Jin Arten [Archiv] - Kampfkunst-Board

PDA

Vollständige Version anzeigen : Jin Arten



Seiten : [1] 2

Mathieu
04-07-2009, 22:43
Wieso sind eurer Meinung nach die Jin-Arten im Chen-Stil und im Yang-Stil unterschiedlich definiert? Ist da bei der Übertragung irgendetwas verrutscht?

nagual
05-07-2009, 04:54
Wer behauptet das?

Ich persönlich glaube kaum, dass man so eine Behauptung irgendwie "offiziell" bestätigt bekommen könnte.
Man könnte es höchstens ggf. als kulturelle Beobachtung feststellen bzw. einen solchen Eindruck bekommen (aber wodurch???).

Meine kulturelle Beobachtung ist, dass man sprachlich das Wort "jin" mit allen möglichen anderen Begriffen kombinieren kann, sowohl speziell (z.B. peng jin), wie auch allgemein (z.B. "das Taiji-typische jin ist anders als das Xingyi-typische jin" o.ä.).

Es gibt ja etablierte "Jin-arten" wie z.B. pengjin, die aber für alle Taiji-Stile gelten.
Bei manchen Schulen und Linienvertretern könnten hier bestimmte Begriffe unterschiedlich beliebt sein, aber ich finde das eher nebensächlich.

Außerhalb der Taiji-Welt wird sowieso nocht so viel von jin und den jin-Arten geredet, sondern ebenfalls von li und bestimmten li-Arten, oft ist aber praktisch das gleiche gemeint.

T. Stoeppler
05-07-2009, 08:41
Also mir ist auch nicht bekannt, dass da irgendwer von Definitionen sprechen kann.

Die Körpermechanik (und daher auch die "Jin" Übertragung") haben bei Chen und Yang eben ein unterschiedliches Flair - das fällt eh jedem sofort auf.

Die Yangs machen etwas mehr "lange" Kraft, die immer kürzer wird, die Chens arbeiten von explosiven Ganzkörper-Fajins zu konzentrierten, subtilieren Form. Am Ende ists ungefähr gleich.

Gruss, Thomas

Mathieu
05-07-2009, 23:00
Meine Frage bezieht sich darauf, dass man Yang Cheng Fu immer wieder auf Fotos mit nach vorne schiebenden Armen sieht und die Position als An, also An Jin tituliert ist. Und so habe ich es damals in meiner Yang-Stil-Zeit auch gelernt. Im Chen-Stil ist diese Technik aber Peng-Jin.

bluemonkey
06-07-2009, 08:31
Meine Frage bezieht sich darauf, dass man Yang Cheng Fu immer wieder auf Fotos mit nach vorne schiebenden Armen sieht und die Position als An, also An Jin tituliert ist. Und so habe ich es damals in meiner Yang-Stil-Zeit auch gelernt. Im Chen-Stil ist diese Technik aber Peng-Jin.

Schieben ist als Technik Tui und kann mit An-Jin ausgeführt werden (z.B. Gegner nach unten komprimieren.)
in dem von mir praktizierten Chenstil (CXW) ist Peng elastische Strukturkraft und grundsätzlich immer vorhanden, auch beim Schieben aber auch beim Nachgeben.
Peng als explizite Stellung, wie im Yangstil (diese Abwehr mit runden Armen und Handfläche nach innen) kenne ich im Chenstil nicht.
In den "Energien" oder "Grundtechniken" sehe ich keinen Unterschied zwischen Yang und Chen.
Chen Xiaowang ist der Ansicht, dass Chansi-Jin in anderen Stilen nicht so ausgeprägt ist (http://www.martialarm.com/martial-articles/CHEN_XIAOWANG__KEEPER_OF_THE_TAIJI_SECRETS.html


CXW: Chanxi jing is a unique characteristic of Chen style taiji. The other styles dont have much of these spiral-like spinning and twisting movements.

Andere sagen, dass im Yangstil diese Spiralen mehr verinnerlicht wurden und äußerlich nicht mehr so offensichtlich sind.

Hanspeter
06-07-2009, 09:03
Andere sagen, dass im Yangstil diese Spiralen mehr verinnerlicht wurden und äußerlich nicht mehr so offensichtlich sind.

Allerdings. Im Yang-Stil, wie ich ihn kenne, sind alle Armbewegungen spiralig, ob Peng oder An. Und: nein, man sieht sie nicht. Man spürt sie allerdings.

bluemonkey
06-07-2009, 09:23
Allerdings. Im Yang-Stil, wie ich ihn kenne, sind alle Armbewegungen spiralig, ob Peng oder An. Und: nein, man sieht sie nicht. Man spürt sie allerdings.

die Seidenspulende Kraft ist etwas umfangreicher als spiralige Armbewegungen:

Erläuterung zur seidenspulenden Kraft im Chen-Taijiquan (http://www.taijiquan.tv/index.php?view=article&catid=46%3Awissen-artikel&id=137%3Achen-zhaokui-ueber-seidenspulen-wuhun&Itemid=71&option=com_content)

allerdings habe ich Ähnliches auch schon im Yangstil gehört.

rudongshe
06-07-2009, 12:29
Im snakestyle haben Energien (also die Hauparten) denselben Ursprung/Quelle. Die Verwindung durchzieht den Körper vom Fuß hoch, zunächst sehr offensichtlich, dann immer mehr internal.

nagual
06-07-2009, 14:51
Sowohl beim Yang- wie auch beim Chen-Stil ist es eher die Art, wie er geübt wird, welche Art jin dabei rumkommt.
Beim Chen-Stil sind ja einmal die stabile Variante und dann eine eher optische Wushu-Variante als Klischees bekannt.
Beim Yang-Stil sind es vielleicht eher die besonders softe Variante und dann auch eine stabile Variante, die dann relativ Chen-ähnlich ist.

Die stabilen Varianten dürften ungefähr das gleiche Ergebnis hinsichtlich der entwickelten Ganzkörperkraft und-Struktur (=jin allgemein) haben.

Die Unterschiede bei der Kraftentwicklung, die sich aus dem Style des Trainings ergeben (soft,stabil, optisch wushu usw.) entsprechen dann aber nicht den spezielleren Jin-Arten, wie pengjin usw., weil diese Begriffe wie pengjin sich eher auch bestimmte Anwendungsideen und Situationen beziehen. D.h. wer nur sehr soft trainiert, wird eher wenig pengjin entwickeln, im technischen Sinne das Peng-Prinzip aber verstehen, und sich in entsprechenden Situationen auch prinzipiell richtig verhalten, ggf. aber eben nicht besonders "stark".

In diesem Sinne kann man auch sagen, dass es die verschiedenen jin-Arten (pengjin, lüjin) auf jeden Fall in allen Taiji-Varianten gibt, aber das individuelle Training bestimmt, wieviel jin=Stärke dabei raus kommt, nicht so sehr der gewählte Stil.

bluemonkey
06-07-2009, 15:15
Fällt mir gerade auf, und weil nagual gerade da war:

Zitat aus dem von mir geposteten Link:


Dies bezieht sich darauf, dass sämtliche Bewegungen am ganzen Körper oben wie unten einem gebeugten Verlauf folgen. Darüber hinaus sind sie Abschnitt für Abschnitt miteinander verbunden und eng aufeinander abgestimmt. Sie sind fortgesetzt und ununterbrochen - d.h. das, was man bezeichnet als: "das Yi ist ununterbrochen (Yi bezieht sich auf den bewussten Gedanken)", "der Körper (bezogen auf den Körpereinsatz) ist ununterbrochen", "Jin (die Kraft) ist ununterbrochen", "Shen (der Ausdruck des Geistes in den Augen) ist ununterbrochen", "die Peng-Kraft ist ununterbrochen", "die schließende Kraft ist ununterbrochen" und "die öffenende Kraft ist ununterbrochen"

Gibt es einen Unterschied zwischen ununterbrochener und ungebrochener Bewegung? :)

"GZA"
06-07-2009, 16:11
Für mich hört sich das eher nach einem zeitlichen Aspekt an.
Ich kann eine Bewegung(in diesm Fall die Spiralen) über das Yi ständig aufrecht erhalten, aber ob diese dann ungebrochen ist steht auf nem anderen Blatt.

Grüßerchen:)

nagual
06-07-2009, 19:53
Gibt es einen Unterschied zwischen ununterbrochener und ungebrochener Bewegung? :)

Das ist Sprachfizzelei, aber kleine sprachliche Unterschiede können Nuancen ausdrücken, die dann trotzdem bedeutsam sind, oder bedeutsam gemacht werden (zu Kultivierungszwecken z.B.).

Außerdem ist diese Sache nicht irgendwie definiert, so dass man sich bei der Feststellung solcher Nuancen auf sprachliche Definitionen eben nicht beziehen kann. Wenn jemand hier doch irgendwie definiert, erzeugt er damit einen künstlichen Sprachkulturraum, der nur bei "Insidern" funktioniert, aber wer nicht mitmachen will, braucht das auch nicht.

Was das allgemeine, nicht irgendwie definierte Sprachverständnis betrifft, bezieht sich "ununterbrochen" eher auf den zeitlichen Verlauf, d.h. lediglich die Tatsache, dass sich irgendwas ständig bewegen muss, wird betont, während "ungebrochen" viel schwammiger ist, weil völlig unklar ist, welche Qualitäten aufrecht erhalten werden sollten.

Also der Kram ist nicht gleich, und man kann nicht plausibel begründen, dass man aufgrund der Beschreibung einer ununterbrochenen Bewegung zwangsläufig das Mysterium der ungebrochenen Schmalzsuppe erleuchtet hätte. Jenes kenn nur der Koch, der weiß wie oft er reingespuckt hatte.

Traumfänger
07-07-2009, 00:14
Das ist Sprachfizzelei, aber kleine sprachliche Unterschiede können Nuancen ausdrücken, die dann trotzdem bedeutsam sind, oder bedeutsam gemacht werden (zu Kultivierungszwecken z.B.).

Außerdem ist diese Sache nicht irgendwie definiert, so dass man sich bei der Feststellung solcher Nuancen auf sprachliche Definitionen eben nicht beziehen kann. Wenn jemand hier doch irgendwie definiert, erzeugt er damit einen künstlichen Sprachkulturraum, der nur bei "Insidern" funktioniert, aber wer nicht mitmachen will, braucht das auch nicht.

Was das allgemeine, nicht irgendwie definierte Sprachverständnis betrifft, bezieht sich "ununterbrochen" eher auf den zeitlichen Verlauf, d.h. lediglich die Tatsache, dass sich irgendwas ständig bewegen muss, wird betont, während "ungebrochen" viel schwammiger ist, weil völlig unklar ist, welche Qualitäten aufrecht erhalten werden sollten.

Also der Kram ist nicht gleich, und man kann nicht plausibel begründen, dass man aufgrund der Beschreibung einer ununterbrochenen Bewegung zwangsläufig das Mysterium der ungebrochenen Schmalzsuppe erleuchtet hätte. Jenes kenn nur der Koch, der weiß wie oft er reingespuckt hatte.


Wenn mein Lehrer "Brüche" erklärt, in Wort und Anwendung, dann sind sie sofort nachvollziehbar.
Es gibt eben Stile in denen man mit dem Begriff "bruchlos" etwas anfangen kann.

Aber schön das Du etwas gefunden hast an dem Du Dich ständig hochziehen kannst.:rolleyes:

nagual
07-07-2009, 07:28
Wenn mein Lehrer "Brüche" erklärt, in Wort und Anwendung, dann sind sie sofort nachvollziehbar.
Es gibt eben Stile in denen man mit dem Begriff "bruchlos" etwas anfangen kann.

Das ist aber eine Sache, wo Erklärung und Begriffsbildung zusammen stattfinden. Für euren sozialen Kreis entsteht dadurch eine Definition, die nicht überall Gültigkeit hat, und die außerhalb eures Kreises nicht ohne weiteres nachvollzogen werden kann.

Das bitte ich einfach zur Kenntnis zu nehmen, und nicht immer so zu tun, als würde so ein schwammiger Begriff wie "bruchlos" oder "ungebrochen" eine eindeutige Realitätsbeschreibung bieten.

Für mich z.B. ist es absurd, bei der Vermeidung von Struktur gleichzeitig von "bruchlos" zu reden, weil "bruchlos" für mein Empfinden ja eben die Aufrechterhaltung einer Struktur bedeutet.
Strukturvermeidung ist sozusagen eher eine dauergebrochene Bewegung, und es geht eigentlich darum, ständig maximal gebrochen zu sein.

bluemonkey
07-07-2009, 07:41
Für mich hört sich das eher nach einem zeitlichen Aspekt an.


ich verstehe das auch räumlich, eben dass sich die Spiralen ununterbrochen durch den gesamten Körper ziehen und die Verbundenheit nicht aufgegeben wird

nagual
07-07-2009, 07:57
Die Aufrechterhaltung kann aber nicht zu einem Zeitpunkt da sein, und dann eine vollständige=ununterbrochene Struktur darstellen, und zum anderen Zeitpunkt fehlt sie. Wenn sie zu einem anderen Zeitpunkt nicht mehr da ist, wäre sie unterbrochen, d.h. nicht mehr ununterbrochen.

Die räumliche und zeitliche Aufrechterhaltung können ja nur zusammen stattfinden, eins geht ohne das andere ja nicht.

