Anmelden

Vollständige Version anzeigen : Karate nur von Japanern lernen?



CeKaVau
17-06-2003, 15:54
Hallo,

ich hatte vor kurzem eine interessante Diskussion hier im Forum, die dann aber leider in's Leere gelaufen ist. Eine Frage wollte ich eigentlich noch stellen, bin aber nicht so richtig dazu gekommen.

Dabei ist die Frage an sich ziemlich simpel: Glaubt Ihr, dass man "richtiges" Karate nur bei Japanern lernen kann. Wenn ja, warum?

Zentral ist dabei wohl der Begriff "richtig" - es wäre mir lieb, wenn man das aber ein bißchen ausklammern könnte. Wenn es für Eure Argumentation wichtig ist, könnt Ihr ja kurz definieren, was FÜR EUCH "richiges" Karate ausmacht.

Meine Meinung dürfte inzwischen klar sein - ich glaube nicht, dass man unbedingt von Japanern lernen muss. Warum?

1.) Es ist nicht gesagt, dass die Japaner das beste Karate machen. Warum? Nun, Karate wurde in Japan entwickelt, macht sie das auch zu den besten?
Fußball wurde in England entwickelt, wird deshalb der beste Fußball in England gespielt? Sind die Engländer etwas Fußball-Weltmeister? Nö.

2.) Gesetzt dem Fall, in Japan wird das beste Karate gemacht - können und wollen sie uns (mit uns meine ich uns Gajin) es auch beibringen oder speisen sie uns nur mit irgendetwas ab?

3.) Es gibt genug Deutsche, die mir im Karate haushoch überlegen sind. Ich verstehe sie sprachlich besser und bin ihnen auch kulturell ähnlicher. Macht sie das nicht für MICH zum besseren Lehrern?

All diese Argumente sind natürlich auf meinem Mist gewachsen - es kann also durchaus sein, dass das alles Quatsch ist.
Ich will nur mal Eure Meinung wissen.

Tschüssi
Ike

weudl
17-06-2003, 16:11
Nur ganz kurz: Ich habe Karate sowohl bei Europäern als auch bei Japanern trainiert. Japaner, die mehr als nur äußere Form unterrrichtet haben, waren allerdings eher die Ausnahme (allerdings sind im Westen ansässige Japaner hier eher offener als direkt aus Japan eingeflogene).

Ich denke, dass es vollkommen egal ist, ob man bei einem Japaner trainiert oder nicht. Wichtig ist, dass einem der Lehrer neue Wege zeigen und Impulse geben kann bzw einem hilft, diese in einem selber zu entdecken.

Eine weitere Frage wäre ja auch die, ob man jemanden als Lehrer im Budosinne bezeichnen kann, den man lediglich von Seminaren und Lehrgängen kennt oder ob man über mehrere Jahre (wie viele?)hinweg das 'tägliche' Training bei ihm besuchen müsste.

Dojokun
17-06-2003, 16:15
Hallo CeKaVau


Was ist für Dich Karate?
Ein Sport, eine Kunst, SV, ......??



Ich persönlich denke, es gibt mittlerweile gute Karateka in Deutschland, von denen man sehr viel lernen kann.
Diese haben aber bei Japanern gelernt.

Wer Karate als Sport betreibt, kann Weltmeister werden, ohne jemals einn Japaner gesehen zu haben.
Wer aber traditionelles Karate lernen möchte, muss es ja von irgendwen gezeigt bekommen.
Und das können nun einmal nur die Japaner....



Oss

Dojokun

Sebastian
17-06-2003, 16:17
Für mich ist es immer etwas besonderes von Ochi oder anderen Ausnahmetalenten unterichtet zu werden. Und Japaner die in Deutschland Karate lehren sind immer Ausnahmetalente! ;)

weudl
17-06-2003, 16:27
@Dojokun

Wer aber traditionelles Karate lernen möchte, muss es ja von irgendwen gezeigt bekommen. Und das können nun einmal nur die Japaner....


