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Vollständige Version anzeigen : Bunkai



darkShaolin
19-05-2003, 15:08
Hi ich habe mal wieder ne Frage.
Wollte mal wissen ab welchen Gürtel ihr Bunkai macht und wie of das der Fall im regulären Training ist.

Vegeto
19-05-2003, 15:23
Also im Shotokan Prüfungsprogramm ist Bunkai ab 3.Kyu vorgeschrieben.

3.Kyu: Bunkai Heian Godan
2.Kyu: Bunkai Bassai Dai
1.Kyu: Bunkai der Kata die man sich ausgesucht hat

Allerdings wird das bei uns so gehandhabt das alle beim Bunkai mitmachen egal welche Graduierung. Es ist z.B Quatsch einen Weißgurt die Jion lernen zu lassen, aber es ist durchaus sinnvoll ihm Bunkai Techniken daraus beizubringen.
Mittlerweile machen wir jedesmal nachdem wir eine Kata gelaufen sind ein paar Bunkai Techniken dazu. Also eigentlich mindestens jedes 2. oder 3. Training oder auch öfter.

JuMiBa
19-05-2003, 16:05
Hy,

bei uns ist Bunkai auch nicht gurtabhängig. Es dient einfach dem besseren Verständis der Kata und ihrer Techniken. Da begreift man erstmal, was man mit einem Age-Uke alles anstellen kann ! ;) ;) ;)

Gruß Micha

karlo
19-05-2003, 16:09
Bei uns wird zu jeder Kata Bunkai gemacht. Ab der Gelbgurtprüfung muß Bunkai aus der vorgeführten Kata an der Prüfung gezeigt werden.

Thyura
19-05-2003, 16:20
Äh...gar nicht... :rolleyes:
Ich versuche es aber trotzdem immer, zu erarbeiten, weil ich glaube, daß es besonders den Kiddies helfen könnte, eine Kata "in Aktion" zu lernen.

Gruß

Thyura

Dojokun
19-05-2003, 20:28
Bunkai ist vom Kata-Training nur schwer zu trennen.
Aber man sollte es auch nicht formal überbewerten....
Nicht, dass wieder einmal die Form den Sinn übertrifft.


Oss

Dojokun

Goshinsatori
20-05-2003, 08:32
Hi,

ihr trainiert ja alle fleissig Bunkai, was ist aber mit Oyo......
Trainiert das hier keiner ???

Jibaku
20-05-2003, 09:06
Oyo Kumite ist für mich ein Unterpunkt des Bunkai auf dem Weg der Herleitung einer Technik oder eines Prinzips aus der Kata hin zur letztendlichen Anwendung.
Hierbei bedient man sich auch der verschiedenen Methoden die unter Oyo-Kumite zusammengeffast werden.
Wenn auch aus dem Bunkai kommend so sehe ich diese Methoden aber doch in der Schnittmenge aus Bunkai und Kumite, auch für den Wettkampf und viele Sekundärtugenden (Spezifische Kondition, Koordination, Durchhaltewillen, Beherrschung von Angst, Zanshin etc.) ist es hervorragend geeignet und dient somit nicht nur der spezialisierten Ausbildung des Karateka im Bunkai sondern schult auch körperliche und geistige Basisfähigkeiten, vielleicht liegt hier sogar eher seine eigentliche Stärke.

Dojokun
20-05-2003, 09:06
Nun, Oyo ist ja die reale Kampfanwendung; eine Mischung aus Bunkai und Happo-Kumite...

Klar.......



Oss

Dojokun

Goshinsatori
20-05-2003, 09:32
HI,

ich wollte nicht wissen was das ist, das ist mir klar,
aber nur Bunkai ist mir eben zu wenig, daher wollte ich fragen, ob das auch trainiert wird. Bunkai ohne Oyo ist für mich nur die halbe Wahrheit.

Jibaku
20-05-2003, 10:03
Ich wollte damit nur sagen, daß es trainiert wird, aber eben nicht nur unter Bukai Gesichtspunkten, sogar eher weniger, für mich unabdingbarer Basisbestandteil des Karatetrainings, dessen Hauptvorteil aber eben auch in der Schulung von Basisfähigkeiten liegt (Die nie genug trainiert werden können) das reale Training eines Kampfes gegen mehrere im Sinne eines Goshin Kumite nimmt dabei als hoch spezialisierte Anwendung einen sehr geringen Raum ein.
Letztlich ist es eine Trainingsform die den meisten auch schlicht Spaß macht und gerade im karate mit seinen hohen Wiederholungszahlen und dem ständigen Blick auf die Perfektion ist das ja auch nicht ganz unwichtig.

JuMiBa
20-05-2003, 10:13
Hy,

wie genau sieht denn Oyo nun aus ? Hab das vorher noch nie gehört. :(

Gruß Micha

Goshinsatori
20-05-2003, 10:47
HI,

also einfach ausgedrückt würde ich Bunkai als Analyse oder Forschung beschreiben, Oyo als praktischen Nutzen.

Vegeto
20-05-2003, 11:49
Ich würde eher sagen Bunkai ist die Anwendung der Katatechniken nach Absprache und Oyo Kumite ist die Anwendung der Katatechniken in einer Art Freikampf.

Jibaku
20-05-2003, 14:41
Wie so oft wohl eine Frage der Begriffsdefinitionen "Oyo" heißt anwenden, ausüben, Fähigkeit, etc. wird aber meist zusammengesetzt gebraucht.
Einige Dojo verwenden den Begriff wohl so wie Goshinsatori es erklärt hat und in dieser Bedeutung finde ich die Erklärung sehr gut, mit Bunkai (Was Heute oft schlicht als Überbegriff für alles was die Entschlüsselung Übertragung und Anwendung der Technik betrifft verwandt wird.) wird hier lediglich der Versuch der Rekonstruktion der Idee in der Kata oder aber auch eigener Interpretationen der Bedeutung betitelt während Oyo die Anpassung der technik auf die realen Notwendigkeiten und die automatisierung in der Anwendung meint.

Wir gebrauchen den Begriff etwas anders und eigentlich nur im Zusammensetzung mit Kumite, damit sind alle Kumitetrainingsformen die sich an der Idee eines Angriffs meherer aus der Kata orientieren gemeint, also speziell Happo und Kata Kumite, bei uns wird es aber schlicht für alle Übungsformen mehrerer Angreifer verwandt es kann also sowohl in Richtung Bunkai, Goshin Kumite gehen wie auch in Richtung Kumite Shiai oder auch völlig andere Zielsetzungen haben.

Wie wohl sehr oft im Karate ist es nicht Wissen oder Unwissen oder richtig/falsch sondern eine Frage der Übereinkunft wie ein Begriff zu verstehen ist.

TFunakoshi
23-05-2003, 16:14
Hallo.

Eine der besten Definitionen hat E. Schmeisser wohl dazu abgegeben.

"Wenn du ein Wörterbuch hast, dann stellt Bunkai das dickgedruckte Wort dar. Oyo beschreibt die Beispiele dahinter, in denen das Wort in Sätzen in 'Aktion' tritt."

Bunkai kann schlicht und einfach als das verstanden werden, was es ist, nämlich die reine "Analyse" der Kata. Hat man die Analyse durchgeführt, und die Prinzipien verstanden, so lassen sich beliebig viele Oyo, also beliebig viele "praktische Nutzen", erschließen. Dies bedeutet, dass sowohl liegend als auch stehend diese Prinzipien zum Tragen kommen. (andere Interpretationen sind mehr oder weniger zugelassen!)

Eine Kata sollte darüber hinaus wie ein einzelner Samen behandelt werden. In einem winzigen Samen, so lernten wir es aus "Das große Krabbeln" :-) , stecken alle Informationen, um einen Baum von überragender Größe aus dem Boden sprießen zu lassen.

Viele gehen hierbei den umgekehrten Weg. Nämlich viel zu große Samen und davon reichlich, welche jedoch nur kleine Bäume zum Vorschein bringen. Es sei hier und heute gesagt (und geschrieben), dass jeder, der mehr als ein oder zwei Kata benötigt, um Techniken und Prinzipien zu erlernen, die Kata nicht so anpackt, wie sie vorherbestimmt war.

Xiaoshi
23-05-2003, 17:20
Original geschrieben von TFunakoshi
Es sei hier und heute gesagt (und geschrieben), dass jeder, der mehr als ein oder zwei Kata benötigt, um Techniken und Prinzipien zu erlernen, die Kata nicht so anpackt, wie sie vorherbestimmt war.

Das vermute ich auch... wenn ein früherer Meister eine größere Anzahl an Formen beherrscht hat, dann weil er sie gelernt hat NACHDEM er die zugrundeliegenden Prinzipien verstanden hatte, und er hat mit Sicherheit viele Jahre/Jahrzehnte dafür verwendet, all das zu lernen...

Jibaku
23-05-2003, 18:58
Es sei hier und heute gesagt (und geschrieben), dass jeder, der mehr als ein oder zwei Kata benötigt, um Techniken und Prinzipien zu erlernen, die Kata nicht so anpackt, wie sie vorherbestimmt war.
Hugh ich habe gesprochen..?!

Ich habe mit solch pauschalisierenden und absoluten Aussagen immer so meine Problem, sie klingen immer so ein wenig nach über andere erhebender göttlicher Eingebung..ich denke vielmehr, daß es bei den meisten Problemen oder Wegen mehrere individuell verschieden Lösungen/Richtungen gibt.

Die hier getätigte Aussage, -"Es sei hier und Heute gesagt"- sich einer überkommenen Formulierung bedienend und auch noch mit Metaphern arbeitend-"ein kleiner Samen bla bla.."-, erweckt den Eindruck alter asiatischer Weisheit aus dem reichhaltigen Nährboden des klassischen karate entsprungen.
Ist das so?
Richtig ist sicherlich, daß man aus einer kata viel mehr herrausholen kann als es gemeinhin getan wird, richtig ist auch, daß die westlich/abendlänische Mentalität eher nach dem schnellen Erfolg strebt (Asiaten können sich über diesen allerdings auch sehr freuen) und es ist oft einfacher vieles ein bißchen zu können als eine Sache richtig, aber wird das der Entstehung und der Bedeutung einer Kata tasächlich insofern gerecht als das in der Konsequenz daraus EINE Kata alles ist?
Ich denke nein, zum ersten weil auch die alten Meister fehlbar waren, zum zweiten weil diese eine, ihre Kata, die Quintessenz ihrer Suche war, woraus nicht unbedingt die Konsequenz einer sinnvollen Lösung für mich folgen muss.
Und schaut man sich die Kata an, so sind diese nicht vom Himmel gefallen, sondern aus der Praxis und den eigenen Erfahrungen als Übertragungsmedium entwickelt worden um dann wieder die Möglichkeit einer Übertragung in die Realität zu bieten.
Weil es so schön ist, auch von mir ein vergleich, mathematische Formeln kan man auswendig lernen, das reicht meist für die Anwendung für richtiges verstehen ist es allerdings Zweckmäßig sie herleiten zu können.
Ähnlich bei den Kata, schaut man sich die "alten Meister" an die Heute noch präsent sind und über die einigermaßen gesicherte Quellen existieren so wird man feststellen, daß sie alle bei mehreren Meistern aus verschiedenen Stilen ja sogar ganz anderen Künsten gelernt haben, daß sie die verschiedensten Kata praktiziert haben und die verschiedensten Erfahrungen gemacht haben und dieser Weg soll Heute nicht mehr richtig sein?
Ich weiß ja nicht, auch wenn man sicher nicht alle für einen Stil wichtigen Kata perfektionieren kann ob nicht dennoch die Beschäftigung mit mehreren Kata und sicher auch die nachfolgende Selektion dem eigenen Verständnis förderlich ist..?

TFunakoshi
23-05-2003, 21:41
Hallihallo.

Seien wir ehrlich, ein Programm welches Dateien, seien es Grafiken, Texte oder sonstiges, vergrößert, ist weder als zweckmäßig noch als sinnvoll einzustufen.

Die Musiktauschbörse im Internet boomt, weil es jemand schaffte, normale Audio-Dateien auf ca. 1/10 schrumpfen zu lassen, wohlgemerkt bei (fast) gleichbleibender Qualität. Im ISDN-Zeitalter ein wahres wunderwerk, dauert es doch gerade noch 3-5 Minuten sich jedes nur erdenkliche Lied auf seinen heimischen Rechner zu holen und anzuhören.

Wir konvertieren also zunächst die Audio-Dateien und verkleinern diese, um diese danach mit dem passenden Dekodierprogramm wieder zu entschlüsseln. Hast du den passenden Schlüssel, oder wie in diesem Fall das passende Programm nicht, wird keine Musik ertönen, hast du den passenden Schlüssel jedoch, so hast du exakt das selbe Ergebnis: du hörst die Musik, die du wolltest!!!

(Übrigens, es ist ähnlich wie das Samen-Baum-Prinzip!!!)

Nach eben jenem Prinzip muss die Kata aufgebaut sein, da sie sonst schlecht strukturiert wäre oder der Sinn darin bestehen würde, die Schüler hinters Licht zu führen (aus welchen Gründen sei dahingestellt).

Ob und wie viele Kata letztlich von wem, wie gelernt und gelehrt wurden, steht in den Sternen. Ich sage hiermit nur eines, Kata diente damals als jenes Buch welches man nicht hatte. Du kannst 1 Band schreiben, in dem alles steht, oder du kannst es wie die Politiker halten und 10 Bände schreiben.

Letztendlich möchte ich lediglich noch anmerken, dass das Ziel hierbei der Ausschlaggebende Punkt zu sein hat. Willst du dir die Zeit vertreiben, nimm die 10 Bände. Willst du schnell zu einem Ergebnis, so nimm dir eben jenen einen Band.

weudl
24-05-2003, 07:44
Offen gestanden, habe ich auch mein Problem damit, wenn jemand behauptet zu wissen, wofür dies oder jenes vor Jahrhunderten geschaffen wurde. Selbst wenn man alle Bücher über Kata und Bunkai gelesen hat, wird man nie mit Gewissheit sagen können, was der ursprüngliche Sinn des Katabunkai oder der Sinn des Katatrainings generell ist. Alles was man hierüber liest und hört sind lediglich Interpretationen und Spekulationen oder es wurden derartige Interpretationen unhinterfragt von anderen Quellen übernommen.

Jibaku
24-05-2003, 09:26
@Weudl: Genau das ist es was ich meine!

@Thomas: Das würde stimmen, wenn:

1.) Der Ersteller der Datei alles richtig gemacht hat
2.) Sein Ergebnis auf andere (Jede)Personen übertragbar ist
3.) Sein Ergebnis auf andere(Heutige, westliche) Umstände übertragbar ist
4.) Ich sein Ergebnis überhaupt im Orginal habe
5.) Ich den Schlüssel habe.

Und wenn all das zutrifft muß eine Adaption der Kataprinzipien auf die reale Anwendung vom heutigen Anwender möglich sein ohne auf einen ähnlichen Erfahrungsschatz wie der Ersteller (Der wie oben gezeigt meist sehr wohl mehrere Kata gelernt hat und reale Erfahrungen gemacht hat die ihn zu seinem Ergebnis geführt haben) zurückgreifen zu können.

Ich zweifele sehr stark daran daß all dies zutrifft(Es wird wohl doch ein Unterschied zwischen normierten technischen Geräten und Programmen auf der einen Seite und Menschen und historischen Umständen auf der anderen Seite bestehen), noch mehr zweifele ich allerdings daran, daß es nur den einen richtigen Weg gibt...

TFunakoshi
25-05-2003, 11:15
Hallo.

MP3 und das Samen-Baum-Prinzip stellen Beispiele dar. Sich darauf zu beziehen ist irrwitzig.

Es spricht einiges mehr dafür, dass eine Kata ein gesamtes Repertoire an Prinzipien und Methoden aufzeigen sollte, als lediglich eine Handvoll Techniken. Was aus den Kata in den letzten 100 Jahren wurde, ist eine Verstümmelung des Ganzen per se.

Überdies schrieb ich nicht, dass ich die Prinzipien und Methoden, für welche diese und jene Kata steht, kennen würde. Ich schrieb lediglich, dass Kata aus Prinzipien bestehen müssen.

Dojokun
25-05-2003, 12:27
In der Diskussion wurde IMHO leider ein Gedanke noch nicht konsequent bis zum Ende verfolgt:

Durch Versportlichung und durch unterschiedliche Kata-Interpretation der maßgeblichen Sensei ist es oft gar nicht möglich, den ursprünglichen Gedanken zu erfassen....

Beispiele:
Nijushiho: Weil Asai ein begnadeter Yoko-Geri-Kekomi-Vertreter war, hat er die Technik mal eben "hineininterpretiert", wo ursprünglich Fumi-Komi war....
Warum? Nun, er konnte die Technik gut, es sah cool aus und bereicherte seiner Meinung nach die Kata.
Bassai Dai: Die Eröffnungsbewegung sieht in dem Buch Classical Kata of Okinawan Karate von Patrick McCarthy anders aus... Und ich finde eine Anwendung eben dieser Ausführung auch sinnvoller als eine Interpretaion der Variante, die wir üben....


Wir üben heute, was uns Sensei, die meist Interpretationen gelernt oder selbst geschaffen haben, zeigen...


Sind wir damit überhaupt in der Lage, wirklich zu verstehen?


Oss

Dojokun

Vegeto
25-05-2003, 13:09
Es ist wohl unmöglich zu wissen was einer der alten japanischen Meister mit den einzelnen Techniken genau meinte.
Aber so schlecht finde ich das garnicht, es ist doch gut das jeder seinen eigenen Verstand benutzt und seine eigenen Bunkai Interpretationen entwickelt. Jeder sollte versuchen für sich selbst Bunkaitechniken zu interpretieren und zu trainieren die im auch etwas bringen. Natürlich muss ein gewisses Grundprinzip der einzelnen Techniken klar sein, aber die Details sollte jeder so machen wie es für ihn am besten sind.

weudl
25-05-2003, 19:05
@TFunakoshi

Die von Dir erwähnte 'Verstümmelung' der Kata geht wohl auf die Leute um Itosu zurück. Das Problem ist nur, dass die meisten heute praktizierten Stile auf eben diese Leute zurückgehen und somit niemand mehr in der Lage ist zu sagen, wie die Kata im 19.Jhdt. ausgesehen haben... Deswegen habe ich ja mein Problem damit, wenn mir jemand sagen will, was der ursprüngliche Gedanke oder das ursprüngliche Aussehen der Kata sein soll...

Es mag ja durchaus sein, dass in jeder Kata ein spezielles Prinzip verborgen ist. Dieses zu entdecken, ist aber ebenso reine Interpretation wie 'das' Bunkai der Kata.

Ich möchte hier aber keineswegs gegen das Finden eigener Interpretationen sprechen, da ich dies selber tue und auch befürworte.

@Dojokun

In anderen Stilen (zB im Shito Ryu) macht man bei Niseishi (Nijushiho) an dieser Stelle sogar noch Mae Geri anstatt der Fumi Komi bzw. Yoko Geri Kekomi.

Jibaku
27-05-2003, 12:31
@TFunakoshi
MP3 und das Samen-Baum-Prinzip stellen Beispiele dar. Sich darauf zu beziehen ist irrwitzig.

Hm, komisch Thomas, Du hast sie doch gebracht und Dich insofern auch auf sie "bezogen"..?
Dienen Metaphern, Vergleiche und Beispiele nicht dazu das eigene Anliegen zu verdeutlichen, zu vereinfachen und damit auf den Punkt zu bringen, plakativ darzustellen?
Und wenn man sich diese Eigenschaft argumentativ zu nutze macht, ist es da nicht völlig legitim wenn der Gegenüber darauf hinweist, daß der Vergleich hinkt und eben kein Argument darstellt?

Es spricht einiges mehr dafür, dass eine Kata ein gesamtes Repertoire an Prinzipien und Methoden aufzeigen sollte, als lediglich eine Handvoll Techniken.
Einiges mehr als was? Im übrigen habe ich nie gegenteiliges gesagt.

Was aus den Kata in den letzten 100 Jahren wurde, ist eine Verstümmelung des Ganzen per se.
Ja, wahrscheinlich ist dem so, ich wage sogar die dreiste Behauptung, daß die Menschen und Meister davor auch nicht besser waren und auch schon immer dazu geneigt haben das was ihnen lag in die Kata hineinzulesen und es auch weiter zu geben.
Und genau darum sind pauschale Aussagen eher unseriös, denn wohl niemend weiß was nun genau einmal der Grundgedanke, das Prinzip, die Kampftaktik oder auch nur die Bedeutung jeder einzelen Technik einer kata war.

Überdies schrieb ich nicht, dass ich die Prinzipien und Methoden, für welche diese und jene Kata steht, kennen würde. Ich schrieb lediglich, dass Kata aus Prinzipien bestehen müssen. so so, lassen wir dich selber sprechen

), dass jeder, der mehr als ein oder zwei Kata benötigt, um Techniken und Prinzipien zu erlernen, die Kata nicht so anpackt, wie sie vorherbestimmt war.

Du sagst wie: Nicht mehr als ein zwei Kata, Du sagst wozu: Um die Techniken und Prinzipien zu lernen und Du sagst Warum: Weil es so vorherbestimmt war.
Und jede andere Herangehensweise ist falsch, wegen der "Vorherbestimmung"...
Wenn Du nicht weisst welche Prinzipien und Methoden in der Kata enthalten sind wenn Du nicht weißt was sich der "Erschaffer" der Kata vor Jahrhunderten gedacht hat wie kommst Du dann zu dieser Aussage?
Wenn Du es aber doch weißt (Nicht interpretierst wie die meisten von uns armen Suchenden), dann würde mich das woher stark interessieren.

Geht man davon aus, daß wir Heute eben nicht mehr wissen, was jeder einzelnen Kata zugrunde liegt spricht für mich sehr viel dafür sich ähnlicher methoden wie die meisten Wissenschaften zu bedienen und sich den Kontext des Forschungsobjektes anzusehen das sind sicherlich in unserem Fall die historischen Gegebenheiten, die körperlichen Voraussetzungen aber ebenso die Geschichte der einzelenen kata was eben auch bedeutet welche anderen Kata hatten Einfluß ebenso wie man aus dem Vergleich verschiedener kata bestimmte Gesetzmäßigkeiten, vorlieben etc. interpretieren kann etc.
Ebenso halte ich zumindest eine rudimentäre Auseinandersetzung mit einer Mehrzahl von kata fürwichtig um z.B. einen Austausch mit anderen karateka zu ermöglichen was ja auch sehr befruchtend sein kann und letztlich kann ich eine für mich und meine Fähigkeiten geeignete kata, auße mit viel glück überhaupt nur finden wenn ich eine gewisse Auswahl habe.
Ebenmsokann dies viel zum Verständnis beitragen wie sogar der Blick überden Tellerrand der eigenen Kunst.
In den meistwen Sportarten ist man übrigens zu ähnlichen ergebnissen gekommen, indem man nicht mehr zu frühzeitig miteiner Spezialisierung beginnt sondern eine breite basis schafft und selbst im Spitzensport trägt ein Crosstraining in anderen Disziplinen oft zur leistungsverbesserung in der Kerndisziplin bei.

Fürmich klingen solche pauschalisierten pseudoklassischen Kataaussagen oft ein wenig nach dem Marketinggequatsche einiger selbsternannter Propheten des angeblich klassischen Karate die die Marktlücke der SV leider schon durch das WT besetzt sahen.
So abgedroschen es klingen mag, der Karatewerdgang ist viel zu sehr eine individueller als daß es nur einen richtigen Weg geben kann und die Berufung auf den einen selig machenden weg der alten Kriegserpobten Meister ist für mich mehr ein Versuch sich Argumenten zu entziehen-"Wer nicht versteht hat sowieso keine Ahnung"- na ja...

Dojokun
27-05-2003, 13:26
Ich denke, amn sollte aber den "klassichen Weg" ebenso akzeptieren wie den modernen, den sv-bezogenen, den sportlichen, den.......


Oss

Dojokun

Jibaku
27-05-2003, 13:49
@Dojokun

Eben! Es gibt kein Abo auf die allein seelig machende Wahrheit!

Und zwar weder in Bezug auf die Überschrift (SV, Sport, "klassisch") noch darauf mit welchen Inhalten diese gefüllt werden.

TFunakoshi
29-05-2003, 14:06
Hallo.

Nur noch einige Gedanken, um das Thema zum Ende zu bringen.

1. Die meisten Bewegungen und die meisten Kata werden weder im liegen, noch im knien ausgeführt, was, wenn keine Prinzipien gelehrt werden würden, heißen müsste, dass lediglich die stehende Position im Karate (und somit der Selbstverteidigung) zu Grund liegen würde. Dem ist nicht so! Dem kann nicht so sein.

2. Ganz nach dem Grundsatz G. Thompson's "Knowledge is power" (Wissen ist Macht), muss die Kata einiges mehr lehren als bloße Technik. Techniken nützen uns prinzipiell recht wenig, wenn wir sie weder in der richtigen Reihenfolge ausführen, noch die Prinzipien dahinter verstehen können. Ebenso wie die Sprache "Wörter" und "Grammatik" enthält, muss die Kata Techniken, Prinzipien, Taktiken, Strategien und vieles mehr enthalten. Nur mit "Wörtern" können wir nichts anfangen.

3. Shu-ha-ri bedeutet vom Schüler zum Meister. Die Ri-Stufe wurde von Otsuka einmal mit "Erschaffe etwas noch vortreffliches neues" kommentiert. Auf alleinige Techniken kannst du nichts großartiges aufbauen. Das ist ungefähr so, als würdest du den Hungernden der Welt Essen geben, aber ihnen nicht zeigen, wie man eigenes anbauen oder herstellen kann.

4. Wenn die Übersetzung von Choki Motobu's 1. Buch richtig sein sollte, so bezeichnet er "Kata" als "Stile" (die 5 Pinan-Kata bezeichnet er als einen Stil!).

5. Und zum Schluss die Frage: Wenn ich meine Kunst archivieren hätte wollen, wie würde ich es angestellt haben? Würde ich lediglich Techniken verankern? Oder würde ich doch auch Taktiken darin verstecken und archivieren? Würde ich es in verschiedenen, vielen Kata machen, oder in einer?
____________________________________________

Selbst wenn keiner die wirklichen Techniken und Prinzipien, Taktiken und Strategien der Kata kennt, so kann man dennoch einige ausschließen und einige leicht erkennen.

1. In den Pinan/Heian-Kata wird die meiste Zeit vorgegangen. Techniken, das kann eben jenes Prinzip aussagen, werden (fast) immer im vorgehen ausgeführt. Greift uns der Gegner an, geh vor! Willst du ihn angreifen, geh vor! Zahlreiche Anwendungen oder Prinzipien die im zurückgehen ausgeführt werden, müssen demnach falsch sein.

2. Auch wenn Blocken im Dojo funktioniert, funktioniert es noch lange nicht auf der Straße. Dies bedeutet, das Blocktechniken sowie deren Blockprinzipien in einer Kata nicht mannigfaltig vorkommen können. Sollten diese doch auf einmal vorkommen, so sind es falsche Anwendungen.

