PDA

Vollständige Version anzeigen : Erfahrungen mit Paul Chen-Waffen?



Sefie
12-05-2009, 00:56
Hallo Leute,
Ich hoffe einfach mal, dass ich mit der Frage hier richtig bin.

Als langjähriger Sportfechter (Florett&Degen) habe ich als ich letztes Jahr in die Mittelalterszene gerutscht bin mit Schaukampf (1,5-Händer) angefangen. Letzten Oktober habe ich dann einen Workshop "Swashbuckling" gemacht und war begeistert - dort konnte ich endlich das im Sportfechten gelernte Handling auf Schaukampf übertragen.

Nun mache ich mich zur neuen Saison auf die Suche nach einem Schaukampf-Rapier. Es sollte einen offenen Korb (keine Glocke) und eine S-förmige Parierstange haben und möglichst leicht sein (an die 400g meines Degens werde ich nicht rankommen, aber unter 1kg darf's schon sein).
Außerdem sollte es ohne Scheide nicht über 300€ kosten.

Der erste Hersteller, den ich da gefunden habe war Paul Chen (http://shop.mareg.net/mittelalterschwerter/dekowaffen/degen-rapiere-saebel/rapier-17-jahrhundert.php) (gefällt mir optisch sehr gut - Schwerpunkt und Gewicht stehen leider nicht dran), auf den ich letztes Jahr schon gestoßen war. Nun hat mir vor kurzem aber jemand zwei 1-Händer von Chen gezeigt, die klapperten, deren Griff nach Plastik aussah und die insgesamt keinen guten Eindruck machten.

Hat hier jemand Erfahrung mit Rapieren von Chen? Oder einen anderen Anbieter in der Preisklasse, der meine Wünsche befriedigen könnte?


P.S. den Buckler dazu werde ich mir wohl demnächst selbst schmieden, aber von selbstgemachten Klingen bin ich noch Jahre entfernt ;)

Jörg B.
12-05-2009, 08:31
Bei Paul Chen kommt es sehr darauf an, ob die Klinge in der Früh- oder der Spätschicht gefertigt wurde. ;)

Ernsthaft, es gab und gibt z.T. recht drastische Schwankungen in der Qualität. Ich kenne Leute, die mit einem Chen-Prügel seit Jahren trotz intensivem Training keine Probleme hatten, und ich kenne Waffen, die nach einem(!) Trainingseinsatz mit moderater Intensität reif fürs Altmetall waren. Und bevor es einer anzweifelt, Waffen der Kategorie eins finden sich u.a. bei Maister Terry Brown in London, Waffen der Kategorie 2 fanden sich in meiner Trainingsgruppe, Thomas Stoeppler kann das gerne bestätigen. ;)

Wenn Dich eine Bestellung in denn USA nicht scheut, schau Dir mal die Rapiere von Darkwood Armory (http://www.darkwoodarmory.com/index.php?main_page=product_info&cPath=2_5_19&products_id=18)an. Die preisgünstigsten Modelle mit 42" Klinge gibt es dort für 265$, das sind derzeit 195 €, zzgl. 55$ Versand, zusammen umgerechnet 235€. Selbst wenn Du ggf. Zoll zahlen musst (ich kenne die aktuellen Freigrenzen nicht, habe irgendwas mit 420 € im Kopf) und am Ende den Dollarpreis in Euro oder etwas mehr zahlst, bist Du gut bedient.

Darkwood gehört in den Staaten quasi zu den Standardausrüstern der hist. Rapierfechter, damit machst Du nichts verkehrt.

Was das Gewicht angeht, die originalen Rapiere, die ich kenne, wiegen selten weniger als 1 kg, mit ~ 1,3 kg bei ~ 120 cm Länge hast Du eine den Durchschnitt ziemlich genau treffende Waffe.

Und wenn Dich das Thema *ernsthaft* interessiert, drei Tips:
1. Lass das mit dem Schmieden und verwende Deine Zeit fürs Fechten, Buckler kosten so gut wie nix (jedenfalls im Vergleich zu einem Schwert ;)), und was man kaufen kann, muss man nicht selber machen
2. Die klassische Beiwaffe fürs Rapier ist der Dolch, nicht der Buckler
3. Vergiß die nächsten 1-2 Jahre die Beiwaffe und konzentriere Dich auf das Rapier allein; meine Erfahrung zeigt, das die meisten Leute damit schon völlig ausgelastet sind ;)

Ach ja, und noch was: was Du da auf dem Workshop gemacht hast, war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein historisches Rapierfechten. ;)

Sefie
12-05-2009, 09:01
Wow, das ging schnell, danke schon mal für die Hinweise. Darkwood hab ich schon wo anders erwähnt gefunden.