Das kann ich so nicht bestätigen. Ich würde einerseits sagen, dass 90% (wenn nicht mehr) der japanischen Karatekas von 'traditionellem Karate' keine Ahnung haben und dass es andererseits durchaus Nichtjapaner gibt, die sich mit traditionellem Karate beschäftigen und dies auch vermitteln.

Dojokun
17-06-2003, 19:44
Nicht alle Tiere sind Hunde.
Aber jeder Hund ist ein Tier.

Natürlich haben viele Japaner vom traditionellen Karate keine Ahnung.
Aber wer hat es denn entwickelt?
Die Japaner.
Und von wem muss man es lernen?
...
Genau, von einem Japaner....

Wenn Nicht-Japaner Ahnung von traditionellem Karate haben, müssen sie es ja auch orgendwo gelernt haben, oder nicht? ;)



Oss

Dojokun

Vegeto
17-06-2003, 20:04
Aber wer hat es denn entwickelt?
Die Japaner.
Und von wem muss man es lernen?
...
Genau, von einem Japaner....


Na, das ist doch eine Milchmädchenrechnung! Nur weil die Indianer als erstes Kartoffeln anpflanzten muss ich doch nicht von einem Indianer lernen wie man Kartoffeln anpflanzt!


Wenn Nicht-Japaner Ahnung von traditionellem Karate haben, müssen sie es ja auch orgendwo gelernt haben, oder nicht?

Wenn ich traditionelles Karate von einem Europäer oder Amerikaner lernen kann der es wirklich drauf hat, dann ist es doch in Ordnung das ich es von einem Nicht Japaner lerne. Klar er hat es vielleicht von einem Japaner aber ich hab es von einem Nicht Japaner! Wenn du sagst "Er hats von einem Japaner also hast dus indirekt auch von einem Japaner" hast du recht, aber das bedeutet das JEDER Karate von einem Japaner lernt, weil es aus Japan kommt.

Ansonsten kann ich aber sagen das es sicher interessant wäre direkt von der Quelle zu lernen!

weudl
17-06-2003, 21:55
@Dojokun

Diese Frage weiterzuverfolgen, würde uns zwangsläufig wieder zu der Diskussion 'was ist traditionelles Karate?' bringen. Schlussendlich haben auch die 'Japaner' Karate nicht erfunden sondern es wurde von Okinawa importiert (ok, Okinawa gehört mittlerweile auch zu Japan, aber ich denke, Du weißt was ich meine...).

Jedenfalls weiß ich nicht, warum ein Nichtjapaner mit 50 Jahren Karatepraxis schlechter sein soll als ein Japaner mit 50 Jahren Karatepraxis.

JuMiBa
17-06-2003, 22:12
Bin ganz der Meinung von CeKaVau !!!

Gruß Micha

karlo
18-06-2003, 07:40
Sicher ist es wertvoll, mal in Japan ne Zeit zu trainieren um das Umfeld zu sehen und wirklich zu schauen, was ist dort anderst.

Ansonsten schließe ich mich der Argumentation von weudl an.(50 Jahre)

CeKaVau
18-06-2003, 08:01
Hallo,

war hier schon mal jemand in Japan? Hat er dort (längere) Zeit trainiert?

Wo liegen die Unterschiede zum deutschen (oder von mir aus nicht-japanischen) Training?

Tschüssi
Ike

P.S.: Kleines Edit zwischendurch.

Trainiert hier jemand REGELMÄSSiG, also zwei, drei mal wöchentlich bei einem japanischen Lehrer?

Ike

Jens S.
18-06-2003, 10:46
Hallo,

eigentlich wollte ich mich ja nicht in diesem Thread äußern, möchte mich aber letztlich doch gegen das Tendenzielle und Vereinfachende, was bereits in der Fragestellung CeKaVau's anklingt, wenden.

Kein vernünftiger Mensch kann leugnen, daß die Herkunft eines Lehrers für die Beurteilung des Lernerfolgs keine allzu große Bedeutung haben kann.
Bereits in diesem Satz ist angeklungen, worum es geht: Lehrer. Wer demzufolge selbst authentisches Karate "richtig" gelernt hat, kann es selbstverständlich auch weitergeben. Keine Frage.