Begrifflich kann ich nur feststellen, dass der Begriff "ununterbrochen" keine Hinweise auf die Art der räumlich und zeitlich aufrechterhaltenen Struktur gibt, d.h. z.B. ob es eher eine Drahtspirale oder eher ein Betonklotz ist.

Wenn man die Drahtspirale abknickt oder den Betonklotz spaltet, wären diese Strukturen gebrochen, d.h. kaputt, unterbrochen wären sie, wenn man z.B. betont, dass die Spirale bis zum Knick noch ok ist, und hinter dem Knick auch ok ist.

Mein Empfinden:
- gebrochen: eher räumlich
- unterbrochen: eher zeitlich
Aus logischen Gründen müssen aber zeitliche und räumliche Aspekte immer kombiniert vorhanden sein.

Trinculo
07-07-2009, 08:01
Zeit, einen Sinologen einzuschalten ;)

nagual
07-07-2009, 08:12
Der Sinn von diesen Sprachfizzeleien kann IMO nicht darin bestehen, zu glauben, man könne dadurch zu großen Erkenntnissen gelangen, sondern man kann lediglich seine eigenen Denkmuster überprüfen und sich selbst dabei ertappen, dass man aufgrund des eigenen Glaubens an bestimmte Begriffe, die man kultiviert, oder die im eigenen Umfeld kultiviert werden, zu bestimmten "Erkenntnissen" gelangt ist, aber dieses sind eben aufgrund der Sprachgebundenheit eigentlich Pseudoerkenntnisse. Es sind Pseudoerkenntnisse, weil sie ohne die entsprechende Begriffskultivierung ihren Halt verlieren. Echte Erkenntnisse beziehen sich auf Zusammenhänge, die nicht an bestimmte Begriffe gekoppelt sind, d.h. sie sind komplett auf Erfahrung zurückführbar. Wenn man seine Erkenntnisse komplett auf Erfahrung zurückführen kann, dann kann man auch sämtliche Begriffe ggf. austauschen, und auf jeden einzelnen Begriff gezielt verzichten, indem man ihn durch andere Formulierungen und Denkstrukturen ersetzt.
Wenn man das nicht schafft, weil man an einem Begriff klebt, deutet das auf Lücken in der Erkenntnis hin.

bluemonkey
07-07-2009, 09:42
Die Aufrechterhaltung kann aber nicht zu einem Zeitpunkt da sein, und dann eine vollständige=ununterbrochene Struktur darstellen, und zum anderen Zeitpunkt fehlt sie. Wenn sie zu einem anderen Zeitpunkt nicht mehr da ist, wäre sie unterbrochen, d.h. nicht mehr ununterbrochen.

Die räumliche und zeitliche Aufrechterhaltung können ja nur zusammen stattfinden, eins geht ohne das andere ja nicht.


kommt auf die Betrachtensweise an:

eine Körper (die Teile des Körpers) kann sich ununterbrochen bewegen, ohne in sich verbunden zu sein.
Genauso kann ein Körper in sich geschlossen sein, aber sich "unterbrochen bewegen".
Es geht mir ja nicht um irgendwelche abstrakten Erörterungen zu möglichen Semantik von ununterbrochen, sondern zu der konkreten Bedeutung, wie sie in dem Artikel von Chen Zhaokui.
Und dort spricht er von einer zeitlichen Komponente der Bewegung die in allen Aspekten ununterbrochen ist, und in einer räumlichen Verbundenheit des ganzen Körpers, die zu jedem Augenblick über die verbundenen Kreisbögen realisiert ist.







Begrifflich kann ich nur feststellen, dass der Begriff "ununterbrochen" keine Hinweise auf die Art der räumlich und zeitlich aufrechterhaltenen Struktur gibt, d.h. z.B. ob es eher eine Drahtspirale oder eher ein Betonklotz ist.


der Begriff nicht, aber in dem Zusammenhang des Artikels ist es klar



Wenn man die Drahtspirale abknickt oder den Betonklotz spaltet, wären diese Strukturen gebrochen, d.h. kaputt, unterbrochen wären sie, wenn man z.B. betont, dass die Spirale bis zum Knick noch ok ist, und hinter dem Knick auch ok ist.

Mein Empfinden:
- gebrochen: eher räumlich
- unterbrochen: eher zeitlich


wenn ich richtig verstanden habe bezieht sich der spezielle Begriff "gebrochen" auch mehr auf den zeitlichen Aspekt, da es um Vermeidung von Umlasten und Schwüngen geht, was nur zeitlich einen Sinn macht.
Da auch ein Schwung eine ununterbrochene Bewegung ist, würde diese Bezeichnung falsche Assoziationen wecken.

nagual
07-07-2009, 14:01
Genau darum geht es mir ja, dass durch den Begriff "ununterbrochen" die Taiji-haften Qualitäten der Bewegung nicht charakterisiert werden.
Eine sog. ununterbrochene Bewegung hat mit Taiji nichts zu tun, ein Jongleur, ein Tänzer, ein Zappelphilipp usw. können sich ununterbrochen bewegen, d.h. sie machen zeitlich eben keine Pause=Unterbrechung.

Dies ist die sprachliche Erkenntnis über die Bezeichnung "ununterbrochen".

Wenn du eine sprachlich korrekte und vollständige Beschreibung der Qualitäten von Chen-Stil-Bewegungen suchst oder schaffen willst, dann hänge diese Beschreibung nicht an einzelnen Begriffen wie "ununterbrochen" o.ä. auf.
Der Begriff "ununterbrochen" enthält viel zu wenig Informationen, als dass man die ganzen Merkmale einer Chen-Bewegung darin finden könnte, oder reinpacken könnte.
Eine vollständige Beschreibung sollte auf jeden einzelnen Begriff ggf. verzichten können, und bei sinngemäßer Umformulierung immer noch genauso gut und treffend sein.


Die Bruchlos-Leute können das nicht, oder wollen das nicht, was nur bedeuten kann, dass die wirklichen Eigenschaften der ihrer Sache entweder unklar sind, oder nicht wirklich klar konzeptionalisiert werden sollen, vermutlich eher zweiteres.

vakuum
07-07-2009, 14:29
bruchlos heisst ganz einfach gravitationsmässig, ein stein fliegt nach unten ohne bruch.

dieses propriozeptiv fühlbare bewegungscharakteristikum kann im ständig fallenden körper, dessen gewicht nie ankommt (eine frage der fuss- und schrittarbeit in erster linie), dann auch in andere richtungen als in der senkrechten nach unten geleitet werden. das ist dann in der 1:1-situation (in foren freilich nicht unbedingt) eine eindeutig nachvollziehbare und in verschiedener hinsicht überprüfbare bewegungsweise.

es ist müssig, wenn einer das jahrlang mit worten bestreiten will, ohne es je auszuprobieren.

bluemonkey
07-07-2009, 15:42
es ist müssig, wenn einer das jahrlang mit worten bestreiten will, ohne es je auszuprobieren.

wo kann man das denn ausprobieren, ohne nach Holland zu fahren?
Hat der Meister schon fähige Schüler?:)

Trinculo
07-07-2009, 15:59
Gibt's auch als e-Book :p

T. Stoeppler
07-07-2009, 17:02
Bruchlose Bewegung gibts schon als Thread. Also BITTE nicht nochmal das Ganze.

Beim Thema bleiben.

Gruss, Thomas

Klaus
07-07-2009, 18:24
Diese Art Aktionen benötigen um effektiv zu sein eine möglichst gute Wurzelung, entweder in der eigenen Masse (wenn Rooting im Boden nicht möglich ist, z.B. weil man in der Luft ist), oder eben an einem massiven Ansatzpunkt, z.B. den Füssen und deren Verbindung auf den Boden. Geht natürlich auch mit jedem anderen Punkt, der aber dann ggf. die Anzahl teilnehmender Elemente (sprich, welche Gliedmassen und Muskeln) verringert. Es schlägt sich aus dem Körper halt stärker als aus dem Finger.

Praktisch alle Aktionen basieren auf einer Manipulation des Jin-Pfades auf dieser Strecke. Kein Mensch gibt die Wurzel im ganzen Körper auf, man verkürzt nur so dass die Arme erst einen Pfad anlegen und dann leer werden, und der Gegner kippt in den nun leeren Raum. Art, Intensität und Timing dieser Aktionen bezeichnet der studierte Sinologe dann mit den bekannten 13 Jin-Arten oder wieviel die Liste jeweils hergibt. Faktisch sind das eins, das mit variabler Intensität eingesetzt wird. Die Liste der Jins ist für Yang und Chen unterschiedlich, weil die ihre jeweiligen "Tricks" und Vorlieben halt mit Namen benannt haben. Und es mag auch sein dass sich der eine oder andere mal vertan hat beim Abschreiben der Liste. Bevor man aber da mit irgendwelchen Feinheiten kommt muss man erstmal den Fuss überhaupt in der Tür haben, und nennenswerte Jin-Fähigkeiten entwickeln. Nicht gemeint ist mit den Armen erst oben gegen den Brustkorb zu hauen und dann unten, und das ist dann ein famoses "Jin". Da gehört schon die grundsätzliche Motorik zu. Leicht erkennbar daran dass es dabei genauso kribbelt wie bei den Formübungen, auch wenn die Leute die es nicht können bzw. haben jetzt wieder aufheulen (Kommando: JETZT!).

Mathieu
07-07-2009, 22:09
Als ich damals vom Yang-Stil zum Chen-Stil "konvertiert" bin, hat mich anfangs einfach irritiert, dass das mir vertraute An plötlich Peng sein sollte.
Heute denke ich auch, dass da einfach irgendwann jemand etwas verwechselt hat. Es interessiert einem halt, wie solche Verwechselungen zustande kommen können. Außerdem kann diese Tatsache zu deutlichen Kommunikationsproblemen führen, wenn Praktiker beider Stile glauben über die gleiche Technik zu sprechen, aber eigentlich etwas ganz anderes meinen.

Paul72
07-07-2009, 23:28
Die Kernfrage die gemeint ist wird wohl eher die sein damit z.Bsp das An oder manchmal auch das Lü in einigen Büchern aus der Yangtradition anders definiert und beschrieben wird als man das im Chenstil kennt. Dazu habe ich einige chinesische Publikationen gesehen ( z.Bsp. Author: Zhao You Bin Titel: Yang Shi Tai Ji Quan Zhen Chuan ). Diese sind zwar neueren Datums berufen sich allerdings alle auf die Yang Cheng Fu - Linie. Demzufolge brauchen wir uns hier nicht über das Jin unterhalten, wenn ich die eigentliche Frage jetzt richtig verstehe oder? ;)

bluemonkey
08-07-2009, 07:45
Als ich damals vom Yang-Stil zum Chen-Stil "konvertiert" bin, hat mich anfangs einfach irritiert, dass das mir vertraute An plötlich Peng sein sollte.


Soll das tatsächlich konkret heißen, dass Schieben mit beiden Händen nach vorne unten im Xiaojia als "Peng" bezeichnet wird?
(Wie gesagt ist im großen Rahmen nach CXW als Grundanforderung Peng immer vorhanden, daher ist Peng natürlich auch in An-Techniken enthalten.
So hab ich schon gehört, dass das Peng beim Schieben nach vorne (in PH-Routinen) als An-Peng bezeichnet wurde, um es vom Lü-Peng beim Zurückweichen zu unterscheiden).

Wenn das so ist, muss dieser Unterschied eventuell schon zu Zeiten von Chen Youben und Chen Changxin (Lehrer von Yan Luchan) aufgetreten sein, als großer und kleiner Rahmen des Chenstil entstanden sind.

Vielleicht kannst Du ja Deinen Lehrer dazu befragen, der hat ja beide Rahmen gelernt. ;)

Was ist denn dann eigentlich An im Xiaoxia?:)

bluemonkey
08-07-2009, 07:54
Die Kernfrage die gemeint ist wird wohl eher die sein damit z.Bsp das An oder manchmal auch das Lü in einigen Büchern aus der Yangtradition anders definiert und beschrieben wird als man das im Chenstil kennt.


und wie konkret? wie wird das Lü und das An beschrieben, und wie kennt "man" das im Chenstil?



Demzufolge brauchen wir uns hier nicht über das Jin unterhalten, wenn ich die eigentliche Frage jetzt richtig verstehe oder? ;)

Verstehe das jetzt ich richtig, dass es nicht um die "Grundtechniken" oder Grundenergien geht, sondern um konkrete Stellungen und tatsächliche Techniken?
Und weil die im Yangstil anders heißen, ist das ein Hinweis darauf, dass etwas verloren ging oder durcheinander kam?

bluemonkey
08-07-2009, 08:06
auch wenn die Leute die es nicht können bzw. haben jetzt wieder aufheulen (Kommando: JETZT!).

:cry:

nagual
08-07-2009, 10:00
Als ich damals vom Yang-Stil zum Chen-Stil "konvertiert" bin, hat mich anfangs einfach irritiert, dass das mir vertraute An plötlich Peng sein sollte.
Heute denke ich auch, dass da einfach irgendwann jemand etwas verwechselt hat. Es interessiert einem halt, wie solche Verwechselungen zustande kommen können. Außerdem kann diese Tatsache zu deutlichen Kommunikationsproblemen führen, wenn Praktiker beider Stile glauben über die gleiche Technik zu sprechen, aber eigentlich etwas ganz anderes meinen.