____________________________________________

Letztlich ist es davon abhängig, was jeder glaubt und weiß. Ich bin dennoch der Meinung, das eine Kata mehr inne hat, als man zu denken vermag. Ich glaube, dass selbst die Pinan shodan schon mehr als genug Taktiken und Prinzipien enthält, wenn man sie nur richtig anpacken würde.

Es kann auch gut möglich sein, dass einige Kata des Shotokan oder sonst eines Stils nur Tänze sind, demnach keine Techniken oder Prinzipien enthalten, welche zur Verteidigung oder zum Angriff gegen oder für einen Gegner brauchbar wären. Dies weiß natürlich auch keine Mensch. Es kann auch sein, dass uns die Okinawaner verarscht haben, und nur idiotische Kata den Japanern und GI's lehrten.

Letztlich werde ich dennoch nur auf einen Schluss kommen. Jede Kata, welche die alten Meister mit gutem Gewissen erschufen, muss auf Taktiken, Prinzipien und vielem mehr basieren.

*ENDE*

Xiaoshi
29-05-2003, 15:40
Vielleicht kann ich hier etwas anbringen, was ich in einem Artikel über Goju-ryu auf der Seite www.cyberkwoon.com gelesen habe. Es geht um die Geschichte des Stils, hier der Auszug, der mich sehr überrascht hat:
"Before the war Chojun Miyagi's teaching method began with hojo undo, uke harai, ude tanren, yakusoku kumite, kakie and then sanchin kata. This was the students' routine for the first three to five years and comprised eighty percent of Chojun Miyagi's teaching.
After this, one or two kaishugata would be taught, the depth and applications varied according to one's level of understanding and technical ability.
Jinan Shinzato learned sanchin, sesan and tensho; Seiko Kina learned sanchin and seiyunchin; Meitoku Yagi learned sanchin and suparinpei; Shunshin Furugen learned sanchin and kururunfa."

Wenn man sich heute darüber informieren möchte, wie die alten Karate-meister geübt und gelehrt haben, bekommt man immer zu hören "(Fast) Nur Kata". Kata und Makiwara waren überhaupt das wichtigste, alles andere nur Zusatz.
Die obige Darstellung zeichnet ein völlig anders, meiner Meinung nach aber auch sehr viel glaubhafteres Bild traditionellen Trainings.
Hojo undo ist body conditioning, uke harai und ude tanren sagen mir nichts, yakusoku kumite sind (soweit ich weis) Kampfübungen mit festgelegtem Angreifer und Verteidiger, und Kakie ist die okinawanische Form der Tuishou/Chisao/Brückenarme aus dem Kungfu. Besonders interessant finde ich, dass letzteres, die Kakie, von Anfang an gelehrt wurden, während das in heutigen Dojos meist mit den Schwarzgurten anfängt, wenn es überhaupt Kakie gibt. Doch gerade in dieser Übung soll man sich doch das praktische Wissen um das Blocken bzw. Blockieren und Ablenken gegnerischer Angriffe aneignen. Ich frage mich, wie will man ohne dieses Wissen verstehen, wie die Bewegungen in den Formen ursprünglich gemeint waren?? (Das ist eine ernst gemeinte Frage!)
Und dass der Schüler nur ca. drei Kata gelernt hat, würde TFunakoshis Aussagen stützen...

Jibaku
29-05-2003, 16:40
Hallo Thomas,

wäre es eine Klausur und müßte ich sie korrigieren, dann würde ich schreiben: "Thema verfehlt" oder "Verfasser lädt Wissen ab" denn ich habe nie behauptet daß Kata nicht viel mehr enthalten als den Anschein der äußeren Form.
Vielmehr habe ich Die sogar darin zugestimmt! Lediglich in der Frage wie man den nun dieses "mehr" für sich selbst erschließt war ich anderer Meinung als Du, denn Du sprachst von ein bis zwei Kata
dass jeder, der mehr als ein oder zwei Kata benötigt, um Techniken und Prinzipien zu erlernen, die Kata nicht so anpackt, wie sie vorherbestimmt war.

Ich war der Auffassung, daß eine spätere Spezialisierung auf einige wenige, den eigenen Anlagen entsprechende Kata sehr wohl wünschenswert ist, dieser Spezialisierung aber ein forschen auf breiterer Basis vorausgeht umz.B. durch Vergleiche, Gemeinsamkeiten und Unterschiede auch im historischen Kontext die Bedeutungen verschiedener Kata zu erarbeiten.
So wie es eigentlich alle Wissenschaften tun.
Nun wiedersprichst Du mir zwar vordergründig, handelst aber nach genau diesem Prinzip um z.B. Rückschlüsse auf den Bodenkampf, das Vorgehen, das Blocken zu ziehen
Die meisten Bewegungen und die meisten Kata werden weder im liegen, noch im knien ausgeführt, was, wenn keine Prinzipien gelehrt werden würden, heißen müsste, dass lediglich die stehende Position im Karate (und somit der Selbstverteidigung) zu Grund liegen würde. Dem ist nicht so! Dem kann nicht so sein.

In den Pinan/Heian-Kata wird die meiste Zeit vorgegangen. Techniken, das kann eben jenes Prinzip aussagen, werden (fast) immer im vorgehen ausgeführt. Greift uns der Gegner an, geh vor! Willst du ihn angreifen, geh vor! Zahlreiche Anwendungen oder Prinzipien die im zurückgehen ausgeführt werden, müssen demnach falsch sein.

2. Auch wenn Blocken im Dojo funktioniert, funktioniert es noch lange nicht auf der Straße. Dies bedeutet, das Blocktechniken sowie deren Blockprinzipien in einer Kata nicht mannigfaltig vorkommen können. Sollten diese doch auf einmal vorkommen, so sind es falsche Anwendungen.


Zu all diesen Ergebnissen kommst Du, und ich finde sie so falsch nicht, indem Du eine Vielzahl von Kata miteinander vergleichst und eben nicht nur eine, die könntest Du nämlich mit gar nichts vergleichen!
Um das System Kata zu verstehen wird man nicht umhin kommen sich mit mehreren zu beschäftigen!
Du predigst das eine, tust aber das andere....

Xiaoshi
29-05-2003, 17:49
@ Jibaku
Ich glaube, Thomas (und auch ich) sehen eine Kata/Form erst dann als "verstanden" an, wenn man die Techniken/Taktiken in der Anwendung beherrscht... hierfür ist überhaupt nichts anderes notwending, außer dem Verständnis der Techniken/Taktiken selbst. Ich meine, wird eine Technik dadurch definiert, wie man sie im Kampf anwendet, oder wie sie sich von anderen Techniken unterscheidet?
Genau letzteres hat immer mehr Bedeutung gewonnen, weil es viel leichter ist, Formen zu katalogisieren, die Techniken anzuschauen und theoretische Gemeinsamkeiten und Unterschiede festzustellen... aber was hat das mit Kampfkunst zu tun? Man kann in der Tat eine einzige Form lernen und mit dazu passenden Einzel- und Partnerübungen kämpferische Fähigkeiten entwickeln... ein Vergleich zu etwas anderem bringt einem erst dann praktische Fähigkeiten, wenn man das "eigene" bereits beherrscht.

Jibaku
29-05-2003, 18:21
Hallo Xiaoshi,

ich stimme Dir auf ganzer Linie zu!
Bis auf den einen Punkt, daß ich glaube das ein Vergleich oder auch eine andere Erfahrung einem oft die Augen für das eigentliche öffnet.
Die meisten großen Karatemeister (Das klingt so pathetisch) haben sehr wohl bei verschiedenen Meistern verschiedener Künste trainiert.
Ich habe imübrigen nicht viel Ahnung von den chinesischen Kriegskünsten, die ja wohl Deinen Bachground bilden, aber im Karate ist das Problem de´rgestalt, daß man eben nicht bei jeder Kata und jeder Technike um deren bedeutung und Einbettung in ein Prinzip weiß, weil die Intention nicht mehr bekannt ist und jede Kata durch (GFast) jden Weitergebenden eine individuelle Selektion erfahren hat.
Man kann in der Tat eine einzige Form lernen und mit dazu passenden Einzel- und Partnerübungen kämpferische Fähigkeiten entwickeln... Mit Sicherheit! Nur muß ich doch ersteinmal die Bedeutung entschlüsseln und das kann ich erst imKontext, Thomas hat es sehr schön vor gemacht, denn die Allgemeingültigkeit (Oder Besser die vermutete solche) kommt erst durch den Vergleichmehrerer Kata zustande.
Ebenso kann ich eine Auswahl nur treffen wenn ich mehrere Kata kenne und es gibt mit Sicherheit Kata deren Vermuteter Kampfstil nicht jedem liegt.
Aber Du hast recht, Perfektion, die ich schon in einer Kata oder auch nur einer Technik nie erreichen werde (Was für den über das kämpferische hinausgehenden bereich des karate elementar ist) werde ich in 27 Kata sicher noch viel weniger errreichen!

Xiaoshi
29-05-2003, 18:57
Ja die von mir aufgestellte These funktioniert auch nur dann, wenn man einen Lehrer hat, der das vollständige Konzept kennt, und zwar mehr oder weniger so, wie es ursprünglich gedacht war. Und vor allem benötigt man, wie ich schon sagte, die dazu gehörigen Partnerübungen, die der eigentlich Schlüssel sind (Erklärungen des Lehrers reichen mit Sicherheit nicht), und inwieweit die im Karate erhalten sind weis ich nicht... deswegen habe ich vorher den Artikel über Miyagis Training gebracht, der wohl recht viel Wert (unter anderem) auf Kakie gelegt hat, und ein derartiges Übungssystem gibt es eigentlich in jedem Kungfu-stil.

Und die Auswahl der Formen hat früher wohl auch der Lehrer übernommen, was eben wieder vorraussetzt dass man einen hochgradig befähigten Mentor benötigt...

Gegen das Lernen von verschiedenen Meistern würde ich auch nie etwas sagen, nur das Hin- und Herspringen von einem Lehrer zum anderen taugt nichts... schon gar nicht, wenn man zum Ziel hat, sich seinen eigenen Stil zu "basteln", wie es manche Leute heutzutage versuchen.
Der einzige wirkliche Unterschied zwischen heute und damals war wohl, dass die vergangenen Meister erst dann etwas neues in Angriff genommen haben, wenn sie das alte wirklich verstanden haben. Die Gefahr der modernen Schüler (gilt also auch für mich, weil Stil-unabhängig :D ) ist nur die, dass man sich Schritt für Schritt eine "Illusion" von Können aufbaut, also eben immer mehr inhaltslose Formen anhäuft ohne wirkliches Verständnis... demnach würde ich im Zweifelsfall weniger Formen üben aber dafür mit mehr Aufwand und Konzentration.

TFunakoshi
29-05-2003, 22:42
Hallo.

Um auf einen Nenner zu kommen, sei folgendes Gesagt: Wer in der Kata als Anfänger Prinzipien und Techniken sucht, wird sie nicht finden. Wie von Xiaoshi beschrieben, ist es der Lehrer, der die Prinzipien auf den Schüler überträgt. Hierzu sind keine vielzahl von Kata nötig. Ein Vergleich von verschiedenen Kata ebenso nicht.

Im Prinzip ist es viel wertvoller, wenn ein Meister eine eigene Kata erschafft und diese seinen Schülern lehrt. Nach den Lehrjahren unter diesem und jenem Meister, wird der Schüler zu einer neuen Stufe vorschreiten (Ri-Stufe) und ebenso eine neue Kata erstellen, worin er seine Taktiken, Prinzipien und was weiß ich noch alles festhalten wird. Ich betone, das dies EINE EINZIGE KATA zu sein hat!!!

Es spricht überhaupt nichts dagegen, bei mehreren Lehrern verschiedene Kata zu erlernen, ich habe nie etwas gegenteiliges behauptet. Dennoch gilt nur eins: ein Meister = eine Kata = ein Stil. In dieser Kata ist alles enthalten, was der Lehrer zu bieten hat.

joetokan
29-05-2003, 23:37
Hi,
wird Kata-Bunkai hier nicht völlig überbewertet? Ich bin sicher, dass der große Wert, der dem Bunkaitraining für die SV hier zugesprochen wird, eben nicht für alle gilt. Ich stimme Dojokun absolut zu, jeder kann doch Kata so trainieren, wie es ihm gefällt. Dabei mehr Wert auf Bunkai legen oder auf andere Sachen. Zu TFunakoshi: Wieso soll die Kata "vorherbestimmt" sein??? Als ob es vor 100 Jahren bessere Methoden gegeben haben soll. Wo bleibt der Beweis?
Diese Behauptung ist bequem und man kann sich damit leicht als Gralshüter von irgendetwas früher unbewiesenermaßen angeblich Besserem hinstellen und über die angeblich so schlechte Gegenwart lästern. Irgendwie erinnert mich diese Diskussion an das Spießergequatsche von "früher war alles besser". Wenn man genau hinschaut, stimmt das meistens sowieso nicht.
Viel spannender ist doch die Frage nach den Grenzen, die das Bunkaitraining für die SV hat. Ein sinnvoll aufgebautes Sparring, Kumitetraining oder Pratzen/Sandsacktraining hat sicher wesentlich mehr Nutzen für die SV. Bunkai ist wirklich wichtig und nützlich, aber andere Bereiche im Karate bringen m.E. mehr. Warum sich also über eine so schöne Nebensache derart streiten wie über Bunkai. Mir kommt diese Diskussion wie ein Ersatz für einen Glaubenskrieg vor. Und den kann man sehr leicht beenden: Nämlich indem man jedem seinen Glauben läßt und nicht wie TFunakoshi seine ledinglich auf Behauptungen basierende Meinung zum Alleinseeligmachenden erhebt. Dann sind wir auch wieder beim Sinn von Kata und der Frage, gibt es denn nicht auch viele andere Funktionen/Benefits, die das Training von Kata haben kann, außer Bunkai? Und sind nicht andere Elemente im Karate wichtiger als Bunkai?
Gruß,
Joetokan

weudl
30-05-2003, 08:02
@TFunakoshi

Wo steht geschrieben, dass EIN Meister nur EINE Kata erschaffen darf (was Du so vehement mit 3 Rufzeichen behauptest)? Es mag ja früher so gewesen sein, dass jeder Meister maximal 3 Kata praktiziert hat. Dies mag aber auch daran gelegen haben, dass zur damaligen Zeit die Öffnung des Karate noch nicht stattgefunden, und dass jeder Meister für sich im Geheimen trainiert hatte. Eine Verbreitung seiner Kata hätte somit auch eine Verbreitung der Stärken und Schwächen seines Kampfstiles bedeutet, was zur damaligen Zeit wohl auch eine Überlebensfrage dargestellt hat.

Was die in den Kata enthaltenen Prinzipien und Taktiken angeht, würde ich diese Thematik auch nicht allzu überbewerten. Es gibt natürlich Kata die eher auf kurze Distanzen geeignet sind und solche für weitere. Auch gibt es Kata für leichte oder schwere Karateka. Ob man in die Kata mehr hineininterpretieren will, ist natürlich Geschmackssache (vielleicht kannst Du uns das ja an Hand eines Beispieles vorzeigen...). Meines Erachtens ist dies jedenfalls nicht notwendig, da es genügt, eine Kata zu finden die einem vom eigenen Naturell her entgegenkommt. Hierfür braucht man entweder einen Lehrer der viele Kata kennt oder man kennt selber viele Kata um eine entsprechende Auswahl vornehmen zu können...

Jibaku
30-05-2003, 11:12
@Weudel

Mit erschreckender Kontinuität schaffst Du es fast jedes mal etwas zu schreiben dem ich, zu Ungunsten einer interessanten Kontoverse, nur 100 % zustimmen kann!
Sehr gut finde ich auch, daß Du Deine Aussage mit "es MAG so gewesen sein" einerseits relativierst, sie andererseits damit aber seriöser machst und ihr damit doch deutlich mehr Gewicht, als diesen angeblich auf unumstößlichen Fakten beruhenden Pauschalaussagen gibst!

@Joetokan

"Wird Kata-Bunkai hier nicht völlig überbewertet?"

Ja, ich denke schon. Es ist, in dieser Ausführlichkeit, ein "Nebenkriegsschauplatz" ein Steckenpferd.

Gleichwohl ist, in meinen Augen seine Bedeutung doch nicht gar so gering wie ich es aus Deinem Beitrag herauszulesen vermeine.
Denn, ich sehe den Widerspruch zwischen Bunkai auf der einen und Sparring, Kumite und Pratzentraining auf der anderen Seite nicht unbedingt, denn für meine, oder besser die in unserem Dojo praktizierte, Bunkaiauffassung gehört dies zusammen.
Wir versuchen immer den Kreis zu schließen, wenn ich also eine Technik herleite, so muß ich sie auch auf die moderne Anwendung adaptieren, eben mit Partnerübungen, Pratzenarbeit und letztlich auch Sparring.

Aber ich habe schon den Eindruck, daß Bunkai im Moment "IN" ist.
Über all die in den Kata enthaltenen Möglichkeiten wird so eine Art omnipotentes "Luftschloßkarate" kreiert.
Gerade z.B. in den Auseinandersetzungen selbsternannter Vertreter des "klassischen" Karate mit Anwendern moderner oder modern vermarkteter SV Stile kommt immer wider das Argument: "Das ist doch alt, das haben wir auch, in Kata XY"
Ist natürlich auch nicht ganz falsch, wenn man historisch nur weit genug zurück geht wird man in den Kata auch so ziemlich alles finden, nur ob das dann noch Karate oder gar der eigene Stil ist, ich weiß es nicht.

Am Ende ist Karate dann alles, aber nichts ist mehr Karate.

Ich z.B. mache japanisches Karate, speziell Shotokan, ich denke diese Kunst hat sehr wohl ein individuelles, technisches Gesicht.
Sie bietet mir mit einer Auswahl und letztlich ist wohl jeder Stil eine Auswahl aus der Vielzahl der Möglichkeiten, die Möglichkeit ziemlich weit zu kommen.
Unterhalte ich mich also z.B. mit einem WTler, so muß ich nicht sagen: "Haben wir auch, heißt Kakie" sondern ich nehme es hin und kann eigene Lösungen anbieten (Für bestimmte Stile aus Okinawa oder auch einige Japanische mag sich die Bedeutung von Kakie völlig anders darstellen).
Mit meinen rudimentären Kenntnissen in Kakie wäre ich dem WTler auf seinem ureigensten Terrain wohl auch unterlegen, warum sollte ich mich darin mit ihm messen (Bei anderer Gelegneheit können sich diese Kenntnisse sehr wohl als nützlich erweisen).

Ich beschäftige mich mit Bunkai weil es mich interessiert, ich trainiere in anderen Stilen und habe z.B. auch eine große Affinität zum Bodenkampf festgestellt, dennoch ist für mich der Entwicklungsschritt den Funakoshi und später die JKA getan haben das, was meinen Stil von anderen unterscheidet, dies über Bord zu werfen würde bedeuten etwas anderes, nicht unbedingt schlechteres zu machen.

Dieses Karate, gerne auch als Samurai Karate, Beeinflussung durch das Kendo/Ikken hisatsu, ist für mich im Kern durch den langen, harten Angriff am ehesten mit einem guten Zuki gekennzeichnet.
Ein Prinzip, daß richtig beherrscht besser ist als sein Ruf.

Mit der Bunkaiwelle geht darüber hinaus in meinen Augen eine Technik oder besser Trickorientierung einher die dem Anwender völlig unabhängig von körperlichen Attributen eine angebliche Überlegenheit durch überlegene Technik suggeriert, ich denke dem ist nicht so.
Für mich standt Karate immer auch, als "harte Kunst" (Was es ja in Reinform nicht ist) für die Betonung der Körperlichkeit.
Neben einer unabdingberen Technikautomatisierung war es eben immer auch harte Körperschule, die "Sekundärtugenden" wie Koordination, Abhärtung, Schnelligkeit, gutes Auge, Kraft etc. sind unabdingbar wichtig (Viele Stile mit ähnlicher Auffassungnhaben durchaus auch schon ihre Wirksamkeit bewiesen).
Angeblich überlegene Technik verleitet dazu sich selbst zu belügen. Dies auch, weil ich denke das die angebliche "Selektion der Besten" in der (waffenlosen) Kampfkunst mitnichten stattgefunden hat, für die Frage des Überlebens eines Stils waren auch früher schon deutlich mehr Faktoren ausschlaggebend als lediglich die Kampfkraft seiner Vertreter, früher war sicher nicht alles besser.

Unter Bewahrung des Technikkerns des eigenen Stils (Der ja auch im Bunkai also in -einigen- Kata zu finden ist) und der Ausbildung des Körpers habe ich (weiterführendes) Bunkai immer als, auch individuellen, Zusatz verstanden.

Xiaoshi
30-05-2003, 12:55
Nachdem ich hier auch ein bisschen mitgemischt und verschiedene Standpunkte gelesen habe, möchte ich noch etwas fragen: Wozu trainiert man denn Bunkai, wenn die eigentilche Anwendung anscheinend doch im Kumite/Sparring stattfindet? Nur zum Spass? Ich kann die Unterteilung in "Kata-techniken" und "Kumite-techniken", ohne eine enge Beziehung der beiden zueinander (so stellt es sich für mich im Moment dar), nicht nachvollziehen...

weudl
30-05-2003, 20:01
@Jibaku
Kein Problem, es werden sich schon noch Themen finden, in denen wir nicht einer Meinung sind und dann können wir diskutieren, bis die Fetzen fliegen ;)

Generell finde ich nichts dabei, wenn man sich bei seinem Katatraining auf Bunkai spezialisiert und konzentriert. Ich habe dies selber einige Jahre betrieben und halte dies für eine sehr faszinierende, kreative Tätigkeit. Man darf allerdings nie in den Glauben verfallen, dass man durch seine Erkenntnisse etwas Ursprüngliches wiederentdeckt oder dadurch in die Lage versetzt wurde, zwischen richtig und falsch unterscheiden zu können. Egal wie tief man auch vordringt: man entdeckt immer nur sich selbst auf unterschiedlichen Ebenen (hört sich gut an, nicht? ;)). Sollte man irgendwann einmal tatsächlich die Intentionen des Kataentwicklers gefunden haben (was einem natürlich niemand bestätigen wird können), so wäre dies purer Zufall.

Noch ein Punkt zu den unterschiedlichen Prinzipien und Taktiken: ich denke, dass diese Unterschiede eher stilbezogen und nicht katabezogen sind. Betrachtet man zB eine Heiean/Pinan Kata aus dem Shotokan, dem Kyokushin, dem Shito Ryu und dem Matsubayashi Ryu, so kann man sehr deutlich bestimmte Merkmale (vor allem beim Timing und Energieaufbau) erkennen, die zwar von Stil zu Stil verschieden sind, sich aber durch nahezu alle Katas des jeweiligen Stiles ziehen. Eine Wanshu aus dem Matsubayashi Ryu hat zB nicht das Geringste mit dem Flug einer Schwalbe von Funakoshis Empi zu tun...

Jens S.
08-06-2003, 18:24
Hallo,

Jibaku's letztes Posting ist sowas von hammermäßig zutreffend ... hätte direkt von mir sein können. ;) ;) ;)

Es ist herzzereißend, wie allmählich alle auf den von einigen Sektierern aus monetärem Interesse angeschobenen Klassik-Karate-/Bunkai-/Kakie-/Vitalpunkt-/...-Zug aufspringen und den Kernbereich der Kunst langsam aber sicher aus den Augen verlieren.

Natürlich mag sein, daß in anderen Stilen die Schwerpunkte anders gesetzt sind; wer jedoch Shotokan betreibt, für den sind per definitionem die o.g. Bereiche bestenfalls Randgebiete.

Und selbst wenn man dies anders sehen wollte, dann hätte die Medaille gleichwohl immer noch zwei Seiten. Zwar mag Wissen Macht sein, jedoch braucht jeder Mächtige eine Exekutive. Oder wie es E. Schmeisser sinngemäß ausdrückte: "First develop your delivery system." Und dieses heißt nunmal Kime.

MfG
Jens

Vegeto
08-06-2003, 19:53
Es ist herzzereißend, wie allmählich alle auf den von einigen Sektierern aus monetärem Interesse angeschobenen Klassik-Karate-/Bunkai-/Kakie-/Vitalpunkt-/...-Zug aufspringen und den Kernbereich der Kunst langsam aber sicher aus den Augen verlieren. [...] wer jedoch Shotokan betreibt, für den sind per definitionem die o.g. Bereiche bestenfalls Randgebiete.


Willst du damit sagen das es für einen Shotokan Karateka Schwachsinn wäre Selbstverteidigung zu trainieren? Das ist Bunkai und Vitalpunktstimulation nämlich.

Ich denke mal es steht einem Karateka absolut frei wo er seine Schwerpunkte setzt. Es gibt da kein Richtig oder Falsch und von dem Stilgedanken sollte man sich auch etwas lösen!

Jens S.
08-06-2003, 20:29
Hallo Vegeto,

nein, das wollte ich nicht ausdrücken. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil ...


Ich denke mal es steht einem Karateka absolut frei wo er seine Schwerpunkte setzt. Es gibt da kein Richtung oder Falsch und von dem Stilgedanken sollte man sich auch etwas lösen!

Ahhh, ja! Wieder was dazugelernt ...

MfG
Jens

weudl
08-06-2003, 20:54
@Jens S.


Natürlich mag sein, daß in anderen Stilen die Schwerpunkte anders gesetzt sind; wer jedoch Shotokan betreibt, für den sind per definitionem die o.g. Bereiche bestenfalls Randgebiete

Wie definiert sich Shotokan denn Deiner Ansicht nach?

Jens S.
08-06-2003, 21:25
Hallo weudl,

eine abschließende Definition will und kann ich nicht liefern, da, und hier hat Vegeto recht (wenn er das denn gemeint hat), die Bandbreite schon einigermaßen groß ist.