In D herrschen diesbezüglich jedoch "besondere" Bedingungen, die ich im von CeKaVau angesprochenen Thread bereits habe anklingen lassen und die es maßgeblich erschweren, einen deutschstämmigen Karatelehrer mit halbwegs authentischem Background zu finden.
Kurz gesagt sind es zwei Faktoren, die hier hineinspielen:
1.
Zum Zeitpunkt, als sich Karate in Europa zu etablieren begann, gab es schlicht keine anderen Quellen zum Karatelernen als die Japaner. Logisch, denn deutsche Lehrer kann es ja nicht gegeben haben, wenn es nicht einmal Karate selbst gab. ;-)
Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Nationen lief es bei uns aber (leider) damals so, daß ein Lernen in einer Lehrer-Schüler-Beziehung so gut wie nie stattgefunden hat. Zumindest habe ich von keinem Vertreter der deutschen Karateprominenz je gehört, für zumindest eine gewisse Zeit mehr als nur Lehrgangsbesucher bei den wenigen japanischen Größen, die D besucht und hier unterrichtet haben, gewesen zu sein.
Was also qualifiziert diese "Lehrer" dann zu unterrichten?
Eine sehr, sehr positive Ausnahme ist hier z.B. Fritz Nöpel, der nach Japan gegangen ist, um dort Goju-Ryu zu erlernen und dies als enger Schüler von Meister Kisaki auch tat. Fritz Nöpel ist heute ein 8. Dan und ohne Zweifel ein Karatelehrer und -meister, der weiß, wovon er spricht.
2.
Dieser Punkt ist Resultat des unter 1. Genannten.
Allein die Tatsache, daß in D nur Wenige Karate "an der Quelle" gelernt haben, führt nicht notwendigerweise dazu, daß es zu einem Mangel an qualifizierten Lehrern hat kommen müssen.
Shotokan-Karate (denn darum geht es mir hier) ist der am besten dokumentierte Karatestil überhaupt. Das Shotokan hat die meiste und beste technische Literatur, aus der sich, kombiniert mit der gelegentlichen Unterweisung durch ein "lebendiges Vorbild", eine ganze Menge herausholen läßt.
Diese Quellen gab es aber damals noch nicht!
Und selbst wenn es sie gegeben hätte, bleibt zu bezweifeln, daß sie entsprechend genutzt worden wären, spricht das jahrelange technische Inseldasein des deutschen Karate auch in den letzten Jahren, wider jeder Vernunft und Lernbereitschaft, hier doch eine beredte Sprache.
Was zu folgendem führte:
Es wurde eine eigene Interpretation geschaffen, angefangen bei grundsätzlichen Auffassungen das Training und dessen Schwerpunkte betreffend, bis hin zu eigenen Katainterpretationen und dem nahezu völligen Verlust der Fähigkeit, wirklich hart zuschlagen zu können.

Fazit:
Menschen, die es nie richtig lernten, schufen etwas Eigenes und prägten alle folgenden Generationen.

MfG
Jens

ryuma
18-06-2003, 10:50
Hallo Ike...

Deine Frage ist sehr schwer zu beantworten. Und ich bin mir ueber die Antwort selbst noch nicht ganz klar.

Ich bin derzeit in Japan und trainiere auch hier. Ich bin im Herbst "offiziell" in das Dojo meines Sensei gewechselt, wo ich vorher schon mehrfach zu Gast war. Die Entscheidung habe ich deshalb getroffen, weil ich erst in Japan "anstaendiges" Karate gelernt habe. Ich habe sehr davon profitiert, "vor Ort" zu trainieren.
Was meine ich mit "anstaendig"? Nun, keine ueberzogene Karate-Philosophie, Training mit den richtigen Schwerpunkten und auf dem neuesten Stand. Das Karate in Deutschland baut ueberwiegend auf einem Buch auf: "Nakayamas Karatedo". Und das ist veraltet. Nicht mal die JKA macht noch so Karate.