Ich habe stark den Verdacht, dass sich diese ganzen Verwirrungen daraus ergeben, dass beim Begriffsverständnis viel zu stark in Definitionen gedacht wird, und ständig die Annahme zugrunde liegt, dass die chinesischen Begriffe eindeutige Fachtermini wären.
Teilweise können es in umgangssprachlicher Hinsicht "komische" oder seltene Begriffe sein, wie "peng" z.B., den es außerhalb des Taiji-Bereichs nicht gibt.

Ich behaupte jedoch, dass es sich bei den chinesischen Begriffen um unscharfe, aber in ihrer allgemeinen Bedeutung um leicht nachvollziehbare Begriffe handelt. Angenommen, man übersetzt z.B. Tui, An, Lü und Peng mal als Schieben, Drücken, Ziehen und Verwurzeln. Ich behaupte nicht, dass dies jetzt die besten oder richtigsten Übersetzungen wären, ABER es sind ganz gewöhnliche, einfache und eindeutige beschreibende Begriffe, die in dieser beschreibenden Hinsicht benutzt werden können.

Jetzt macht einer eine Formfigur, und der Lehrer sagt z.B. "du sollst beim schieben mehr verwurzeln" oder "du sollst beim Ziehen deine Verwurzelung nicht vergessen". Der eine Lehrer sagt "die Figur ist eine Verwurzelungstechnik", der andere sagt "diese Figur ist eine Drücktechnik".
AAAAHHHH, also ist im Stil X "Verwurzelung" anders definiert als im Stil Y, ODER?????
Und die eine Technik ist im Stil X "Drücken" und im anderen ist sie "Schieben". NEIN, DAS IST JA TOTAL VERWIRREND, ICH VERSTEHE DAS NICHT MEHR, KANN MIR MAL JEMAND SAGEN, WIE MAN JETZT "VERWURZELUNG" EINDEUTIG DEFINIERT???????

Nochmals in der Zusammenfassung: Die chinesischen Begriffe sind NICHT DEFINIERT, sondern werden im beschreibenden Sinne in allen Situationen angewendet, wie es passt.
Dazu muss man die Begriffe als allgemeine beschreibende Begriffe verstehen, und nicht dieses deutsche Fachbegriffsdenken anwenden.
Das ist wie Pippi Langstrumpf "Wenn schon 3+5=8 ist, dann kann ja nicht mehr 4+4=8 sein", oder?

Klaus
08-07-2009, 10:54
Ich sage jetzt mal was total unpopuläres ...

Da hat mal jemand vergessen was eigentlich genau mit der jeweiligen Bezeichnung gemeint ist, und hat sich das neu überlegt. Die Inhalte sind noch die gleichen. Manchmal ist ein Stein nur ein Stein.

Im einen Fall sind das quasi Manöver, im anderen Fall Richtungen. Ein dritter hat das möglicherweise nochmal versucht zu abstrahieren und das "Energien" genannt. Vielleicht vergisst man die Wortklauberei mal für nen Augenblick und konzentriert sich stattdessen auf die 13 Kerntechniken und deren Variationen, und lässt die Bezeichnung Bezeichnung sein.

nagual
08-07-2009, 11:02
Das beantwortete die Frage nicht, bzw. sie wird einfach beiseite geschoben, weil irrelevant.

bluemonkey
08-07-2009, 11:11
Tui, An, Lü und Peng mal als Schieben, Drücken, Ziehen und Verwurzeln.

es würde mich eben doch konkret interessieren, ob man im kleinen Rahmen des Chenstil mit Peng etwas anderes meint, als "aufblähen", "Gleichgewicht in alle Richtungen" oder "Verwurzeln"?

bluemonkey
08-07-2009, 11:20
Im einen Fall sind das quasi Manöver, im anderen Fall Richtungen. Ein dritter hat das möglicherweise nochmal versucht zu abstrahieren und das "Energien" genannt.

Es war im Yangstil für mich Anfangs etwas verwirrrend, dass man konkrete Techniken (so wie dieses "Ward off"-Peng) und Bewegungsprinzipien gleich bezeichnet, so dass man manchmal überlegen muss, in welchem Kontext man sich bewegt

Bewegungsprinzipien "Energien" zu nennen ist auch nicht gerade dem Verständnis zuträglich, und öffnet der Mystifizierung (Tisch hochheben mit "klebender Energie" und dergleichen) Tür und Tor:rolleyes:.

Trinculo
08-07-2009, 11:20
Danke, dass Ihr mich wieder daran erinnert, weshalb ich kein Taiji mache :p

nagual
08-07-2009, 11:38
Danke, dass Ihr mich wieder daran erinnert, weshalb ich kein Taiji mache :p

Das Problem findet man eigentlich in allen chin. Stilen mehr oder weniger, wenn alles klar zu sein scheint, liegt das oft daran, dass man sich in einem eher kleinen Rahmen, was Lineages, Lehrer usw. betrifft, befindet.
Die scheinbare Klarheit aufgrund eines kleineren Kulturrahmens kann aber auch das Verständnis für diese Sachen begrenzen, weil die scheinbare Klarheit eben nur in diesem eigenen Rahmen gültig ist.

Im Taiji ist meiner Einschätzung die Sache sogar relativ klar, weil es immerhin diese begriffliche Orientierung an diesen 13 Grundideen gibt.
In anderen Stilen, IMO auch Yiquan, ist dieser Bereich wesentlich unstrukturierter und damit auch unklarer und schwerer verständlich (oder überhaupt zu erkennen).

Trinculo
08-07-2009, 12:08
In anderen Stilen, IMO auch Yiquan, ist dieser Bereich wesentlich unstrukturierter und damit auch unklarer und schwerer verständlich (oder überhaupt zu erkennen).

Das ist ja mein Problem: ich finde es furchtbar verwirrend, von diesen ganzen "Energien" zu reden: schieben, ziehen, drücken, kleben, was weiß ich. Trainiert man die alle separat? Wie weiß der Körper, wann er welche einsetzen muss? Oder ist alles nur das gleiche, und ich trainiere nur eine Art, mich zu bewegen? Dann würde ich eher davon sprechen, dass ich meine Körper-Geist-Nutzung trainiere. Das Schieben, Drücken, Ziehen ist dann ganz einfach etwas was ich tue, aber das würde sich im Training dann wohl eher auf eine einfache Verhaltensanweisung beziehen: schieb mal, drück mal, nicht so stark, mehr nach links etc.

Ich muss das nicht trennen, ich bewege mich bestenfalls in eine andere Richtung, und mit mehr oder weniger Kraft.

Ist vielleicht einfach ein Problem meiner westlich geprägten Sichtweise.

nagual
08-07-2009, 12:23
ich finde es furchtbar verwirrend, von diesen ganzen "Energien" zu reden: schieben, ziehen, drücken, kleben, was weiß ich. Trainiert man die alle separat? Wie weiß der Körper, wann er welche einsetzen muss? Oder ist alles nur das gleiche, und ich trainiere nur eine Art, mich zu bewegen?Meiner Meinung nach und nach der Auskunft verschiedener chin. Lehrer, die ich getroffen habe, ist das nicht alles das gleiche, und es ist eigentlich das Wesen eines chin. Stils, hier eine Auswahl getroffen zu haben.
Neben dem Spektrum an unterschiedlichen Kräften (d.h. Kraftentwicklungsmethoden und Anwendungsideen für die entwickelten Kräfte) existiert immer auch eine Idee, diese Vielfalt zu einer sinnvollen Einheit zu verschmelzen, so dass es nicht nur eine Kombination getrennter Dinge ist.

Manche Stile betonen diese Verschmelzung verschiedener Ideen so sehr, dass die Vielfalt zugunsten der verschmolzenen Einheit so sehr in den Hintergrund tritt, dass für diese Vielfalt kaum noch ein Bewusstsein vorhanden ist. Gerade Yiquan ist IMO hier ein Beispiel, welches Taijiquan noch deutlich übertrifft.

Das Problem ist IMO, dass die Kenntnis dieser Vielfalt in der chin. Kultur eigentlich als allgemeines Kulturwissen vorausgesetzt wird, während es aber im Westen nicht bekannt ist. Das Ergebnis ist, dass die chin. Schüler schon von Anfang an zumindest eine grobe Idee haben, WAS alles zu dieser Einheit verschmolzen werden soll, während die Westler nur das Ergebnis vermittelt bekommen, und dieses Ergebnis damit gar nicht wirklich im chinesischen Sinne verstehen.

Das äußerst sich dann z.B. daran, dass Formfiguren nur schwer im Sinne der darin verschmolzenen Anwendungsideen verstanden werden, und dann auch ungehemmt so interpretiert werden als wären gar keine konkreten Ideen jemals vorhanden gewesen.

Leider greift dieses Problem auch in China um sich, es beibt aber teilweise begrenzt, weil es immer noch Chinesen gibt, deren theoretisches Verständnis ausreicht, um den Sinn in den ganzen Sachen bündeln zu können.

--
EDIT: IMO kann und sollte man diese Sachen auch separat trainieren, dadurch entsteht aber schnell wieder ein sehr umfangreiches Übungsprogramm, was man dann "nie" zu Ende bekommt.
Das ist aber eine Sache des jeweiligen Stils, warum was wie und warum separat trainiert werden sollte.
Teilweise ist es ja der Sinn eines Stils, diese extreme Separierung und damit unendliche Übungsfülle zu begrenzen, eben durch die Verschmelzung. Wenn die Verschmelzung übertrieben wird, siehe Yiquan und Taijiquan, schüttet man IMO jedoch das Kind mit dem Bade aus.

Trinculo
08-07-2009, 12:42
Manche Stile betonen diese Verschmelzung verschiedener Ideen so sehr, dass die Vielfalt zugunsten der verschmolzenen Einheit so sehr in den Hintergrund tritt, dass für diese Vielfalt kaum noch ein Bewusstsein vorhanden ist. Gerade Yiquan ist IMO hier ein Beispiel, welches Taijiquan noch deutlich übertrifft.

Ja, im Yiquan gibt es nur eine "Energiequalität", und das wäre Hunyuanli. Daher auch meine Frage nach der Vielheit im Taijiquan. Wenn ich Deine Antwort richtig verstanden habe, ist diese Vielheit auch gewünscht und wird geschätzt.

Im Yiquan gibt es nur eine Energie, und die kann ich verschieden dosieren und in verschiedene Richtung schicken. Im Taijiquan gibt es also verschiendene Energiequalitäten für verschiedene Anwendungen, habe ich dies richtig verstanden? Trotz der Lektüre von "Chen" von Jan Silberstorff habe ich irgendwie noch nicht richtig den Durchblick :)

Freier Geist
08-07-2009, 12:48
-

nagual
08-07-2009, 12:51
Im Taijiquan gibt es also verschiendene Energiequalitäten für verschiedene Anwendungen, habe ich dies richtig verstanden? Die "Hauptenergiequalität" (wenn man es so nennen will, gemeint ist die wichtigste strukturelle Körperkraft incl. der entsprechenden motorischen Fähigkeiten und Anwendungsideen) im Taijiquan ist peng, d.h. verwurzelte Struktur+Kraftabsorbierung. Die Vielfalt fächert sich zunächst ist peng-lü-ji-an, dann weiter in cai, kou usw. auf, und dann in noch mehr, was man alles in den Formfiguren finden kann, und teilweise auch in den blumigen Namen wie "Kranich öffnet Flügel" usw. angedeutet ist.

Die Hauptenergiequalität "peng" dürfte sich von "Hunyuanli" unterscheiden, ich kenne mich da aber nicht aus. Yiquan ist meines Wissens nach nicht so absordierend-klebend wie Taijiquan, sondern eher intuitiv-crisp vom Charakter her, d.h. es betont stärker die intuitive, plötzliche ggf. schnappende Explosivität.

---
EDIT

Mit den TCC-Prinzipien haben die "13" übrigens so gut gar nichts zu tun!

Das sehe ich deutlich anders. Die "13" (wie auch immer man es nennen will) sind IMO der abstrakte Kern, der dem ganzen Übungssystem Orientierung und Sinn verleiht. Das, was meistens als die TCC-Prinzipien bezeichnet wird, also die ganzen Regeln der Haltungskorrektur und der Mentalität, ist die Grundlage für die inhaltlichen Ideen (die "13"), eben die körperliche und motorische Vorausetzung, sie richtig und niveauvoll zu erlernen.

Freier Geist
08-07-2009, 13:13
-

Freier Geist
08-07-2009, 13:33
-

bluemonkey
08-07-2009, 14:56
Ergänzung: Eigentlich könnte man die "13" ohnehin auf "8" reduzieren. Denn dass die 5 Schritte (wu bu) überhaupt eine Erwähnung verdienen, konnte mir noch niemand plausibel darlegen. Rechts, links, vor, zurück - wer hätt's gedacht :rolleyes:


Ja, und diagonal ist nicht erlaubt :p

Im Chenstil gibt's dreizehn Techniken, nicht nur acht, ist allerdings auch nur eine relativ willkürliche Zusammenstellung.

bluemonkey
08-07-2009, 15:24
Im Taijiquan gibt es also verschiendene Energiequalitäten für verschiedene Anwendungen, habe ich dies richtig verstanden? Trotz der Lektüre von "Chen" von Jan Silberstorff habe ich irgendwie noch nicht richtig den Durchblick :)

Ich empfehle das Buch "schiebende Hände" vom gleichen Autor ;)

in den "13" sind für mein Verständnis sehr unterschiedliche "Verhaltensweisen" dargestellt.
Da gibt es
-"Peng", dass die geroutete Strukturkraft beschreibt,
-"Trennen", das beschreibt, wie man die Körperteile des Gegners in verschiedene Richtungen führt,
-"Leere" im Sinne von nicht dort sein, wo man erwartet wird
Sehr allgemein:
-"Agilität/im Prinzip bleiben"
Konkreter:
-"Ellbogen" und
-"Schulter",
-"kreisförmig nach unten führen",
-"von unten nach oben schlagen",
-"von oben nach unten ausweichen"
und natürlich
-"Pflücken"
-"An" (eigentlich nach unten, kann aber auch ein gerader Stoß sein)
-"Pressen" (mit einer Diagonalkomponente in die Schwäche)
-"nachgeben/Ziehen"

Eine für meinen Geist etwas merkwürdige Zusammenstellung ("tui" ist beispielsweise nicht explizit dabei).
Als Energie würde ich nichts davon bezeichnen.