Jedoch steht für mich fest:
1.
Shotokan ist, wenn man der klassischen Unterteilung in innere und äußere Schulen folgen will, das Äußere hoch zehn. Wenn ein Samurai beim Tameshigiri übt, mit seinem Schwert maximale Schneidfähigkeit zu erreichen, so daß es ihm gelingt, zur Not auch die Rüstung des Gegners zu durchdringen, so versuchen wir im Shotokan das Gleiche mit den Fäusten.
Dann sind Vitalpunkte bestenfalls noch nützlich, jedoch nicht zwingend notwendig.
2.
Ähnlich ist es mit Kakie. Diese Technik ist sicher nützlich und wertvoll. Wenn man jedoch dem unter 1. Aufgeführten folgt, ergibt sich, daß diese Fähigkeit maximaler Kraftentfaltung in einer Distanz möglich wird, in der Kakie schlicht keinen Sinn ergibt.
Hier hilft wieder das Gleichnis mit dem Samurai, der sicher viele Techniken übt, in nahezu allen Fällen aber versucht, das obere Drittel seiner Klinge (= große Distanz) einzusetzen.
Im Shotokan wurde dem Rechnung getragen, indem es genau eine Kata gibt, wo Kakie vordergründig eine Rolle spielt.
3.
Bunkai wird z.Z. unendlich überbewertet, indem es zur Übungsform hochstilisiert wird.
Bunkai ist aber nahezu ausschließlich eine Frage des Wissens. Es macht schlicht und ergreifend keine Sinn, Kata zu üben, um im gleichen Atemzug die "eigentlich richtige Übung" am Partner durchzuführen. Wozu dann überhaupt Kata-Training? Man könnte doch gleich viele, viele Yakusoku-Kumite-Formen aufstellen.
Ergo: Das Bunkai muß man kennen, um die Kata mit dem richtigen Geist üben zu können.
4.
Weil Shotokan das äußere Element betont und lediglich durch den Geist zum Budo wird, eignet es sich hervorragend, um Sport/Wettkampfsport damit betreiben zu können.
Dies ist, auch wenn es zur Zeit en voque ist, das Gegenteil zu behaupten, keineswegs ein Widerspruch.
Für andere Stile sieht dies jedoch offensichtlich anders aus.

MfG
Jens

Vegeto
08-06-2003, 21:57
Es macht schlicht und ergreifend keine Sinn, Kata zu üben, um im gleichen Atemzug die "eigentlich richtige Übung" am Partner durchzuführen. Wozu dann überhaupt Kata-Training? Man könnte doch gleich viele, viele Yakusoku-Kumite-Formen aufstellen.


Oder wie es E. Schmeisser sinngemäß ausdrückte: "First develop your delivery system." Und dieses heißt nunmal Kime.

Ich denke Kata war dazu gedacht um das Wissen der Techniken an die Schüler über Jahrzehnte/hunderte weiterzugeben. Anstatt sich 100 "richtige Übungen" zu merken, lernt man 3 Katas woraus man dann die 100 Übungen wieder ableiten konnte. War einfacher zu merken und so besser geschützt vergessen zu werden.
And the delivery system for those technics is the Kata i think :o)

Wie kommst du darauf das "delivery system" Kime sei? Ich kenn den Kontext des Textes leider nicht...erklärst dus mir?

Xiaoshi
08-06-2003, 22:22
Hm... irgendwie bezweifle ich, dass man nur durch "Wissen" über Techniken irgendwas anwenden kann... egal ob man die Form 100mal, 1000mal oder 100000mal übt.

Jens S.
09-06-2003, 10:33
Hallo!

@ Vegeto

Ja, Du hast sicher recht mit dem, was Du schreibst.

Die Frage die sich dann aber stellt, ist die, welche Funktion die Kata im Übungssystem hat. Ist sie Lehrbuch, um aus ihr die wirklichen Techniken abzuleiten, um diese dann exzessiv am Partner zu üben? Oder ist sie die Übung selbst?

Ich bin zutiefst davon überzeugt, daß das Zweitere der Fall ist, was man aber sicher auch anders sehen kann.
Vor einiger Zeit hatte ich diesbezüglich einen Disput hier im Forum, welcher genau diese Frage der Herangehensweise ans Training berührt hatte. Ich bitte Dich, dort nachzulesen.

Ich will ja nicht behaupten, daß es überhaupt kein Bunkai-Training geben sollte. Man muß hier aber genau zwischen Bunkai und Oyo unterscheiden. Das nah an der Kata-Technik selbst angesiedelte Bunkai sollte, schon damit das Verständnis für die richtige Ausführung der Kata wächst, von Zeit zu Zeit geübt werden. Es gehört aber demgegenüber nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, daß die entsprechenden Oyo-Anwendungen nahezu unendlich in ihrer Vielzahl und Tiefe sind. Es macht also keinen Sinn, sich irgendwelche davon herauszugreifen, um letztlich festzustellen, wieder nur Teilaspekte abgehandelt zu haben und den Geist dadurch einzuengen.
Wenn man dies teilt, kommt man zu dem Schluß, daß die Kata die Übung selbst ist. Diese Abstraktheit (woduch das Grundprinzip klar und rein vermittelt wird) wieder mit Konkretheit und Adaptionen aufzufüllen, obliegt dann dem Geist. Dies ist halt das Übungssystem.

Und schau' mal:
Ist es nicht widersprüchlich, wenn die Leute, die heute auf der Bunkai-Welle reiten und sich selbst ins Lager der Hardcore-Traditionalisten einordnen, behaupten, früher hätte es nur Kata- und Makiwara-Training gegeben, um sich nun aber den halben Tag ins Dojo zu stellen, um die todbringenden Geheimtechniken, die sie aus den Kata gefiltert haben, am Partner zu üben?

Kanazawa Sensei hat diesen Umstand in einem seiner Bücher auf den Punkt gebracht, wo er sinngemäß schreibt, daß eine Kata dann als gemeistert gelten kann, wenn man mit ihr Selbstverteidigungsfähigkeit erlangen kann.

"delivery system":
Dies meint den Bereich der Karate, der den Karateka im Training SELBST betrifft. Also all diejenigen Umstände, die er selbst beeinflussen und trainieren kann > Shin-Gi-Tai. Es meint hingegen weniger das, was sich beim Gegner abspielt und was man, wie z.B. Vitalpunkte, beim Gegner ausnutzen kann.
Natürlich zählt auch die Kata zum delivery system, jedoch nur in der von mir oben beschriebenen Weise.
Die Grenzen sind hierbei sicher fließend, jedoch bleibt es dabei: der Karateka meistert SICH und im Shotokan sogar so, daß er von Determinanten, die beim Gegner liegen, so weit wie möglich unabhängig ist.
Nakayama Sensei schreibt hierzu, daß der Karateka eine solche Stärke entwickeln soll, um z.B. auch ein wildes Tier töten zu können. Wollen wir jetzt das Vitalpunktsystem der Wildschweine lernen? Und danach das der Hunde? Dann komman die Schlangen ... Oder wollen wir wirklich starke Schläge erlernen?

Wie gesagt: Es gilt, zwischen "nützlich" und "notwendig" zu unterscheiden. Starke Schläge sind notwendig; Vitalpunkte hingegen nützlich.

@ Xiaoshi

Ja, es ist schwer, sich das vorzustellen.

MfG
Jens

Xiaoshi
09-06-2003, 11:17
@Jens
Du sprichst immer von exzessivem Üben der Anwendung oder ausschließlichem Üben. Darum geht es aber doch eigentlich gar nicht. Man übt die Anwendungen natürlich nur, um die Prinzipien der Techniken aus den Formen zu verstehen, welche man wiederum übt, um die Techniken zu verbessern. Dabei spielt es doch überhaupt keine Rolle, ob man nun das eine vernachlässigt oder das andere...

weudl
09-06-2003, 11:49
@Jens S.

Danke für Deine Ausführungen. Sie erläutern zwar Deine Denkweise über Dein eigenes Karate sehr gut, liefern aber nicht unbedingt eine 'Definition des Shotokan' (wie Du in Deinem vorigen Posting erwähnt hast). Aber Du hast diese Aussage mittlerweile ja auch relativiert, in dem Du die Bandbreite der Stile ansprichst.

Zu 1.:
Du gehst also davon aus, dass eine Technik so stark sein kann, dass sie den Gegner auch dann kampfunfähig macht, wenn sie jede x-beliebige Stelle des Körpers trifft? Das ist eine interessante These, die ich aber offen gestanden nicht unbedingt nachvollziehen kann. Wenn Du jedoch Stellen wie Solar Plexus, Kinnspitze oder Weichteile anvisierst, dann befindest Du Dich bereits bei den Vitalpunkten...

Wenn Shotokan 'äußere' Kampfkunst hoch zehn wäre, würdet Ihr im Shotokan wohl die meiste Zeit in der Kraftkammer verbringen. Mir sind aber traditionsgemäß aus dem Shotokan keine separaten Körperertüchtigungsübungen bekannt (wie in den meisten Stilen Okinawas).

Zu 2.:
Wenn man Karate tatsächlich darauf reduziert, schneller zuzuschlagen als der Gegner, dann gibt Kakie natürlich wirklich wenig Sinn. Sowie aber die Abwehr des gegnerischen Angriffes ebenfalls eine Rolle spielt, wird Kakie bereits wieder interessant (auch in einer etwas weiteren Distanz).

Ganz abgesehen davon, besteht ja selbst 'modernstes' Shotokan nicht nur aus Gyaku Tsuki und Mae Geri sondern es gibt auch dort Empi Uchi und Hiza Geri in verschiedensten Variationen. Somit wird die nahe Distanz also sehr wohl auch mitberücksichtigt.

Zu 3.:
Über die Bedeutung von Bunkai wurde hier mittlerweile schon jede Menge gepostet. Meiner Meinung nach sollte man das Bunkai der Kata kennen und auch praktizieren. Das Bunkai sollte auch bei der Ausführung der Kata immer im Hinterkopf sein. Eine Kata ohne Bunkaiverständnis zu praktizieren, reduziert diese auf reine Gymnastik. Aber natürlich bleibt jedem selbst überlassen was er machen will. Kata ist einfach viel zu vielseitig als sie nur auf einen Aspekt zu reduzieren.

Jens S.
09-06-2003, 12:28
Hallo!

@ Xiaoshi

Ja sicher ist es so, wie Du schreibst. Es geht ausschließlich um ein sinnvolles Gleichgewicht. Diese Frage jedoch, nämlich wie gewichtet werden soll, wird in den unterschiedlichen Stilen völlig unterschiedlich beantwortet.
Alles, was ich gesagt habe, ist, daß nach meiner Erfahrung im Shotokan (JKA) die Gewichtung so ist, wie ich es beschrieben habe.
Okay, es gehört nicht allzu viel Erfahrung und Intelligenz dazu, diesen Umstand zu bemerken. Ich meine jedoch, daß dies gut so ist und alles enthält, was eine Kampfkunst ausmacht. Im Gegensatz zu anderen, die von "Verarmung", "Überstilisierung" und "Sportkarate" reden.
Es ist eben unser Konzept, auch wenn nicht alle dieses teilen.

"Exzessiv" > ja sicher hab' ich so formuliert, was aber nur dem Umstand Rechnung tragen sollte, daß Bunkai/Vitalpunkte/ ... im Augenblick so maßlos hip (= exzessiv) sind und die traditionellen Trainingsformen völlig aus dem Blickfeld zu geraten scheinen. Es versinkt völlig diffus im Nebel, was, wie oben schon unterschieden, "notwendig" und was "nützlich" ist.

@ weudl

Auch Dir Dank für Deine Meinung.

Nichts habe ich relativiert.
Es gibt die Möglichkeit, etwas positiv zu definieren oder eben dasselbe mittels Ausschlußkriterien negativ zu beschreiben.
Indem ich gesagt habe, daß bestimmte Dinge keineswegs zum Kernbereich des Shotokan gehören, habe ich ausgeschlossen. Das ist das eine.
Daß ich es andererseits abgelehnt habe, eine positive Definition zu liefern, widerspricht dem oder relativiert dies nicht.

Ich habe einige Eckpfeiler umschrieben, die sicher um das zu ergänzen wären, was Shotokan technisch gesehen "unique" macht. Darum geht es doch hier aber nicht. Oder doch?

Zu Kommentar 1:
Keineswegs bin ich der Meinung, x-beliebige Trefferstellen sollten genügen. Das habe ich auch nicht gesagt.
Jedoch zeigen die von Dir gewählten Beispielregionen sehr schön, daß es bei den im Kampf verwertbaren Trefferegionen um Kenntnisse geht, die durchaus nahezu dem Allgemeinwissen zuzuordnen sind. Ich wehre mich schlicht und ergreifend dagegen, daß es zum Karatestudium notwendig sein soll, auch Medizin zu studieren.
Okay, hast Du nicht gesagt. Aber nur, um zu verstehen, wann meine Stellung stabil ist, muß ich auch nicht Physik studieren. Und um zu wissen, daß bei Regen der Boden matschig wird und ich beim kampf ausrutschen kann, verlangt auch kein Meteorolgie-Studium.
Also nochmal: Tiefere Kenntnisse der Vitalpunktlehre sind, im Shotokan, ein Randbereich.

Kurz zur Stärke der Technik: Warum lassen wir uns alle nicht als Masseure ausbilden? Müsste doch eigentlich auch reichen?

Körperstärke:
Das ist doch gerade der Witz. Im Shotokan wird ein ausgeprägtes "Zubringertraining" durch ein sehr, sehr hartes Technik- und Makiwara-Training ersetzt. Ich will mich jetzt nicht über die sportwissenschaftlichen Hintergründe streiten, jedoch waren Menschen wie Tanaka, Enoeda, Imura, Fujinaga ... die stärksten Menschen (bezgl. karatespezifischer Stärke), die ich je gesehen jabe.
Das finde ich gut und DAS will ich auch.

Zu Kommentar 2:
Ich habe Karate auf ein "Schneller-Zuschlagen" reduziert? Sicher nicht.

Natürlich gibt es noch andere Techniken als Choku-Zuki und Mae-Geri. So wie eben auch der Samurai mit dem Knauf seines Schwertes zuschlägt (und dies auch in Kata übt). Daß der Knauf deswegen für ihn die gleiche Bedeutung hat wie die Klinge, bezweifel ich mal ...

Zu Kommentar 3:
Nichts anderes habe ich geschrieben.

MfG
Jens

Xiaoshi
09-06-2003, 12:52
Jetzt kapiere ich deinen Standpunkt ;)
Ich finde auch, dass Vitalpunkt-lehre und verschiedene Qigong-techniken nur allzu häufig nichts weiter sind als Teil eines Klischees, während das wirkliche Verständnis nicht vorhanden ist. Nur rechne ich das "wir üben (fast) nur Formen" eben auch zu diesem Klischee, und das beziehe ich nicht nur auf Karate! Was nicht heissen soll, dass JKA-Karate hierzu gehört, das kenne ich nämlich nicht allzu gut, als dass ich mir eine fundierte Meinung bilden könnte.
Ich war eben selbst in einer Schule, in der Kungfu fast nur über Formen unterrichtet wurde, ein bisschen Partnerübung, und auf einmal kommt Freikampf. Was man dort dann zu sehen bekommen hat (auch von den Fortgeschrittenen) war genau dasselbe, was ich beim No-contact-Freikampf beim TKD erlebt habe... keinerlei Beziehung zu einer wirklichen Auseinandersetzung. Daher meine Skepsis, aber wie schon gesagt, ich werde keine Trainingskonzepte beurteilen, die ich kaum kenne.

Dass man keine (chinesische) Medizin studieren muss, um KK auszuüben denke ich aber doch auch. Wobei du ja selbst gesagt hast, dass man für einen stabilen Stand kein Physik-studium braucht, sondern Standtraining. Somit kann man aber ja auch sagen, für die Ausnutzung anatomischer Schwächen des Gegners braucht man kein Medizinstudium, sondern Übung im Ausnutzen anatomischer Schwächen des Gegners :D
Das es genug Leute gibt, die mangelnde Kraft (in der Technik) oder fehlende Taktik durch so etwas ausgleichen wollen, ist natürlich wieder etwas anderes...

Jens S.
09-06-2003, 13:01
Nochmal ich:

Ich habe gerade noch einmal bei Funakoshi nachgelesen und freue mich sehr, daß ich mich mit der von mir willkürlich gewählten Einteilung in "nützlich <> notwendig" in Übereinstimmung mit dem Meister befinde.

Karate-Do Kyohan, Kodansha International, Tokyo/New York/London 1973

(S. 239) "Chapter 6: Vital points of the human body - Defintion
It is advantageous to those who train in Karate-do to know about the vital points ... of the human body. ..."

.. um dann, im gleichen Kontext, die Verwertbarkeit insoweit zu relativieren, daß ... (S. 239f.) "... effectivness will vary according to the condition of the person at the moment he is struck ..."

... und um mit dem Hinweis zur Körperstärke zu enden (S. 240) "... so those who train in karate should develop, together with the training of the arms and legs for powerful strikes, literally ironlike or rocklike bodies through ceaseless effort."

Und auf S. 251 zum Makiwara Training
"... It is important to constantly develop the fists and feet through the use of the makiwara at the same time one is polishing the techniques by practicing the kata and matching ..."

Wer der englsichen Sprache auch nur halbwegs mächtig ist, wir die sprachlichen Nuancen verstehen.

MfG
Jens

P.S.
Xiaoshi, unsere Postings haben sich gekreuzt, so daß ich auf Dein letzteres noch nicht eingegangen bin.
Nur kurz: Ich bin nicht der Meinung, daß man kein Partnertraining machen sollte. Ganz im Gegenteil. Ich bezweifle nur die Notwendigkeit häufiger Bunkai-Praxis. So wie ich eben auch Vitalpunkte nicht gänzlich ablehne, an der Verwertbarkeit von Kunststückchen a'la Dillman aber gehörig zweifle.

weudl
09-06-2003, 18:38
@Jens S.

Natürlich kann man den praktischen Nutzen der Vitalpunkte a la Dillman anzweifeln. Ob man in einer Stressituation einen winzigen Punkt an einem Gegner im exakt richtigen Winkel treffen kann, wenn sich dieser in voller Bewegung befindet, ist wohl mehr als fraglich. Ich finde die Vorstellung aber nicht schlecht, dass man bei jeder Technik nicht nur irgendwie zuschlägt, sondern ganz gezielt Punkte am gegnerischen Körper anvisiert. Aber Du hast natürlich vollkommen recht, dass man hieraus keine eigene Wissenschaft zu machen braucht.

Meine Aussage bzgl. 'schneller zuschlagen' war wohl etwas überspitzt. Da Du aber gesagt hast, dass Kakie, auf Grund der für die maximale Kraftübertragung optimalen Distanz, keinen Sinn ergibt, stellt sich mir natürlich die Frage, wie Deine Vorstellung von Karate so aussieht. Wenn Dein Gegner also mit einem Fauststoß angreift, dann kannst Du entweder blocken und danach zuschlagen oder gleich zuschlagen. In erstem Fall würdest Du von Kakie bereits profitieren und im zweiten Fall wären wir beim 'schneller zuschlagen' als der Gegner.

Jens S.
09-06-2003, 19:03
Hallo weudl,

es gibt schon noch ein paar Möglichkeiten mehr, um auf einen Fauststoß zu reagieren.

Ich habe auch nicht gesagt, daß kakie gänzlich nix sind (immerhin haben wir ja eine Kata dafür). Ich habe nur gesagt, daß sie nicht zum herkömmlichen Verteidigungskonzept des Shotokan passen, was auch, aber nicht nur, eine Frage der Distanz ist. Kakie läßt sich beispielsweise nur höchst unvollkommen mit Tai-sabaki und sonstigen Körperbewegungen verbinden, welche aber wiederum im Shotokan sehr ausgiebig benutzt werden. Es paßt einfach nicht.

Gruß
Jens

Xiaoshi
09-06-2003, 19:15
@Jens
Was meinst du eigentlich mit der für die Kraftübertragung optimalen Distanz?

Jens S.
09-06-2003, 19:30
Hallo Xiaoshi,

Kraft übertragen kann man in allen Distanzen.
Übertragen kann man aber nur, was sich auch entwickelt hat, so daß zunächst die Frage ansteht, wie möglichst viel Kraft entwickelt werden kann.
Eines der hierfür zuständigen Grundprinzipien ist die Länge des Weges, was sich im Shotokan eben durch die sehr langen und geraden Techniken manifestiert. Wenn man also unterstellt, daß eine Technik während der gesamten Zeit ihrer Ausführung mehr oder minder gleichbleibend beschleunigt wird, nimmt die Kraft mit fortschreitender Wegstrecke zu.
Seine Grenzen findet dies nur in der Reichweite, die maßgeblich auch dadurch bestimmt ist, inwieweit ich trotz Länge (= Ausdehnung) noch kontrahieren kann (= Brennpunkt), womit wir wieder bei der Kraftübertragung wären.

Grüße
Jens

Xiaoshi
09-06-2003, 20:18
Original geschrieben von Jens S.
Kraft übertragen kann man in allen Distanzen.
Übertragen kann man aber nur, was sich auch entwickelt hat, so daß zunächst die Frage ansteht, wie möglichst viel Kraft entwickelt werden kann.

Das ist aber eine Shotokan-spezifische Rechnung. Was aber auch nur bedeutet, dass sich das Shotokan durch die Idee der Kraftübertragung von anderen Karate-stilen bzw. KKs abhebt und danach seine Trainingsinhalte ausrichtet - natürlich nach deiner Definition. :D

Jens S.
09-06-2003, 22:40
Nein, shotokansprezifisch ist die Rechnung nicht.
Shotokanspezifisch ist jedoch, daß dort versucht wird, sie bis ins letzte Quentchen umzusetzen.

Jens

Xiaoshi
10-06-2003, 08:14
Nun ja, die grundlegende Theorie ist natürlich allgemeingültig, aber es gibt diverse chinesische Stile, die in der Nahdistanz eben dasselbe Ziel haben: möglichst große Kraftentwicklung...

Jens S.
10-06-2003, 09:56
Hallo Xiaoshi,

natürlich! Wer hat dieses Ziel nicht?
Ich habe ja auch nicht geschrieben, daß wir uns in der Nahdistanz nicht um größtmögliche Kraftübertragung bemühen würden.
Ich habe nur geschrieben, daß aus physikalischen Gründen in der Nahdistanz nicht so große Kräfte entstehen, die dann übertragen werden könnten.
Diese Grundüberlegung führte dazu, daß die Nahdistanz eben nicht die bevorzugte Distanz des Shotokan ist, weil, trotz aller Bemühungen um eine größtmögliche Kraftübertragung, eben nicht so viel Kraft generiert wird.
(Man beachte die Terminologie: Kraftentwicklung / Kraftübertragung!)

Gruß
Jens

weudl
10-06-2003, 10:06
@jens S.

Natürlich gibt es noch mehrere andere Möglichkeiten um auf einen Angriff reagieren zu können. Dass Kakie nicht zu Tai Sabaki passt, würde ich allerdings nicht unbedingt unterschreiben. Ich finde sogar im Gegenteil, dass Kakie ein ausgezeichnetes Mittel ist um Tai Sabaki zu üben, da man dabei lernt, den eigenen Körper passiv durch den Angriff des Gegners abdrehen zu lassen (während 'visuelles' Tai sabaki immer aktiv von einem selber gesteuert werden muss).

Was würdest Du als 'herkömmliches Verteidigungskonzept des Shotokan' bezeichnen?

Jens S.
10-06-2003, 10:34
Hallo weudl,

nein, Tai-sabaki, verknüpft mit entsprechenden Fußbewegungen, paßt überhaupt nicht zu Kakie, denn Kakie, als letztlich ablenkendes Prinzip, macht nur Sinn, wenn es überhaupt etwas gibt, wovon abzulenken wäre (also von einem ansonsten mehr oder weniger verharrenden Körper).
Wenn Du natürlich das Tai-sabaki meinst, welches vorrangig im Shito- und Waqdo-ryu zum Einsatz kommt und welches lediglich ein Abdrehen des Oberkörpers meint > na dazu paßt Kakie super.
Zum Shotokan-Tai-sabaki jedoch nicht.
(Jetzt bitte nicht losschreien, daß es in allen genannten Stilarten alle genannten Verteidigungsformen gibt. Das weiß ich. Wenn man sich aber den Körpereinsatz beim Wado und Shotokan vergleichend anschaut, kommt meist etwas völlig anderes dabei raus. Shito liegt irgendwo in der Mitte.)

"herkömmliches Shotokan-Verteidigungskonzept":
Unabhängig davon, wie man es im Einzelfall technisch-taktisch macht (Kake-No-Sen, Tai-No-Sen, Go-No-Sen) und welche Technik man wählt: Gekonnt ist die Verteidigung nur, wenn man nach ihrem Abschluß bzw. dabei in eine Richtung und Distanz kommt, die maximale Kraftentwicklung/-übertragung ermöglicht; möglichst ohne Zwischenbewegungen.

Gruß
Jens

Xiaoshi
10-06-2003, 10:52
Du hast schon recht Jens, dem Krafterzeugungsprinzip des Shotokan folgend entwickelt sich in der Nahdistanz nicht so viel Kraft wie in einer weiteren Entfernung. So meinte ich das!

CeKaVau
10-06-2003, 12:37
Hallo Jens,

"Zum Shotokan-Tai-sabaki jedoch nicht."

Davon habe ich ja echt noch nie 'was gehört. Wir üben öfter Kakie und verbinden das selbstverständlich mit allen üblichen Tai-Sabaki Bewegungen (und ein paar nicht so üblichen:) ).

Ich würde uns aber schon als Shotokan-Club verstehen.

Tschüssi
Ike

Jens S.
10-06-2003, 14:07
Hallo!

@ weudl, CeKaVau

Es scheint ein massives Tai-Sabaki-/Kakie-Verständnisproblem zu geben, welches verhindert, daß wir die Argumente des jeweils anderen verstehen.

Da beides nicht ganz leicht zu verstehen ist und demzufolge auch nicht in einem Satz erklärbar ist, möchte ich es kurz machen:
Das gesamte technische Repertoire des Shotokan, nicht zuletzt dessen Kata, das, was dessen berühmteste Lehrer lehren, und das, was über das Shotokan niedergeschrieben steht, spricht gegen die Annahme, daß Kakie eine bestimmende Schlüsseltechnolgie dort ist.

Natürlich kann man beides miteinander kombinieren, was aber immer nur dazu führt, daß man beides nur halb macht.
Warum?
Ein richtiges Kakie braucht, weil es verdrängt/ablenkt, kein Tai-Sabaki. So wie ein richtiges Tai-Sabaki, weil es immer ein Ausweichen zum Gegenstand hat, kein Kakie braucht.
Aber wie gesagt: man kann es kombinieren, jedoch sind es eigentlich zwei Dinge, die sich ihrer Natur nach diametral gegenüberstehen. (Zumindest kenne ich keine Kata, wo dies gleichzeitig abgehandelt wird.)

Und im Übrigen: Funakoshi und Nakayama haben derlei nie erwähnt. Wenn sie nicht zu doof waren, um es zu kennen, oder zu faul, es aufzuschreiben, scheint es nicht von so großer Bedeutung gewesen zu sein.
Ach so, stimmt ja ... das waren ja Geheimtechniken, die nicht öffentlich weitergegeben wurden. Komisch nur, daß heute in jedem zweiten Dojo die Geheimnisse von den Dächern gepfiffen werden, obwohl sie nie aufgeschrieben wurden. Dies liegt sicher daran, daß es ja heute Bücherschreiber gibt, die Funakoshi und Nakayama nicht kannten, aber deren Karate umso besser. Woher nur, wo doch die Meister nichts aufschrieben?

@ CeKaVau

Es gibt für alles ein erstes Mal.