Was bisher fuer mich feststeht ist, dass man japanisches Karate nicht beurteilen kann, wenn man nicht in Japan trainiert hat. Auch die Gasttrainer oder die Japaner, die in Europa leben, vermitteln da nicht den richtigen Eindruck. Und seien wir mal ganz ehrlich: Wann hat man von Ochi auf diesen Massen-Lehrgaengen mal wirklich was beigebracht bekommen?

Meine Antort tendiert zu "Ja, man kann nur von den Japanern richtiges Karate lernen", weil ich anstatt: "Dein Kime ist noch nicht richtig!" oder "Du musst Deinen Geist ausschalten!" in Japan ganz klar gesagt bekomme, was ich machen muss, um richtig Kime zu haben und um meine Gelenke nicht kaputt zu machen. In Deutschland nicht. Da wird kaum noch beigebracht, richtig zuzuschlagen...

Allerdings ist es wichtig, wo man lernt, und ob man jemanden findet, der sich einem annimmt. Dann sollte man auch ein wenig die Sprache verstehen, um ueberhaupt lernen zu koennen. Denn es gibt keine Uebertragung aus dem "befreiten Geist", das ist Bloedsinn.
Man kann so jemanden finden, der einem was beibringt, oder man kann auch ins JKA-Honbudojo gehen, wo alle zwei Wochen ein neuer Schwung Karate-Touristen kommt die nichts verstehen. Deshalb haben die Lehrer auch keinen Bock, den Leuten was beizubringen. Die schauen sich naemlich noch nicht mal was ab.

Ob man von Nicht-Japanern ebensogut lernen kann, haengt davon ab, ob sie die Grundlagen richtig verstanden haben. Z.B. hat Kime nicht mit Anspannen zu tun; Sun-Dome ist keine grundlegede Philosophie, die sich durch das ganze Karate zieht, sondern ist auschliesslich Bestandteil des Yakusoku-Kumite; Zanshin ist kein meditativer Zustand; Wettkampf und Karatedo stehen nicht im Widerspruch zueinander; und ueber Karatedo wird in Japan nicht diskutiert, sondern es wird Technik trainiert.

@Jens
"Drueben" wieder mal nichts los?

Jens S.
18-06-2003, 11:37
Hallo!

@ryuma

Hey, ryuma, leg' Dich ins Bett und terrorisiere hier nicht friedliche europäische Foren! ;-))))))
Im Prinzip gebe ich Dir recht (wenngleich ich Deine Anti-JKA-Spitzen gar nicht mag. ;)))))
Eigentlich setzt Du ja noch einen drauf, indem Du sagst, es reiche nicht, sich einen Japaner zu suchen, sondern man müße sogar nach Japan fahren. Du hast damit soagr recht, wenn Du meinst, daß dies nötig sei, um die Situation in Japan richtig einschätzen zu lernen. Das hat aber mit "anständigem" Karate nicht zwingend etwas zu tun, kennt doch fast Jeder die resignierten Berichte vieler großer Lehrer, die behaupten, in Japan sei heutzutage im Karate "Hopfen und Malz" verloren.

Ochi's Lehrgänge:
Sicher, was aber nur zeigt, daß man auf Lehgängen nix lernt. Es zeigt nicht, daß Ochi ein schlechter Lehrer ist.
So ist/war es bei allen in Europa ansässigen Japanern: Auf die Lehrgänge kann man, so wie auf alle Lehrgänge, getrost verzichten. In deren Dojo's trainieren ist jedoch eine andere Sache ...

Nakayama's Karatedo:
Als ich Tanaka Sensei und Saeki Sensei vor ca. 4 Wochen das letzte Mal gesehen habe, machten sie noch sehr Nakayama-mäßige Karate. ;-)

Im Übrigen ist ein schönes Beispiel, wie es in D hätte laufen können, die Situation in GB. Sicher gibt es auch dort viele Verbände und Splittergruppen, aber das meiste dort hat seinen Ursprung in der Arbeit von Enoeda Sensei.
Gerade die Situation nach seinem Tod zeigt, daß die Engländer ihre Zeit richtig genutzt haben, hat Enoeda Sensei doch eine sehr große Gruppe überaus qualifizierter Lehrer hinterlassen (allein ca. 20 - 25 Danträger ab dem 6. Dan) und darunter so klangvolle Namen wir Andy Sherry, Bob Poynton, Bob Rhodes, der verstorbene Steve Cattle ...