Dann gibt es (wie Du weißt) vier Kraftarten, die sind eventuell schon hilfreicher:

-Kraft des ableitenden Rades
-Kraft aus dem Brechen einer Radspeiche
-Spiralkraft
-Explosivkraft

"Energie" gibt es nur eine, die kann sich vom Zentrum wegbewegen, dann nennen wir das Yang, oder zum Zentrum hin, dann ist das Yin.

Das hohe Ziel ist es (wenn ich richtig verstanden habe:p), das Zentrum des Gegners zu kontrollieren und sobald er sich bewegt (natürlich in böser Absicht:)), wird er umgehauen, niedergerissen, an die nächste Wand geschubst, oder ihm ein bis mehrere Knochen gebrochen.
Mit oder ohne Technik, je nachdem, ob man Techniken trainiert hat oder nicht.

Trinculo
08-07-2009, 15:31
Eine etwas merkwürdige Zusammenstellung.

Allerdings - erinnert mich etwas an das hier :D


a) Tiere, die dem Kaiser gehören,
b) einbalsamierte Tiere,
c) gezähmte,
d) Milchschweine,
e) Sirenen,
f) Fabeltiere,
g) herrenlose Hunde,
h) in diese Gruppierung gehörige,
i) die sich wie Tolle gebärden,
k) die mit einem ganz feinen Pinsel aus Kamelhaar gezeichnet sind,
l) und so weiter,
m) die den Wasserkrug zerbrochen haben,
n) die von weitem wie Fliegen aussehen

Deine Zusammenstellung war für mich recht hilfreich, danke ;)

Pu Bär
08-07-2009, 15:43
Das war jetzt schon ein bißchen lustig.

Pu Bär
08-07-2009, 15:47
Ich empfehle das Buch "schiebende Hände" vom gleichen Autor ;)

Dann gibt es (wie Du weißt) vier Kraftarten, die sind eventuell schon hilfreicher:

-Kraft des ableitenden Rades
-Kraft aus dem Brechen einer Radspeiche
-Spiralkraft
-Explosivkraft



Mal was zu Speichen im Rad: Sie funktionieren auf Zug, nicht auf Druck.

Sonst: http://www.kampfkunst-board.info/forum/f52/acht-grundkr-fte-89177/

Trinculo
08-07-2009, 15:55
Mal was zu Speichen im Rad: Sie funktionieren auf Zug, nicht auf Druck.Nicht generell, nur beim Fahrrad ;)


Sonst: http://www.kampfkunst-board.info/forum/f52/acht-grundkr-fte-89177/Danke!

GilesTCC
08-07-2009, 16:34
Jetzt habe ich Gelegenheit, mich eventuell unbeliebt zu machen :D

Ich drücke mich direkt aus. Dabei gehen manche Nuancen verloren, aber die Deutlichkeit scheint mir hier geboten.

- Die 8 Energien oder ‘jins’, die im klassischen Schriften des Yang-Stils genannt werden, sind NICHT nur Techniken. Sie sind bestimmten und klar fühlbaren Weisen, die eigene Gesamtkörpermechanik so einzusetzen, damit bestimmte Interaktion mit und Wirkungen auf andere menschliche Körper entstehen.

- Im Yang-Stil-Formen tragen bestimmte Figuren bzw. Techniken zwar dieselben Namen wie die ‘Energien’, aber diese Techniken sind nur BEISPIELHAFT für genannte Energien. Diese ‘namenstragenden’ Techniken/Figuren beinhalten immer andere TCC-Energien dazu, auch wenn untergeordnet. Und jede andere TCC-Technik oder auch -Figur sollte auch eine Kombination von den 8 Energien beinhalten, egal wie die Figur heiß.

- Eine der Energien kann auch in klar unterschiedlichen Varianten vorkommen, hat aber trotzdem immer eine bestimmte Grundqualität – wenn die entsprechende Technik korrekt ausgeführt wird – damit es klar ist, was gerade läuft. Zum Beispiel: unter peng-jin kann man ‘bouncing peng’ oder ‘rolling peng, ‘plötzliches peng’ oder ‘sich entfaltendes peng’ erleben. Es hat aber trotzdem eine peng-artige Qualität (und Körpermechanik), die man sofort erkennt, wenn man es fühlt. Und diese Qualität ist überhaupt nicht auf ‘Blocken’ oder ‘Verwurzeln’ zu reduzieren.
Ebenfalls ist lü-jin überhaupt nicht mit ‘ausweichen’ oder (noch krasser) ‘zurückziehen’ oder ‘zurückweichen’ gleichzusetzen.

- Daher ist ‘Energie’ m.E. kein so schlechter Begriff, da diese ‘jins’ nicht auf eine bestimmte Technik oder (lineare) Richtung zu reduzieren sind. Ich kann mit einer ausgestreckten Handfläche peng, lü, an oder ji machen. Die außerliche Körperposition ändert sich nicht dabei, aber die Qualität und das Resultat schon deutlich. Es ist immer noch geistgesteuerte Körpermechanik, und hat nichts mit Esoterik oder Magie zu tun.

- Diese 8 Energien bzw. Qualitäten sind z.B. in dem ‘Song of the 8 Ways’ recht anschaulich beschrieben (Yang Family Manuscripts collected by Li Ying-an, translated by Douglas Wile). Und bevor mir jemand vorwirft, ein verkopfter Theoretiker zu sein (ach was, mach’s sowieso... :D): ich habe im Laufe der Jahren bei einigen unterschiedlichen Könnern diese Energien zuerst in der Praxis, am eigenen Leibe und in unterschiedlichen Geschwindigkeiten/Situationen, kennengelernt und finde sie dann in diesen kurzen Texten wieder.

- Einerseits habe ich Varianten der 8 Energien, und vor allem vom ‘Hauptpaar’ peng-jin und lü-jin, bei Könnern aus verschiedenen Stilrichtungen erlebt. Bei etlichen Unterarten vom Yang-Stil, Unterarten vom Wu-Stil, gelegentlich im Chen-Stil (meine Erfahrung ist aber hier begrenzter), und bei weniger bekannten Stilen. Andererseits habe ich einige bekannte Namen (und ihre Schüler), und manchmal auch ganze Vereine/Organisationen, kennengelernt, die diese TCC-Energien teils oder überhaupt nicht erzeugen konnten. Eine gute Verwurzelung vielleicht ja, Schnelligkeit und Wendigkeit vielleicht ja, lokale Entspannung oder Lockerheit vielleicht ja, ein starker Punch vielleicht ja – und das sind alle prima Sachen! – aber weniger oder keine von den typischen 8 Energien. Ob Westler oder Chineser, es fallen nicht wenige Lehrer in diese Kategorie.
Ich finde es durchaus vorstellbar, daß man hierzulande oder auch in Asien ein bißchen länger unterwegs sein kann, oder selbst jahrelang in bestimmten Organisationen trainieren kann, ohne jemanden zu begegnen, der die 8 Energien – und vor allem das Hauptpaar peng-jin und lü-jin – überzeugend machen, zeigen und kampfkunsttauglich umsetzen kann. Oder wenn ein Oberguru das vielleicht doch kann, der dann willig und in der Lage ist, diese Sachen offen zu unterrichten.
Also: auch wenn jemand diese Sachen noch nicht überzeugend erlebt hat, oder sich diese Qualitäten nicht vorstellen kann, heisst es nicht, daß es sie nicht gibt. Und es heisst nicht, daß sie nicht funktionieren.

- Ist es notwendig, diese 8 Energien zu können, um gesundheitlich von Tai Chi Chuan zu profitieren? Nicht unbedingt, aber auf Dauer hilft es, da das Erzeugen der Energien, vor allem peng-jin und lü-jin, einiges vom Geist und Körper abverlangt, das einem auf vielen Ebenen gut tun kann.
Ist es notwendig, diese 8 Energien zu können, um ‘gut’ kämpfen zu können? Natürlich nicht. Mit peng-jin, lü-jin und Co. wird man nicht automatisch ‘besser’ als ein Kämpfer, der einfach gut und geschickt schlagen, treten, werfen usw. kann. Es kommt daran, worauf man Lust hat und was man dann daraus macht. Und wer ausschliesslich und so schnell wie möglich wehrhaft oder turniertauglich sein möchte, sollte eh nicht Tai Chi Chuan ernsthaft trainieren. Andere KKs bringen einen (vorerst, zumindest) da schneller hin.
Andererseits: jemand, der die 8 Energien einigermaßen verinnerlicht hat UND in der Lage ist, diese reflexartig und ‘formlos’ in Streßsituationen zu reproduzieren, ist reichlich wehrhaft.

- Wer keine Lust auf das Erfahren und Erlernen der 8 Energien hat – prima, bitte schön. Keiner wird zu irgend etwas gezwungen. Es geht auch nicht um Snobismus hier im Sinne von ‘Tai Chi Chuan ist viel toller/edler/effektiver als andere Sachen, weil es ja diese wunderbare 8 (oder 13) Energien gibt’ :kaffeetri . Solche Aussagen sind natürlich Quatsch. Es geht mir hier darum, darzulegen, was für eine Rolle diese Energien in Tai Chi Chuan spielen.

Schöne Grüße,

Giles

Trinculo
08-07-2009, 16:46
Jetzt habe ich Gelegenheit, mich eventuell unbeliebt zu machen :D

Streng Dich mehr an, Du hast versagt :p

Vielen Dank für Deine Ausführungen. Für mich sind sie in sich plausibel, obwohl ich natürlich mit dem Inhalt konkret nicht viel anfangen kann ... mangels Taiji-Erfahrung ;) Könnte 'ne schöne Diskussion werden :)

Mathieu
08-07-2009, 23:09
Kraft aus dem Brechen einer Radspeiche

Wir praktizieren das im Xiaojia oft so, wie man einen Stock in ein fahrendes Rad halten würde, um die Speichen zu brechen. So ist es wohl am ehesten gemeint.
Wenn das jemand gut kann, haut es dich heftig um.

Nassem
09-07-2009, 00:23
Moin
Also soweit ich weiss gibt es drei arten von Jin ,
Ming Jin. das Sichtbare(z.b Xing yi)
An Jin. das Unsichtbare(z.b Bagua)
und Hua Jin , das Mysteriöse (Haupsächslich taiji)

GilesTCC
09-07-2009, 09:23
Moin
Also soweit ich weiss gibt es drei arten von Jin ,
Ming Jin. das Sichtbare(z.b Xing yi)
An Jin. das Unsichtbare(z.b Bagua)
und Hua Jin , das Mysteriöse (Haupsächslich taiji)

Hmmm, danke für den Verneblungsansatz... :rolleyes:

Im Ernst, was ist deine Quelle?

Schöne Grüsse,

Giles

nagual
09-07-2009, 10:32
Im Grunde braucht man für sowas keine Quellen, weil man sowas sprachlich beliebig erzeugen kann, und genau so etwas machen die Chinesen, wenn es ihnen sinnvoll erscheint, warum auch nicht.

Da redet einer davon (sinngemäß),
- es gibt offensichtliche Kraft (bzw. "Stärke" aber das hört sich blöd an, deswegen "Kraft"),
- es gibt versteckte Kraft,
- es gibt mysteriöse Kraft,
und das ist so, wenn man diese Aussagen einigermaßen sinnvoll zu den Konzepten der KKs in Verbindung bringen kann.
Da nützt es nichts zu verweisen, "nein, der Fachbegriff "versteckte Kraft" ist in den Definitionsanhängen der offiziellen Klassiker nicht zu finden, also gibt es das nicht.

Es sind nur Wörter, nur Dinge, die irgendwann mal irgendwer sagt.
Inhaltlich hat das manchmal wenig Wert, wie z.B. diese Aussagen, die lediglich ein oberflächliches Klischeebild der drei Stile vermitteln.

Andere Aussagen über irgendwelche "jin"s können ggf. absolut situationsbezogen sein, wenn ein Chinese da ein XXX-Jin entdeckt. Z.B. weil die Person gerade ein XXX-T-Shirt trägt. Ist doch klar, wer XXX-T-Shirts trägt, hat XXX-Kraft. Gehört zur offiziell definierten lehre dazu, wenn es ein Chinese sagt, denn man dann zitieren kann.

