach Erleuchtug und/oder Unsterblichkeit sehr wohl einen wichtigen Platz im Kungfu eingenommen hat - auch vor den letzten Jahrhunderten. Was mir bei der Shaolingeschichte zumeist zu kurz kommt sind die anderen Elemente, nämlich die der Kriegskunst, die von Generälen und Soldaten gepflegt wurde, und die der "zivilen" KK, also der Selbstverteidigung, die von Leibwächtern und Karavanenbegleitern weiterentwickelt wurden. Vermutlich war es gerade das letzte Milieu, in dem alles am stärksten vermischt wurde, am umfangreichsten geübt wurde... aber das ist nur Spekulation.

Die Theorie, dass auch die Shaolinstile nicht von Mönchen "erfunden" , sondern von ehemaligen Generälen, Söldnern, Leibwachen, Soldaten und, dass schmeckt bestimmt nicht jedem, auch von Verbrechern, die sich ins Kloster zurückgezogen haben, überhaupt erst dorthin gebracht wurden, habe ich auch schon gehört, und erscheint mir plausibler als der Schöpfungsmythos durch Bodhidarma (der erst durch ein Manifest in der Ming-Dynastie aufgekommen ist).
In einem seiner Artikel weist Adam Hsu darauf hin, dass es in China üblich war, dass Klöster Verbrecher aufgenommen haben, wenn sie das Gelübde abgelegt haben. Danach waren sie meistens immun gegen jede weitere Strafverfolgung - es sei denn es waren Verräter, was nahe legt, dass das Kloster in Henan letztendlich niedergebrannt wurde, weil sie wiederholt Rebellen Unterschlupf gewährt haben.
Trotz dieser Theorie ist es eben nicht von der Hand zu weisen, dass auch Mönche und Asketen sich der Kampfkünste bedient haben - wie gesagt, der oben genannte Artikel scheint sehr seriös zu sein, mit umfassender Literaturangabe.

Zum Einfluss der Mongolen/Mandschuren:
Der Einfluss der nördlichen "Barbaren" auf die Kriegsführung ist nicht von der Hand zu weisen. Aber mit deiner Behauptung neglierst du wieder Jahrhunderte der chinesischen Geschichte... genau wie es der Shaolinmythos tut.
Es wird ja wohl jedem klar sein, dass China niemals hermetisch abgeriegelt war; im Gegenteil, China war ein Schmelztiegel der Kulturen, Völker, Religionen... ein multikultureller Staat, mehrmals fremdbesetzt, aber wieso möchtest du unbedingt einen dieser ethnischen Einflüsse so überbetonen? Ich muss dir doch nicht etwa unterstellen, dass du den russischen... ups, pardon, den mandschurischen Einfluss als wichtiger darstellen möchtest als irgendwelche anderen.
Ok, du hast es ja auch vorsichtig formuliert, deswegen will ich dir auch gar nichts unterstellen, und dass die Mandschuren auch einen großen Einfluss gespielt haben, habe ich ja schon erwähnt. Aber nur weil es der "letzte" Einfluss gewesen ist, und der am einfachsten nachzuvollziehende, weil mehr schriftliches Material vorhanden ist, als aus früheren Dynastien, so muss es nicht unbedingt der stärkste gewesen sein...

Nur um nochmal meine anfängliche Botschaft rüberzubringen. Es gibt Aufzeichnungen von vor der Ming-Dynastie, über verschiedenste Themen. Die wurden von seriösen Sinologen datiert, und solange man nichts gegenteiliges beweist, kann man davon ausgehen, dass sie auch authentisch sind.

Petit Scarabee
17-06-2003, 21:20
@ Xiaoshi:

Danke fuer das lange und interessante Posting !
Ich kann dazu nichts mehr sagen. :)

doch eine Kleinigkeit:
Der Artikel habe ich auch gelesen : schon interessant, obwohl er vielleicht zuviel Bedeutung an den esoterischen Elementen gibt (wie du schon gesagt hat : waere also kung fu nicht fuer den Kampf gemacht ?). Dass die Gesundheitsuebungen eigentlich keine Beziehung mit dem kungfu haben (und nur da fuer das "pursuit of immortality") finde ich auch schwer zu glauben...
Und again, der Artikel ist serioes und hat umfassende Literaturangabe, aber es ist doch nur eine Mischung von Analyse und Interpretation (der Autor hat irgendwie seine eigene Meinung, die er in dem Artikel betont).