MfG
Jens

weudl
18-06-2003, 17:44
In Ergänzung zu meinem vorigen Posting (50 Jahre Training), sollte man doch noch anmerken, dass es wohl nur wenige Nichtjapaner gibt, die auf ein derartig langes Trainingsleben zurückblicken können. Ich bleibe natürlich bei meiner Meinung, dass es aus kulturellen oder rassischen Gründen egal ist, ob der Lehrer Japaner ist oder nicht, aber die Japaner haben uns halt einfach einige Jahrzehnte voraus, die wir wohl erst in 20 bis 30 Jahren aufgeholt haben werden.

Außerdem möchte ich ryuma beipflichten. Während hier über Do etc. debattiert wird, geht man in Japan ins Dojo und trainiert...

Dojokun
18-06-2003, 21:47
Original geschrieben von ryuma
Wann hat man von Ochi auf diesen Massen-Lehrgaengen mal wirklich was beigebracht bekommen?


Ganz einfach zu beantworten:
Am vergangenen WE hat Ochi mich beim Instructor-Lehrgang auf einen Fehler hingewiesen und somit korrigiert.
Er tat es wie immer: Erst ein Lob eines Aspektes, dann der Hinweis, einen anderen Aspekt zu verbessern.
Somit hat er mir was beigebracht. :teufling:

Aber ich muss auch sagen, dass ich ein gutes Verhältnis zu Ochi pflege...



Oss

Dojokun

ryuma
19-06-2003, 03:29
Hallo KKB...

Muss ich wohl meinen Beitrag praezisieren...

Hey, ryuma, leg' Dich ins Bett und terrorisiere hier nicht friedliche europaische Foren! ;-))))))
Hmmm, wo ist denn das Smilie mit dem erhobenen Mittelf...???

... um die Situation in Japan richtig einschatzen zu lernen. Das hat aber mit "anstandigem" Karate nicht zwingend etwas zu tun...
Das sehe ich ja auch so, denn es haengt nach wie vor vom Lehrer ab, nicht vom Verband. Eine Erfahrung, die ich in Japan gemacht habe, weil ich Lehrer getroffen habe, die mich weitergebracht haben. Aber nicht weil sie mir was vom befreiten Geist erzaehlt haben oder weil sie dieses und jenes Karate gemacht haben.
Fuer mich ist daher das japanische Karate Masstab. Genauer gesagt, das Training in deren Dojo unter deren Aufsicht. Weil ich erst damit weitergekommen bin. Wenn jemand - wie ich es am Ende meines Beitrages gesagt habe - die Grundlagen beherrscht, ist es egal, ob Japaner oder nicht. Ich musste halt nach Japan gehen, weil ich mit dem deutschen Karate nicht weitergekommen war. Ein Punkt war dabei, dass man Dinge tatsaechlich falsch, bzw. aus ihrem Zusammenhang herausgerissen unterrichtet, und damit die ganze Entwicklung seiner Schueler nur verzoegert.
Ich denke auch - zu dem Beispiel in England - dass es ganz anders ausgesehen haette, wenn ich anderswo in Europa trainiert haette.

Meine "Spitze" gegen die JKA resultiert aus den Erfahrungen aus dem Honbudojo. Dort wird man halt abgefertigt. In Kyoto habe ich auch in einem JKA-Dojo trainiert und viel gelernt. So unterscheidet sich das von Dojo zu Dojo... Auch das Karate. Waehrend man im Honbu noch etwas mehr Karate nach Nakayama macht, war das JKA-Karate in Kyoto schon mehr WKF-gepraegt. Man orientiert sich ausserhalb des Honbu anders.