Freier Geist
09-07-2009, 10:55
-

bluemonkey
09-07-2009, 11:34
Moin
Also soweit ich weiss gibt es drei arten von Jin ,
Ming Jin. das Sichtbare(z.b Xing yi)
An Jin. das Unsichtbare(z.b Bagua)
und Hua Jin , das Mysteriöse (Haupsächslich taiji)

<=> Beim Xing Yi ist die Kraft offensichtlich, beim Bagua versteckt, und ob man im Taijiquan Kraft hat, bleibt ein Mysterium :p

bluemonkey
09-07-2009, 11:41
Wir praktizieren das im Xiaojia oft so, wie man einen Stock in ein fahrendes Rad halten würde, um die Speichen zu brechen.

genau so ist das gemeint:)

bluemonkey
09-07-2009, 11:44
Ich finde es durchaus vorstellbar, daß man hierzulande oder auch in Asien ein bißchen länger unterwegs sein kann, oder selbst jahrelang in bestimmten Organisationen trainieren kann, ohne jemanden zu begegnen, der die 8 Energien – und vor allem das Hauptpaar peng-jin und lü-jin – überzeugend machen, zeigen und kampfkunsttauglich umsetzen kann. Oder wenn ein Oberguru das vielleicht doch kann, der dann willig und in der Lage ist, diese Sachen offen zu unterrichten.

Fernando kann das und ist das?:)

kann man das stiloffen ausprobieren?

Trinculo
09-07-2009, 11:53
<=> Beim Xing Yi ist die Kraft offensichtlich, beim Bagua versteckt, und ob man im Taijiquan Kraft hat, bleibt ein Mysterium :p

Hehehe, hat was für sich, diese Lesart :p

Klaus
09-07-2009, 11:53
Das mit dem Ming Jing, An Jing und Hua Jing sind die "Phasen". Am Anfang offensichtliche Kraft (jemand zeigt offensiv seine Energie), dann verdeckte Kraft, dann "raffinierte" Kraft (sagen wir einfach jemand geht sehr subtil damit um). Das sind keine unterschiedlichen Jins sondern Fähigkeiten diese zurückzuhalten dass man nicht gleich erkennt ob einer stark ist.

laoshu
09-07-2009, 11:57
Wir haben alle keine Ahnung von Jin, aber schön, dass wir darüber gesprochen haben:D.
Sorry, Giles, nicht dein Schuh! Dass du Ahnung davon hast, weiß ich.
Zumindest beim "Unbeliebt machen" kann ich dich toppen.:)

An alle anderen:
Warum bitte, sucht ihr euch nicht einen der postenden Lehrer hier aus dem Board, fahrt zu ihm hin und lasst es euch zeigen?

An die, die sowieso an nichts glauben, außer an sich selbst:
Warum posted ihr in diesem Board? Warum müllt ihr uns zu mit blinkenden Emoticons und Drei-Wort-Sätzen auf Kindergartenniveau?
Wenn's schon im richtigen Leben nicht funktioniert mit der Heldenrolle, dann wenigstens im Internet? Jede Art von Aufmerksamkeit ist besser als gar keine, oder?

Ich würde zu gerne wissen, welche zu kurz gekommenen, von Mutti nicht geliebten Typen sich hier hinter den nicknames verbergen.

lashu

Klaus
09-07-2009, 12:00
Böse, böse, böse. ;)

Trinculo
09-07-2009, 12:11
Das mit dem Ming Jing, An Jing und Hua Jing sind die "Phasen". Am Anfang offensichtliche Kraft (jemand zeigt offensiv seine Energie), dann verdeckte Kraft, dann "raffinierte" Kraft (sagen wir einfach jemand geht sehr subtil damit um). Das sind keine unterschiedlichen Jins sondern Fähigkeiten diese zurückzuhalten dass man nicht gleich erkennt ob einer stark ist.

O.K., diese Lesart gefällt mir auch ;) Sie wäre nämlich auch etwas demokratischer und weniger stereotyp, so nach dem Motto "Xingyi'ler sind plump, Taiji'ler sind subtil".

GilesTCC
09-07-2009, 12:26
Fernando kann das und ist das?:)

kann man das stiloffen ausprobieren?

Ja, er kann das und ist das. Und seine Seminare sind für alle offen.
Es geht mir aber hier nicht darum, Werbung für ihn zu machen. (Obwohl das natürlich eine willkommene Nebenwirkung sein kann, darf ich nicht verleugnen...:D). Aber er hat nicht die 'Weisheit gepachtet', das Thema hier is einfach gutes Taijiquan. Wie ich sage, es gibt gute Leute in verschiedenen Stilen und Schulen/Organisationen, die diese (für mich unverwechselbaren) Qualitäten haben. In der Umsetzung oft unterschiedlich, aber im Wesentlichen kann man sagen: they have it. Natürlich nicht jeder, der in der Schule lernt, aber die Chance des Lernens besteht. Und es gibt noch viel mehr Lehrer/"Meister" und entsprechende Schulen wo man sagen muß: they don't have it. Oder in manchen (!) Fällen hat der Meister selbst vermutlich schon einiges davon, ab er erklärt/zeigt/vermittelt es seinen Schülern nicht. Nochmals, es schliesst nicht aus, das manche diese "don't have it"-Leute adäquat oder sehr gut kämpfen können :). Aber meines Erachtens geht es hier nicht um Taijiquan. Die oft-zitierten Klitschkos (die ich persönlich super finde) haben "es" wohl auch nicht, and so what, so lange sie keine Taiji-Schule aufmachen wollen.

Es gibt die paar einfachen Tests, die jeder ausführen kann. Zum Beispiel Mike Sigmans neulich erwähnten Test, wo es darum geht, auf 0 cm einen saftigen Impuls mit der Hand (oder z.B. Schulter) abzugeben, ohne auszuholen oder sonst zu tricksen.
Oder wenn du gegen jemanden schiebst (oder mit Absprache schlägst, oder ringst), und dann bei der allerersten Berührung kriegst du ein Gefühl, als ob du dich gegen einen grossen rollenden, elastischen Ball geworfen hast (booiiinnggg.....) oder auf einmal ist gar nichts mehr da und du fällst in ein Loch.
(Für die sehr peniblen unter uns: es geht hier um Basisqualitäten und (noch) nicht um vollendeten SV-Taktik, OK? Dafür kommt einiges mehr dazu...).

Alles ohne Gewähr und nur laut meinem jetztigen Verständnis.:)

Schöne Grüsse,

Giles

GilesTCC
09-07-2009, 12:34
O.K., diese Lesart gefällt mir auch ;) Sie wäre nämlich auch etwas demokratischer und weniger stereotyp, so nach dem Motto "Xingyi'ler sind plump, Taiji'ler sind subtil".

Finde ich auch besser. Gutes Xingyi finde ich alles andere als plump. Obwohl wenn z.B. ein beng-quan mich in die Magengrube treffen sollte, macht es bei mir ganz klar "pluuummmppp"... :ups::cool:;)

Schöne Grüsse,

Giles

nagual
09-07-2009, 13:04
Okay, aber welche Aussagekraft hat dann Sprache in diesen IMA-Kontexten überhaupt noch? Keine? - Das wäre dann wenigstens eine Erklärung, warum hier nahezu jeder was anderes sagt.

Wie ist das eigentlich bei den Wai-Chia-Kung-Fulern? Die sind doch auch chinesisch geprägt.


1. Die Sprache in den IMA-Kontexten hat eine starke Ausdruckskraft und dient dazu, die konzeptionelle Orientierung, die ein Wesensmerkmal der IMAs ist, in eine Form zu gießen und handhabbar zu machen.
Man muss die Worte aber so verstehen, wie sie im jeweiligen Kontext gemeint sind, und dabei die Qualitäten/Eigenschaften der Wörter zur Kenntnis nehmen und nutzen. Dann werden die Aussagen sehr deutlich.
Um die von den Chinesen verwendete Sprache zu verstehen, ist es eben absolut notwendig, nicht in Definitionen und Fachbegriffen zu denken, sondern in allgemeinen Alltagsbegriffen.
Jeder weiß, was "Stärke" ist. Niemand fragt nach einer "Definition" von Stärke, und hat kein Problem damit, dass es verschiedene Stärken eines Schachspielers und Stärken eines Fussballspielers gibt. Niemand denkt sich, ah, wenn also im Fussball die Stärke als Dribbelfähigkeit "definiert" ist, wie nutzt dann ein Schachspieler die Dribbelfähigkeit, oder ist im Schach "Stärke" anders definiert??? Niemand denkt so.
"Jin" bedeutet aber "Stärke" und deswegen ist "jin" NICHT DEFINIERT, und deswegen führt jeder Definitionsversuch grundsätzlich in die Irre und verursacht Missverständnisse wie die Frage was der Schachspieler mit der Stärke der Fussballspielers zu tun hat.

2. Im Waijia gibt es das gleiche Problem im Grunde auch, nur reden die mehr von li, und da heißt es eben Kraft (auch völlig allgemein und unspezifisch und nicht definiert), und der Kram wurde nicht so sehr von unfähigen (Pseudo- aber auch echten) Sinologen mystifiziert, die sowas wie die "Jin-Kraft" (="Stärke-Kraft") erfunden haben, weil sie nicht übersetzen können.
Damit, dass es Arm-Kraft und Bein-Kraft und Schlagkraft und sowieso-Kraft gibt, und dies mit chin. li genauso funktioniert, damit haben offensichtlich weniger Leute ein Problem als mit dem genauso simplen Begriff "jin", der analog nichtssagend und allgemein ist.

Indem man eben dann von XY-jin und PQ-jin usw. spricht, erklärt man ja die gemeinten inhaltlichen Zusammenhänge, weil diese nur durch den Begriff "Jin" eben nicht benannt werden.

Beim Fussballspieler labert ja auch keiner davon, dass Spieler A "Stärke hat" und Spieler B "Stärke hat", wenn eigentlich gemeint ist, dass Spieler A schnell ist, und Spieler B gut Elfmeter schießt. Das sind alles Stärken im Fussballspiel und deswegen gibt es unzählige "Jin"s in den IMA, eben alles was irgendwie mit muskulärer Stärke zu tun hat.
(Geschicklichkeit, was im Deutschen eine "Stärke" sein kann, ist im Chin. kein Jin, insofern unterscheiden sich die Begriffe "Stärke" und "jin" voneinander, das nur nebenbei. Die Anwendung des Begriffes Jin funktioniert aber analog wie bei "Stärke", und das reicht. Und bei "Qi" und "Yi" läuft das ebenfalls völlig analog, und dann wird es auch simpel und durchschaubar, und jede Mystifizierung wird als Nebel im eigenen Verständnis erkennbar.)

Freier Geist
09-07-2009, 15:58
-

Klaus
09-07-2009, 16:43
An Jin heisst in dem Zusammenhang dass jemand einen Gegner nicht offensichtlich überpowert, sondern scheinbar ohne grosse Mühe kontrolliert und in die Ecke stellt. Das sind aber willkürliche Begriffe die schwer in was konkret ausdefiniertes zu fassen sind. Ist mehr wie ein Skill-Level, der eine braucht mehr offensichtliche Kraft als der andere der es "drauf" hat. Beim dritten mit dem "mysteriösen" Level müht sich der Angreifer ab und der Verteidiger macht fast gar nichts, und der Angreifer fällt irgendwann einfach in sich zusammen oder macht komische Bewegungen. Sieht also auf einem Video eh nach Fake aus, Ma Jiangbao kann das mit Leuten weit unter seinem Level, in einem anderen Video mit seinem Vater Ma Yueliang war er es selbst der dann "komisch" gezuckt hat und hinfiel.

Das sind KEINE unterschiedlichen "Kräfte", sondern einfach Skill-Level.

Paul72
09-07-2009, 17:27
und wie konkret? wie wird das Lü und das An beschrieben, und wie kennt "man" das im Chenstil?


Verstehe das jetzt ich richtig, dass es nicht um die "Grundtechniken" oder Grundenergien geht, sondern um konkrete Stellungen und tatsächliche Techniken?
Und weil die im Yangstil anders heißen, ist das ein Hinweis darauf, dass etwas verloren ging oder durcheinander kam?

1. Wie die Grundtechiken im Chenstil beschrieben sind kennst du ja selbst, da du an anderer Stelle auf CXW verweist. Mit CXW meinst du ja nicht Christian X Werner oder ?

2. Am Ende geht es natürlich um beides, aber ich würde die Frage auch so verstanden haben das es vorrangig um die Grundtechniken peng, lü, ji und an geht. Vieleicht kann das ja Mathieu noch mal bestätigen!

Wie auch immer würde ich nicht gleich von Verlust ausgehen. Es wäre auch Denkbar das während der Yang-Tradierung eine eigene Entwicklung zu diesen Zustand beigetragen hat, die ohne gleich Negativ bewerten zu müssen, eine völlig eigenständige Qualität hervorgebracht hat. Es ist schwer Yangstil-Lehrer daraufhin anzusprechen, weil sie meist praktisch nicht so sehr mit dem Chenstil verbunden sind und sich nicht zu sehr dafür interessieren.

GilesTCC
09-07-2009, 18:21
Und was ist dann z. B. An-Jin? - Die Stärke, die einer beim Schieben hat bzw. die ihm in dieser Hinsicht von einem Gegenüber zugeschrieben wird (subjektiv).

......................

Und welcher Schieber ist „echtes“ T’ai Chi Ch’üan? – Natürlich der, der von einem Fernando Chedel ausgeführt und mit dem Wahrnehmungsraster seiner typischen Anhänger interpretiert wird. ;)


Wir betrachten alle zwangsläufig die Welt durch ein persönliches Wahrnehmungsraster. Sinnvoll ist, die Möglichkeiten von anderermanns Wahrnehmungsraster zumindest auch in Erwägung zu ziehen.