Das der Workshop weniger mit historischem als mit Theaterfechten zu tun hat ist mir durchaus klar. Das habe ich im Workshop oft genug gemerkt, wenn der Leiter mich ermahnte doch bitte langsamer zu Schlagen und nicht auf den Menschen sondern auf die Waffe zu zielen. :D Ich habe bewusst erwähnt, dass ich mit dem Rapier Schaukampf vor habe; für historisches Fechten habe ich vermutlich gar nicht die Geduld und Penibilität.

Das mit dem Gewicht habe ich mir schon fast gedacht... Was ich gefunden habe bewegte sich auch zwischen 900 und 1250g bei 90cm Klingenlänge (109-120cm Gesamtlänge).

Zu dem Buckler:
Ich hab gelesen, dass je nach Epoche 2. Rapier, Dolch, nichts, Mantel oder Buckler genutzt wurden und da mein Partner wenig geübt ist hätte ich gern was in der Seithand, womit man vernünftig parieren kann. Dass ich recht fix das Rapier hinreichend sicher gehändelt kriege traue ich mir durchaus zu. Und schmieden will ich den nicht, weil ein gekaufter Buckler zu teuer wäre oder weil ich zu viel Zeit habe, sondern weil ich für das Reenactment ohnehin am Schmieden bin (bislang vor allem Ess- und Grillbesteck und verschiedene Gebrauchsgegenstände für das tgl. Leben im Lager) und ich für irgendwann eh mal Plattnerei ausprobieren wollte (habe einen Bekannten, der sich seine Schaukampf-Platte komplett selbst geschmiedet hat und mir mit Rat und Tat zur seite steht). Außerdem schmiede ich gemeinsam mit meinem Onkel der bereits einen guten, stabilen Schildbuckel für seinen Rundschild (Schild aus Holz, 50-60cm Durchmesser) geschmiedet hat.

Wir sind in dem Zusammenhang eher auf dem Trip zu sagen "was man selbst machen kann muss man nicht kaufen". ;) Besteck, Möbel, die meisten Gewandungen & Kochstelle auf Kniehöhe sind schon selbstgemacht, die Rüstungen größtenteils Stark angepasst.

Klingenfreund
13-05-2009, 19:30
Paul Chenn für den Schaukampf... das kommt darauf an wie ihr reinprügelt, uns ist ein gotischer Einhänder schon in der Angel gebrochen. Wie schon vorher gesagt wurde kommt auf die Herstellungszeit an. rein für den Schaukampf empfehle ich dir Kovex Ars, Marek Armoury oder ganz oben Jirca Noak...im Allgemeinen srellen die Tschechen die besten waffen für den Schaukampf her. Zurück zu Chenn, Han Wei stellt sehr gute Qualität für Kampfkunst oder Realfechten her, der "günstige" 1,5er ist zudem ein zugelassenes Schwert für den freikampf, weil die Klinge sich biegt. Auch desswegen wird sie im schnellen und hiebintensiven Schaukampf sehr flattrig und unpräziese.
Noch n tip zum Schluss, lass bloß die Finger von den Billigmüll was aus irgendwelchen MA Seite als schaukampftaugliche Waffe angepiesen wird, du hast keinen Spass damit , ehrlich.
In Sachen Rapire und Degen bist du beim günstigen Chenn gut aufgehoben, aber auch da sind die Tschchen net schlecht, Darkwood kostet sehr viel Porto und u.u kann es dir am Zoll pasieren das der Knüppel erst mal ausgiebig betrachtet, sprich für geraume Zeit aus dem Verkehr gezogen wird, ehe du ihn bekommst, zudem net alles was auch das gros der Ammis im Fechtkampf nutzt auch toll ist, wir haben auch mit Darkwood schon Probleme gehabt. Man tut sich mit reklamationen sehr schwer.
Viel Spass beim knüppeln.

Sefie
13-05-2009, 19:45
Vielen Dank. Ich lass es in meine Überlegungen einfließen. Tchechische Schmiede trifft man auch bei uns im Norden oft auf Mittelaltermärkten, dann horch ich mal im Bekanntenkreis rum, wer von denen mit wem zusammenhängt/ wer nen guten Ruf hat.