Sicher, was aber nur zeigt, das man auf Lehgangen nix lernt. Es zeigt nicht, das Ochi ein schlechter Lehrer ist.
Das ist richtig, aber schau mal, wie der Verband das dar stellt. Und wie viele das glauben. Schau Dir die Berichte der Lehrgaenge an. Danach muessten ja alle grosse Meister sein...
Ich will Ochis Kompetenz nicht in Frage stellen. Aber er koennte sicherlich etwas mehr bringen. Zu den Instructor-LG kann ich nichts agen, da ich dort nicht war (ich habe mich daher bewusst zu den "Massen-LG" geaeussert).

Wahrend hier uber Do etc. debattiert wird, geht man in Japan ins Dojo und trainiert...
Und das ist der Punkt: Worueber wird bei uns denn debattiert? Ueber den "Weg" und "Bescheidenheit". Aber um diese Werte, um sie im tatsaechlichen Zusammenhang mit Karate zu verstehen, ist eine gewisse Kenntnis der japanischen Kultur unumgaenglich. Und die lernt man am besten vor Ort kennen, wenn man niemanden hat, der einem das live berichten kann.

Sonst kommt es immer wieder zu bizarren Situationen, in denen mir nach dem Training irgend so ein Bloedmann, der keinen Tsuki geradeaus kann, vorhaelt, ich haette gegen die Grundprinzipien des Karatedo verstossen, nur weil ich mich im Training im Ohr gebohrt habe, weil es juckte.

(Gibt es eigentlich auch ein Smilie, das kotzt?)

CeKaVau
19-06-2003, 08:24
Hallo ryuma,

Deine praktische Herangehensweise an die ganze Sache gefällt mir:klatsch: :klatsch:
Wie Du siehst gibt es zumindest ein "uneingeschränkte Zustimmung"-Smiley.

Eine Frage hätte ich da noch:

"Ich musste halt nach Japan gehen, weil ich mit dem deutschen Karate nicht weitergekommen war. "

Ich habe auch manchmal das Gefühl, an einem toten Punkt zu sein. Was genau hat Dich damals bewegt oder, wie soll ich's sagen, woran bist Du hängen geblieben? Was war damals mit Dir los?

Tschüssi
Ike

ryuma
19-06-2003, 10:00
Hallo Ike...

Nette Smilies...

Das Gefuehl meines "toten Punktes" hatte ich ca. dreieinhalb bis vier Jahre lang. "Haengen geblieben" bin ich letztendlich daran, dass ich z.B. voellig falsche Vorstellungen von Kime hatte. Oder dass ich versucht hatte, Sun-Dome im Freikampf umzusetzen. Mein erster Trainer, von dem ich halb gegangen bin und von dem ich halb gegangen wurde, weil ich mich dagegen geaeussert hatte, dass er anderen aus Geltungsdrang die Nase platthaut, hat zum Schluss immer nur schoene Geschichten von Zen und Erleuchtung durch Karate erzaehlt. Er erzaehlte gerne, was man falsch macht, aber nicht, wie man es verbessern kann. Zugegeben, ich hatte ihn auf einen Sockel gestellt, auf den er nicht hingehoerte. Aber er stellte sich auch selbst gerne darauf.
Ich wunderte mich natuerlich, dass ich nicht weiterkam, aber ich war halt der Meinung, dass das schon so richtig sein muesse.