Jedenfalls durch das Wahrnehmungsraster von der Yang-Familie, wurde An so beschrieben:

How can we explain the energy of Push?
When applied, it's like water in motion
but within its softness there is great strength.
When the flow is swift, the force cannot
be withstood.

Meeting high places the waves break over them,
and encountering low places they dive deep.
The waves rise and fall,
and finding a hole they will surely surge in.

Und dann mit meiner Interpretation, die immerhin entfernt mit der Praxis zu tun hat:
"An" ist eine wellenartige (kinetische) Energie mit einer relativ lange Wellenlänge, die einen Gegner insgesamt erfasst und ihn entwurzelt/fortspült/wegwirft. Meiner Erfahrung nach kann ein gutes An mich überraschen, erschrecken, von den Füssen hauen und auch durch die Landschaft schleudern, aber ich werde nicht direkt dadurch verletzt. Dies im Vergleich zur Energie "Ji", die auch (unter anderen) als ein Push ausgeführt werden kann (gleiche äusserliche Technik), aber eine sehr kurze Wellenlänge hat und in den Körper wie ein Dumdumgeschoss hinein geht. Mein Lehrer meint, ein pures "Ji" kann man nie beim Training machen, da es Verletzungsgefahr gibt - man muss es immer mit etwas "An" verdünnen...

Schöne Grüsse,

Giles

Pu Bär
09-07-2009, 18:30
Okay, schlechter Wortwitz: In Japan sind wir Gai Jin.

Weiter im Text: An-Jin? Tja, was mich entwurzelnd wegschiebt. Wellenförmige Kraftausbreitung direkt unter meine Füße. Quasi komprimieren und loslassen. Ich prelle dann vom Boden weg. Ich glaube, im Yangstil wird "An" so verstanden.




Und ich weiß nicht, ob es richtig formuliert ist, wenn man fragt: "Wer hat An-Jin?" ist es nicht vielmehr "Wer macht (da gerade) An-Jin?" Und bevor nagual da jetzt wieder 6 Absätze philologisch daherkommt: Die Antwort ist mir gar nicht so wichtig...

Freier Geist
09-07-2009, 19:36
-

GilesTCC
09-07-2009, 20:04
@ GilesTCC

Und so sieht das dann im Endeffekt aus - euer ganz besonderes, echtes T'ai Chi Ch'üan?

http://www.taichi-potsdam.com/swfmovies/ss400.swf

Sorry, aber wenn ich mir die Kämpfer ansehe, kann ich über das, was du hier schreibst, nur noch den Kopf schütteln!

Gruß

Freier Geist

Nein, das waren 2 der argentinischen Lehrer, die damals vor Jahren mehr aus Neugier und Jux ein paar Wettkämpfe bestritten haben. Schüttel den Kopf wie du magst :). Das gehört zum Lernprozess, Erfahrungen sammeln und auf dieser Basis weitertrainieren, wie die beiden mir auch persönlich erzählten. So der Tenor: "Da ist es uns nocht nicht gelungen, wir haben eher ein bissl 'kick'n'punch' produziert...". Übernächste Woche werde ich ein kurzes Tuishou-Trainingsvid von Fernando posten können, was einen besseren Eindruck von den Möglichkeiten gibt.

Dein erster Satz ist jedenfalls ein Sprung vom eigentlichen Thema weg, und hin zum Angriff auf Behauptungen, die keiner hier gemacht hat. Mir geht es jedenfalls nicht um "uns", es geht um Ansichten von den Jins in Taijiquan.

Schöne Grüsse,

Giles

Freier Geist
09-07-2009, 20:30
-

GilesTCC
09-07-2009, 20:50
OK, point taken :)

Mathieu
09-07-2009, 22:55
Die 8 Jin-Arten entsprechen den 8 Trigrammen und haben jeweils spezifische Grundeigenschaften. Diese in ihrer Tiefe zu erfassen und herstellen zu können, dauert viele Jahre und mündet in eine lebenslange Praxis diese Qualitäten zu verfeinern.
Der berühmte Xiaojia-Meister Chen Xin hat die Zusammenhänge zwischen den Yin-Yang-Qualitäten des I Ging und den Grundtechniken des Taijiquan beschrieben und analysiert. Seine diesbezüglichen Ausführungen zu verstehen und in die Praxis umzusetzen stellt wiederum eine eigene Lebensaufgabe dar. In der Formabfolge hat er übrigens als Xiaojia-Meister die Yilu des Xioajia Chen Taijiquan beschrieben.

Ich wollte mit dem Thread auf Mißverständnisse zwischen den Stilen hinweisen, dass beispielsweise die im Yang-Stil mit An bezeichnete Jin-Art im Chen-Stil als Peng-Jin bezeichnet wird.

nagual
10-07-2009, 00:09
Das An Jin aus dieser Auflistung mit den drei Jin-Arten offensichtlich-versteckt-mysteriös dürfte nicht das Jin von Peng-Lü-An-Ji sein, sondern ein anderes, d.h. die beides "An"s sind mal wieder zufällig die gleichen Silben, aber mit einer anderen Bedeutung.

Die Zuordnung der 8 Taiji-Jins zu den 8 Trigrammen ist IMO eine Sache, die dann irgendein Meister und Gelehrter mal vorgenommen hat, aber in ihrem konkreten Inhalt teilweise willkürlich und für das Konzept der KK Taijiquan eher nebensächlich und nicht notwendig ist. Es ist eher theoretische und ergänzende Spielerei, und nichts was ein Praktiker unbedingt nachvollziehen müsste.
Die lebenslange Beschäftigung mit den einzelnen Jin's bleibt davon allerdings unberührt, das sollte man korrekterweise natürlich tun. Nur eben die acht Trigramme sind IMO zum praktischen Verständnis nicht notwendig.

bluemonkey
10-07-2009, 07:33
1. Wie die Grundtechiken im Chenstil beschrieben sind kennst du ja selbst, da du an anderer Stelle auf CXW verweist. Mit CXW meinst du ja nicht Christian X Werner oder ?


Soweit ich weiß, macht Chen Xiaowang kein Xiaojia, auch wenn er Elemente in seine Kurzformen eingebunden hat.
Wie es bei "uns" im großen Rahmen beschrieben wird weiß ich, kann jeder in dem entsprechenden Artikel "Shisanshi – Die 13 Grundtechniken des Taijiquan"
von Jan Silberstorff nachlesen, erschienen im TQJ (http://www.tqj.de/Archiv/306/ausgabe25.html) oder auch in seinem Buch "schiebende Hände".
Ich werde gerne die entsprechende konkrete Definition von An und Peng hier posten. Wird sich aber nicht wesentlich von dem unterscheiden, was ich hier schon geschrieben habe.
Aber ich kann aufgrund dieser Beschreibungen keinen bezeichnenden Unterschied zu den Beschreibungen im Yangstil heraushören, was ich auch schon dargelegt habe.
Daher wäre es doch schön, wenn die Xiaojia-Vertreter hier einfach mal konkret darlegen, wie bei Ihnen denn das Peng aussieht, so dass das Schieben von Yang Cheng Fu in der Figur "Vogel am ******* fassen" mit einer komprimierenden Kraftrichtung nach vorne unten bei Ihnen als Peng bezeichnet wird.
Ich hör immer "anders", "das weißt Du selbst", "steht in Buch XY".....
Also einfach ganz klar: wie macht ihr, oder noch konkreter Du, Peng?
Das ist eine Bewegung nach vorne oder nach unten?, Schieben mit beiden Händen?
Und wie machst Du An?

Aber auf diesbezügliche Nachfragen kommt dann sowas:


Die 8 Jin-Arten entsprechen den 8 Trigrammen und haben jeweils spezifische Grundeigenschaften. Diese in ihrer Tiefe zu erfassen und herstellen zu können, dauert viele Jahre und mündet in eine lebenslange Praxis diese Qualitäten zu verfeinern.
Der berühmte Xiaojia-Meister Chen Xin hat die Zusammenhänge zwischen den Yin-Yang-Qualitäten des I Ging und den Grundtechniken des Taijiquan beschrieben und analysiert. Seine diesbezüglichen Ausführungen zu verstehen und in die Praxis umzusetzen stellt wiederum eine eigene Lebensaufgabe dar. In der Formabfolge hat er übrigens als Xiaojia-Meister die Yilu des Xioajia Chen Taijiquan beschrieben.


Macht ihr auch diesen Handstandkick heute noch?:)
Ich habe "Taijiquan Tushuo“ von Chen Xin zu Hause, allerdings noch nicht wirklich gelesen, da mir die Theorie am Anfang zu sophisticatet ist.
Da ich hier eventuell keine konkrete Antwort kriege, schau ich mal nach;)



Ich wollte mit dem Thread auf Mißverständnisse zwischen den Stilen hinweisen, dass beispielsweise die im Yang-Stil mit An bezeichnete Jin-Art im Chen-Stil als Peng-Jin bezeichnet wird.

Da Chen der "ursprüngliche" Stil ist, heißt Mißverständnisse natürlich, dass im Yangstil was mißverstanden wurde, nicht umgekehrt?;):rolleyes:

Das bedeutet also konkret, wenn ihr im Xiaojia mit beiden Händen wellenartig nach vorne unten schiebt, um den Körper des Gegners zu komprimieren und dann beim hochkommen nach hinten wegzuschießen, heißt das bei euch Peng?

GilesTCC
10-07-2009, 09:21
Die Zuordnung der 8 Taiji-Jins zu den 8 Trigrammen ist IMO eine Sache, die dann irgendein Meister und Gelehrter mal vorgenommen hat, aber in ihrem konkreten Inhalt teilweise willkürlich und für das Konzept der KK Taijiquan eher nebensächlich und nicht notwendig ist. Es ist eher theoretische und ergänzende Spielerei, und nichts was ein Praktiker unbedingt nachvollziehen müsste.
Die lebenslange Beschäftigung mit den einzelnen Jin's bleibt davon allerdings unberührt, das sollte man korrekterweise natürlich tun. Nur eben die acht Trigramme sind IMO zum praktischen Verständnis nicht notwendig.

Hier kann ich dir voll zustimmen, jedenfalls als barbarischer Westler ;). Wenn man sich schon so jahrelang in das I-Ging und in die Trigrammen/Hexagrammen vertieft hat, daß sie für einen schon ins Blut und ins Gefühl übergegangen sind, dann vielleicht helfen die daraus entstehenden Bildern einem, z.B. ein effektives Peng-jin hinzubekommen. Ansonsten eher nicht, denke ich.

Schöne Grüsse,

Giles

nagual
10-07-2009, 10:30
dass beispielsweise die im Yang-Stil mit An bezeichnete Jin-Art im Chen-Stil als Peng-Jin bezeichnet wird.

Ich kann das so ohne weiteres nicht glauben, und bezweifle dies insbesondere hinsichtlich eine so simplen einfach anderslautenden Namesgebung für angeblich dasselbe Ding.

Mir ist allerdings nicht bekannt, woher die ganzen Ausdrücke wie peng, an, lü usw. genau kommen, und in welcher Lineage usw. sie ihren Einzug in die "offiziellen" (d.h. kulturell bekannten und anerkannten) Konzeptionen der Stile gefunden haben. Da hat es ja auch wechselwirkende Einflüsse von Yang zu Chen gegeben, und nicht nur alles von Chen zu anderen.

Bei dieser unterschiedlichen Namensgebung würde ich eher an dem Bild festhalten, dass man eine bestimmte Situation oder Formfigur ggf. mit beiden Begriffen (an, peng) beschreiben kann, und in den jeweiligen Stilen der jeweils andere Begriff dann beliebter ist.
Als Beispiel, ich übersetze "an" als "drücken" oder "gegendrücken" (auch reflektierender Druck), und "peng" als "aufblähen und verwurzeln").
Wenn jetzt jemand verwurzelt steht, oder auch aus dieser Verwurzelung eine Tui=Schieb-Aktion macht, gerne auch wie das bekannte Bild von Yang Cheng Fu, dann passen bildlich gesehen beide Begriffe an und peng auf dieses Bild.
Das ist für mich aber ein großer Unterschied, als wenn da zwei Jin-Arten zwei verschiedene Namen hätten, und es tatsächlich die gleiche "Jin-Art" wäre.
Konkret meine ich, dass es zwar einerseits verschiedene Jin-Arten gibt, aber diese Jin-Arten sich lediglich als eher schwammige Bilder an den verwendeten Begriffen orientieren, und nicht die Begriffe an eindeutigen Konzepten.

Wenn ich im Deutschen von Verwurzelungskraft spreche, und außerdem von Drückkraft, so habe ich damit zwar zwei verschiedene Kraftarten oder "Kräfte" benannt, und man kann sagen, dass es diese Kraftarten gibt, aber dennoch gibt es nicht die Verwurzelungskraft, die dann in einem anderen Stil mal zufällig als Drückkraft bezeichnet wird. "Verwurzelungskraft" ist ja lediglich alles, was zu diesem Wort passt. Bei "Drückkraft" analog.
Und jetzt gibt es eben auch Situationen, wo man eine Sache sowohl mit "Drückkraft" wie auch "Verwurzelungskraft" bezeichnen kann, weil beides passt. Das bedeutet aber nicht, dass es da eine unterschiedliche Namensgebung hier und da gäbe.

Ich behaupte, es gibt eher überhaupt keine Namensgebung, sondern die Sachen werden einfach sprachlich beschrieben, mit bestimmten Wörtern, die sich etabliert haben, und dieses Denken in Namensgebungen ist eben dieses westliche Denken, welches der chinesischen Mentalität nicht entspricht.