Klaus
15-05-2009, 14:21
Wenn ich zu vernünftigen Preisen an die Körbe komme werde ich meinen Schmied sowas auch mal herstellen lassen, schliesslich stellt er schon immer Fechtfedern und professionelle Stierkampfrapiere her. Das Material wird dann wie bei ihm üblich 55Si7 sein und kein billiger Mist.

Das Problem bei ihm ist tatsächlich dass er bisher irre Apothekenpreise für jegliche Kleinteile bei "Freunden" bezahlt hat. Sowas wie 100 Euro für ne Parierstange und den Knauf.

Wenn mir einer ein Bild von sinnvollen Körben schickt, lasse ich mal meinen Agenten in China nachforschen wer sowas herstellt.

T. Stoeppler
15-05-2009, 17:32
Bei Paul Chen kommt es sehr darauf an, ob die Klinge in der Früh- oder der Spätschicht gefertigt wurde. ;)

... Thomas Stoeppler kann das gerne bestätigen. ;)


Kann er ;)

Dass diese Teile nicht schon vom Angucken auseinandergefallen sind, ist immer noch verwunderlich.

Dann hätte ich noch zwei Ratschläge:
1) Jörgs Rat befolgen.
2) Klingen kauft man am besten nicht einfach so. Wenn Du in NRW bist, könntest Du Dich an den Stefan Dieke "Alte Kampfkunst" hier auf dem Forum wenden, der hat sicher noch das ein oder andere Eisen über.

EDIT gelesen, dass Du aus dem Norden bist. Schaue hier: www.hammaborg.de

Gruss, Thomas

Sefie
17-05-2009, 22:16
Hammerborg habe ich mal auf Youtube gesehen, aber die scheinen gar keine Fechtwaffen (Rapier, Florett, Degen, Säbel) zu haben, oder? Auf der Homepage sehe ich spontan nur Schwert, langes Messer und Stock.

Und was meinst du mit "einfach so"? Einfach so ohne mit sowas schon mal gefochten zu haben, oder einfach so ohne dieses (oder ein Ähnliches) Teil schon mal in der Hand gehabt zu haben? Oder einfach so ohne nen Plan zu haben, was man damit vor hat?

Zu Ersterem denke ich, dass der Spaß, den ich seit Jahren am Degen habe und die Faszination, die für mich das Schwert ausmacht hinreichend Motivation sein sollte und zu zweiterem würde ich ohnehin erst mal auf dem Markt ein paar Rapiere in die Hand nehmen und schaun, was ich brauche (Länge, Gewicht, Schwerpunkt, Design - Korb vs. Glocke z.B.) und mich dann entscheiden. Letzteres ergibt sich wohl mehr oder minder daraus, wie sich unsere Mittelalterrunde ergibt. Entweder kann ich da 16.-18. Jhd irgendwie unter bringen oder es wird auf regelmäßiges "Gartenfechten" hinauslaufen.

Und ein "Einfach so ohne Schutz" fällt von vorn herein aus. Mein Partner bekommt meine Degen-Ausrüstung zum Schutz und ich trage seinen Waffen entsprechend Wattepanzer und (zumindest anfangs) Kettenhemd und Armschienen aus schwerem Leder.


Oder meinst du etwas ganz anderes, was ich grad nicht bedenke?

Klaus
18-05-2009, 12:50
Wenn Du mal erwähnen würdest in welchem Grossraum Du wohnst, könnte man Dir auch sagen wo Du mal hinfahren könntest zum in die Hand nehmen.

Sefie
18-05-2009, 12:58
Gutes Argument. Ich komme aus Bremen.

T. Stoeppler
18-05-2009, 18:40
@Sefie

Mit "nicht einfach so" meine ich nur, dass Du dein Zeug von einem qualifizierten Fachmann kaufen solltest. Wenn z.B. Stefan sagt "der Säbel taugt was" dann tut er wahrscheinlich genau das.

Einfach nach Gefühl und dem ersten Eindruck nach kaufen ist angesichts der Fülle von Billigimporten nicht empfehlenswert. Man sollte sich auf bewährtes Material verlassen.

Bei Hammaborg z.b. trainert auch der Markus Hampel (auch hier auf dem Forum) der ficht auch (Militär)Säbel.