MfG
Jens

Goshinsatori
10-06-2003, 14:12
HI,

ich verstehe aber trotzdem nicht.
Tai-Sabaki kann ohne Kaki funktionieren, Kaki ohne Tai-Sabaki.
STIMMT.
Aber.....
Dann reden wir immer vom aktiven. Ich muß es immer selbst machen. Sowohl das eine, als auch das andere.
Was ist mit passiv ? Wenn ich mich drehen lasse, meinen Arm wie eine Feder spannen LASSE, dann habe ich beides kombiniert und das ganze funktioniert besser, da ich mich hier von taktilen Reizen lenken lasse und die Augen können einen täuschen.
Ich denke, das eine braucht zwar das andere nicht, kombiniert funktionieren jedoch beide besser.....

Xiaoshi
10-06-2003, 14:16
Offensichtlich war Kakie aber kein "Geheimwissen", zumindest nicht in dem Sinne, dass es nur an wenige weitergegeben wurde. Im Shorei-ryu war es von Anfang an Teil des Trainings, habe ich gelesen, aber auch nur solange wie es primär als Kampfkunst unterrichtet wurde...

Jens S.
10-06-2003, 14:28
@ Xiaoshi

Ja eben, Sage ich doch! Es war kein Geheimwissen, denn die Meister haben es absichtlich nicht in unseren Stil aufgenommen!
Nicht weil es mies wäre, nein. Es paßt nur nicht.

@ Goshinsatori

Nein, denn dieses Passive ist, da vis absoluta, kein Tai-Sabaki. Denn dann wäre das Geworfenwerden durch einen Aikido-Meister das tollste Tai-Sabaki, was es gibt. Zwar bedeutet Tai-Sabaki wörtlich nichts anderes als Körperbewegung (dann hättest Du recht), wird fachsprachlich aber nur im Kontext mit dem Ausweichen benutzt (dann hast Du eben nicht recht). Ich persönliche bevorzuge eine Übersetzung in Richtung "geschicktes Körperbewegen", da ich die einseitge Interpretierung Ausweichen+Konter auch nicht mag (hier hättest Du wiederum recht, wenn es nicht vis absoluta [also etwas Erzwungenes] wäre ;-)).
Wenn Du aber die Form meinst, die oben schon angesprochen wurde, also Abdrehen (oder gewolltes Abdrehenlassen) unter gleichzeitiger Anwendung von kakie meinst > das ist eben, wie ebenfalls weiter oben schon beschrieben, die große Ausnahme.

Jens

Jibaku
10-06-2003, 14:48
Passiv/Aktiv, na ja, diese im WT so oft propagierte "Passive Drehung" kann ich mir mit Phantasie noch vorstellen, obwohl ich noch nie einen Kampf oder Wettkampf gesehen habe in dem ich diese Theorie praktisch, und wirklich konsequent und nicht lediglich als Impuls bestätigt sah aber dieses "Federprinzip" war schon in Kernspechts grandiosem Buch ein Irrtum und ich kann mir nicht vorstellen, daß das in Kakiesystemen anders sein soll.
Eine Feder hat konstruktionsbedingt die Bestrebung in die Ausgangsstellung zurückzukehren, weswegen sie diese Energie nach dem spannen in Teilen "zurückgibt", ein Muskel hat diese Bestrebung nicht, erst durch einen "aktiven-Befehl" von innen, nicht von außen kommt es zur Kontraktion, ebenso muß ich diese Energie dem System auch immer von innen neu zuführen. Muskelarbeit ist immer aktiv!
Ich denke man würde auch sehr verkrampft kämpfen, wenn man immmer alle Muskeln in einer Art Vorspannung halten würde in der Hoffnung auf ein"spannen" von außen, aber selbst dann wäre es noch aktiv....

CeKaVau
10-06-2003, 15:15
Hallo Jens,

Boah ey, ich will ja nichts sagen, aber Du nimmst den Mund schon ganz schön voll. Meine Herren, vielleicht wäre etwas Zurückhaltung angesagt.

1.) "Das gesamte technische Repertoire"

Das kann doch nur ein Witz sein, oder? Kennst Du das gesamt technische Repertoire??? Ich nicht - tut mir leid. Ich kenne alle Kata, aber nicht alle deren Interpretationsmöglichkeiten. Damit kenne ich nicht das gesamte technische Repertoire. Du???

2.) Die Aussagen der "berühmteste Lehrer" ist in diesem Zusammenhang ziemlich irrelevant. Beide (Funakoshi und Nakayama) sind Kinder ihrer Zeit und bezwecken etwas mit ihren Aussagen. Das Funakoshi nichts von Kakie in Japan herausgerückt hat, hat nichts zu bedeuten - er hat vieles aus dem Lehrplan genommen. War es damals Mist.

Nakayama war ein Vertreter, nun gut, wenn nicht DER Vertreter, des Sportkarate. Was erwartest Du da??

3.) "was über das Shotokan niedergeschrieben steht"

Es gibt Bücher über Shotokan, in denen Kakie behandelt wird. Man schaue sich Linds Bücher an. Macht der keine Shotokan?

4.) "nicht zuletzt dessen Kata ... spricht gegen die Annahme, daß Kakie eine bestimmende Schlüsseltechnolgie dort ist."

Schon mal Bassai, Nijushiho, Wankan, etc. gelaufen?

5.) "Natürlich kann man beides miteinander kombinieren, was aber immer nur dazu führt, daß man beides nur halb macht."

Falsch. Das würde ja bedeuten, dass, wenn man vergleichsweise eine Mae-Geri Oi-Zuki Kombination übt, beides nur halb trainiert.

Das Wort "immer" sollte man sehr vorsichtig gebrauchen.

6.) "Ein richtiges Kakie braucht, weil es verdrängt/ablenkt, kein Tai-Sabaki."

Falsch. Ist ein Gegner wesentlich stärker als ich, kann ich ihn nicht abdrängen/ablenken. Ich spüre aufgrund meiner Kakie-Erfahrungen seine Bewegungen und kann besser ausweichen (Tai-Sabaki) als wenn ich ihn auf kurze Distanz nur sehen würde.

Kakie ermöglicht das Fühlen der gegnerischen Aktionen als Ergänzung zum sehen. Abdrängen/Ablenken ist dann IMHO nur ein Zusatzeffekt der nur funktioniert, wenn man nicht wesentlich schwächer ist.

7.) "Zumindest kenne ich keine Kata, wo dies gleichzeitig abgehandelt wird."

Nijushiho, Unsu, Wankan, ... mein Gott, sogar H 2 und 3, wenn man unbedingt will.

8.) "Funakoshi und Nakayama haben derlei nie erwähnt. "

Shotokan ist mehr, als Funakoshi und Nakayama jemals erwähnt haben.

9.) "Es war kein Geheimwissen, denn die Meister haben es absichtlich nicht in unseren Stil aufgenommen!"

Woher willst Du wissen, dass es kein Geheimwissen gibt?
Kakie kann Teil des Shotokan sein, wenn Du die Kata entsprechend interprätierst.

Tschüssi
Ike

Jens S.
10-06-2003, 15:19
... genaus so isses, zumal hinzukommt, daß der Muskel, oder vielmer das Gehirn, nicht dazu tendiert einen äußeren Impuls aufzunehmen und weiterzuführen, sondern ihm entgegenzuwirken.

Letztlich stimmt, da eine Reizverarbeitung in jedem Fall stattfindet, auch die Terminologie nicht mehr. Wirklich "Passives" kann es nicht geben, denn dann ist es erzwungen.

Jens

Jens S.
10-06-2003, 15:29
@ CeKaVau

Zurückhaltung? Warum?

Zu 1.
Das technische Repertoire des Shotokan sind keine Techniken, sondern ein paar Grundprinzipien, die in den Grundtechniken enthalten sind.
Wenn Du die nicht kennst, tut es mir leid.

Zu 2.
Eben deren Karate will ich aber lernen. Darf ich doch, oder?

Zu 3.
Lind? Ich lach' mich krank. Das hat mit Shotokan so viel zu tun wie Bonsai's züchten.

Zu 4.
Aha!
Bis auf eine Kata keine aus dem Stilgerüst.
Und wie oft in Bassai?

Zu 5.
Man sollte von dem, was man schreibt, Ahnung haben. Oi-Zuki und Mae-Geri sind haargenaqu das Gleiche!

Zu 6.
Oh Gott, dies ist eben etwas Gegensätzliches. Du raffst es einfach nicht!

Zu 7.
Jetzt müßte ich beleidigend werden, also schreib' ich nix.

Zu 8.
Gröhl ...

Zu 9.
Ich weiß es nicht! Deswegen spekuliere ich auch nicht.


Jens

Dojokun
10-06-2003, 15:32
@ CeKaVau

Ruhig Blut...
Easy.......

Wenn jemand anderer Meinung ist als Du, solltest Du das respektieren.
Leider ist das bei Dir nicht immer der Fall.
Du urteilst über Leute, die Du nicht kennst.
Du vertrittst "Deine Wahrheit", ohne Toleranz oder wenigstens Akzeptanz zu zeigen.
Das ist mir leider mehrfach in letzter Zeit aufgefallen.
Aus diesem Grund habe ich mich auch aus unserer Diskussion zurückgezogen...
... Du erinnerst Dich sicher, was ich meine....

Und nicht nur ich sehe das so...


Meine Güte, wir praktizieren alle Karate.
Deshalb sollte doch ein wohlwollendes Klima herrschen, oder nicht???

Diskusion gerne, hitzige Diskussion auch, aber den guten Ton und saubere Manieren wollen wir doch weiter pflegen, oder......




Oss

Dojokun

CeKaVau
10-06-2003, 16:34
Hallo Dojokun und Jens,

entschuldigt, ich habe mein Posting noch einmal durchgelesen und mich im Ton vergriffen. Ich versuche, etwas sachlicher zu sein.

Hallo Jens,

1.) "Zurückhaltung? Warum?"

Weil es die Regeln der Höflichkeit verlangen. Ich hätte das im meinem Posting auch beherzigen sollen.

2.) "Eben deren Karate will ich aber lernen. Darf ich doch, oder?"

Darfst Du, kannst Du aber nicht - beide sind tot. Du weißt nicht, welches Karate sie gemacht haben.

3.) "Lind? Ich lach' mich krank. Das hat mit Shotokan so viel zu tun wie Bonsai's züchten."

Kennst Du ihn gut? Welches Karate macht er? Was unterscheidet "sein Shotokan" vom "wahren Shotokan"?

4.) "Und wie oft in Bassai?"

Das ist schwer zu sagen - interpretationsfrage. Wenn man es drauf anlegt kommt man vielleicht auf zehn bis zwölf Möglichkeiten. Ich bin aber kein Bassai-Spezialist. Ich mag eher Nijushiho - auf verdammt, nicht orthodox. :D

5.) "Oi-Zuki und Mae-Geri sind haargenaqu das Gleiche!"

Du solltest mal mit Deinem Trainer reden. Er kann Dir sicher einige Unterschiede erläutern.

6.) "Du raffst es einfach nicht!"

Erkär's mir.

7.) "Jetzt müßte ich beleidigend werden, also schreib' ich nix."

Ich hab' ein dickes Fell - erklär' mir auch das.

8.) "Gröhl ..."

Das heißt vermutlich, dass Du anderer Meinung bist. Heißt das also, dass Shotokan nur aus dem besteht, was Funakoshi und Nakayama gemacht und erzählt haben?

9.) "Ich weiß es nicht! Deswegen spekuliere ich auch nicht."

Wieso nicht. Karate ist doch etwas, das lebt und sich entwickelt. Fragen und Spekulationen bringen uns weiter.

Au Kacke, ich habe interpretieren tatsächlich mit "ä" geschrieben. Ich muss wohl sehr in Fahrt gewesen sein. :)

Tschüssi
Ike

Xiaoshi
10-06-2003, 16:48
Dicke Luft hier :D

Zum Ausweichen: Ich habe Kakie ja noch nie in der Übung bzw. Anwendung gesehen, nur darüber gelesen, aber wenn es nur ein bisschen mit den chinesischen Gegenstücken zu tun hat, dann kann (man lese: die Möglichkeit haben, wenn es einem zusagt) man es sehr gut mit einer Ausweichbewegung kombinieren. Genau genommen wird in den chin. KK eigentlich immer eine Kombination aus Ablenkung und Ausweichen eingesetzt, eines alleine hat halt ein höheres Risiko "nicht auszureichen". Will damit nicht behaupten dass das nicht ginge, aber die beiden Konzepte schließen sich meiner Meinung nach zumindest nicht aus.

CeKaVau
10-06-2003, 16:54
Hallo Xiaoshi,

ob das chinesische oder japanische Chi-Sao oder Kakie das gleiche ist weiß ich nicht genau - dazu bin ich nicht Experte genug.

Ich kann nur sagen, dass ich bisher keinen Unterschied gefunden habe. Ich habe aber auch in dieser Hinsicht einen sehr beschränkten Lehrerkreis.

Tschüssi
Ike

weudl
10-06-2003, 17:33
Von der äußeren Erscheinungsform unterscheidet sich das Kakie Okinawas doch ein wenig von den div. Chi Sao bzw Push Hand Übungen der chin. Stile. Ich würde diese Unterschiede aber doch eher als Äußerlichkeiten bezeichnen.

Jedenfalls gibt es durchaus Übungsformen, die sich mit Tai Sabaki jeglicher Form kombinieren lassen.

Die Aussagen zur Passivität sind in gewisser Weise natürlich korrekt. Reine Passivität ohne aktive Handlung ist wohl kaum möglich. Es geht allerdings darum, bereits den leisesten Impuls des Gegners als Anreiz für eine Aktion verwenden zu können. Und Kakie, Push Hands, Chi Sao,... sind nun einmal ausgezeichnete Übungen um eine entsprechende Sensibilität entwickeln zu können.

Ob man diese nun benötigt oder nicht, ist wohl Geschmacksache. Dass Funakoshi und Nakayama derartige Übungen nicht erwähnen, kann einerseits bedeuten, dass ihnen diese Übungen nicht bekannt waren (was ich auch nicht glaube), dass sie, wie Jens sagt, nicht in das Shotokan Konzept passen oder, dass man sie im Zuge der Reform des Karate um 1900 bewusst weggelassen hat, um das Karate noch mehr zu entschärfen...

Welche Kata meint Ihr eigentlich mit DER 'Kakie Kata' des Shotokan?

Wenn man die Techniken auf deren motorische Grundprinzipien reduziert, so finden sich zwischen Oi Tsuki und Mae Geri natürlich einige bedeutende Parallelen. Haargenau dasselbe sind sie deswegen aber noch lange nicht...

Jens S.
10-06-2003, 22:02
Hallo!

@ CeKaVau

Zu 1. "Regeln der Höflichkeit"
Hm ... laß mich kurz nachdenken ... ich postete hier was, auf was Du reagiertest, wofür Du vom Mod gerüffelt wurdest. Daraufhin reagiete ich ...
Und jetzt erinnerst Du mich an die Regeln der Höflichkeit? ... nun gut, verstehe ich zwar nicht ...
Aber sei's drum, ich akzeptiere Deine Entschuldigung. ;-)

Zu 2.
Oh, dann leide ich wohl an retrograden Halluzinationen.
Laß mich nochmal kurz nachdenken ... ah ja, jetzt hab ich's:

Ich war bis zu dessen Tod Schüler von Fujinaga Yasuyuki Sensei, welcher Schüler von Nakayama Masatoshi Sensei war, der wiederum sein Karate von Funakoshi Gichin Sensei gelernt hat.

Obwohl mein Lehrer tot ist, sehe ich mich immer noch in seiner Tradition, höre aber, da ich an seinem Tod nunmal nichts ändern kann, heute auf das, was Tanaka Masahiko Sensei mir sagt, der wiederum auch Schüler von Nakayama Masatoshi Sensei war ...

Vielleicht war und bin ich zu blöd, alles zu verstehen, aber die Gelegenheit war und ist da ...

Zu 3.
Nein, ich kenne Herrn Lind nicht persönlich ... so wie man jemanden eben nicht kennen kann, wenn man all dessen Bücher gelesen und all dessen Video's gesehen hat.
Nein, seine Lieblingsspeise kenne ich auch nicht; wenn er in seinen Büchern und Videos aber nicht geflunkert hat, glaube ich schon, mir ein Urteil über seine Kampkunstauffassung erlauben zu können. (Wie er es ja im Übrigen auch mit Nakayama Sensei zu tun scheint.)

Zu. 4.
Oh, Du kennst Bassai nicht so gut (Oder was heißt Spezialist?), magst aber Nijushiho (Was ja wohl heißt, daß Du sie besser kennst.)
Bassai ist eine sehr grundlegende Kata, Nijushiho eine viel exotischere. Bassai ist im Vergleich zu Nijushiho sowas wie eine Grundkata unseres Stils.
Deine Präferenzen sagen mir daher nur eins: Du mußt Bassai bereits weit hinter Dich gelassen haben, denn an Bassai kommt, da sie neben Kanku quasi die Stildefintion des Shotokan enthält, kein Shotokan-Karateka vorbei. Wenn irgendwas Pflicht ist, dann Bassai und Kanku.
Insoweit habe ich es bei Dir also demzufolge mit einem großen Meister zu tun, da bei Dir Dinge, die mich nach 25 Jahren Karatestudium noch sehr beschäftigen, offensichtlich schon so lange zurückliegen, daß Du sie wieder vergessen hast.
Ich verbeuge mich daher demutsvoll und sage "Osu, Meister, aber ich konnte es nicht besser wissen. Ich lerne noch und meine Lehrzeit war bisher zu kurz."

Zu 5.
Obwohl ich mir eigentlich sicher war, nicht noch einmal nachfragen zu müssen, da mein Lehrer mir diese Zusammenhänge oft genug erklärt hat, werde ich aber die Bitte einer offensichtlich so hoch qualifizierten Persönlichkeit nicht abschlagen können.
Ich werde Tanaka Sensei also demnächst fragen.

Zu 6. + 7.
Was sollte ich Dir erklären können?
Osu.

Zu 8.
Jein, jedoch ist die Schwelle dafür, am Stilgerüst herumdrehen zu dürfen, verdammt hoch. Mir fallen hier nur Namen wie Sugiura, Kanazawa und von mir aus auch Asai ein.

Zu 9.
Solange man kein Meister ist, muß man glauben. Wenn man kritisch ist, dann mit sich selbst und nicht mit den Meistern.
Wie sagt Tanaka Sensei immer so schön: Von eigenen Interpretationen sollte man bei Kata unbedingt abstandnehmen.

OSU!

@ weudl & Xiaoshi

Ich glaube nicht, daß das Problem in unterschiedlichem Kakie/Chi Sao liegt, sondern in unterschiedlichem Ausweichen.
Wenn ich mir die Beispiele, die hier immer so kamen, anschaue, so drängt sich immer das Beispiel des Koshi-sabaki auf. Dies ist aber, zumindest in reiner Form, mehr dem Shito- und Wado-Karate zueigen als dem Shotokan. Shotokan ist ein Musterbeispiel für Ashi-Sabaki bzw. kombiniert beide Formen (z.B. beim Mawari-Ashi). Reines Koshi-Sabaki wurde mir noch nie gelehrt und ich habe es auch noch in keinem Shotokan-Lehrbuch oder -Video gesehen.

MfG
Jens

Xiaoshi
10-06-2003, 22:29
Warum schreibst du nicht gleich in Zimbabwe, dann verstehe ich noch viel mehr!! :D

Jens S.
10-06-2003, 23:17
Hallo Xiaoshi,

sorry!

Koshi-Sabaki ist das mit einer Hüftdrehung verbundene Abdrehen des Oberkörpers.
Ashi-Sabaki ist ein Ausweichen durch Beinbewegungen.
Mawari-Ashi bezeichnet einen Schritt, bei dem sich die Hüfte über dem vordern Bein dreht und das hintere Bein dadurch einen Kreisbogen um das vordere Bein macht.

Gruß
Jens

Goshinsatori
11-06-2003, 08:30
HI Jens,

du weist also was Tai-Sabaki übersetzt heist.

Genau das ist das Problem im heutigen Karate.
In irgendwelche Begriffe wird etwas reininterpretiert, was gar nicht da ist.
Soto-Uke, jeder hat eine bestimmt Vorstellung, wie diese Technik auszusehen hat, dabei ist es nichts anderes als den Arm von aussen nach innen zu bewegen. Das Wort sagt nichts darüber aus, wie ich das machen muß.
Erst wenn du das begriffen hast, meine ich, fängst du an, Karate zu verstehen.

Jens S.
11-06-2003, 08:58
Hallo Goshinsatori,

entschuldige bitte, aber Deine Ansicht teile ich nicht im Geringsten.

Jens

P.S.:
Ich habe mir die Trainervideos auf der von dir verlinkten Goshinkan-Seite angeschaut und weiß jetzt, daß wir in völlig verschiedenen Kampfkunst-Welten leben.

Jibaku
11-06-2003, 09:27
@goshinsatori

Das Wort sagt nichts darüber aus, wie ich das machen muß.

Im Gegenteil, das Wort sagt alles darüber aus wie ich es machen soll!
Dem vorauszuschicken ist allerdings, daß ich der Auffassung bin, daß Karate im Allgemeinen nicht lediglich (Was keine Wertung darstellen soll) eine Charakterschulung unter zuhilfenahme irgendwie gearteter Aktionen gegen einen potentiellen meist imaginären Agressor ist und im Shotokan die Gemeinsamkeit neben den weißen Anzügen lediglich in Funakoshis Bild an der Wand besteht (Gehts nur um die Charakterschulung, kann ich diese auch beim BLUMEN STECKEN IM GRÜNEN Anzug oder beim Papier falten im blauen Anzug erreichen) sondern eben in einem gemeinsamen technischen Kernbereich (Lange harte eher gradlinigeTechnik/Ikken Hisatsu-Energieübertragung durch Kime eher Spezialisierung als Generalisierung) und wie in jeder Wissenschaft, Kunst, Sportart sind für die Verständigung gemeinsme Termini notwendig (Gibt dazu eine hervorragende Geschichte in der Bibel...) deren Herkunft oder auch Bedeutung in der Alltagssprache, ja selbst in anderen Stilen ist unerheblich, ein solcher Begriff wird zu einem Terminus technikus und damit zum Bestandteil der Fachsprache des Stils und selbst ein Großmeister, der sich von der Form gelöst hat (Ich kenne allerdings keinen) sollte um der Verständigung willen noch Wissen, was die im Staub der UNWISSENHEIT KRIECHENDEN (Gell Jens ;-)) mit Oi-Zuki, Tai Sabaki etc. meinen.
Und natürlich ist es einfacher gegen eine radikale Meinung zu argumentieren, man muss so viel weniger differenzieren, weswegen man immer gerne versucht den Gegenüber zu radikalisieren, mach ich ja auch, aber wenn ich richtig gelesen hab, hat Jens nie gesagt, daß man Kakie, Bunkai, Vitalpunktstimulation etc.nicht machen dürfe, noch nichteinmal, daß es nicht zum Shotokan gehöre, sondern lediglich, daß es nicht zu dem technischen Kernbereich gehört, der Shotokan ausmacht und unterscheidbar macht.
Und da hat er, so meine ich, recht!
@weudl

Die Aussagen zur Passivität sind in gewisser Weise natürlich korrekt. Reine Passivität ohne aktive Handlung ist wohl kaum möglich. Es geht allerdings darum, bereits den leisesten Impuls des Gegners als Anreiz für eine Aktion verwenden zu können. Und Kakie, Push Hands, Chi Sao,... sind nun einmal ausgezeichnete Übungen um eine entsprechende Sensibilität entwickeln zu können.
Dem will ich gar nicht widersprechen, ich wehre mich gegen diesen Federvergleich weil er, vor allem in den eher gewinmaximierend motiviert, geführten SV Diskussionen oft dazu mißbraucht wird zu suggerieren die eigene Kraft wäre unerheblich (Der gleiche Vorwurf den ich oft den Vertretern des in den Kata wiederzufindenden omnipotente Karate mache), dem Federprinzip folgend (Und selbst da stimmt das ja nur bedingt) wird mein Angriff umso stärker je stärker der Gegner ist.
Dem ist nicht so!

Goshinsatori
11-06-2003, 09:27
HI,

also: GESUNDE Menschen haben zwei Arme, zwei Beine und einen Kopf. Was soll denn jetzt bitte schön so anders sein ?
Viele Möglichkeiten gibt es nicht !

...in welcher KK-Welt lebst du denn ?
Ich glaube auch nicht, daß du meine WELT anhand von so ein paar Videos beurteilen kannst, bzw. solltest.;)

Jens S.
11-06-2003, 10:16
Hallo!

@ Jibaku

Das paßt, wie die Faust auf's Auge!

@ Goshinsatori

Nein, ich beurteile Deine Welt nicht, aber ich habe Augen.
Ich möchte das wirklich nicht tiefer beleuchten, da solche Diskussionen fast zwangsläufig in ein "besser<>schlechter" ausarten. Das möchte ich aber nicht.

Gruß
Jens

Goshinsatori
11-06-2003, 10:30
HI,

die eigene Kraft ist natürlich nicht unerheblich.
Das hat aber mit passiv nichts zu tun.
Nachgeben, passives Wenden, Feder-aufspannen und vorschnellen.... alles Dinge, die es gilt zu lernen, um in der Realität BRUCHSTÜCKE daraus benutzen zu können.
Kaki oder ChiSao hat ja mit SV nichts zu tun bzw. wird in der SV nur für einen Sekundenbruchteil gebraucht.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß es funktioniert.

Jibaku
11-06-2003, 11:02
die eigene Kraft ist natürlich nicht unerheblich.
Das hat aber mit passiv nichts zu tun.

Du hast es in diesem Zusammnehang gebraucht!
Was ist mit passiv ? Wenn ich mich drehen lasse, meinen Arm wie eine Feder spannen LASSE,
Ich "lasse nicht spannen" ich spanne selber!
Und da ist genau der Zusammenhang mit der eigenen Kraft!
Denn diese ist die Schranke meiner Möglichkeiten!
Wie Weudl es gesagt hat finde ich es ganz gut, der Widerstand wird als Impuls genommen.
Die Feder mag vielleicht noch als Erklärungshilfe für Schüler herhalten,aber dem Prinzip entspricht es nicht.
Beim spannen einer Feder wird die Energie durch den Spanvorgang von Außen zugeführt und Entsprechend der Federkennlinie (Auch hier ist die Reglementierung für die Kraftentfaltung in der Feder selbst und eben nur bedingt im äußeren Einfluss) gespeichert und dann entladen.
Für das auseinanderziehen des Muskels bedarf es (fast) keiner Energie, diese wird erst bei der Kontraktion zugführt (In Bezug auf die willkürlich inervierten Muskeln (Und die bewegen die Extrimitäten), Kontraktion durch Abgabe der in ATP gespeicherten Energie an die kontraktilen Proteine Myosin und Aktin, Kraftentfaltung abhängig vom Muskelquerschnitt, der willkürlichen Aktivierungsfähigkeit (Intramuskuläre Koordination) des Einzelmuskels und der Intermuskulären Koordination.)
Ausschließlich die eignen möglichkeiten der Kraftentfaltung im Muskel sind ausschlaggebend, nicht der äußere Einfluss.
Und diese Kraftentfaltung erfolgt eben aktiv und nicht passiv wie von Dir im zweiten Zitat unterstellt!