Aber deinem Posting kann ich nur zustimmen.

Xiaoshi
17-06-2003, 22:17
Na ja, ein Gongfu-übender, der sich an die Geschichte der chinesischen KK heranwagt, wird etwas anderes hervorbringen, als ein "klassischer" Sinologe, der sich an die Geschichte der KK heranwagt... welcher nun "bessere" Arbeit liefert hängt aber ganz allein von der jeweiligen Person und natürlich von der Einschätzung des Lesers ab!

Wenn man einen gewissen geschichtlchen Ablauf schildern will, muss man ihn zuerst verstehen. Dazu bedient man sich im Idealfall irgendwelcher Quellen, und natürlich auch Sekundärliteratur. Wenn jedoch irgendwelche "Lücken" auftauchen, muss man gezielt suchen, um diese irgendwie auszufüllen. Vielleicht findet man nicht die richtige Literatur, oder es gibt keine, was macht man dann? Man interpretiert. Anders geht es manchmal nicht, hier kommt es dann darauf an, welches Geschichtsverständnis der jeweilige hat, möglicherweise auch ob er praktischen Bezug zum Thema hat, vor allem aber eben ob er in der Lage ist, geschichtliche Vorgänge nachzuvollziehen. Hängt eben wieder von der Person ab.

Ach ja, und das mit dem Artikel sehe ich auch so. Es behandelt eben nur diesen einen Aspekt der KK, während (wiedermal) die Kreiger und Bodyguards einfach unter den Tisch gekehrt werden... trotzdem interessante Thesen.

Andreas Weitzel
17-06-2003, 22:19
@ Xiaoshi:

Eine interessante Darstellung. Hut ab vor solchen Diskussionspartnern :respekt:

Nun, über die Existenz der Schriften aus der Ming-Dynastie etc. möchte ich hier nicht diskutieren. Das können wir beide im Off-Topic oder auch bei einem persönlichen Gespräch tun. Immer gerne :D Das Problem ist, daß wir nur dann über die Geschichte des Shaoli-Klosters produktiv diskutieren können, wenn wir die ganze Geschichte China's miteinbeziehen. Das ist viel Arbeit, glaub mir :D

Zu Manschuren. Ich habe sie nur als ein Beispiel genommen, und zwar dafür, wie die Geschichte gelaufen sein KÖNNTE. Und Du mußt zugeben, es ist kein schlechtes Beispiel ;) Es sit nähmlich eine Theorie, die man am besten überprüfen und mit schriftlichen Dokumenten belegen könnte...

Was Deine letzte Aussage über die Sinologen betrifft, so muß ich den Verdacht schöpfen, daß sie bei ihren Datierungen bereits einen "Leitfaden" aus der früheren Zeit hatten. Und daß ihre Datierungen von den "Interprätationen" der letzten Kaiser-Dynastie nicht ganz unfrei waren ;)

Aber eigentlich hat mich am Anfang dieser Diskussion interessiert, welche Beweise für die Geschichte des Klosters heute existieren. Meine ganzen (ich gebe zu: umstrittigen) Ausführungen haben nur einen Grund: Zu erfahren, was es noch außer der Pagoden (die ich persönlich als sehr wagen Beweis sehe) gibt :)

Gruß
Andreas

Xiaoshi
17-06-2003, 22:22
Keine Ahnung. Ich werde jetzt aber endlich mal einen Artikel aus dem Harvard Journal of asiatic studies kopieren, über die Shaolin-kampfkünste während der Ming-dynastie. Wollte ich schon seit letzter Woche, bin aber zu faul (und bis ich das Teil bestellt habe vergehen wohl noch Monate).

Und ich weis, wie anstrengend Geschichtsarbeit ist. Mit Sicherheit sind auch Sinologen nicht unfehlbar (ist schwer zu glauben, aber wahr :D ), weil man eben jede Literatur dreimal prüfen muss bevor man sie zu Rate ziehen kann...

SQ
17-06-2003, 22:30
@ all:

Das ein Bodhidharma nicht Kung Fu erfunden hat ist klar, dass auch ein Mönch oder eine Schar von Mönchen kein Kung Fu erfunden hat, das versuche ich auch schon ständig zu erklären.