Als ich 2001 das erste Mal nach Japan bin, hat mein Sensei dort sofort interveniert, als ich anfing mich zu bewegen und brachte mir als erstes bei, nicht anzuspannen und mich entlang dessen auch schneller zu bewegen.
Bei meinen zweiten Aufenthalt ein Jahr spaeter nahm er meine Bewegungen total auseinander. Nichts war richtig, so wie ich es gelernt hatte. Und da wurde mir auch klar, warum ich solche Probleme mit einer steifen Huefte und mit meinem Kreuz hatte: Dadurch, dass ich letztendlich keine Korrektur mehr bekam, habe ich die Bewegungen verschliffen, versaut und mich fast schon systematisch kaputt trainieren lassen. Es zaehlte ja auch immer nur anspannen! Seit September bin ich nun in verschiedenen Orten in Japan und bekomme ein sehr unverkrampftes Karate, fernab von "Weg" und "Erleuchtung" und sonstigem Geschwaetz. Und meine Huefte und mein Ruecken sind beschwerdefrei. Entgegen allen Lehren, die mir auch von anderer Seite in Deutschland zu Teil wurden, sind die Fortschritte - oder besser gesagt die Aufholarbeiten - keine Frage von Karate als "Zen in der Bewegung", sondern von richtiger Technik, orientiert an Physiologie, Mechanik und dem gesunden Mittelmass. Karate hat mit Buddhismus nichts zu tun.

Mit anderen Worten, in Japan habe ich wieder gelernt, mit Keri zu treten, und mit Tsuki zu schlagen. Das ist nichts besonderes, sollte man meinen. Aber wenn ich den Nakayama aufschlage und lese, dass im Moment des Auftreffens "maximale Spannung" im Koerper vorhanden sein muss und dann sehe, was man in Deutschland darunter versteht, reduziert sich rasch die Zahl derer, die meiner Meinung nach nicht verstehen, was sie da machen. Und von daher halte ich es fuer einfacher, nach Japan zu gehen, als in Deutschland einen zu finden, der wirklich gut ist.

Jens S.
19-06-2003, 13:41
Hallo Ryuma,

nur mal eine Frage am Rande, die wirjklich in keinster Weise "ketzerisch" gemeint ist:

Wir kennen uns ja schon eine Weile (virtuell) und mir fällt auf, daß sich Deine Ansichten anläßlich Deines aktuellen Japan-Aufenthaltes sehr geändert haben, was Du ja auch selbst so schilderst.
Das ist aber noch nicht meine Frage.

Früher habe ich ja meist in Diskussionen, die wir beide ausgefochten haben (hehe! :D ) Standpunkte vertreten, wie Du sie heute äußerst. Du bist dem damals aber in sehr, sehr starker Weise entgegengetreten.
Vor dem Hintergrund, daß Du heute also in vielen Dingen das Gegenteil von dem, wovon Du früher überzeugt warst, vertrittst, komme ich auf meine Frage:
Erscheint es Dir so, daß Deine jetztige Haltung u.U. vielleicht so eine Art "Überkompensation" einer vorherigen "extremen" Haltung sein könnte und damit vielleicht wieder ein Extrem ist (indem Du z.B. ziemlich kategorisch von esoterischem Quatsch sprichst [was ich ja teile ;-)])?

Beste Grüße
Jens

weudl
19-06-2003, 19:12
@ryuma

Gefällt mir, was Du so über Deine Erfahrungen schreibst. Die meisten Japaner, die ich auf Lehrgängen gesehen habe, haben die von Dir beschriebene, lockere, entspannte Technik zwar selber gehabt, aber darauf hingewiesen hat kaum einer. Also entweder sie wissen darüber selber nicht Bescheid (sie können es halt einfach nur), oder sie wollen uns dumm sterben lassen, oder sie sind der Meinung, dass wir selber daraufkommen sollen.

Bzgl Deinen Aussagen zu Do, Philosphie etc bin ich auch voll Deiner Meinung. Sollte so etwas wie Do oder Charakterbildung durch Karate tatsächlich existieren, so entsteht dies mit Sicherheit nicht durch das Befolgen von irgendwelchen Regeln (Dojokun) sondern bestenfalls aus einem selber heraus (für mich ist dies alles allerdings dennoch mehr als fragwürdig).

ryuma
20-06-2003, 02:29
@Jens
Das ist eine berechtigte Frage. Eine Ueberkompensation hat es tatsaechlich gegeben, allerdings nur kurz.