Gruss, Thomas

Klaus
18-05-2009, 19:10
Ich werfe nochmal in die Runde dass ich nur die Glocken bzw. Körbe brauche, danach ist das kein Problem das in perfekter Qualität bei einem Waffenschmied in Solingen herzustellen. Der Mann wird einfach bei Krimskrams extrem abgezogen, dadurch wird es zu teuer.

christoph
21-05-2009, 14:33
Wenn mir einer ein Bild von sinnvollen Körben schickt, lasse ich mal meinen Agenten in China nachforschen wer sowas herstellt.

Wow Klaus, du hast Agenten in China? :D:respekt:

Klaus
21-05-2009, 21:58
Du hast Dich doch bestimmt immer gefragt nach wem die Figur "Sam Fisher" kommt. ;)

Glacius
27-05-2009, 14:33
Also Jörg hat völlig recht, was die Paul Chen Waffen anbelangt. Wir haben einen Einhänder (jeder fängt mal an:) seit 6,5 Jahren im Einsatz und damit mein ich auch auf freien Feldschlachten. Na was soll ich sagen er hält, kein klappern keine tiefen Scharten, nicht verbogen, richtig guter Federstahl.
Dafür haben wir neue Chen Klingen im Training, quasi beim Erstkontakt mit einer anderen Klinge auch schon abgebrochen...nein war kein prügeln..bloßfechten nach Liechtenauer ;)

Ansonsten kann ich Dir bei Tschechischen Klingen nur anraten alles ersteinmal selber in die Hand zu nehemn bevor Du kaufst. Die Qualität ist mitunter sehr ähem schwankend....

Ich selbst nutze nur einhand-, anderthalb-, Bihänder und ein paar exotische Klingen wie meinen heißgeliebten Malchius :D

Sefie
27-05-2009, 14:56
Ich habe glück gehabt^^ War vergangenes Wochenende in Rastede bei Oldenburg aufm Mittelalterlich Phantasie Spectaculum und habe da einen Händler gefunden, der das im ersten Post verlinkte Rapier dabei hatte. So konnte ich mich selbst davon überzeugen, dass es gut in der Hand liegt, nen vernünftigen Schwerpunkt hat und augenscheinlich gut verarbeitet ist. Was der Stahl hält wird sich zeigen *gg*

Das einzige ärgerliche ist, dass ich aus irgend einem Grund 320€ bei dem andren Shop im Kopf hatte und nun habe ich 240€ bezahlt, statt der 200+Verp - und das nach über 50€ Nachlass *seufz*. Aber Wenn die Klinge hält ist es mir das auf jeden Fall wert. Am Wochenende werde ich dem guten Stück das erste mal Stahl gegenüber stellen.
Werde dann berichten, wie es sich macht.

Ich habe gerade gelesen, dass es Wechselklingen für Sparring gibt für das Solingen Rapier. Kann man die selbst wechseln oder macht man sich da was kaputt bzw. ist das generell nur beim Hersteller möglich? Habe die Waffe gerade nicht zur Hand und kann nicht prüfen, wie die Klinge fixiert ist. Das würde ja bedeuten, dass ich nicht unbdingt für Schaukampf der spitzen Klinge mit der Flex zu Leibe rücken müsste...

Klaus
27-05-2009, 16:47
Wofür brauchst Du bei einer Trainingswaffe überhaupt eine spitze Klinge ? Wolltest Du damit üben Schinken zu durchbohren ?

P.S.: Von welchem Solingen-Rapier sprichst Du ?

Sefie
27-05-2009, 17:14
Ich spreche von diesem (http://www.casiberia.com/product_details.asp?id=SH2205) Rapier und das gibt es soweit ich das sehen kann serienmäßig nur mit spitzer Klinge. Soweit ich das überblicken kann gibt es die Sparringklinge (http://www.casiberia.com/product_details.asp?id=OH2255) mit Gumminoppel nur als Zubehör.

Klaus
27-05-2009, 17:29
Die kann man abschleifen. Ich würde mir mehr Sorgen machen dass die Klinge abbricht, und mich auf gar keinen Fall auf irgendeinen "Gumminoppel" verlassen. Es sind schon Leute bei solchen Unfällen gestorben.

Alternativ findest Du -hier- (http://www.kampfkunst-board.info/forum/f65/hardware-kriegen-herzustellen-14786/index2.html#post1782102) die Klingenpreise für Klingen die tatsächlich nach Solinger Tradition (allerdings jetzt in Wermelskirchen) geschmiedet wurden. Einziges Problem ggf. der Korb, den stellt er nicht selbst her, keine Ahnung ob man den einzeln beziehen kann. Ich bemühe mich gerade die gleichen Körbe wie sie Hanwei verwendet zu bekommen.