Es wird nur beschrieben, aber offizielle Namen (und Definitionen) existieren nicht.

Mathieu
11-07-2009, 16:57
Was haltet ihr davon?
YouTube - Peng Lu Ji An: Four Basic Techniques of Taijiquan (http://www.youtube.com/watch?v=EYafsLgnTY0&feature=related)
Welcher Stil ist das?

john_doe
11-07-2009, 17:02
Hallo Mathieu!



(...) Welcher Stil ist das?

Im Info-Text rechts steht: "... The techniques are demonstrated by push hands instructors Tas and Igor of the Chen Style Taijiquan Academy in Melbourne, Australia."


Schöne Grüße,
john_doe

nagual
11-07-2009, 17:05
Ich habe jetzt gerade nur die erste Minute gesehen, aber es scheint mir ziemlich deutlich Yang-Stil zu sein, also das Schieben entspricht ja ziemlich dieser einen Formfigur vom Anfang der Form, und auch die Art wie die Ellenbogen gesenkt sind, spricht IMO dafür.

EDit: Hups, da hatte Friedhelm ja schnell ne bessere Quelle als mein subjektiver Eindruck!!!
Schöne Grüße

nagual
11-07-2009, 17:13
Noch ne Anmerkung: Die wenden in dem Clip die vier Begriff peng-lü-an-ji ja auf die vier Phasen des Tuishou an.
Das ist ja so weit auch korrekt, soweit ich weiß erschöpft sich das Verständnis von Peng, lü usw. aber nicht in dieser prototypischen Anwendung.
D.h. die Übersetzung von z.B. Peng hier als ward-off=Abwehr bezieht sich hier auf die konkreten Techniken dieser vier Phasen.
Peng ist aber eigentlich mehr und enthält subtilere Aspekte als diese zurückweichende Bewegung der "Abwehr". Gleiches gilt für lü usw., also auf die eigentliche Bedeutung von Peng-lü-an-ji wird hier im Grunde gar nicht eingegangen.

john_doe
11-07-2009, 17:18
Hallo Nagual!



(...) EDit: Hups, da hatte Friedhelm ja schnell ne bessere Quelle als mein subjektiver Eindruck!!!

Mein subjektiver Eindruck war auch zunächst Yang - ich habe dann nur den Info-Seitentext gelesen bzw. zitiert. Vielleicht können die Chen'ler hier im Board beim Beobachten der Leute, die im Hintergrund Form üben, mehr herausfinden.


Schöne Grüße,
john_doe

Mathieu
11-07-2009, 17:19
Mir ist bei dem Video aufgefallen, dass im Tuishou-Ablauf die Bezeichungen Peng Lu Ji und An wieder anders eingeblendet werden als beim Solo-Ablauf. Seht ihr das auch so?

Mathieu
11-07-2009, 17:25
Ich hätte vom ersten Zuschauen auch zuerst auf Yang-Stil getippt. Die Leute im Hintergrund üben allerdings Chen-Stil. Das ist eindeutig am Buddhawächter zu erkennen. Vielleicht ist es ja ein "Betrieb in Umstellung" von Yang zu Chen und deshalb sind die alten Yang-Einflüsse im Tuishou noch zu erkennen :)? Eindeutig könnte ich das jedoch nicht sagen.

rudongshe
11-07-2009, 17:26
Also ich weiß nicht recht, ich lerne alles aus einer Bewegung heraus zu machen inklusive einer bestimmten Grundhaltung, ob nun an, peng, wurzeln oder sonstwas.

Diese Bewegung organsiere ich innen und trage sie nach außen. Das nenne ich mal einfach das Ur-Jin.

Dann wende ich an, daraus entwickeln sich die anderen Arten. In alle Richtungen, von grob nach fein.

Im Vogel am Gefieder soll man eben das Peng, Lü, Ji, An kennenlernen und exemplarisch üben. Mag auch sein, das dies so nützlich in der Verteidigung ist.
Beim Peng jedenfalls weiß ich, das es sehr wichtig ist.

Natürlich ist es interessant, über die jins bescheid zu wissen, aber ich glaube eher, man versteht nach dem üben, was die alten meinten. Es sind keine Handlungsanweisungen.

Und selbst die müssen ja oft noch erklärt werden.

GilesTCC
11-07-2009, 17:29
Kann mich was dem Vid betrifft hier Nagual und JD anschliessen. Ansonsten gefällt mir persönlich nur mäßig: der Lehrer hat offensichtlich Kraft und Erdung, aber in der Partnerübung kommt es mir so vor, als ob er nur die "Bewegungen" der Techniken macht, und daß die inneren Qualitäten/Jins/Energien bzw. Qualitätswechsel ziemlich kurz kommen. Man müsste es aber selber fühlen, um wirklich sicher zu sein - eine Videodiagnose hat immer seine Grenzen...

Hier jedenfalls etwas Vergleichbares, was mir wesentlich besser gefällt:

YouTube - Tui Shou Lesson 1 - Ismet Himmet (http://www.youtube.com/watch?v=x4sQwUHCuRE)

Letzten Sonntag hatte ich das Vergnügen, ein bisschen länger mit Ismet tuishoutechnisch auszutauschen, und er hat wirklich Gutes drauf. Mit anderen Worten, was er hier erklärt und zeigt, klappt bei ihm auch unter etwas unkooperativeren Bedingungen :)

Schöne Grüsse,

Giles

Mathieu
11-07-2009, 17:35
Wollte bewußt kein Beispiel aus der deutschen Tai Chi Szene nehmen, um etwas neutraler zu bleiben.

Noch mal für alle:
YouTube - Peng Lu Ji An: Four Basic Techniques of Taijiquan (http://www.youtube.com/watch?v=EYafsLgnTY0&feature=related)
Was haltet ihr von diesen Zuordnungen?

Drachin
11-07-2009, 20:18
An geht bei uns auch so, grob gesehen. Die Bewegung heißt so.

Lü machen wir so nicht, aber schon klar, wir nennen diese Bewegung auch so.

Ji, so wie es dort gemacht wird, ist ähnlich der Bewegung Ji in meiner Form, kommt aber, so wie hier gezeigt, nicht in den mir bekannten Pushing Hands Routinen vor.

Was dort peng heißt, ist in unserer üblichen beidhändigen Routine die Bewegung Ji. Was bei uns Peng genannt wird, kommt in diesem Video nicht vor.

Ich habe gelernt, die Energie Ji ist 'anstauen und überlaufen' - eine Welle die sich aufläuft und dann überrollt, z. B. Im Ablauf mit einem Partner ist das Überlaufen aber nur einzusetzen wenn gerade aussichtsreich - in der Routine ist es nur das Unterarme Aufeinanderlegen, mit dem wir unser an aufgeben, wenn es erfolgreich abgeleitet wurde.

Je nachdem kann man das vielleicht auch peng nennen. In diesem Video kann man das nicht beurteilen, die Leute versuchen ja wohl gerade mal, den Ablauf der Übung zu lernen, also Bewegungen, nicht deren Inhalte.

nagual
11-07-2009, 21:11
Es gibt konkrete Bewegungen (oder ggf. Stellungen), die mit peng oder ji usw. bezeichnet werden, dies sind z.B. die vier Bewegungsphasen aus der Tuishou-Partnerroutine.
Dann gibt es Peng, lü usw. als allgemeinere Prinzipien, "Techniken", "Energien", "Tore" (wie auch immer man das nennt, weil es abstrakt ist, passt kein konkreter Begriff, das allgemein-abstrakte führt dann zu so komischen Begriffen wie "Energien", "Tore" usw.).
Wenn man den abstrakten Kern dieser Dinger verstanden hat, dann weiß man auch, warum die vorhergenannten konkreten Beispiele (z.B. die Phasen der Tuishou-Routine) eben beispielhafte Möglichkeiten des Ausdrucks der "Energien" Peng, lü usw. sind, bzw. sein können.


An geht bei uns auch so, grob gesehen. Die Bewegung heißt so.

Lü machen wir so nicht, aber schon klar, wir nennen diese Bewegung auch so.

Ji, so wie es dort gemacht wird, ist ähnlich der Bewegung Ji in meiner Form, kommt aber, so wie hier gezeigt, nicht in den mir bekannten Pushing Hands Routinen vor.

Was dort peng heißt, ist in unserer üblichen beidhändigen Routine die Bewegung Ji. Was bei uns Peng genannt wird, kommt in diesem Video nicht vor.Diese Sätze scheinen hinsichtlich des Verhältnisses der abstrakten Ideen und konkreter beispielhafter Möglichkeiten kein klares Verständnis auszudrücken.
Für Aussagen wie, was hier so heißt, heißt bei uns soundso, kann es in einem klaren Verständnis keinen Platz geben. Es sei denn, man entdeckt, dass einer was falsch macht, d.h. z.B. eine Anwendung Peng nennt, obwohl sie kein Peng ist, weil sie eben sichtbar kein Ausdruck der abstrakten Idee (oder "Energie" ist).
Was die Leute in dem Video machen, ist aber vom Ansatz her richtig (schon einfach, weil es eben die normale Tuishou-Routine ist), das Übungsniveau ist dabei erstmal egal.

Ein Vergleich, ob in einem Stil tatsächlich was anders läuft als im anderen Stil (hier jetzt, wie bei Drachin und den Chen-Leuten aus dem Clip), müsste man die abstrakten Konzepte (von Peng, Lü usw.) vergleichen, und dies dann noch mit sauberen Übersetzungen der chin. Begriffe ergänzen. Dafür fehlen aber an dieser Stelle die Informationen aus beiden Stilen.

Wenn ein Vergleich nur auf der konkreten Ebene, d.h. Bewegung X heiß hier peng und da ji, stattfindet, liegt erst einmal der Verdacht nahe, dass da irgendwo Murks und fehlerhaftes (oder extrem oberflächliches) Verständnis vorliegt. Denkbar auch, dass sich das in bestimmten Substil-Lineages so etabliert hat, z.B. weil der "Meister" sich eigentlich nur für den Qigong-Aspekt und nicht für die KK interessiert.
Könnte auch sein, dass die Begriffe Peng-Lü-usw. eigentlich eine mehr oder weniger traditionelle Chen-Stil-Angelegenheit sind, und erst später in die Yang-Traditionen reingebaut wurden, und dann aber mit einem komischen "Verständnis" der Sache. Ggf. könnte es auch verschiedene Begriffe "an", "lü" und "ji" geben ("peng" eher nicht), d.h. Vokabeln, die eine unterschiedliche Bedeutung haben, z.B. bei der Benennung von Formfiguren.
Das heißt dann aber nicht, dass das was hier so heißt, dort anders heißt, und man quasi ein Muster der wechselseitigen Umbenennung identifizieren könnte.

Wie gesagt, denkbar sind vor allem ein oberflächliches und fehlerhaftes Verständnis hinsichtlich der abstrakten Konzepte, die den eigentlichen Kern dieser "Energien"/"Tore" ausmachen.

EDIT

Ich habe gelernt, die Energie Ji ist 'anstauen und überlaufen' - eine Welle die sich aufläuft und dann überrollt, z. B. Im Ablauf mit einem Partner ist das Überlaufen aber nur einzusetzen wenn gerade aussichtsreich - in der Routine ist es nur das Unterarme Aufeinanderlegen, mit dem wir unser an aufgeben, wenn es erfolgreich abgeleitet wurde.

Je nachdem kann man das vielleicht auch peng nennen. In diesem Video kann man das nicht beurteilen, die Leute versuchen ja wohl gerade mal, den Ablauf der Übung zu lernen, also Bewegungen, nicht deren Inhalte.

Diese Aussagen enthalten schon mehr Ideen über diese abstrakten Kerne, finde ich ganz interessant.

GilesTCC
11-07-2009, 21:44
Hi Leute,

eventuell zur Verdeutlichung... (??) Unten zitiere ich die "Lieder" zu den 4 Hauptenergien, die gerade besprochen werden. Diese sind aus den damaligen "hausinternen" Schriften von der Yang-Familie, und die Texte gehen wohl mindestens auf 1920 zurück, wenn nicht wesentlich älter. NB: es werden hier klar (körpermechanische) "Energien" beschrieben und keine Körperhaltungen. Für manche werden diese Texte wohl viel zu blümerant und ungenau sein aber ich kann nur sagen, daß die beschriebenen Qualitäten bzw. entsprechenden Techniken (egal, wie sie äusserlich aussehen) sehr nachvollziehbar in einer "hands-on" Situation sind. Genauso deutlich wie Fahrradfahren. Und Fahrradfahren ist genauso schwierig zu beschreiben - im Sinne von einer schriftlichen Bewegungsanleitung - wenn man es nicht selbst in der Praxis erfahren hat.
Ich habe bestimmte Phrasen, die ich besonders aufschlussreich finde, kursief oder gar fett gesetzt.


The Song of "peng"

How can we explain the energy of Ward-Off?
It is like water which supports
a moving boat.
First make the ch´i in the tan-t´ien substantial,
then hold the head as if suspended
from above.
The whole body has the power of a spring.
Opening and closing should be
clearly defined.
Even if the opponent uses a thousand pounds of force,
we float lightly and without difficulty.


The Song of "lü"

How can we explain the energy of Roll-Back?
We draw the opponent towards us by allowing
him to advance,
while we follow his incoming force.
Continuing to draw him in until
he overextends.
We remain light and comfortable,
without losing our vertical posture.
When his force is spent
he will naturally be empty.
While we maintain our center of gravity,
and can never be bested by the opponent.