Goshinsatori
11-06-2003, 11:13
HI,

durch das aufspannen der "Feder" ensteht ein Druckloch.
Wie nutzt du dieses schnell genug, wenn du selbst spannst ?

CeKaVau
11-06-2003, 11:27
Hallo Jens,

entschuldige, dass es mit der Antwort gedauert hat - ich musste noch ein wenig arbeiten.

1.) "Ich war bis zu dessen Tod Schüler von Fujinaga Yasuyuki Sensei, welcher Schüler von Nakayama Masatoshi Sensei war, der wiederum sein Karate von Funakoshi Gichin Sensei gelernt hat."

Das ist für die Fragestellung nicht relevant.

Ich glaube nicht, dass Fujinage Yasuyuki Sensei, wer immer das auch ist, Nakayamas Shotokan ausgeübt hat. Viel wahrscheinlicher ist, dass er seine Interpretation von Nakayamas Karate ausgeübt hat.
Nakayamas Karate ist mit ihm gestorben.

Aber O.K., wollen wir mal nicht so sein. Dann bleibt dann noch die Frage, WELCHES Shotokan er von Nakayama gelernt hat.

a.) Das Nakayama von Funakoshi bis '37 gelernt hat oder

b.) Das was Nakayama von Funakoshis Schülern nach '46 gelernt hat oder

c.) Das Shotokan das auf Nakayamas eigene Ideen nach '49 zurückzuführen ist?

Was ist nun das wahre, unveränderliche und einzige Shotokan das Nakayama Deinem Meister mitgab?

2.) "glaube ich schon, mir ein Urteil über seine Kampkunstauffassung erlauben zu können. (Wie er es ja im Übrigen auch mit Nakayama Sensei zu tun scheint.)"

Hört sich weniger wie ein Argument, eher wie ein "wie Du mir, so ich Dir" an.

3.) "Oh, Du kennst Bassai nicht so gut (Oder was heißt Spezialist?), magst aber Nijushiho (Was ja wohl heißt, daß Du sie besser kennst.)"

Nein, eigentlich kenne ich die Bassai besser da länger. Die Nijushiho gefällt mir einfach besser. Sie passt besser zu meinem Bewegungs- und Kampfstil.
Allerdings frage ich mich schon seit einer Weile ob ich nicht zur Bassai zurückkehren sollte - ich habe in letzter Zeit ein paar Kilo zugenommen.

"Bassai ist eine sehr grundlegende Kata, Nijushiho eine viel exotischere."

Sehe ich auch so.

"Du mußt Bassai bereits weit hinter Dich gelassen haben,"

Sehe ich eigentlich nicht so. Ich habe sie eher etwas bei Seite gelegt. Sie wird im regulären Training oft genug gemacht, so dass ich meine privaten Interessen eher Richtung Nijushiho verlagert habe. Wie gesagt, sie passt einfach besser zu mir. Es klingt vielleicht blöd, aber es fühlt sich besser an, ich fühle mich besser, wenn ich Niju anstatt Bassai mache.
Wozu haben wir denn so viele Kata, wenn nicht um zu wählen?

"Insoweit habe ich es bei Dir also demzufolge mit einem großen Meister zu tun,"

Darauf muss ich nicht weiter eingehen, oder?

"Osu, Meister,"

Doch zwei Sachen muss ich noch loswerden.

a.) Ich mag Osu nicht.

b) Ich mag es nicht Meister genannt zu werden. So wie ich das sehe, werde ich nie ein Meister im japanischen Sinne sein.
Ich betrachte das aber auch nicht als so großen Verlust.

4.) "am Stilgerüst herumdrehen zu dürfen, verdammt hoch."

Richtig, aber Einbeziehung von Kakie in die Katainterpretation ist kein Eingriff in das Stilgerüst.

Ich muss jetzt leider Schluss machen, die Arbeit ruft.

Ich schreib' später weiter.

Tschüssi
Ike

Jens S.
11-06-2003, 12:22
Hallo CeKaVau,

da hab ich's besser als Du, denn mein Rechner steht an meinem Arbeitsplatz.

Zu 1.

Jetzt lockst Du mir ein Schmunzeln aufs Gesicht, denn Deine Argumentation negiert die Möglichkeit zu lernen. Natürlich ist man nie ein Clone seines Lehrers, so wie man eben auch nicht mit Geburt ein Meister ist.

Aber laß mal: Ich hab' die Erfahrung gemacht, daß immer dann Leute etwas gegen einen "Stammbaum" haben, wenn sie selbst nie Teil eines solchen waren. Liegt irgendwie in der Natur des Menschen.

Welches Karate mein Lehrer von Nakayama Sensei gelernt hat ist demgegenüber tatsächlich irrelevant.

Zu 2.
Meinungen haben mit Argumentationen nicht das geringste zu tun.

Zu 3.
Oh! Daß Du es nicht magst, mit Meister angesprochen zu werden, impliziert, daß es Dir doch ab und an passiert. Das ist beeindruckend.
Welcher derjenigen auf der Trainerseite Deines Vereins , die nicht mit Meister angesprochen werden wollen, bist Du denn ? Einer von denen, die schon den schwarzen Gürtel haben? Respekt!
(Sorry, aber ich lästere so gerne! ;-))

Hat der Umstand, daß Du "Osu" nicht magst, irgendetwas damit zu tun, daß ich es benutze?

Bassai:
Das muß ich langsam durchdenken, damit ich es verstehe: Man lernt etwas, um es zu vergessen? ... Hm, Du bist voller Wunder und Überraschungen! Danke, Meister! Ooops, entschukldige, Meis... Oooops! Sorry, Osu! ... Oooops ... ;-)

Zu 4.
Wenn etwas in eine Sache als zentraler Bestandteil hineinkooptiert wird, was da in dem Maß nicht reingehört, ist das Veränderung am Grundgerüst pur. Das hat sogar Herr Lind begriffen ... und einen neuen Stil gegründet.

Stichwort:
Da Du meinen Lehrer etwas despektierlich mit "wer immer das auch ist" in Rede hattest, komme ich nicht umhin, Dich nach Deinem Lehrer zu fragen. Oder wird man als Meister geboren? Ooops ... (ich lerne es einfach nicht ...)

Jens

CeKaVau
11-06-2003, 14:26
Hallo Jens,

lass' mich mal kurz mit meinem letzten Posting weitermachen.

5.) "Wenn man kritisch ist, dann mit sich selbst und nicht mit den Meistern."

Das sehen ich nicht so. Ich bin eher der Meinung, dass es besser ist, alles und jeden kritische zu hinterfragen.
Hat man einen guten Trainer (auch wenn man ihn Meister nennt) wird er alle Fragen gutgelaunt und hinreichend ausführlich beantworten. Kadavergehorsam ist nichts für mich.

Irgendwie bin ich der Meinung, dass auch Kampfkunstmeister nur Menschen, und damit nicht fehlerfrei, sind.

"Von eigenen Interpretationen sollte man bei Kata unbedingt abstandnehmen."

Wieso sagt Meister Tanaka das denn. Ich halte meine Leute immer dazu an, eigene Ideen zu prüfen, herumzuexperimentieren und herumzuspielen. Was wirklich nicht funktioniert, filtere ich dann schon heraus.
Kreativität im Bunkai ist eine schöne Art, sich mit Karate geistig auseinander zu setzen. So etwas zu unterdrücken, sehen ich keinen Grund.

--------------------------------------------------------

And now for something completely different:

(neues Posting, sozusagen :) )



"denn mein Rechner steht an meinem Arbeitsplatz"

Das tut meiner eigentlich auch, nunja, bei genauerem Nachdenken tut er das auch uneigentlich.
Es ist aber so, dass ich zur Zeit zwischen PC und Workstation hin- und herpendle. Im Workstation-Pool sind dank Klimaanlage 50 Grad oder so. Wenn mein Modell rechnet, verdrücke ich mich schleunigst in mein Büro an den PC.

1.) "Natürlich ist man nie ein Clone seines Lehrers, so wie man eben auch nicht mit Geburt ein Meister ist."

Hm, damit bringst Du mich jetzt leicht aus dem Gleichgewicht. Ich dachte DU wärst es gewesen, der eine Entwicklung im Shotokan ablehnt und alles was F. & N. gesagt haben, als Gesetz hinnimmt.

"Ich hab' die Erfahrung gemacht, daß immer dann Leute etwas gegen einen "Stammbaum" haben, wenn sie selbst nie Teil eines solchen waren."

Hm, richtig und falsch. Ich habe einen Stammbaum, der sieht ungefähr so aus.

jMfL jMfL jMfL jMfL jMfL
--jMfL jMfL jMfL jMfL
----jMfL jMfL jMfL
-------jMfL jMfL
----------ich

jmfL= jede Menge fähige Leute

Irgendwie fand ich es immer unbefriedigend, nur eine Meinung zu hören, zu kennen. Ich halte meine Schüler dazu an, es mir gleich zu tun und zu vielen Leuten zu gehen.
Es ist schon mal gut, wenn sie noch andere Leute, als mich sehen. Es hilft ihnen, Fehler an mir zu sehen und einschätzen zu können. Sowohl körperlich als auch von der Vorstellungswelt her. Es wäre mir höchst peinlich, wenn sie nur meine Karatewelt kennen würden. Vielfalt ist durch nichts zu ersetzen.

2.) "Oh! Daß Du es nicht magst, mit Meister angesprochen zu werden, impliziert, daß es Dir doch ab und an passiert. Das ist beeindruckend."

Nein, das ist peinlich.

Aufgrund der Lage, Geschichte und Struktur unseres Vereins, haben wir kaum komplette Neuanfänger.
Wir arbeiten eng mit einem Verein an der Uni zusammen. Dieser Verein hat aber in den Semesterferien nichts und einige von den Hardcore-Leuten wollen aber trotzdem trainieren. Die wechseln dann, zeitweilig bis dauerhaft, zu uns.
Und die sind es, die mir manchmal mit "Meister" kommen.

Peinlich ist das aus zwei Gründen:

a.) Peinlich für mich: Ich bin kein Meister - ich habe nicht vor, im jap. Sinne, einer zu werden. Fremde Federn sind nicht mein Ding.

b.) Peinlich für sie: Wenn die MICH "Meister" nennen, dann haben die noch nie einen richtigen gesehen - das ist mal Fakt.

"Welcher derjenigen auf der Trainerseite Deines Vereins , die nicht mit Meister angesprochen werden wollen, bist Du denn ?"

Von unserem Trainerteam läßt sich niemand mit "Meister" anreden - wir bevorzugen den Vornamen.

------

noch ein schnelles Edit zwischendurch:

Ich bin der Typ in der Mitte.

-----

"Hat der Umstand, daß Du "Osu" nicht magst, irgendetwas damit zu tun, daß ich es benutze?"

Nein - ich mag es nur nicht. Ich weiß auch nicht warum - mir fehlt wahrscheinlich das richtige Quäntchen Japanophilität.

3.) "Bassai:
Das muß ich langsam durchdenken, damit ich es verstehe: Man lernt etwas, um es zu vergessen?"

Hier weiß ich nicht so genau, was Du sagen willst. Was habe ich denn vergessen?

4.) "Wenn etwas in eine Sache als zentraler Bestandteil hineinkooptiert wird, was da in dem Maß nicht reingehört, ist das Veränderung am Grundgerüst pur."

Allein in den Augen des Ausführenden liegt die Entscheidung, was in sein Shotokan gehört und was nicht. Solange es gewissen Shotokan-Grundprinzipien nicht zuwiderläuft, ist es Shotokan. Es als eigene Stilrichtung aufzubauen, dient eigentlich nur dem Ego des Herrn Lind. Eine zwingende Notwendigkeit hat es wohl dafür nicht gegeben.
Ich schätze mal das das Ego der Hauptgrund für jede Art von Stilneugründung ist. Ich habe mit einem paar "Stilgründer" zu tun gehabt - ihnen allen war ein großes Ego eigen.

5.) "Da Du meinen Lehrer etwas despektierlich mit "wer immer das auch ist" in Rede hattest"

Mir ist hinerher auch aufgefallen, dass das nicht sonderlich respektvoll war - ich hoffe, Du hast mein Posting bis hier her gelesen um eine nochmalige Entschuldigung anzunehmen.
Ich hatte keine Zeit eine Google-Suche vorzunehmen - und mit Japanern habe ich es nicht so.

6.) "komme ich nicht umhin, Dich nach Deinem Lehrer zu fragen."

Das ist eine gute Frage. Ich habe eigentlich keinen Lehrer oder Meister in dem Sinne. Ich hatte mal einen als ich noch in Zwickau war - ist aber schon eine Weile her.

In den letzten 10 Jahren ist es eher so, dass ich von einem Haufen Leuten beeinflusst werde - sowohl in technischen, als auch philosophischen Sichtweisen und Meinungen.
Als Haupttäter kommen da wohl Fritz Oblinger und Lothar J. Ratschke in Frage. Ich würde aber nie so weit gehen und ihnen die Blöße geben und behaupten ich wäre ihr Schüler - obwohl es für mich in beiden Fällen eine Ehre wäre.
Nicht zu vergessen ist natürlich auch mein Trainer hier in Chemnitz. Er ist vom CRB und hat deswegen einige verderbliche Kakie, Kumite-Kata und sonstige nicht-shotokan-orthodox-genug Sachen in mein Karateleben gebracht.

Der Workstation-Pool ruft.

Tschüssi
Ike

Jibaku
11-06-2003, 16:47
HI,

durch das aufspannen der "Feder" ensteht ein Druckloch.
Wie nutzt du dieses schnell genug, wenn du selbst spannst ?
Wenn es hier nicht lediglich eine Frage der Termini ist, habe ich die Wahl gar nicht, denn niemand anders als ich selbst kann meine Muskeln spannen (Vielleicht mit Ausnahme eines Elektrostimulationsgerätes und selbst das kann dies nicht zielgerichtet tun).
Ein Frage der Termini deswegen, weil Du evtl. eigentlich das meinst, aber nicht sagst, was Weudl sagte.
Es geht um den Impuls den der Widerstand des Gegners bedeutet, denn erst diesem folgend baue ich selber Druck auf, spanne also meinen Muskel und lasse dann "Vorschnellen" wenn sich die Möglichkeit ergibt.
Das ist aber nicht passiv, sondern genau das Gegenteil und auch die Kraft die ich evtl. beim Impakt übertrage wird lediglich von meiner Kraft bestimmt und nicht vom Gegner, das nur der Vollständigkeit halber hier hast Du bisher nichts anderes gesagt.

Xiaoshi
11-06-2003, 17:01
Diese Streiterei um Begriffe bringt doch nichts... dass vieles von dem, was Kernsprecht verlauten lässt eher kommerzielle Interessen zum Hintergrund hat vermute ich auch, aber die Grundidee des Prinzips stimmt. Dass es immer wieder Leute gibt, die einem glauben machen wollen, dass ein wahrhaftig "schwacher" Mensch einen starken besiegen kann, ist mir bewusst, und dass es zumindest so nicht zutrifft, auch... aber letztendlich geht es um Effizienz, und wenn man weis, wie man Kraft einsetzt und überträgt, trifft man den Gegner auch stärker.

Wenn man in der Lage ist, einen Angriff des Gegners so abzulenken dass er ins Leere "fällt", also mit seinem Gleichgewicht kämpft oder sogar ungewollt in die eigene Richtung geht, gewinnt man zwar immer noch keine Kraft im physikalischen Sinne, im kampftechnischen aber sehr wohl! Und darum geht es doch wohl, nicht um rhetorische Arbeiten oder passende Metaphern...

weudl
11-06-2003, 18:44
Offen gestanden, habe ich mir schwer getan, die vielen heutigen Postings durchzukauen. Da meine Zeit etwas beschränkt ist, nur 2 kurze Kommentare:

Auch Ashi Tai Sabaki und Kakie schließen sich nicht aus. Ich habe auch schon Kakie-Übungsformen kennengelernt, bei denen man mit Tai Sabaki hinter den Gegner gelangt. Allerdings will ich mich nicht auf die Kakie-Sache versteifen, da ich Kakie zwar für praktisch und wertvoll, aber nicht für unbedingt notwendig erachte.

Die Wahrheit bei der 'Feder' liegt wohl irgendwo in der Mitte. Natürlich muss man zur Spannung des Gegners erst aktiv eine gewisse Gegenspannung aufbauen. Diese ist allerdings nicht 'verspannt' sondern irgendwie weicher (kann ich leider nicht genauer beschreiben). Sollte ich nicht in der Lage sein, die Spannung des Gegners aufnehmen zu können, so muss ich selber mit Tai Sabaki ausweichen. Ist meine Spannung größer, so bleibt der Angriff in meinen 'Federn' hängen. Sollte der Gegner seine Arme dann abrupt entfernen, so schnellen meine Arme tatsächlich automatisch nach vorne, ohne dass hier ein bewusster Startimpuls von mir zu erfolgen braucht. Im *ing *un wird dies dadurch erzielt, dass man immer aktiv Spannung gegen das Gesicht des Gegners aufbaut.

Also ist die ganze Sache einerseits nicht passiv, aber wohl auch nicht wirklich aktiv...

Jens S.
11-06-2003, 23:34
Hallo!

@ weudl
Es mag sein, daß irgendwo geheimnisvolle Fußbewegungen gelehrt werden, die es irgendwie doch ermöglichen. Ich kenne hingegen nur 9 (ausweichende) Fußmanöver (3 Formen yori-ashi, kiri-kaeshi, de(oi)-ashi, tobi-ashi, hiki-ashi, mawari-ashi und surinuke) und bei der Hälfte von ihnen mag es irgendwie denkbar erscheinen, Kakie simultan anzuwenden.

Aber ehrlich gesagt, das interessiert mich eigentlich nicht wirklich, da ich (und das unterscheidet Leutchen wie mich wohl von der Mehrheit) das Rad nicht neu erfinden will. Wenn Irgendeiner in einem nächsten Posting behaupten würde, er wüßte von jemandem, der kakie simultan mit einem Tobi-geri ausführt ... okay, ich werd's glauben ... und trotzdem nicht anfangen, es zu üben.
Ich bin halt ein einfaches Gemüt und vertraue darauf, daß die Meister, die Shotokan geprägt haben, ihre Sache gut gemacht haben. Damit habe ich genug zu tun; für dieses und das nächste Leben ...

Aber im Ernst: Nehmt es mir nicht übel, aber ich bin der ewigen Diskussionen darüber, was es alles für tolle Techniken gibt, wirklich müde.
Ich glaube jedem auf's Wort; doch wenn er behauptet, dies wäre Shotokan-Karate, dann verzichtet doch bitte zukünftig auf tolle Erlebnisberichte und Technikbeschreibungen, sondern nennt mir einfach die authentische Quelle, wo das herkommt.
Wenn Ihr z.B. 20 Jahre Schüler bei Nakayama Sensei wart, dann sagt bitte: Hör zu, der Sensei hat das und das gesagt. Dann ist das wirklich sehr ernst zu nehmen.
Wenn ihr aber sagt: Hör zu, in meinem Nachbarhaus wohnt einer, der hat ne Riesensammlung von Steven-Seagal-Videos, und der sagt immer, daß ...
DAS meine ich mit "authentisch".
In meinem Fall genügt das völlig, denn wie gesagt: Ich bin ein einfacher Mann und es reicht mir allemal, JAPANISCHES Shotokan zu erlernen ... UND JETZT GANZ LAUT, DAMIT ES WIRKLICH JEDER HÖRT: ES GIBT NICHT EINE EINZIGE AUTHENTISCHE QUELLE, DIE KAKIE ZU ETWAS MACHT, WAS AUCH NUR IN DER NÄHE DES KERNBEREICHES DES SHOTOKAN LIEGT.

Sorry, aber das mußte mal 'raus.


@ CeKaVau,

da ich jetzt vom Training nach Hause gekommen bin, schnell noch ein paar Worte.

Ein paar Dinge vorweg:

I.
Mit gefällt der Schreibstil und die Wortwahl, wie sie in Deinem letzten Posting anklingen, sehr gut. Man merkt, daß die Gemüter sich etwas abgekühlt haben. ;-)

II.
Ich glaube, daß die prinzipiellen Probleme, die in Diskussionen zwischen Menschen mit den entsprechenden Meinungen/Erfahrungen wie wir beide sie haben entstehen, darin Ihren Ursprung haben, daß wir aus sehr unterschiedlichen Karate-Welten stammen. Ich glaube, daß dies etwas mit Shu-Ha-Ri zu tun hat, was (zumindest in Deutschland) dann auch mit einer gewissen Japan-Affinität zusammenhängt (da das Karate, was man in meiner Welt als gut bezeichnet, noch nicht wirklich zu deutschstämmigen Meistern durchgedrungen ist - sorry, aber meine Meinung).

Dies führt mich dann direkt zum ersten Punkt Deines Postings (bei Dir Nr. 5. zum alten Posting)

1.
Auch das hat mit Shu-Ha-Ri zu tun. Aber auch mit dem Umstand, ob man ein Meister/Schüler-Verhältnis kennengelernt hat, und nicht zuletzt damit, wie man an das Training herangeht.

Ich will kurz beschreiben, wie es bei mir war:
Einen Menschen bezeichne ich dann als MEINEN Meister (oder besser Lehrer), wenn er mich anfangs in den Bereichen, die ich einschätzen kann (zwar auch KK-spezifisch, aber mehr menschlich), als absolut integer und vertrauenswürdig beurteile (quasi eine Art Probezeit).
Wenn ich dies für einen Menschen mit Ja beantworten kann, bekommt er genau das von mir, was Prüfungsmaßstab der Probezeit war: Vertrauen.

Frage: Warum ausgerechnet Vertrauen? Reichen nicht ein hoher Dangrad und Supertechniken?
Antwort: Weil die erste Phase der Übung (also die Shu-Phase) eben von Vertrauen gekennzeichnet ist. Damit die Dinge, die ich versuche zu verstehen, auch zu meinem Verstand durchdringen können, muß ich sie erfahren haben. Das bedeutet, daß ich über einen i.d.R. sehr langen Zeitraum hin Dinge tun muß, die ich zunächst bestenfalls in Teilaspekten verstehe (und das meist auch noch falsch).

Frage: Aber warum? Ich bin doch ein denkender Mensch. Ich kann doch recht schnell beurteilen, ob etwas funktioniert oder nicht, und falls nicht, kann ich doch zumindest sagen, ob es mir einleuchtet.
Antwort: Und das ist der Trugschluß schlechthin, denn er unterstellt, daß es ein von der Meisterebene abgekoppeltes Anfängerkarate gibt, das sich schnell durchschauen läßt. Das Karate, das der Anfänger lernt, beinhaltet genau die gleichen Prinzipien wie das meisterliche Karate. Vielleicht übt der Anfänger andere Katas, aber selbst diese unterscheiden sich nicht wirklich.
Ein wirkliche Beurteilungsfähigkeit besteht aus diesem Grunde keineswegs.

Deshalb sagt Tanaka Sensei, daß die Kata der Interpretation entzogen ist, womit er natürlich Menschen meint, die sich in der Shu- und Ha-Phase befinden. Was die absolute Mehrzahl der Karateka betrifft, denn hier ist von Zeiträumen, die 30 - 40 Jahre Praxis im Minimum unterstellen, die Rede.

Im Übrigen ist es genau dieses Vertrauensmoment, daß ehrliche Loyalität von Kadavergehorsam unterscheidet.

(Ich habe leider nicht die Zeit, alles umfassend zu erklären, aber ich hoffe, der Grundtenor wurde deutlich.)

Und noch was sollte aus dem oben stehenden deutlich werden:
Das mit dem Herumexperiemtieren ist so falsch nun aber auch wieder nicht. Ich hatte das in meinen vorherstehenden Postings schon einmal anklingen lassen.
Die Kata beinhaltet, zumindest im Shotokan, daß reine und nackte Grundprinzip in sehr abstrahierter Form. Ähnlich wie ein Lehrsatz aus der Physik oder einer anderen Wissenschaft.
Der Lehrsatz ist so abstrakt, daß er für keinen einzigen realen Fall mehr paßt, sondern dann immer konkretisiert und adaptiert werden muß.
Dies hat den Vorteil einer gewissen Allgemeingültigkeit, setzt aber auch wirkliches Verständnis voraus, damit der Lehrsatz nicht nackte Theorie bleibt.
Damit ein halbwegs gutes Verständnis gelingen kann, gibt es eine Applikation des Lehrsatzes, die fast so lehrsatzhaft wie der Lehrsatz selbst ist (das Bunkai, das demzufolge immer noch sehr formelhaft ist). Dabei muß die Applikation nicht einmal allzu häufig geübt werden, denn sie ist nur Verständnishilfsmittel.
Wenn das alles dann aber verinnerlicht ist, kann das in Lehrsatz und Applikation festgeschriebene Prinzip frei angewandt werden (Oyo).

Daraus folgt letztlich:
a.) Das Prinzip, das im Lehrsatz verkörpert ist, läßt sich für den Anwendungsfall frei anwenden; der Lehrsatz selbst ist jedoch nahezu unveränderbar.
b.) Um aber frei anwenden zu können, bedarf es eines langen und vetrauensvollen Studiums des Lehrsatzes und der Applikation.

2. (bei Dir Nr. 1 zum neuen Posting)
Sicher, Entwicklung habe ich an sehr, sehr strenge Faktoren geknüpft, sie aber keineswegs ausgeschlossen.
Unabhängig davon war Entwicklung hier auch gar nicht gemeint, sondern die einfache Tatsache, daß jeder Mensch ein Individuum (und damit verschieden von anderen Individuen) ist.

Warum ich es für sehr wichtig halte, einen Stambaum zu haben, ist oben sicher schon deutlich geworden. Es geht um Vertrauen, welches sich nur in ganz besonderen Konstellationen ergibt und das keineswegs etwas mit dem Besuchen von Wochenendlehrgängen zu tun hat.
All dies bedeutet natürlich nicht, nicht einmal auch über den Zaun gucken zu dürfen.

3.
Zum "Meister":
Das Thema könne wir abhaken. Ich gebe zu, Dich auch etwas auf die Schippe genommen zu haben. Entschuldigung dafür.
Zum "Osu":
Ich gebe zu, daß sich hier die Geister scheiden. Das ist mir aber letztlich egal, da ich weder "japanophil" noch japanfeindlich bin. Für mich ist es ein Ausdruck der Fachsprache (siehe Jibaku's diesbezügliches Posting).

4. "Bassai"
Schau, die Diskussion begann damit, daß ich behauptete, Kakie wäre so recht nicht in den Shotokan-Kata zu finden. Dies verneintest Du, wofür Du mehrere Kata als Beispiel (darunter Bassai) aufzähltest. Ich entgegnete darauf, daß, wenn Du mit Deiner Aufzählung recht hättest, dann aber immerhin aus Deiner Aufzählung nur Bassai zu den stilspezifischen Kata gehören würde und forderte Dich auf, mir aufzuzählen, wie oft kakie in Bassai vorkomme. Daraufhin sagtest Du, Du wärest kein Bassai-Spezialist, sondern würdest Dich eher mit Nijushiho auskennen.