Ein Beispiel um das zu veranschaulichen: Ich lernte Techniken in D. "falsch", weil man zu viel Wert auf den "esoterischen Quatsch" leget und zu wenig auf die korrekte Technik achtete. In J. korrigierte man meine Technik und ich stellte gravierende Unterschiede fest. Fazit war: In D. hat man keine Ahnung (=Ueberkompensation)!
Nach einer Weile viel mir aber etwas auf: Dass ich gar nichts neues gelernt habe, denn das steht alles so in den Buechern. Lediglich der Schwerpunkt, die Herangehensweise ist eine andere, und die kommt ganz ohne ueberinterpretierten Do aus. D.h. Karate wird in D. nicht technisch falsch gemacht, sondern es werden bestimmte Aspekte falsch betont, die dann das Karate versauen. Mein "Angriff" auf die "Esoterik" ruehrt daher, dass diese falsche Betonung u.a. durch die Ueberbewertung des meditaiven Aspektes (=Do-Gedanke) hervorgerufen wird.

Ich habe damals unter dieser anderen Sichtweise argumentiert.

@weudl
Warum sollten die Japaner auch etwas betonen, dass sie so als selbstverstaendlich gelernt haben? Auf der anderen Seite: Sie erzaehlen es dann schon, nur sind die Leute nicht in der Lage zuzuhoeren und das umzusetzen. So spannen die Leute zusaeztlich an, wenn der japanische Lehrer kommt und ihren Arm fasst, um diesen in die richtige Position zu bringen. Selbst schuld...

Was die Charakterbildung durch Karate angeht... Ich denke mittlerweile auch (neue Sichtweise!), dass es keine zwangslaeufige Charakterbildung durch Karate gibt. Aber irgendwie passiert da doch was.
Eine Analogie: Alle Menschen denken, Japaner sind hoeflich. Dann kommen sie nach Japan und stellen fest: "Die sind ja gar nicht so hoeflich, die tun ja nur so. Das sind nur Floskeln, alles Heuchler!".
Aber: nach einer Weile merken sie dann: "Hoppla, die meinen das ja doch ernst!". Und merkwuerdigerweise faerbt das auf einen ab, wenn man sich eine Weile dort aufhaelt.

Mit Karate ist das aehnlich. Aber nicht weil es "Zen in der Bewegung" ist. Ich bin der Meinung, dass alles womit man sich ueber Jahre intensiv beschaeftigt, einen praegt und veraendert. In einer positiven Weise. Mit schoenen Worten hat das nichts zu tun.

FireFlea
09-10-2007, 20:34
Ich wollte den Thread mal wieder hochkramen, da das Thema interessant ist und wir auch einige neuere User haben.

Was meint Ihr, braucht es einen Japaner?

unproVoked
09-10-2007, 20:37
man sollte von so vielen leuten wie möglich lernen, einen japaner braucht es nicht unbedingt, aber wenn einer dabei ist, ist's auch schön.
ich fands zum beispiel total intressant mal die (doch sehr unterschiedlichen) trainingsmethoden von seji nishimura zu sehen zu bekommen.

Zingultas
10-10-2007, 00:05
Also mann kann bedenkenlos bis 2. Dan ohne einen Japaner trainieren. Darüberhinaus kann man sich streiten.
Zu denn Ochi könnte mehr auf LG's geben. Kann man schon teilweise zustimmen.
Zum Beispiel wenn er zur ersten Einheit nicht erscheint weil er am vorherigen abend gut Party gemacht hat. Dafür hat man dann tolle andere Trainer wie zB. Julian Chesse oder Sensei Akita die nicht angekündigt das Training übernehmen.
Und manchmal ist er ein wenig zerstreut aber er ist auch nicht mehr der Jüngste. Und trotzdem ist es gutes Training.
Und es sind ja viele dabei, die sich gerne einen zwitschern und das gehört auch da zu, wenn man dann am nächsten Tag mit den Kumpanen vom Vorabend da steht und es richtig anstrengend ist.

kampfhobbit
10-10-2007, 14:05
finde das thema sehr interessant ist auch das erste mal , dfass ich dass mit den unterschieden zu locker und angespannt höre , ich wollte/will eigentlich auch mal nach japan um karate zu trainieren , weiß aber nich wo ich sowas unterbringen könnte:(