Die Kampfkunst kommt vom chin. Volk (woher genau auch immer), also von Söldnern, Verbrechern und normalen Zivilisten, Adligen,...

Das einzige, und meiner Meinung nach allerdings einer der wichtigsten Schritte, was den Mönchen zugeordnet wird, ist die Verbindung der Kampfkunst mit der Lehre des Chan und der Grundlagen der chin. Medizin.

(Wobei wir wieder bei meinen 3 Säulen der Shaolinlehre angekommen sind)

@ Andreas Weitzel:

Es gibt mit Sicherheit noch mehr Beweise, auch wenn ich momentan mit schriftlichen Belegen passen muss.

@ Xiaoshi:

kopierst du mir den artikel auch? wäre interessiert daran.

Xiaoshi
18-06-2003, 07:37
@Shaolinquan
Ich kann ihn dir faxen denke ich mal. Muss aber dazu mal wieder meine Mutter besuchen, ich hab nämlich selber kein Fax :D
Oder ich schicke ihn per Post, erstmal schauen wie viele Seiten es überhaupt sind...

Ja in gewisser Weise stimme ich dir zu. Es waren mit Sicherheit Mönche und ähnliches Volk die die Verbindung des Kungfu mit den spirituellen Elementen vollbracht haben. Der einzige Unterschied ist, dass ich es nicht auf einen Tempel und die dortigen Mönchen beschränken möchte... und es ist nicht auszuschließen, dass bereits vorher einzelne eine derartige Symbiose geschaffen haben (ob das zu beweisen ist ist wieder eine andere Frage). Es gibt Vermutungen von indischen Bergasketen, die sich mit Yoga und Kampfkunst beschäftigt haben, Jahrhunderte vor Beginn unserer Zeitrechnung. Demnach halte ich es für möglich, dass ähnliches auch in China stattfand, denn einen regen Austausch zwischen den Ländern gab es schon immer. Und auch die anderen Tempeltraditionen wie Emei, Wudang u.ä. gibt es schon relativ lange. Es ist schwer abzuschätzen, wer jetzt "zuerst" damit angefangen hat, KK und Philosophie/Qigong zusammenzubasteln...
Nicht vergessen darf man hier die "Pionierarbeit" der Daoisten, wie auch immer sie genau ausgesehen hat, lässt sich wahrscheinlich gar nicht mehr feststellen, aber deren Einfluss hat mit Sicherheit auch Songshan erreicht.
Ich persönlich möchte deshalb keine Aussage darrüber machen, wer wann was als erster so betrieben hat, solange ich mich nicht selbst durch entsprechende Literatur gekämpft habe. Solange behalte ich alle Möglichkeiten in Betracht, wobei natürlich auch Shaolin eine Pionierrolle gehabt haben kann.

Xiaoshi
18-06-2003, 16:26
Ich habe jetzt den Artikel, sind insgesamt 32 Blätter glaube ich. Per Fax oder per Post?

Hab nur ein paar Seiten gelesen, ist aber hochinteressant, das muss ich schon sagen...

christoph
19-06-2003, 11:49
Hey Xiaoshi,

kannst Du nicht mal die Literaturangabe von dem Harvard Artikel posten. Dann schau ich mal ob ich den hier über die Uni auch bekomme. Tät mich nämlich interessieren.
Was kannst Du denn noch so empfehlen an Sinologen Arbeit über chin. KK?

Grüsse

Xiaoshi
19-06-2003, 12:16
Wie meinst du das Literaturangabe?
Der Artikel ist aus dem Harvard journal of asiatic studies 2001/2. Wird zweimal im Jahr herausgegeben, gibt es jeweils als einzelnes Buch oder auch als Doppelband. Kannst auch hier schauen: www.harvard-yenching.org

Ansonsten kenne ich (noch) keine professionelle Literatur über KK, der Artikel hat natürlich einiges an Literaturangabe, auch der Artikel von Alfons, da kannste nachschauen.

christoph
19-06-2003, 14:47
Danke. Meinte damit nur: So viel Info, dass man einfach den betreffenden Artikel finden kann. Eben mit Jahr und Ausgabe.