Und jetzt geht der interessante Teil los: Ich habe versucht Dir zu erklären, daß wir doch immer über das Stilgerüst gesprochen haben. Bassai und Kanku verkörpern dieses.
Das bedeutet, daß selbst wenn man Bassai mal für einen Zeitraum zur Seite gelegt hat, sie dennoch im Vordergrund bleibt. Zumindest dann, wenn man sie, wie im Übungssystem beabsichtigt, dazu benutzt hat, um Shotokan zu erlernen.
Daraus folgt, daß es eigentlich keinen Shotokan-Karateka geben dürfte, der kein Bassai-Spezialist ist. Denn das ist das Grundsätzlichste vom Grundsätzlichen.

Demzufolge lautet die Antwort auf Deine Frage, was Du denn vergessen hättest: Dein Karate. ;-)
(Bleib cool! So ernst ist das nicht gemeint, aber ein Fünkchen Wahrheit ist schon dran ... ;-))

5. "Hineinkoopptieren"
Nach all dem müßte auch dies klar geworden sein.
Was Shotokan ist, ist Deiner Dispositionsbefugnis entzogen, denn dies ist letztlich eine Entscheidung der Shotokan-Gemeinde, die, da sie ein hierarisches System hat, die Entscheidung ihren Exponenten überläßt. WEIL SIE VERTRAUT!

MfG
Jens

Xiaoshi
12-06-2003, 07:46
Das mit dem Meister-schüler Verhältnis ist eigentlich genau wie im Kungfu... bzw. wie es sein sollte.

Wenn ich dich recht verstanden habe, dann sind für dich die Formen die Methode, um die Prinzipien zu üben, die dann in der Anwendung geübt werden, aber nicht Bunkai, sondern Oyo kumite?

Jens S.
12-06-2003, 08:53
Hallo Xiaoshi,

ja, in diesem Sinne.
Der Begriff Oyo-Kumite wird zwar meist anders gebraucht, jedoch werden mit Oyo diejenigen Anwendungen bezeichnet, in denen sich (lediglich noch) das in der Kata-Bewegung enthaltene Prinzip widerspiegelt. Das sind dann häufig Bewegungen, die für den "Nichteingeweihten" mit der Kata-Bewegung so gut wie nichts mehr gemein haben, bei genauerem Hinsehen dieses aber in gleicher Form enthalten.


die dann in der Anwendung geübt werden

Hier scheiden sich ein wenig die Geister. Denn wie ich schon mehrfach angedeutet habe, gilt zumindest im JKA-Shotokan der Grundsatz, daß die Kata selbst die Übung ist. Bunkai/Oyo sind bei uns nicht in dem Maße übungsrelevant.

Jens

Vegeto
12-06-2003, 09:38
ES GIBT NICHT EINE EINZIGE AUTHENTISCHE QUELLE, DIE KAKIE ZU ETWAS MACHT, WAS AUCH NUR IN DER NÄHE DES KERNBEREICHES DES SHOTOKAN LIEGT

Gibt es eine authentische Quelle, also schwarz auf weiß, wo steht das Kakie nicht zum Kernbereich gehört?
Ich geb dir aber schon recht, imho gehört Kakie nicht zu den Shotokangrundlagen.

Aber selbst wenn Kakie, Bunkai und Vitalpunkte eher zu den fortgeschrittenen Bereichen des Shotokan gehören können wir doch darüber fachsimpeln oder? Ich bin mir sicher den Leuten hier ist klar das Kihon und Kata zu den absoluten Grundlagen gehören. Wie es um Kime steht weiß ich nicht, mir ist es wichtig daher auch Makiwaratraining. Allerdings scheint es viele Shotokanler zu geben die das Thema nur wenig interessiert.

Und jetzt hört doch mit den kindischen Streitereien auf, da verliert man die Lust die eigentlich qualitativ guten Beiträge zu lesen.

Jibaku
12-06-2003, 10:57
Hallo Vegeto,


Aber selbst wenn Kakie, Bunkai und Vitalpunkte eher zu den fortgeschrittenen Bereichen des Shotokan gehören

Ich bin mir sicher den Leuten hier ist klar das Kihon und Kata zu den absoluten Grundlagen gehören.
Ich habe den Eindruck, es ist genau das wo gegen Jens so vehement argumentiert, denn Du stellst hier Dinge einander Gegenüber, die in der ganzen Disskussion eben nicht gegeneinander standen und Du zeigst mit Deiner Aussage, daß durch einen nur groß genugen Zeitraum der Beliebigkeit der Kern einer Kunst verloren gehen kann.
Es geht nicht um Grundlegendes und Fortgeschrittenes um Anfänger oder Könner und schon gar nicht stehen Kihon und Kata auf der einen Seite Kakie und Vitalpunktlehre auf der anderen gegenüber.
Kakie, gehört nicht zum Kern des Shotoikan, auf keiner Ebene! Das Konzept des Shotokan, mal sehr verkürzt mit "Ikken Hisatsu" dargestellt ist ein Anderes als das, daß sich in Kakie wiederfindet! Das hat nichts mit Niveau zu tun! Wer Ikken Hisatsu im Zuge seines Fortschreitens im Karate über Bord wirft, macht kein Shotokan mehr! Was aber natürlich vollkommen legitim und nicht schlechter sein muss. Es geht also viel eher um Kampfkonzepte auf allen Niveauebenen (Judo ist ja auch nicht schlechter oder besser als Boxen)!
Schade und etwas erschreckend finde ich nur, daß vielen Karateka dieses Konzept eben nicht mehr so SCHNELL einleuchtet, sie sich dann vermeintlich besserem zuwenden und die ursprüngliche Idee, die so schlecht nicht ist, untergeht. Wohl auch eine Frucht der kommerziellen Propaganda der letzten Jahre.
Dann soll man sich doch dem Okinawa Te, oder dem WT oder was auch immer zuwenden.
können wir doch darüber fachsimpeln oder?
Hier bist Du jetzt in Deine eigene Falle (Oder die derjenigen die gegen Jens argumentiert haben) getappt,.
Man muß zwischen der eigenen rethorischen Taktik und den tatsächlichen Argumenten unterscheiden!
Und wie ich oben schon geschrieben habe, natürlich ist es einfacher gegen eine radikale Meinung zu argumentieren, wesewegen man ja versucht den Gegenüber zu radikalisieren, am besten ihn sogar noch zu entsprechenden Aussagen zu bringen.
Das ist aber nun mit Jens nicht gelungen, er hat nie gesagt, man dürfe darüber nicht fachsimpeln.
Aber egal wie viel man fachsimpelt, es bleibt, für das Shotokan ein Randbereich!
Aber natürlich darf jeder Shotokanstilist zur eigenen Vervollkommnung eigene Schwerpunkte setzen (Ich gehe z.B. gern zum Ju Jutsu auch zum Judo, zum Ringen, zum Boxen etc.) nur darf er den Kern der Sache nicht ausklammern, sonst ist es nämlich nicht mehr "die Sache".

CeKaVau
12-06-2003, 13:28
Hallo Jens,

im Workstation Pool sind die Temperaturen noch mal um 5 Grad angestiegen - ich muss mich erst mal abkühlen.

Kann man Hersteller von Klimaanlagen dazu verklagen, einen Tag in den von ihnen ausgestatteten Räumen zuzubringen????

1.) "Shu-Ha-Ri"

Ich glaube nicht, dass wir derart in die philosophische Trickkiste greifen müssen, um unsere verschiedenen Meiungen dazulegen und zu diskutieren.

"Frage: Aber warum? Ich bin doch ein denkender Mensch. Ich kann doch recht schnell beurteilen, ob etwas funktioniert oder nicht, und falls nicht, kann ich doch zumindest sagen, ob es mir einleuchtet.
Antwort: Und das ist der Trugschluß schlechthin, denn er unterstellt, daß es ein von der Meisterebene abgekoppeltes Anfängerkarate gibt, das sich schnell durchschauen läßt."

Ich habe die Antwort zur Frage nicht verstanden. Also ich begreife die Frage, ich verstehe auch die Argumente der Antwort. Nur einen Zusammenhang erkenne ich nicht.

Wie dem aus sei.
Ich denke schon, dass es einen Unterschied zwischen den Prinzipien des Anfänger- und des "meisterlichen" Karate gibt. Das liegt völlig in der Natur der Sache.
Es ist im Karate so, wie bei allen Dingen, die man neu lernt. Am Anfang sieht man nicht so richtig durch und versucht, die einfachsten Übungen hinzubekommen.
Später erkennt man ZUSAMMENHÄNGE zwischen verschiedenen Übungen und Übungsformen, was einem

a.) zu einem tiefern Verständis und damit
b.) zu einer Art Rückkopplung auf die eigentliche Übung führt.

(Also ich habe mir das grade noch mal durchgelesen, ist alles ziemlich wirr. Wenn Du willst gebe ich beim nächsten Posting ein Beispiel.)
Wie auch immer:
Durch diese Rückkopplungen und Zusammenhänge der Techniken untereinander und dem Begreifen dieser Zusammenhänge ergeben sich völlig neue Bewegungsprinzipien und -möglichkeiten.
Voila - ein neues Körpergefühl und Begreifen ist entstanden - und damit ändert sich auch die Technik.

Einem Anfänger kann das nicht passieren. Durch das getrennte Betrachten der Einzeltechniken bleiben tiefere Zusammenhänge erst einmal unerkannt und die Technik bleibt sozusagen roh.

Also ich weiß wirklich nicht, ob das auch nur einigermaßen Verständlich war. Aber wie gesagt - auf Wunsch gibt's ein Beispiel.
:)

"daß die Kata der Interpretation entzogen ist"

Hat man 40 Jahr darin investiert nur ohne eigenes Gedankengut nachzumachen, glaube ich nicht, dass dann noch viel zu wollen ist, oder?

"Der Lehrsatz ist so abstrakt, daß er für keinen einzigen realen Fall mehr paßt, sondern dann immer konkretisiert und adaptiert werden muß."

Oja, das kenne ich - und hasse es.
Während meines Studiums musste ich mehrer Bücher lesen, deren Inhalt erst vertändlich war, wenn ohnehin schon vorher gewußt hat, was der Autor will. Ich habe das GEHASST. Warum schreibt man solche Bücher? Ego?

"Dabei muß die Applikation nicht einmal allzu häufig geübt werden, denn sie ist nur Verständnishilfsmittel."

Hm, das halte ich doch für unwahrscheinlich. Nehmen wir doch mal einen Berufskämpfer, sagen wir, eine Profiboxer.
Bereitet er sich auf einen Kampf vor, dann besteht sein Haupttrainig nicht im Schattenboxen oder Sandsacktraining. Das sind für ihn nur Hilfmittel, um Techniken und Kombinationen zu schleifen.
Die Arbeit am Partner, das Sparring, bildet den Kern seines Trainings. Warum? Kämpfen lernt man durch Kämpfen.
Ein Boxer würde sich vermutlich an den Kopf greifen, käme man ihm mit der Argumentation, dass er kaum mehr Sparring machen müsse. Genug Schattenboxen tut's auch - er würde dann schon begreifen.
Wenn ich an praktischen Resultaten interessiert bin (und das bin ich: Ich betreibe Karate aus vielen Gründen, einer davon ist zweifellos, eine Konfrontation auf Leben und Tod zu überleben.) komme ich am kontinuierlichen praktischen Üben nicht vorbei.

Denke ich mal so.

2.) "Warum ich es für sehr wichtig halte, einen Stambaum zu haben, ist oben sicher schon deutlich geworden."

Nun, in diesem Punkt werden wir uns wohl nie einig sein. Ich denke nunmal nicht, dass für tiefgreifendes Verstehen ein Stammbaum notwendig ist. Das läßt sich mit Verbalien auch nicht klären. Ich denke, dass ich auch ohne Stammbaum bis jetzt ziemlich weit gekommen bin. Ob es noch weiter geht, wird die Zeit zeigen.

3.) "Ich gebe zu, Dich auch etwas auf die Schippe genommen zu haben."

Ich weíß, ich hab's aber trotzdem beantwortet. Ich wollte nicht schon wieder in Unhöflichkeiten verfallen.

4.) "Daraufhin sagtest Du, Du wärest kein Bassai-Spezialist, sondern würdest Dich eher mit Nijushiho auskennen."

Nee, das habe ich eigentlich nicht gesagt, oder zumindest nicht sagen wollen.
Ich wollte sagen, dass mir Bassai nicht so sehr liegt. Im Training und auf auf Lehrgängen kommt sie aber häufiger vor und wird detailierte geübt und angewendet.
Auch habe ich mich, eine Zeit lang, ziemlich intensiv mit Kases Bunkai-Omote Form dazu befasst und in die Oyadomari Patsai untersucht.
Alles in allem kenne ich mich in der Bassai absolut besser aus, als ich der Nijushiho. Deswegen gefällt sie mir aber trotzdem nicht besonders.

Nijushio, mit ihrem recht (wie mir scheint) hinterfozigem Kampfstil, gefällt mir einfach besser. Man könnte sagen, sie passt besser zu mir. :D

5.) "Was Shotokan ist, ist Deiner Dispositionsbefugnis entzogen, denn dies ist letztlich eine Entscheidung der Shotokan-Gemeinde, die, da sie ein hierarisches System hat, die Entscheidung ihren Exponenten überläßt. WEIL SIE VERTRAUT!"

Nein, Nein, Nein, dieser Meinung bin ich überhaupt nicht - nicht mal ansatzweise. (Das überrascht Dich jetzt nicht sonderlich, oder?)

Ich glaube Shotokan besteht aus dem in den (Shotokan :D -)Kata verschlüsselten technischen, taktischen und psychologischen Techniken und der Gesamtheit ihrer Interpretationen. Gibt es eine sinnvolle Kakie (nur mal so, um wieder zum Thema zurückzufinden) Applikation in der Bassai (von der mir wie gesagt, auf Anhieb bestimmt 10 oder 12 einfallen würden) gehört Kakie zum Shotokan.
Würde jemand tatsächlich eine Rückwärtssalto gekoppelt mir dreifacher Schraube sinnvoll aus einer Shotokan-Kata ableiten könnne, sähe ich ganz schön alt aus. Aber wie ich das sehe, wird das wohl nicht allzu schnell passieren.
MEIN Shotokan besteht nun wiederum aus einer Auswahl aus dieser Mannigfaltigkeit. Die Auswahl muss zu mir passen, körperlich und psychologisch und funktionell sein, sprich, ich muss damit die größtmögliche Überlebenschance haben.


Tschüssi
Ike

Jens S.
12-06-2003, 23:08
Hallo!

@ Jibaku

Obwohl sich das, was wir gelernt haben, auf wundersame Weise gleicht, so daß man annehmen könnte, wir hätten den gleichen Lehrer gehabt (oder zumindest, daß unsere Lehrer den gleichen Lehrer hatten ;-)), hast Du mir doch einiges voraus.

Ich bewundere Deinen Schreibstil und Deinen offensichtlich vorhandenen messerscharfen Verstand, mit denen Du die Dinge auf den Punkt bringst.

Mit großem Respekt
OSU!


@ CeKaVau

"Klage gegen Hersteller von Klimaanlagen"
Da diese Frage zufällig meine Profession betrifft, antworte ich, wie so oft in meiner Branche üblich, mit einem klaren "Es kommt darauf an!". ;-)


Zur Sache:

Ach CeKaVau, es hat wirklich nur sehr begrenzten Sinn, was wir hier treiben. Der Kreislauf ist immer derselbe: Ich schreibe etwas, was Du häufig nicht verstehst. Dann schreibst Du was, was ich zwar verstehe, aber nicht teile. Dann schreibe ich wieder etwas ...
Versteh' mich nicht falsch, aber es liegt wirklich daran, daß wir aus verschiedenen Welten kommen und unsere Sprachen sich nicht gleichen. Ich will auch versuchen, Dir zu erklären, warum das so ist:

Vorweg: Das Nachstehende ist keineswegs böse oder so gemeint.

Meiner Einschätzung nach bist Du ein typisches Kind der deutschen Karate-Szene. Nur in Deutschland existierte eine von Anfang an vom Mutterland der Kunst abgekoppelte Subkultur. Dies hat in meinen Augen den Grund, daß Deutschland nie in dem Maße von großen japanischen Lehrern "heimgesucht" worden ist, wie dies z.B. bei den in Europa führenden Nationen GB, F und I gewesen ist. Außer Herrn Ochi und Herrn Nagai gab es keine Meister, die längere Zeit blieben und leider blieb auch der Einfluß dieser beiden Persönlichkeiten sehr begrenzt. Herr Nagai steht dem vergleichsweise kleinen SKID vor und Herr Ochi hatte im DKV von Anfang an starke politische Widersacher, die letztlich auch die Oberhand gewannen.
All dies führte zu der o.g. Subkultur und hatte folgende mehr oder minder tragischen Auswirkungen: Nahezu die gesamte Führungselite des deutschen (DKV-)Karate hat nie in einer Lehrer-Schüler-Beziehung im klassischen Sinne gestanden und im von mir hier vertretenen Sinne Karate "richtig gelernt". (Im Übrigen geben das einige namhafte Vertreter im trauten Kreis auch unumwunden zu.) Die auf diese eigentümliche, dem Karate bis dahin unbekannte Art und Weise gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen übetrugen sich natürlich auf die Schüler, so daß sich in D überproportional Dinge wie z.B. eine ausgeprägte Lehrgangsmentalität, die Auffassung "Wir haben alle nur zwei Hände und zwei Beine." und eben auch allzu zeitiges Hinterfragen und Interpretieren haben entwickeln können. Wie auch anders?
Nur im sportlichen Vergleich hat man mithalten können; international anerkannte Meister von wirklichem Rang und Namen sind jedoch nicht hervorgekommen.
Das Inseldasein war sogar so skurril, daß D bis vor kurzem glaubte, eine eigene Kata-Interpretation haben zu können (Man kennt sich ja schließlich aus.). Es kürzlich wurde die Kata im DKV, zumindest in Teilen, dem japanischen Standard "rückangepaßt".

Lange Rede kurzer Sinn: Es verwundert nicht, daß Du mich nicht verstehst und Du kannst nicht 'mal 'was dafür. ;-)

Obwohl ich jetzt eigentlich schließen müßte, da wir eh schon alles, was wir einander sowieso nicht abnehmen, ausgetauscht haben, trotzdem noch ein paar klarstellende Worte:

Zu 1.
"Philosophische Trickkiste"
Siehe oben. qed

"Unsere verschiedenen Meinungen"
Du vertrittst Deine Meinung, ich das, was ich gelernt habe. Siehe oben. qed

"ich begreife die Frage, ich verstehe auch die Argumente der Antwort"
Nein, Du verstehst beides nicht.
Also nochmal: Das Karate, wie es Dir vom ersten Tag an HÄTTE gelehrt werden müssen, ist das Gleiche wie am letzten Tag der Lehre. Nur Du änderst Dich, denn Du lernst und verstehst. (Das hat nichts mit einem Lehrplan zu tun.)
Okay, ich verstehe, daß das schwer für Dich ist zu verstehen, so daß ich die gleiche Aussage in Dein didaktisches Modell verpacken will: Mit der Erfahrung eines Shodan, verstehst Du das Karate eines Shodan, aber Du verstehst nicht DAS Karate und solltest Dich hüten, es zu interpretieren, denn es wird die Interpretation eines Shodan, die Du dann übst und die sich wie "richtiges Karate" bei Dir einprägt.
"Die völlig neuen Wege", die sich dann ergeben und von denen Du sprichst, sind die eines Shodan und sie verstellen Dir den Blick auf das, was Dir ein Judan zu sagen hätte.

"Einem Anfänger kann das nicht passieren. Durch das getrennte Betrachten der Einzeltechniken bleiben tiefere Zusammenhänge erst einmal unerkannt und die Technik bleibt sozusagen roh."
Das Betrachten von Einzeltechniken hat nichts mit Nichterlangen von Kenntnissen zu tun. Eher im Gegenteil.
Ansonsten hätte eine lange Kombination viel Tiefe, eine kurze entsprechend weniger. Eine lange Kata wäre immer gehaltvoller als eine kurze ... das ist schwachsinnig.

"Hat man 40 Jahr darin investiert nur ohne eigenes Gedankengut nachzumachen, glaube ich nicht, dass dann noch viel zu wollen ist, oder?"
Das hat doch niemand gesagt!
Nacheifern, lernen und Vertrauen in ein Vorbild - das trifft's schon eher.

Zum Lehrsatz:
"Oja, das kenne ich"
Und warum verstehst Du es dann nicht?
"und hasse es"
Ach so. Dann solltest Du aber schleunigst mit dem Karate aufhören, denn dieses ist voll davon.

"Berufkämpfer" "Kämpfen lernt man durch Kämpfen."
Welches Kämpfen? Ikken Hissatsu? Bei Euch im Dojo scheint es sehr traurig zuzugehen.
Sorry, aber Du weißt wirklich nicht, wovon Du redest.

"Ein Boxer würde sich vermutlich an den Kopf greifen, käme man ihm mit der Argumentation, dass er kaum mehr Sparring machen müsse."
Das stimmt. Aber wer hat das verlangt?

"Denke ich mal so."
Gut so. Aber bitte auch das Lernen nicht vergessen.

Zu 2.
"Ich denke nunmal nicht, dass für tiefgreifendes Verstehen ein Stammbaum notwendig ist."
Logisch, den Du hast ja keinen und müßtest, wenn Du jetzt was anderes behaupten würdest, zugeben, daß du keine Ahnung hast.

Zu 4.
"Bassai-Spezialist"
Nein, das bist Du ganz sicher nicht.

"gefällt sie mir aber trotzdem nicht besonders"
Darum geht es überhaupt nicht. Die Bücher, von denen Du sprachst, gefielen Dir doch auch nicht. Deine Professoren wollten trotzdem, daß Du sie liest. Und glaub' mir eins: Als Deine Professoren so alt waren wie Du, haben ihnen diese Bücher auch nicht gefallen. Aber sie haben durchgehalten: Sie sind nun Prof's und Du mußt schwitzen ... ;-)
Aber ich versteh' schon, Du bist eben schlauer ...

Zu 5.
"Dispositionsbefugnis"

Okay, ich unternehme einen letzten Versuch:
Ich bilde Dir ein Beispiel aus einem Bereich des Lebens, der an Interpretationen kaum zu überbieten ist: die schöne Kunst.
Nehmen wir das klassische Ballett. So eine Ausbildung dauert so um die zehn Jahre mit fünf, sechs, oder sieben Stunden Übung täglich.
Dieses Training ist knallhart und jeder der Studenten wird quasi durch eine Form gepreßt, ein absolutes Einheitsmaß.
Warum nur? Ihr Job besteht später doch daraus, Künstler zu sein, also ein Stück in Abstimmung mit dem Choreografen zu interpretieren. Warum nur dann dieses mörderische Grundlagentraining, welches bar ist jeder Individualität?
WEIL SIE LERNEN ZU INTERPRETIEREN!

Jens

CeKaVau
13-06-2003, 14:09
Hallo Jens,

in einem kann ich Dir ganz und gar nicht zustimmten: Dass es keinen Sinn habe zu diskutieren, da wir aus verschiedenen Welten kämen. Ist es nicht der Sinn einer Diskussion, verschiedene Blickpunkte aufzuzeigen?

Ich labere einfach mal weiter, so als typisches Kinder der deutschen Karateszene.

"Es kürzlich wurde die Kata im DKV, zumindest in Teilen, dem japanischen Standard "rückangepaßt"."

Hm, ich weiß - ich habe das mitbekommen, herzlich darüber gelacht und wieder vergessen.

""Die völlig neuen Wege", die sich dann ergeben und von denen Du sprichst, sind die eines Shodan und sie verstellen Dir den Blick auf das, was Dir ein Judan zu sagen hätte."

Das ist doch eher unwahrscheinlich.
Es ist selbstverständlich so, dass mein Karate heute anders aussieht und ich andere Vorstellungen davon habe, als vor 10 Jahren. Und in 10 Jahren wird es wieder völlig anders aussehen.
Dass eigenes Gedankengut, ob richtig oder falsch, einem den weiteren Weg verbaut, ist wirklich sehr unwahrscheinlich, solange man die Bodenhaftung nicht verliert und sich an Leute wenden kann, die einem aus Sackgassen und Irrungen den Weg weisen können.

Ob ich die Bodenhaftung noch habe, kann ich selbst natürlich nicht beurteilen - da kann ich nur das Beste hoffen.

"Die Bücher, von denen Du sprachst, gefielen Dir doch auch nicht. Deine Professoren wollten trotzdem, daß Du sie liest. Und glaub' mir eins: Als Deine Professoren so alt waren wie Du, haben ihnen diese Bücher auch nicht gefallen. Aber sie haben durchgehalten: Sie sind nun Prof's und Du mußt schwitzen"

Dieser Vergleich zieht nicht.
Nach Deiner Meinung müßte ich mir die Bücher jahrelang 'reinpfeifen, ohne über deren Sinn und Inhalt nachzudenken.
Nach meiner Interpretation renne ich, nach dem Lesen des Buches, mit einem Katalog Fragen zu meinem Prof. Ist es ein guter wird er mir alle meine Fragen geduldig und umfassend beantworten. Anschließend denke ich drüber nach, mehr oder weniger erfolgreich, und stürze wiederum mit einer Menge Fragen zum Prof. usw, usf.
Auf diese Weise entwickeln wir beide zusammen für mich ein Gedanken- und Verständisgebäude.

"Nehmen wir das klassische Ballett. So eine Ausbildung dauert so um die zehn Jahre mit fünf, sechs, oder sieben Stunden Übung täglich.
Dieses Training ist knallhart und jeder der Studenten wird quasi durch eine Form gepreßt, ein absolutes Einheitsmaß."

Und wozu führt das? Zu Krüppeln.
Ich habe eine Ex-Balletteuse bei uns im Training, die praktisch nichts mehr machen kann, ohne starke Knieschmerzen.
Warum? Weil sie jahrelang in eine Form gepresst wurde, die ihr Körper nicht durchgehalten hat.
Nehmen wir mal einen Augenblick an, ihr Trainer/Ausbilder/WieAuchImmer wäre etwas cleverer gewesen, hätte neueste sportmedizinischen Erkenntnisse einfließen lassen und Rücksicht auf die verschiedenartigen körperlichen Eigenheiten seiner Schützlinge genommen. Heißt das dann, dass er keine gute Balletteusen ausbilden kann? Müssen immer soundsoviele körperlich ruiniert auf der Strecke bleiben?
Ein echt mieses Beispiel.

Tschüssi
Ike

Jens S.
13-06-2003, 14:54
Hallo CeKaVau,

Du willst nicht verstehen.

Woran das liegt, weiß ich nicht, aber wahrscheinlich an Deiner Jugend oder Unerfahrenheit oder an beidem.
Mehr noch aber sicher an Deinem Charakter ...

Jens

P.S.:
Nach nochmaligen Durchlesen Deines Postings bin ich, nachdem ich die Einschätzung, daß Du lediglich nicht verstehen "wölltest", getroffen hatte, zu dem Schluß gekommen, daß Du es es wahrscheinlich doch eher einfach nicht kannst.

Beispiel gefällig?

Um das Hirnrissige an Deiner Argumentation bezogen auf mein "Ballett-Beispiel" herauszustellen, möchte ich ein weiteres Beispiel bilden, daß sich auf ähnlichem Intelligenz-Level bewegt, wie Deine Antwort.

Nehmen wir an, wir hätten uns über die Geschmacksrichtung "süß" getsritten und ich hätte versucht, Dir meine Auffassung am Beispiel "Nutella" zu verdeutlichen. Du hättest dann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeuit geantwortet: "Mieses Beispiel! Nutella ist braun, was ich nicht mag, und außerdem macht es dick."

Verstehst Du wahrscheinlich wieder nicht.
Daher kurz: Ich wollte Dir vermitteln, daß Interpretation gelernt sein muß. Ballett und hartes Training waren hier colorandi causa in Rede.
Du antwortest jedoch Dinge, die sich nach "Ballett mag ich nicht" anhören.

Bitte, bitte CeKaVau, belassen wir es dabei! Du kannst/willst nicht verstehen und ich habe einfach nicht die Lust und Zeit, darauf zu warten, bis sich das ändert.

Vegeto
14-06-2003, 15:22
Mir ist gerade noch etwas zu dem Thema eingefallen: Meister Funakoshi hat das System der Vitalpunkte unter der Bezeichnung Jintai-kyusho oder auch Kyushojutsu in Japan unterrichtet. Würde das nicht bedeuten das Vitalpunkte sehr wohl zum Shotokan hinzugehören?

Und aus dem Kakie können doch SV Techniken entwickelt werden die sogenannte Kumi-kata, sie bestehen doch auch aus der Stimulation der Vitalpunkte und sind daher ein Teil des Kyushojutsu!

So damit ich entgültig verstehe was Jens meint: die oben genannten Techniken also Vitalpunktstimulation und Kakie gehören zum Shotokan, aber nicht zu dessen Kernbereich. Wobei Kernbereich bedeutet: Kata und Entwicklung von Kime(Makiwaratraining, Entwicklung von Maximalkraft). Ist das richtig so?

Jens S.
14-06-2003, 19:57
Hallo Vegeto,

ja, so ungefähr.
Aber man muß bzgl. des Kernbereichs noch unterscheiden, nämlich in Kernziele und Kernmethoden, diese Ziele zu erreichen.
Kernziel ist die Fähigkeit, mit Kime Ikken-Hissatsu-Fähigkeit im Kampf zu erlangen. Dies wird mit Hilfe der Kernmethoden Kihon, Kata, Kumite und Makiwara versucht zu erreichen.

MfG
Jens

CeKaVau
16-06-2003, 10:39
Hallo Jens,

ich denke schon, dass Du mein Argument verstanden hast, warum Du es lächerlich machen mußt, weiß ich nicht. Wahrscheinlich kann ich das auch nicht verstehen, Du weißt schon, zu jung und zu blöd. :D

Jahrelanges, oder jahrzehntelanges, pressen in eine bestimmte körperliche Form, führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu permanenten Schäden. Dabei ist es egal, ob es sich um Karate, Ballett oder Unterwasservollkontaktorigami handelt - ich denke nicht, dass man dieses Argument missverstehen konnte.

Ich weiß auch nicht so recht. Meine beiden Karate-Idole habe beide über 35 Karate-Jahre auf dem Buckel und hatten es nie nötig an meiner Intelligenz oder Reife zu zweifeln. Ein Argument, ich sei nur erste Dan und könne deshalb nicht verstehen, habe ich auch noch nie von ihnen gehört.
Wahrscheinlich sind auch sie einfach zu sehr Produkte der deutschen Karate-Szene.

So long, and thanks for the fish.
Ike

P.S.: Wenn ich es so recht bedenke, scheint es gar nicht so übel zu sein, zur typisch deutschen Karateszene zu gehören.

Ike

Franziska
19-06-2003, 10:45
Hallo Jens S.,
ich habe mir mal die Mühe gemacht und alle Postings dieses Themenbereiches durchgelesen.
Mir geht es noch nicht mal um die verschiedenen Meinungen, die ich zwar nicht unbedingt teile, aber die durchaus ihren Sinn machen, sondern es geht mir um die Art und Weise.
Die Postings von Dir lieber Jens erscheinen mir durchweg überheblich und arrogant.
Wie stehst Du anderen Menschen gegenüber? Ist es das, was Du bis jetzt im Karate gelernt hast, außer Deinen Formen?
Versteckst Du Deine Unsicherheit hinter Deiner Redegewandtheit z.B. ....colorandi causa .... usw.
Was soll das eigentlich? Du behandelst hier den Ike (CeKaVa) wie einen dummen Jungen, der angeblich nichts versteht. Ich will hier nicht Partei ergreifen. Aber mir scheint, Du vestehst hier viel weniger und versuchst Dich hinter Deiner Argumentation zu verstecken. Akzeptiere andere Meinungen!
Du solltest Dir mal über das Wort "Tolleranz" Gedanken machen.
Eigentlich fand ich "Ossis" immer ganz nett... aber was Du hier ablieferst ist eher peinlich.
Gruß
Franzi

CeKaVau
19-06-2003, 12:36
Hallo Franziska,

meine Freundin findet Ossis auch sehr nett - vielleicht kennt Ihr Euch ja. :D

Das Jens S. ein Ossi ist, würde mich wundern. Es ist fast unmöglich hier 25 Jahre Karate gemacht zu haben. Bei Japanern trainiert zu haben, ist praktisch ausgeschlossen.

Tschüssi
Ike

Jens S.
19-06-2003, 13:37
Hallo Franziska,

wenn Du meine Meinung und die Art, wie ich sie vertrete, als peinlich empfindest, dann ist das Deine Sache.
Jedoch macht Dein statement auf mich den Eindruck von Voreingenommenheit, denn Du behauptest zwar, alle Postings des Threads gelesen zu haben, scheinst jedoch nur Dinge sehen zu wollen, die in Dein vorgefasstes Bild passen.

Sicherlich habe ich eine sehr bestimmte Art, meine Meinung zu vertreten, was nicht zuletzt auch daran liegen mag, daß ich schon eine Weile dabei bin.

Jedoch verdrehst Du die Tatsachen:
Wenn Du tatsächlich genau und vorurteilsfrei gelesen hättest, wüßtest Du, daß ich auf die Diskussion mit CeKaVau erst "eingestiegen" bin, als wiederholt von seiner Seite Äußerungen in meine Richtung fielen wie "Falsch.", "Das ist doch ein Witz." und ich möge doch den Mund nicht so voll nehmen.
So viel zum Thema "Toleranz", was im Übrigen offensichtlich nicht nur ich so gesehen habe, denn nicht ich wurde vom Moderator ob meines bereits allseits bekannten Stils gerüffelt.

Auch hat CeKaVau bei unserer Diskussion, ob absichtlich oder nicht ist egal, eine Technik angewandt, die man "Brandstiftertechnik" nennt. Das bedeutet in etwa, daß man auf die Argumente des Gegenüber nicht oder nur am Rande eingeht, dafür aber Dinge völlig abseits vom Thema und völlig abseits von der eigentlich zu treffenden Aussage aufgreift, um dort nachzuhaken. Damit macht man eine halbwegs am Thema orientierte Diskussion praktisch unmöglich. Das, das gebe ich gerne zu, hat mich so weit verärgert, daß sicher die eine oder andere Bemerkung meinerseits nicht besonders höflich war, wenngleich ich sie noch als angemessen empfunden habe.

Wenn Dir darüber hinaus mein Stil als "redegewandt" vorkommt, fasse ich das Kompliment auf, ist dies doch das, was, im Gegensatz zu dem, was andere häufig in Foren praktizieren, dazu verhilft, Kommunikation überhaupt zu ermöglichen.

Daß Du kein Fremdwörterbuch besitzt, bedaure ich außerordentlich. ;-)

Daß Du Ossi's "eigentlich" magst, ist sehr nett von Dir (Sie sind aber auch zu possierlich!). Diese Aussage impliziert (Fremdwörterbuch kaufen!), daß Du kein "Ossi" bist, was aber nichts Schlimmes ist. Schlimm ist nur, daß es "Wessi's" gibt, die sich für solche Aussagen (denn sie klingen wie "Ich mag Schimpansen.") nicht schämen. DAS ist allerdings wirklich peinlich ...
Soviel zu den Themen "soziale Intelligenz", "Überheblichkeit" und "Arroganz".

Jens

ikusagei
22-06-2003, 01:24
Hallo auch, mich würde mal interessieren, was ihr unter Bunkai versteht, und ob bei eurer Bunkai es mehrere bis ganz viele Angreifer gibt. Wird bei euch eine Kata immer nur mit mehreren Angreifern geübt??
Ich habe keine Ahnung vom Karate, deshalb möge mir diese Frage gestattet sein.
Viele Grüße aus Berlin.
Jörg
www.dim-mak.de

CeKaVau
23-06-2003, 09:53
Hallo Jörg,

Bunkai beschreibt die kämpferisch sinnvolle Interpretation und Anwendung der Kata und dessen Üben am Partner.

Bunkai gegen mehrere Partner und machbar und üblich aber nicht, wenn man zu nah an der Kata bleibt.

In so einem Falle betrachtet man die Kata als einen, wie soll ich sagen, Topf oder Pool von Techniken und Taktiken, auf die dann in freierer Form zugegriffen werden kann.

Braucht verdammt viel Übung.

Tschüssi
Ike

Goshinsatori
23-06-2003, 10:17
HI,

wir unterscheiden zwischen Bunkai (analyse der techniken) und Oyo (praktische Anwendung der Techniken).

Wir üben auch den Kampf gegen mehrere Gegner, indem wir z.B. die Wendungen als Feger oder als Möglichkeit der Abwehr von Tritten nutzen. CeKaVau hat damit recht, daß man dann aber sich nicht zu sehr an der Kata (dem Ablauf) orientieren darf. Diese Form der Übung fällt bei uns auch eher in Oyo.

Kata an sich (die HeianKata nehme ich da vielleicht raus) definiert für uns immer auch einen bestimmten "Kampfstil", welcher im Bunkai genau definiert werden kann.
Wobei wir aber darauf Wert legen, daß jeder Schüler eine andere Interpretation der Katatechnik wählen kann, je nachdem, wie die körperliche Konstitution des Schülers ist.

Franziska
23-06-2003, 11:35
Hallo Jens,
da ich erst jetzt Deine Antwort lesen konnte, möchte ich nur ganz kurz darauf antworten.

... Wenn Dir darüber hinaus mein Stil als "redegewandt" vorkommt, fasse ich das Kompliment auf...

ich würde hier nicht von einem Kompliment reden, sondern meine Vermutung liegt da bei mehr „Schein als Sein" (nimm es mir nicht übel).

... Diese Aussage impliziert (Fremdwörterbuch kaufen!), daß Du kein "Ossi" bist, was aber nichts Schlimmes ist...

Hier bekommst Du aber was ganz falsch „impliziert" (Deine Spitze wirkt schon wieder arrogant!): ich bin nun mal ein „Ossi"
Mein Prof. hatte es immer vermieden, soweit es ihm möglich war, mit Fremdwörtern umzugehen, vor allem aber Sprüche in Latein. Manchmal wollen diese Menschen nur „einen fliegen lassen" oder von anderen Dingen ablenken und sich in den sprachlichen Vordergrund rücken (das war immer sein Kommentar dazu).

Das soll es auch schon gewesen sein. Nimm es mir nicht übel: aber es ist nun mal meine Meinung zu dem, wie Du mit anderen im Forum umgehst. Sachlich ist es sicherlich ok. wenn auch oft sehr eng und einseitig gesehen.
Ich bitte die anderen Forenteilnehmer um Entschuldigung, da dies Posting nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun hat.

Wir trainieren bei uns Bunkai, indem wir einzelne Sequenzen aus der Kata herauslösen, sie im Kihon erforschen, dann unter Beachtung der Prinzipien ins Jiyu bringen. Würfe, Nahkampftechniken wie Hebel usw., die ebenfalls in den Kata enthalten sind, werden auf die gleiche Weise geübt und können dann in ein fortgeschrittenes, auf Erfahrung des Übenden beruhendes Bunkai einfließen. Wichtig dabei ist natürlich die Alltagstauglichkeit der Techniken. Damit ist für mich Kata nicht nur Form, sondern wirkliche Selbstverteidigung. Die Techniken innerhalb der Kata bilden also nur Beispiele, die es zu entwickeln gilt. Das ist mein Verständnis von Katabunkai.

Gruß
Franzi

Franzi

Jens S.
23-06-2003, 11:51
Hallo Franziska,

natürlich darfst Du eine Meinung haben.
So wie ich eben auch.
Und so wie Du es Dir anmaßt, mir Deine Meinung in belehrender Form "auf's Auge zu drücken", nehme ich mir das Recht heraus, Dich auf die Schippe zu nehmen.
Was Du aber nicht merkst und ganz verbissen zurücktrittst ... und damit den Eindruck unterstützt, daß Du eine "Berufsbetroffene" bist, die mit ihrem ersten Posting hier im Board ein flame in die Welt setzt und das auch beim zweiten Posting nicht merkt. ROFL

Jens

Michael Kann
23-06-2003, 12:14
Ist das gelebtes Karate was hier gerade abläuft?

Gruß
Mike

Jens S.
23-06-2003, 12:20
Hallo Michael,

Karate zu betreiben heißt doch nicht, immer der gleichen Meinung zu sein.
Und solange man sich nicht gegenseitig beleidigt ...

Jens

CeKaVau
23-06-2003, 12:26
Hallo Mike,

"Ist das gelebtes Karate was hier gerade abläuft?"

Du kennst die Antwort darauf: Ja.

Wie im realen Karate-Alltag halten Personen ihr Karate für DAS Karate. Pardon für Andersdenkende gibt es nicht.

Im Notfall wird eben von Trolls oder Flamern gelabert. Passenderweise immer dann, wenn die Argumente ausgehen.

Wie im richtigen Leben halt.

Tschüssi
Ike

Michael Kann
23-06-2003, 12:41
Also, Menschen betreiben KARATE und die Fehler der Menschlichkeit bleiben dadurch dem Karate nicht vorenthalten, dass war mir schon bewußt ... Trotz allem dachte ich immer, Karateka´s LEBEN Karate und ehrenhaftes Verhalten wäre eines der obersten Grundsätze?!

Gruß
Mike

Jens S.
23-06-2003, 12:43
Ja, klar, Toleranz gegenüber Intoleranten ...

Jens
P.S.:
Ürbigens schrieb ich "solange man nicht beleidigt ...". Die Meinung Anderer als Gelaber zu bezeichnen ... na ich weiß nicht.

Michael Kann
23-06-2003, 12:51
Also gelten hier die Regeln des Alten Testaments! Hab ich das jetzt richtig verstanden?

Gruß
Mike

Jens S.
23-06-2003, 12:59
Hallo Michael!

Sag mir, wie ich mich verhalten soll.

Einfach ignorieren?
Trotz der Tatsache, daß man sich ungerecht behandelt fühlt?

Jens

Michael Kann
23-06-2003, 13:04
Original geschrieben von Jens S.
Hallo Michael!

Sag mir, wie ich mich verhalten soll.

Einfach ignorieren?
Trotz der Tatsache, daß man sich ungerecht behandelt fühlt?

Jens

Was sagte Dir Dein Lehrer dazu?
Wie sind die Verhaltensgrundsätze des Karate dazu?

Gruß
Mike

Goshinsatori
23-06-2003, 13:15
HI,

W. Dexbach Shihan hat das in einem anderen Forum eigentlich richtig ausgedrückt.

Ein KK-Forum ist wie ein Dojo
Bevor man ein Dojo betritt muß man alle privaten Probleme, den Alltag etc. draussen lassen.

So kann man das auch in einem Board machen.

Das Ergebnis werden sachliche Diskussionen sein.

Und das Ziel der Kampfkünste ist bestimmt nicht, der BESTE zu sein oder das BESTE zu machen, sondern zu lernen, was Bescheidenheit bedeutet.
Diese Ziel zu erreichen ist nicht sonderlich einfach und wir alle sind noch ein Stück weit davon entfernt, aber es kann ja daran gearbeitet werden.

Jens S.
23-06-2003, 13:45
Hallo Michael,

die Verhatensgrundsätze des Karate besagen hierzu nach meiner Kenntnis, daß man Auseinandersetzungen aus dem Weg gehen soll.
Das meint aber den Fall der körperlichen Auseinandersetzung, so daß sich für diesen Fall formulieren ließe, das das Recht zur Not auch dem Unrecht zu weichen habe, wenn denn Schlimmeres verhindert werden kann.
Im Übrigen verlangt das Karate von mir, als Persönlichkeit unbeugsam und wahrhaft zu sein. Aber auch höflich.

Jens

Michael Kann
23-06-2003, 13:51
Original geschrieben von Jens S.
Hallo Michael,

die Verhatensgrundsätze des Karate besagen hierzu nach meiner Kenntnis, daß man Auseinandersetzungen aus dem Weg gehen soll.
Das meint aber den Fall der körperlichen Auseinandersetzung, so daß sich für diesen Fall formulieren ließe, das das Recht zur Not auch dem Unrecht zu weichen habe, wenn denn Schlimmeres verhindert werden kann.
Im Übrigen verlangt das Karate von mir, als Persönlichkeit unbeugsam und wahrhaft zu sein. Aber auch höflich.

Jens

Somit weißt Du wie Du Dich verhalten solltest ... ;)

Gruß
Mike

Jens S.
23-06-2003, 13:55
Hallo Michael!

da ich wahrhaftig und unbeugsam war, spielst Du sicher auf das "höflich" an.

Ich will mich lernbereit zeigen.
Jedoch zuvor eine Frage:
Hat es den Eindruck, ich hätte angefangen?

Jens

Michael Kann
23-06-2003, 14:00
Original geschrieben von Jens S.
Hallo Michael!

da ich wahrhaftig und unbeugsam war, spielst Du sicher auf das "höflich" an.

Da sage noch einer, der Mensch (ALLGEMEIN GEDACHT) wäre nicht Lernfähig ;)


Original geschrieben von Jens S.
Ich will mich lernbereit zeigen.
Jedoch zuvor eine Frage:
Hat es den Eindruck, ich hätte angefangen?

Jens

Gegenfragen
Hattest Du das Gefühl das ich NUR DICH angesprochen hatte?
Würde es etwas an den Fakten ändern wenn Du angefangen hättest?
Wird es dadurch eine BESSER Argumentation das Du nicht angefangen hast?
Was rechtfertigt es?

Gruß
Mike

Jibaku
23-06-2003, 14:08
Die Ansprüche an "gelebtes Karate" verwundern schon manches mal, wann wird man diesen denn gerecht?
Wenn man in einer Art klerikalen Zölibat von menschliche Regungen lebt?
Wer tut den soetwas? Gerade die, die immer das Wort von Do im Munde führen und im echten Karatedoka eine Art heiligen des Budo sehen funktionieren so eigentlich nur im Kontext der eigenen Schule und vor allem der (kritiklosen) eigenen Schüler.
Außenstehenden Gegenüber nehmen sie dann schon einmal, wie praktisch wo wir schon bei heilig sind, das Recht in Anspruch sacrosankt zu sein und dann dürfen sie auch gewaltig austeilen, sacro egoismo des eignen Dojo....?!

Wie Michael es schon sagte, die menschlichen Fehler halten, weil von Menschen betrieben auch einzug ins Karate, nur Frage ich mich, ob das hier überhaupt zutrifft.
Ist hier also überhaupt vom Ideal abgewichen worden?
Ich persönblich hatte immer besonders großen Respekt vor Budo Lehrern die im echten Leben standen und sich nicht eine aus angeblichen Budowerten künstlich generierte Welt geschaffen haben.
Und natürlch darf so jemand Spaß an eine Auseinandersetzung haben, er darf flapsig sein, ironisch sein, er darf betroffen sein aber auch getroffen, er darf sich wehren etc. ein paar Grenzen dürfen sicher nicht überschritten werden, diese sind aber sicher nicht starr sondern hängen maßgeblich auch vom Vorverhalten des Opponenten ab und hier sind wir am Knackpunkt!
Die meisten lesen nicht richtig, oder auch gar nicht und fühlen sich dann angegriffen oder aber aufgerufen verteidigend einzugreifen.
Ich hatte den Eindruck, daßn sich CeKaVu und Jens in der "herabwürdigung" des anderen nicht viel genommen haben ohne dabei völlig nach unten abzugleiten, wer es nun aber letztendlich geschickter gemacht hat soll jeder selbst beurteilen, einen Vorwurf würde ich daraus nicht konstruieren.
Ein Vorwurf allerdings ohne sich die Vorgeschichte anzusehen, die hier ja gut dokumentiert ist, ist ja sicher nicht ganz die feine Art!

Was nun Ehre oder ehrenhaftes Verhalten angeht, so stellt sich die Frage was man darunter versteht, einen gewachsenen, gleichbleibenden, objektiven Wert stellt es sicher nicht dar, historisch gesehen gibt es wohl kaum etwas was mehr mißbraucht wurde und Ehre war mit Mord und Totschlag und Sklaverei und was weiß ich nicht allem vereinbar.
Stellt man auf rechtliche Definitionen ab?
Wurde hier die Personenwürde herabgesetzt, wurde ein (verdienter) Ruf geschädigt? Ich denke eher nicht!
Bleibt nur noch "die innere Ehre" also die rein individuelle Vorstellung über den eigenen "inneren Wert" also das subjektive Ehrgefühl.
Ich kann mir nicht vorstellen, daß Jens dagegen verstoßen hat, aber ein solches "subjektives Ehrgefühl" verobjektivieren zu wollen und für andere als Handlungsmaxime hinzustellen finde ich anmaßend.

Ich neige dazu, gerade im Internet nur die, die immer von dieser Art religiösen Do Gedanken reden, auch daran zu messen, alle anderen schlicht an den in unserer Gesellschaft üblichen Regeln des Umgangs miteinander.

Jens S.
23-06-2003, 14:57
Hallo Michael,

nein, dieses Gefühl hatte ich zuerst nicht. Als Du jedoch auf meine Postings geantwortet hast, war ich mir da nicht mehr so sicher.

Zu Deinen Gegenfragen:
Da ich der Bergpredigt noch nie sonderlich viel abgewinnen konnte, macht dies für mich schon einen Unterschied.

Aber wie gesagt: Ich will lernen und zukünftig so formulieren, daß jegliches Mißverstehen ausgeschlossen ist.

Jens

ikusagei
23-06-2003, 21:51
@CeKaVau
Danke für deine Ausführungen. Aber wie wird euch das Beigebracht, ich meine wie erklärt dir dein Trainer eine Kata? Mit einem Angreifer sprich als Einzeltechnik, oder mit mehreren Angreifern, sprich als „ablaufenden Film“? Oder noch weiter gefragt, ist es für dich überhaupt wichtig zu wissen was du da „kämpfst“, oder erfreust du dich nur der Bewegung? Wenn es für dich wichtig ist zu verstehen was du da machst, was hat sich dadurch bei dir geändert? Bist du der Meinung, durch das (vermeidliche) verstehen (unter Anleitung deines / eines Trainers) einer Kata, die Kampfkunst besser zu verstehen?
Viele Grüße aus Berlin.
Jörg

CeKaVau
24-06-2003, 09:57
Hallo Jörg,

in alten Büchern liest man immer wieder, dass der Schüler keine Fragen zu stellen hat. Er soll die Kata ohne Fragen ausführen: Zuerst soll der Körper lernen, der Geist später.

Unglücklicherweise bin ich da völlig anderer Meinung. Ich denke, dass es höchst wichtig ist, zu wissen was man tut.

Bei mir, sprich zwischen meinem (oder meinen) Lehrer(n) und mir als auch zwischen meinen Schülern und mir läuft das so ab:

Die "Erklärung" der Kata läuft in mehreren Phasen ab, je nach Fortschrittsgrad.

Zuerst wird tatsächlich die Kata in Einzeltechniken erklärt und auch so geübt.

Später (viel viiieeel spääääter) wird der Schüler dazu geführt, die Kata als Gesamtheit von Techniken zu verstehen. Will sagen, der Schüler muss verstehen, dass die Kata einem nur Möglichkeiten bietet, die nach Situation frei anzuwenden sind.

Vereinfacht gesagt: Eine Kata enthält verschiedene Dachi, Kamae und Sabaki. Dem fortgeschrittenen Schüler ist es egal ob er einen bestimmten Block nun im Zenkutsu oder Kokutsu oder Neko-Ashi oder wie auch immer ausführt. Auch kann die Ausweichbewegungen zur Situation passend gewählt werden. Auch könne die Kombinationen zerlegt und anders wieder zusammengesetzt werden.
Passt in einer Situation z.B. der Mae-Geri nicht, wird er einfach weggelassen oder zum Kniestoß degradiert.

Verstehst Du, was ich sagen will?

Ist man soweit, ist es eigentlich egal, ob man die Kata auf diese Art gegen einen oder mehrere übt. Nur der Stesslevel erhöht sich erheblich.

Tschüssi
Ike

Dojokun
24-06-2003, 12:50
Hmmm, ich habe mir die Zeit genommen, nahezu alles noch einmal zu lesen.

Und mir fällt folgendes auf:
Irgendwie werden hier zwei "Lager" impliziert, die aber - so glaube ich - gar nicht so da sind.

Ich drücke es mal bewußt überspitzt aus:
Das eine Lager sind die "Dô-Fetis" mit dem Japan-Tick, das andere die "Ignoranten", die ohne Plan irgendwie durch die Gegend rennen.

Aber glaubt wirklich jemand, dass das zutrifft?
Bei 200.000 (??) Karateka in Deutschland ist es doch völlig klar, dass unterschiedliche Meinungen existieren.

Irgendwie kommt es mir wie die Diskussion "Welche KK ist besser" vor.
Nur heißt es hier: Welches Karate ist besser?

Jeder hat eine bestimmte Vorstellung von seiner KK.
Ist ein Judoka schlechter oder besser als ein Karateka?
Meine Güte, so etwas zu diskutieren ist doch Quatsch.
Aber "mein Karate ist besser als Deines", das wird diskutiert...

Neeeee, Toleranz (mit einem "L") ist leider hier und da etwas untergegangen.
Warum?
Nun, manchmal schaukelt sich etwas auf.
Die Erfahrung habe ich auch schon mal machen müssen ;)

Ich hätte daher an die Beiteiligten eine Bitte:
Was haltet ihr davon, wenn jeder seine Meinung zum THEMA in einem Posting zusammenfasst?
Ich denke, dass dann die Diskussion besser verlaufen könnte.


Was ich aber abschließend noch klarstellen möchte, damit keine Missverständnisse entstehen:
Ich greife niemanden persönlich mit diesem Posting an!
Ich erteile auch keinen "Rundum-Rüffel"!
Ich hätte nur gern, dass diese an sich sehr interessante und produktive Diskussion sinnvoll weitergeht.



OSS

Dojokun

Goshinsatori
24-06-2003, 13:28
HI,

egal, ob unterschiedlicher Meinung oder nicht.

"KÄMPFE MIT DEINEM GANZEN HERZEN UND DU WIRST SIEGEN,
EINEN KAMPF OHNE SEELE UND OHNE EHRE WIRST DU VERLIEREN"

Das ist es, worum es um Budo oder Bujutsu (Karate gehört schließlich dazu) geht. Nicht mehr und nicht weniger.

Dojokun
24-06-2003, 13:33
Oh ja, der Satz past wie dir Faust aufs Auge!!


Oss

Dojokun

Jibaku
24-06-2003, 14:17
Das eine Lager sind die "Dô-Fetis" mit dem Japan-Tick, das andere die "Ignoranten", die ohne Plan irgendwie durch die Gegend rennen.

Hm, oft ist das sicher die Diskussion, nur hatte ich den Eindruck, daß hier die Protagonisten, als Hauptvertreter spiele ich jetzt auf Jens und CeKaVu an, eben nicht diesen Extremen entstammen.
Mein Eindruck ist, daß sie beide keine reinen Sportkarateka sind und auch im bereich Do nicht in mystisch-philosophisches abzugleiten scheinen.
Vielmehr habe ich den Eindruck der Gegenstand der Diskussion wurde hier aus den Augen verloren.
Und vom Bunkai ausgehend, so schien mir, war man bei der Frage angelangt, "Ist Karate (Shotokan) ein Selbstbedienungsladen?", also wie frei ist der Einzelen in seinen Entscheidungen und wie beliebig ist seine Kunst.

CeKaVu sage einmal sinngemäß, daß auch ein Rückwärtssalto, sofern er sich aus einer Shotokankata ableiten ließe Shotokan wäre.
Ich möchte das mal etwas überspitzt zu Ende denken.
Nimmt man an, alle Shotokan Kata (Ich will hier noch nicht einmal die Frage nach der Auswahl stellen) sind gleichberechtigt, nimmt man weiter an, alle Techniken und Taktiken darin sind gleichberechtigt und nimmt man weiter den Heute üblichen Abstraktionsgrad im Kata Bunkai als gegeben an so lässt sich ohne Probleme die Aussage treffen "Boxen ist Shotokan!"
Fügt man nun dieser Überlegung weiter hinzu, daß es jedem Schüler völlig frei steht auszuwählen was immer er möchte, kann er zum Boxen, Judo oder was weiß ich was gehen und macht immer noch Shotokan.
Mein Eindruck ist in dieser Disskusion ging es im Kern um diese Fragen:
Gibts es einen (kleinsten) gemeinsamen Nenner?
Wie "beliebig" ist Shotokan?
Oder anders, hat Shotokan ein erkennbares technisches Gesicht?

Von dieser Frage, so schien es mir ist man dann über die Frage der Art der Vermittlung bis hin zur Frage des richtigen (Do gemäßen) Benehmens im Internet abgewichen.




"KÄMPFE MIT DEINEM GANZEN HERZEN UND DU WIRST SIEGEN,
EINEN KAMPF OHNE SEELE UND OHNE EHRE WIRST DU VERLIEREN"
So richtig der Lehrgehalt dieser Aussage sein mag, so sehr entspringt sie aber einem Do-Gedanken.
Es ist schlicht eine Metapher, die wörtlich weder für das Karatejutsu noch für den Sport oder auch nur das Kämpfen allgemein gilt!
Für die Hingabe im Budo, im übertragenen Sinne aber mit Sicherheit!
Ich finde nur zu häufiger und unpassender Gebrauch lässt solche, richtigen und wichtigen Aussagen zu Floskeln verkommen!

Vegeto
24-06-2003, 14:44
Da fällt mir spontan der Satz von Wingman aus dem "Shaolin Kempo - Shotokan" Thread ein:


Mit der Zeit stellt man jedoch fest, das es weit mehr ist und es praktisch keine Grenzen bei den Techniken geben muss, da es ein offenes System ist

Verglichen mit:


so lässt sich ohne Probleme die Aussage treffen "Boxen ist Shotokan!"

Wäre das garnicht so abwegig wenn man es so formulieren würde:

Das Prinzip des Boxens existiert auch im Shotokan.

Jens S.
24-06-2003, 15:02
Bravo, Jibaku!

Jens

CeKaVau
24-06-2003, 16:29
Hallo Jibaku,

in meinen Augen gibt es kein Copyright auf das Wort Shotokan. Damit kann sich in der Tat niemand hinstellen und sagen: DAS ist Shotokan.
Im Umkehrschluss heißt das auch, dass sich niemand hinstellen kann und sagen: DAS ist NICHT Shotokan.

Ich finde Dein Posting eine hervorragende Analyse der Situation.

Tschüssi
Ike

Jibaku
24-06-2003, 16:48
Hallo Ike,

auch ich strebe keine Negativdefinition an, die dem Ausübenden untersagt dieses oder jenes zu machen, auch gibt es sicher für so ziemlich alles einen interpretatorischen Freiraum, nur ist es wirklich so, daß es nichts einigendes im Shotokan gibt?
Ist es völlig egal was ich tue, solange der Anzug weiß ist, der Grürtel bunt und an der Tür Shotokan steht mache ich Shotokan?
Ich will eine Gemeinsamkeit nicht als Einschränkung verstanden wissen, man kann Bunkai von Kakie über Vitalpunktstimulation bis Bodenkampf machen und von mir aus sich auch aus dem reichhaltigen, östlichen wie westlichen, Do oder Sportwissenschaftlichen Vermittlungsfundus bedienen, nur gibt es wirklich, Deiner Ansicht nach, keinen Kern der unsere Kunst unterscheidbar, individuell und anders als andere macht?
Ist Shotokan, wenn es das ist was die Gesamtheit der Shotokanbetreibenden macht, tatsächlich allen Moden und Vorlieben seiner Adepten vollkommen unterworfen?
Das gibts sonst bei keiner Sportart oder Wissenschaft, Mathe ist doch auch nicht Bio (Um einen Vergleich aus der Schule, in der wir ja wohl alle waren, zu wählen) nur weil ich es so will? Das ich in Mathe aber eigene Denkmodelle oder Lösungswege entwickele ist natürlich zulässig.
Versteh mich nicht falsch, jedem seine Auffassung, nur ich kann es mir nur schwer vorstellen.
Ich hab mal an anderer Stelle geschrieben: Dann ist (Shotokan) Karate alles, aber nichts mehr Karate....?!

CeKaVau
24-06-2003, 17:22
Hallo Jibaku,

nein, so habe ich das nicht gemeint. Ich habe nur gesagt, dass eigentlich jeder alles machen kann und darf es trotzdem Shotokan nennen darf. Es gibt keinerlei rechtliche Einschränkung dafür.
Ich bin nicht der Meinung, dass es auch so gemacht werden sollte.

Meine Meinung, also wie ich Shotokan definiere, steht hier schon mal irgendwo - ich hab's mal schnell auszugsweise herauskopiert:

" Ich glaube Shotokan besteht aus dem in den (Shotokan -)Kata verschlüsselten technischen, taktischen und psychologischen Techniken und der Gesamtheit ihrer Interpretationen.

...

MEIN Shotokan besteht nun wiederum aus einer Auswahl aus dieser Mannigfaltigkeit. Die Auswahl muss zu mir passen, körperlich und psychologisch und funktionell sein, sprich, ich muss damit die größtmögliche Überlebenschance haben."

Tschüssi
Ike

Jibaku
24-06-2003, 19:25
Hallo Ike,

ja das hatte ich gelesen, ich halte das aber für sehr wenig...!
Darum schrieb ich ja weiter oben:
Nimmt man an, alle Shotokan Kata (Ich will hier noch nicht einmal die Frage nach der Auswahl stellen) sind gleichberechtigt, nimmt man weiter an, alle Techniken und Taktiken darin sind gleichberechtigt und nimmt man weiter den Heute üblichen Abstraktionsgrad im Kata Bunkai als gegeben an so lässt sich ohne Probleme die Aussage treffen "Boxen ist Shotokan!"
Fügt man nun dieser Überlegung weiter hinzu, daß es jedem Schüler völlig frei steht auszuwählen was immer er möchte, kann er zum Boxen, Judo oder was weiß ich was gehen und macht immer noch Shotokan.

Nach Deiner Definition besteht dann die Gemeinsamkeit der Shotokanstilisten lediglich darin sich aus dem gleichen Fundus bedient zu haben.
Und dieser Fundus ist, wie ich in meinem Eigenzitat (Wirkt etwas anmaßend sich selbst zu zitieren...na ja) darzulegen versucht habe, wirklich riesig.
Im Ergebnis können hier zwei "Karateka" herauskommen, die zwei unterschiedliche Kata gewählt haben und hierbei noch verschiedene Techniken und Taktiken, wenn es ihnen nun frei steht auch alles andere weg zu lassen, dann macht der eine von der Form her vielleicht etwas wie Judo und der andere Tea Kwon Do, sie haben keine Gemeinsamkeiten mehr.
Das wäre wie wenn ein Schwimmer und ein Läufer sagen : "Wir machen Triathlon" nur weil sie einst aus dem gleichen Fundus ausgewählt haben (Ich weiß, der Vergleich hinkt etwas, weil Triathlon eine abschließende Definition hat, es soll nur den Grad der Entfernung verdeutlichen).
Ich will gar nicht sagen, daß der eine sich nicht hin zu Bodentechniken entwicfkeln soll und der andere zu hohen Beintechniken (Oder was auch immer) nur sollte es nicht dazwischen etwas verbindendes und vor allem verbindliches geben, etwas was den Stil erkennbar und von anderen unterscheibar macht? Etwas das sicher in Grenzen individualisierbar und interpretierbar ist, jeder Mensch ist anders, das aber gleichwohl verbindlich ist?

Wie sich unschwer erkennen lässt, bin ich dieser Ansicht, und gehe für mich sogar noch weiter, denn ich glaube es gibt auch eine dem Karate eigene Vermittlungsmethodik, die ich aber nicht so eng wie Jens sehe, nur gar nichts davon, also vollkommene Beliebigkeit ist in meinen Augen zu weit um noch als eine Definition der eigenen Kunst/Sportart zu taugen.
Was im übrigen nichts mit schlechter oder Besser zu tun haben muss.
Auch die Weitergabe der Kunst oder die Entwicklung an und mit anderen wird so schwierig (Weil wir hier ja schon so viel aus der Bibel hatten: Der Turmbau zu Babel)

Jens S.
24-06-2003, 20:10
Hallo Jibaku,

nahezu alles, was Du schreibst, gibt auf den Punkt das wieder, was auch ich vermitteln wollte.

Was mich jedoch interessieren würde, wäre, was das Deiner Meinung nach zu enge meiner Ansicht über eine angemessene Karate-Vermittlungsmethodik ausmacht.

Gruß
Jens

Jibaku
24-06-2003, 22:11
Hallo Jens,

das ist einfach gesagt, auch wenn Deine Formulierung impliziert, daß ich Deinen Weg für falsch halte, das tue ich nicht, ich halte ihn nur für mich nicht gangbar, es ist das, was Du, so wie ich es verstanden habe, unter "Vertrauen" subsumierst.

Ich bin der Auffassung, daß auch ein intellektueller Zugang zum Karate sinnvoll ist und zum Verständnis beiträgt.
Auch denke ich, daß nicht erst die Kernaussage (Kata) verstanden sein muss um über eine Interpretation (Bunkai) die Anwendungsbeispiele (Oyo) mit Leben zu füllen, vielmehr ist auch über die Beispiele ein Zugang zum Kernprinzip möglich (Nicht nur im Karate fällt mir lernen anhand von Beispielen leichter).
Ich bin der Auffassung, daß eine solche Methodik der westlichen Art zu lernen Rechnung trägt und man nicht neben der neuen Materie auch noch eine neue, zudem sehr harte Art zu lernen annehmen muss.
Natürlich ist ein gewisses Maß an Grundwissen unabdingbar und man muß sicher auch Dinge lernen die man nicht oder noch nicht versteht nur versuche ich diesen Bereich möglichst klein zu halten.
Im übrigen habe ich den Eindruck, daß nicht nur Europäer, sondern auch Japaner nach dieser Methode oft schneller und vor allem motivierter lernen (Eine Erfahrung nicht aus dem Karate, sondern aus dem Skisport).
Auch das heißt nicht, daß meine Methode grundsätzlich besser ist, nur ist sie, so meine ich, für die in Deutschland vorherrschende Vereinsstruktur geeigneter, sie fordert eben nicht dieses hohe Maß an Vertrauen und diese enge Bindung.
Ich hatte für mein persönliches Training auch schlicht nicht die Wahl.
Und genauso wie Do ist auch das Lehrer-Schülerverhältnis in Deutschland (Ich habe den Eindruck nicht nur hier) etwas was auch gerne für egoistische Interessen missbraucht wird, Du weißt auf wen ich anspiele, weswegen ich arge Bedenken bei einem derartigen Vertrauensvorschuss hätte.

Auch neige ich dazu, mehr Bunkai zu machen als es in der JKA vielleicht üblich ist, gerade im Jugendbereich (Aber nicht nur da) macht soetwas auch Spaß, motiviert und hält die Jugendlichen bei der Stange, was eine intensivere Beschäftigung mit dem Karate erst ermöglicht, genauso wie ich durchaus auch mal Yoko Tobi Geri über bevor der Yoko Geri sitzt, man steht halt in Konkurrenz zum Skateboard, Computerspielen etc. ich sehe darin kein Verbrechen gegen das Karate wenn die Ernsthaftigkeit gewahrt bleibt.
Bauchschmerzen bekomme ich nur, wenn sich die Jugendlichen beim JuJutsu an den Mattenrand stellen und sagen: "Haben wir auch in Kata XY, ist auch Karate...?!"

ikusagei
24-06-2003, 23:27
@CeKaVau

Hallo Ike
Schönen Dank für deine Antwort.

Ich halte genauso wenig wie du von dieser Aussage, denn wer nichts hinterfragt, der lernt auch nichts!

Warum lernen die Schüler erst sehr viel Später worauf es ankommt?

Du schreibst:
Vereinfacht gesagt: Eine Kata enthält verschiedene Dachi, Kamae und Sabaki. Dem fortgeschrittenen Schüler ist es egal ob er einen bestimmten Block nun im Zenkutsu oder Kokutsu oder Neko-Ashi oder wie auch immer ausführt. Auch kann die Ausweichbewegungen zur Situation passend gewählt werden. Auch könne die Kombinationen zerlegt und anders wieder zusammengesetzt werden.
Passt in einer Situation z.B. der Mae-Geri nicht, wird er einfach weggelassen oder zum Kniestoß degradiert.

Hast du dir mal Gedanken darüber gemacht, warum sich jemand die Mühe gemacht hat eine Form zu entwickeln? Ist da eventuell noch mehr als „schlagen, treten und blocken“ vorhanden?
Kannst du dir vorstellen, dass eine Kata entwickelt wurde, um die „Grundtechniken“ zu vermitteln? Warum Trainieren wir alle (Karate, Kung-Fu,…..) die Formen, nur der Grundtechniken wegen?
Bist du zufrieden mit deiner Ausbildung, was die Formen betrifft?
Viele Grüße aus Berlin.
Jörg
www.dim-mak.de

Jens S.
25-06-2003, 09:35
Hallo Jibaku,

ich glaube zu verstehen, was Du sagen willst ... und teile es!

Wir liegen einmal wieder gar nicht so weit auseinander.
Zwar mag meine hier im Thread hervorgekommene Haltung zum Interpretieren/Hinterfragen starr und unbeweglich erscheinen, in Wirklichkeit stehe ich dem jedoch keineswegs so ablehnend gegenüber, wie es den Anschein gehabt haben könnte.
Ein Grund für meine Argumentation war, daß es in Diskussionen, bei denen sehr gegensätzliche Positionen aufeinanderprallen, gemeinhin nicht um Differenzierungen und Relativierungen geht, sondern eben nur um die Abgrenzung. Dies erreicht man nicht, indem man seine Position schwächt, weil man sie relativiert.

Dir gegenüber fällt es aber natürlich leichter, einschränkend zu sagen, daß es selbstverständlich kein starres Hinterfrage- oder Interpretier-Verbot gibt. Noch weniger, und so gut kennst Du mich sicher, stört mich ein intellektueller Zugang zur KK (Was haben wir deswegen gestritten!).

Was mich zweifeln läßt, ist eher die Frage nach der intellektuellen Qualität des Hinterfragens/Interpretierens, denn es erscheint schon ein wenig komisch, wenn der Weißgurt in der ersten Trainingsstunde ohne das geringste Fünkchen Sachverstand damit beginnt.

Natürlich könnte man nun einwenden, wann denn, wenn es denn für eine gewisse Zeit verboten sein soll, die Lehre in Zweifel zu ziehen, der Zeitpunkt gekommen ist, zu dem man nach dem "Verbotenen" greifen darf.
Genau diese Fragetsellung zeigt aber das Vereinfachende der Gegenposition, denn diesen Zeitpunkt gibt es natürlich nicht, weil das "Erwachsenwerden" in der KK ein Prozeß ist, wie es auch beim Lebensalter ist, wo es ja auch schwerfällt, ein Datum dafür zu nennen, an dem aus dem Kind ein Erwachsener wird.

Und eines muß auch klargestellt werden: Meine Position wurde hier so interpretiert, daß nach meiner Diktion sogar Verstehen "verboten" sein soll ("Ich verstehe gerne, was ich tue.").
Das ist natürlich völliger Unsinn, denn es geht nicht um das notwendige Verstehen, sondern um den denknotwendig Zweifel involvierenden Begriff Hinterfragen.
Wenn man daher Hinterfragen als "Das verstehe ich noch nicht. Bitte erklär es." interpretiert, dann ist das etwas völlig anderes als ein "Das verstehe ich nicht und deswegen kann das nicht sein.".
Ersteres geht natürlich von Anfang an, ist aber auch kein Hinterfragen, sondern ein Nachfragen. Das demgegenüber sehr selbstsicherere "echte" Hinterfragen ist ein Prozeß, der meiner Meinung nach viel später einsetzen sollte, da er, so das Hinterfragen eine Abweichung von der Lehre zum Ergebnis hat, zu echten Konsequenzen führt. Und genau dies einschätzen zu können, ist eine Frage von großer Erfahrung.

Nicht das Geringste gibt es aus meiner Sicht auch gegen Dein "Am-Beispiel-Lernen" zu sagen. Genau diese Funktion hat ja das Bunkai.
Sicher, und darauf spielst Du wohl an, erscheint meine Position, daß Bunkai sei lediglich Verständnishilfsmittel und keine eigentliche Übung, sehr rigid. Sie findet ihre Berechtigung aber lediglich in der Rolle des Karate als Budo, welches nun einmal bestimmte Erkenntniswege naheliegender erscheinen läßt als andere.
Wenn man dies jedoch "außen vor läßt", dann gibt es auch aus meiner Sicht keinen Grund, der das Prinzip-lastigere Budo dem Beispiel-lastigeren Bujutsu gegenüber in qualitativer Sicht hervorhebt. Seit jeher gibt es beide Wege und sie beide führen wohl zum Ziel.

Beste Grüße
Jens

CeKaVau
25-06-2003, 09:47
Hallo Jörg,

äh, also irgendwas habe ich da nicht mitbekommen. Habe ich Deine letzte Frage vielleicht falsch verstanden?


Kann sein, ich versuche trotzdem mal, auf Dein letztes Posting zu antworten.

"Ist da eventuell noch mehr als „schlagen, treten und blocken“ vorhanden?"

Ja, natürlich. Ich hatte doch ausdrücklich gesagt, dass ich ein einfaches Beispiel angebe.

"Kannst du dir vorstellen, dass eine Kata entwickelt wurde, um die „Grundtechniken“ zu vermitteln? "

Sogar noch viel mehr als das. Nicht nur Grundtechniken, sondern auch taktische Verhaltensweisen, Ausweichbewegungen und was weiß ich nicht alles.


"Warum Trainieren wir alle (Karate, Kung-Fu,…..) die Formen, nur der Grundtechniken wegen?"

Nein - ich denke man kann Kata aus vielen Gründen trainieren. Zum Üben der Grundtechniken, weil es Spaß macht, damit man sie ohne Nachdenken anwenden kann, usw.

"Bist du zufrieden mit deiner Ausbildung, was die Formen betrifft?"

Nein, bei Weitem nicht. Ich wünschte, ich hätte viel mehr Zeit zum meinen Lehrern zu fahren.

Alles in Allem habe ich die Fragen Deines Postings beantwortet, nur warum weiß ich nicht. Die Antworten kennst Du ja alle offensichtlich schon. Warum dieser Ton? Habe ich Dich beleidigt?

Oder habe ich Deine Frage, in der ich in meinem letzten Posting geantwortet hatte, falsch verstanden?

Falls das so sein sollte, nehme ich mir deine (vorletzten) Fragen noch mal Stück für Stück vor:

"Aber wie wird euch das Beigebracht, ich meine wie erklärt dir dein Trainer eine Kata? Mit einem Angreifer sprich als Einzeltechnik, oder mit mehreren Angreifern, sprich als „ablaufenden Film“?"

Uns, also mir, wird die Kata als Ablauf relativ kurzer Kombinationen beigebracht. Je länger eine Kombination ist, desto unwahrscheinlicher ist es, sie unveränder anwenden zu können.
Darum betrachten wir die Kata auch nicht als "ablaufenden Film".
Üben wir mit mehreren Gegnern Bunkai, so wird nicht der erste Gegner mit Kombination 1 aus der Kata, der zweite Gegner mit Kombination 2 aus der Kata und der dritte Gegner mit Kombination 3 aus der Kata usw abgewehrt. Das würde an der Praxis weit vorbei gehen.
Die Kata gibt eine Sammlung von Reaktionsmöglichkeiten vor, aus der nach Bedarf und Situation ausgewählt werden kann.

"Oder noch weiter gefragt, ist es für dich überhaupt wichtig zu wissen was du da „kämpfst“, oder erfreust du dich nur der Bewegung?"

Ich halte es für ausgesprochen essentiell zu wissen, was man da tut. Kennt man den kämpferischen Inhalt einer Kata nicht, könnte man auch Bodenturnen machen.
Manchmal, wenn ich halt so drauf bin, bewege ich mich aber auch nur, der Bewegung willen.

"Wenn es für dich wichtig ist zu verstehen was du da machst, was hat sich dadurch bei dir geändert?"

Über alle Maßen viel. In dem Moment, als mir klar wurde, dass in der Kata mehr als Schlagen und Treten gemacht wird, wie tief Techniken versteckt und wieder hervorgeholt werden können, hat das für mich eine völlig neue Karate-Welt geöffnet.

"Bist du der Meinung, durch das (vermeidliche) verstehen (unter Anleitung deines / eines Trainers) einer Kata, die Kampfkunst besser zu verstehen?"

Verständnis hilft immer beim Verstehen, oder? :)

Ich hoffe, dass ich diesesmal Deine Fragen richtig aufgefasst habe.

Tschüssi
Ike

CeKaVau
25-06-2003, 09:57
Hallo Jibaku,

"Nach Deiner Definition besteht dann die Gemeinsamkeit der Shotokanstilisten lediglich darin sich aus dem gleichen Fundus bedient zu haben."

Ja genau, genau das wollte ich damit sagen.

Ich denke uns allen (also ich meine uns Shotokanler) verbindet die gemeinsame Wurzel der gemeinsamen Kata.
Welchen Zweig des Baumes dann jeder besteigt, ist jedem selbst überlassen. Das teilt sich dann nach Interessen, körperlichen Voraussetzungen und was weiß ich nicht alles.

Tschüssi
Ike

ikusagei
27-06-2003, 11:53
@CeKaVau

Hallo auch, nein, nein du hast mich nicht beleidigt! Sollte mein Ton, wenn das überhaupt möglich ist bei einem „Schriftverkehr“ dann ist das wirklich nicht so gemeint gewesen.
Die Fragen habe ich gestellt, weil mich natürlich auch andere Meinungen interessieren. Danke für die Antworten, sie kommen den Meinen sehr nahe.
Wenn ich mir Leute ansehe, die eine Kata laufen, so frage ich mich öfters, wissen die überhaupt was sie da tun? Die Formen werden entweder absolut kraftlos gelaufen, oder aber sehr schnell, sodass die Form schon wieder unsauber wird. Mich hat es einfach mal interessiert, wie bei euch eine Kata gelehrt wird.
Na ja, vielleicht bin ich ja ein „Pedant“ was Kata betrifft, aber eine Kata ist für mich das größte.
Eine Frage noch, wenn es erlaubt ist:
Wenn dir dein Trainer eine Kata zeigt / beibringt, und dir im selben Atemzug erzählt, dass du diese Form für die nächsten fünf Jahre studieren sollst, bevor du eine neue gezeigt bekommst, hättest du noch Interesse am Training bei ihm, oder würdest du dir einen neuen Trainer suchen? Ist ne blöde Frage, aber wie würdest du dich entscheiden?
Viele Grüße aus Berlin.
Jörg
www.dim-mak.de

CeKaVau
30-06-2003, 12:39
Hallo Jörg,

ich habe Deine letzte Frage schon am Freitag gelesen - nur eine Antwort ist mir auf die Schnelle nicht darauf eingefallen.

Würde ich fünf Jahre bei EINER Kata verbringen, ja oder nein. So einfach läßt sich das nicht beantworten, denn die Sache würde für mich von einigen Faktoren abhängen.

1.) Wer ist der Trainer, wie stehe ich zu ihm? Wie steht er zu mir?

2.) Wie steht es mit der Kata, passt sie zu mir? Will sagen, passen ihre körperlichen Anforderungen und ihr Kampfstil zu mir?

3.) Und schließlich: Beides zusammen. Interpretiert der Trainer die Kata so, dass ICH etwas damit anfangen kann.

Falls das letzte etwas unklar sein sollte, hier ein Beispiel für das was ich meine:
Im Thread "Physik des Karate - ein Erklärungsversuch" hat Jens S. etwas von Kettenstößen in der Gojushiho Sho (Nukite-kombinationen) erzählt. Der Zusammenhang war ein völlig anderer, aber was soll's.
Würde man tatsächlich versuchen, mir ein derartiges Bunkai anzudrehen, wäre die Kata nichts für mich, da ich sie nicht praktisch verwerten könnte.

Würde aber all' diese drei Punkte treffen, hätte ich absolut nichts dagegen, für fünf Jahre diese Kata ausschließlich zu trainieren.

Tschüssi
Ike