The Song of "ji"

"How can we explain the energy of press?
Sometimes we use two sides
To directly receive a single intention.
Meeting and combining in one movement,
We indirectly receive the force of the reaction.
This is like a ball bouncing off a wall,
Or a coin dropped on a drum,
Which bounces up with a metallic sound."

[also sehr plötzlich und 'scharf', gelle?]


The Song of "an"

How can we explain the energy of Push?
When applied, it´s like water in motion
but within its softness there is great strength.
When the flow is swift, the force cannot
be withstood.
Meeting high places the waves break over them,
and encountering low places they dive deep.
The waves rise and fall,
and finding a hole they will surely surge in.


OK, weiterhin viel Spaß. Ich melde mich für eine Woche ab, fahre morgen früh für eine Woche nach Spanien. (Unser Sommer-Trainingscamp :):))

Bis denne,

Giles

Drachin
11-07-2009, 21:50
Nagual:

Diese Aussagen enthalten schon mehr Ideen über diese abstrakten Kerne, finde ich ganz interessant.

Freut mich ja, daß für Dich auch was interessantes dabei war :) - was den Rest betrifft, habe ich auf Mathieu's Frage


Was haltet ihr von diesen Zuordnungen?

geantwortet. Vielleicht kann er ja was damit was anfangen.

Ich selbst halte nicht viel davon, alles im Vorfeld zu bewerten. Nimm einen anderen Blickwinkel ein, und siehe da, in anderem Zusammenhang macht's ja eventuell auch wieder Sinn. Daher habe ich erst mal die Ähnlichkeiten und Unterschiede aufgeführt.

nagual
11-07-2009, 22:09
Wenn diese "Lieder" aus der Yang-Family stammen und quellenmäßig tatsächlich die einzige bzw. nachweisbar erste bzw. älteste (schriftliche, und damit eindeutige und nicht einfach uminterpretierbare) Quelle über peng, lü usw. sind, dann kann man evtl. tatsächlich feststellen, dass diese Konzepte vom Yang-Stil in den Chen-Stil gewandert sind. (entspricht meiner Annahme, dass es in dieser Richtung sehr bedeutende Einflüsse gegeben hat, und die Chen-Linie im Grunde den heutigen stilübergreifenden Charakter des Taijiquan vom Yang-Stil "abgekupfert" hat, und ihre (wahre) Story der Herkunft "darübergelegt" hat, um sozusagen den Wir-sind-das-Original-Status zurückzuerobern).

Wenn diese Lieder aber auch die einzige letztendlich "definierende" Quelle sind, dann sind die abstrakten Kerne allerdings doch recht vage, und erlauben viel Platz für Interpretationen und auch Überschneidungen der einzelnen Konzepte. Man siehe hier z.B. die Ähnlichkeit von Peng und Ji.

Daraus kann sich möglicherweise auch ergeben, dass man die vier Phasen des Tuishou gar nicht soo eindeutig den vier abstrakten Konzepten zuordnen kann, sondern manche Phasen der Routine von mehreren der "Energien" geprägt sind. Dann wäre eine unterschiedliche Zuordnung in verschiedenen Lineages auch nicht falsch, sondern ein Ergebnis eben der Unklarheit der historischen Quellen, die eben so eine schwammige Handhabung ermöglichen.

Vermutlich ist tatsächlich eine gehörige Portion kulturell etablierte Schwammigkeit in der Sache mit drin, und dann letztendlich unvermeidbar, weil man sich letztendlich an nichts orientieren kann.
Man kann nur jedem Großmeister sogar unterstellen, dass er zwar was hervorragendes macht, aber die Details seiner persönlichen Handhabung der Sache auch nie wird als das einzig Wahre "beweisen" können.

Drachin
11-07-2009, 22:35
sondern ein Ergebnis eben der Unklarheit der historischen Quellen, die eben so eine schwammige Handhabung ermöglichen.


Mein Eindruck ist, diese Texte existieren parallel. Jemand hat sie geschrieben, aber die Weitergabe des Lehrstoffs ist immer von Mensch zu Mensch gewesen, ob da nun jemand was aufgeschrieben hat oder nicht.

nagual
11-07-2009, 22:37
Mein Eindruck ist, diese Texte existieren parallel. Jemand hat sie geschrieben, aber die Weitergabe des Lehrstoffs ist immer von Mensch zu Mensch gewesen, ob da nun jemand was aufgeschrieben hat oder nicht.

Welche Texte gibt es denn noch, die genauso alt oder älter sind, und in denen peng, lü usw. erwähnt und ggf. erklärt werden??

Mathieu
12-07-2009, 10:20
Hier noch mal so ein kleiner Hinweis, wer das Wissen von wem erhalten hat:

http://www.shogun-gesundheit.de/China2004-Dateien/ChenYang.jpg

Dass die Chen-Familie Yang Luchan in Chenjiagou ein Denkmal und eine Gedenkplatte widmet, zeigt, dass sie ihn als hervorragenden Taiji-Adepten ehren. Umgekehrt wäre es an der Zeit, dass die Anhänger des Yang-Stils die alten Lehrer der Chen Familie ehren, weil nur durch diese das Entstehen eines Yang-Stils ermöglicht wurde.

rudongshe
12-07-2009, 10:34
Hier noch mal so ein kleiner Hinweis, wer das Wissen von wem erhalten hat:

http://www.shogun-gesundheit.de/China2004-Dateien/ChenYang.jpg

Dass die Chen-Familie Yang Luchan in Chenjiagou ein Denkmal und eine Gedenkplatte widmet, zeigt, dass sie ihn als hervorragenden Taiji-Adepten ehren. Umgekehrt wäre es an der Zeit, dass die Anhänger des Yang-Stils die alten Lehrer der Chen Familie ehren, weil nur durch diese das Entstehen eines Yang-Stils ermöglicht wurde.

Das geht nicht, denn wir Yangler haben doch geschworen, die Chen-familie zu verleugnen!
:o

Deswegen rede ich mit bluemonkey ja auch kein Wort mehr :baeehh:

Aber im Ernst ziehe ich auch die Chentexte heran, um meine Taichi-Feelings besser zu verstehen.

Mathieu
12-07-2009, 10:49
Unser gemeinsamges Ziel sollte Freundschaft und gegenseitige Inspiration sein.
Ich bin bis heute dankbar, dass ich durch den Yang-Stil den Zugang zur Kunst des Taijiquan überhaupt gefunden habe.
Aus verschiedenen Gründen praktiziere ich heute Chen-Stil.
Gegenseitiger Respekt und Austausch sollten uns in allen Begegnungen begleiten.

rudongshe
12-07-2009, 11:06
Umgekehrt wäre es an der Zeit, dass die Anhänger des Yang-Stils die alten Lehrer der Chen Familie ehren, weil nur durch diese das Entstehen eines Yang-Stils ermöglicht wurde.

Freundschaft und Inspiration werden durch Pauschalurteile nicht gefördert.

Mathieu
12-07-2009, 11:39
Das Zugehörigkeitsgefühl zu bestimmten Gruppen führt leicht zu Pauschalurteilen. Das gestehe ich ein. Auf der anderen Seite: Respekt kann nicht gefordert werden - es ist ein freiwilliger Akt, der eine gewiße moralische Reife voraussetzt. Unsere Kommunikation in diesem Forum ist stark geprägt durch das Zugehörigkeitsgefühl zu Gruppen, Stilen und einzelnen Lehrern.

Was im Extremfall passieren kann, wenn einzelner Mitglieder dieser verschiedenen Gruppen und Stile gegeneinander antreten habe ich in einem neuen Thread unter "Realistisches Kämpfen" anhand eines Beispiels veröffentlicht.

Wir sollten uns fragen, was wir heute auf dem Weg der Kampfkünste wirklich wollen.

nagual
12-07-2009, 11:45
Abgesehen von diesen historischen Fragen, wer was von wem gelernt hat, und wessen Lineage die bewiesenermaßen ältere ist, ist es aber doch rein sachlich eine entscheidende Frage, WANN und WO sich diese Kernideen von peng, lü, an und ji als erstes als "offizieller" (z.B. durch Texte so festgelegt) Kern herausgebildet haben.

Die Sache ist ja die, dass das alte Chen-Boxen, aus dem der Yang-Stil entstanden ist, ja gar nicht unbedingt diesen heute typischen Bewegungscharakter des heutigen Taijiquan gehabt haben muss. Die enthaltenen Ideen mögen auch peng, lü, an und ji umfasst haben, aber eben diese Ideen nicht so sehr als zentrale Kernideen betont haben.

Meiner These, dass diese Betonung von peng, lü, an, ji als Kernideen erst im 20. Jhdt vom Yang- in den Chen-Stil gewandert ist, ebenso wie der langsame und ständig eher soft-fließende Charakter zu dieser Zeit auch vom Yang- in den Chen-Stil gewandert ist (nämlich als Bewegungsübung von und für alte Männer, um das mal provokant zu formulieren), muss nicht jeder zustimmen.

Ich will aber anregen, dass die historische Story, dass Yang Luchan Anfang des 19. Jhdts in die Geheimnisse der Chen-Familie eingeweiht wurde, NICHT mit dem blinden Glauben einhergehen sollte, dass eben peng, lü, an und ji den exakt gleichen Stellenwert in der frühen Geschichte (ggf. beider Stile) gehabt haben muss. Das ist immer wieder diese vermutlich extrem fehleranfällige Projektion der Gegenwart in die Vergangenheit, nur weil es Infos über irgendwelche "offiziellen" Lineages gibt (im Extremfall kommen dann Dinge wie dieser schwachsinnige Wudang-Mythos dabei raus, das ist ja so ähnlich wie wenn jemand behauptet die Original-Bogenschießkunst von Robin Hood erlernt zu haben, wegen "nachgewiesener Lineage", oder die Originalfechtkunst der Drei Musketiere o.ä.).

Die Alternative zu dieser blinden Lineage-Gläubigkeit und Projektion der Gegenwart in die Vergangenheit ist die Möglichkeit, sich daran zu orientieren, wann die ersten konkreten schriftlichen (oder bildlichen) Quellen entstanden sind. Wenn z.B. erst 1920 die ersten schriftlichen Quellen von peng, lü, an und ji berichten, während die Quellen von ca. 1890 dies noch nicht machen (z.B. Klassiker von Yang Cheng Fu), dann ist dies ein deutlicher Hinweis darauf, dass in dieser Zeit ja etwas passiert ist, und vermutlich erst ca. 1900 bis 1920 die Praktiker sich soo stark auf peng, lü, an, ji konzentriert haben.
Vorher existierten peng, lü, an, ji möglicherweise absolut parallel zu Ideen und Begriffen wie tui, na und weiß der Geier was (was es z.B. alles in den blumigen Namen der Formfiguren gibt).

Deswegen frage ich nach anderen konkreten schriftlichen Quellen für peng, lü, an, ji, denn diese Sache wird nicht durch die Story, dass Yang Luchan von irgendnem Chen-Typ "alles" vermittelt bekommen hat, beantwortet.

nagual
12-07-2009, 12:18
Dass die Chen-Familie Yang Luchan in Chenjiagou ein Denkmal und eine Gedenkplatte widmet, zeigt, dass sie ihn als hervorragenden Taiji-Adepten ehren. Umgekehrt wäre es an der Zeit, dass die Anhänger des Yang-Stils die alten Lehrer der Chen Familie ehren, weil nur durch diese das Entstehen eines Yang-Stils ermöglicht wurde.

Irgendwie witzig, wenn man diese offizielle Ehrung von Yang Luchan als heimliches oder verstecktes Eingeständnis interpretiert, dass der heutige Chen-Stil ohne die Geschichte des Yang-Stils (der ja in Peking als erster Substil berühmt geworden ist) weder seine heutige Form erhalten hätte, noch überhaupt so bekannt geworden wäre. Andererseits ist diese Ehrung gleichzeitig auch so etwas wie der Diebstahl der "Originalkrone", wenn man faktisch nämlich den Yang-Stil als Ursprung der heute typischen Bewegungsqualitäten und Lehrinhalte identifiziert.

Witzig, und wieder mal typisch China.

Für die Chen-Leute (die Traditionstypen in Chenjiagou) dürfte es nämlich keinen anderen Grund geben, jemanden außerhalb der Tradition so zu ehren, denn eigentlich ist Yang Luchan ja außerhalb der Chen-Lineage, logischerweise.
Wenn sie es nicht irgendwie nötig hätten, würden sie es nicht machen. Also haben sie es wohl nötig, also fragt sich, warum haben sie es nötig?

rudongshe
12-07-2009, 13:14
Das ist mir alles viel zu sophistisch.

Je mehr Leute sich für was interessieren, umso mehr Schrift wird fabriziert, kein beleg für vorherige Nichtexistenz.

Ich kenne nicht viele Texte - gebe ich zu, und die auch nur in der Übersetzung (von Rainer Landmann).

Und die müssen interpretiert werden, ob nun von Meistern oder Schülern

Chen und Yang ähneln sich dort sehr. Manches in den Chentexten passt sehr gut zu dem was IpTaiTak von YangSauChung als "internen Yangstil" kennengelernt hat.

YangChengFu hat vom Yangstil eine "offene" Variante für das chinesische Volk gelehrt. Wer weiß, welche kursierenden Interpretationen sich auf den "öffentlichen" Stil bezogen und für den "alten" eben anders sind?

Und auch in der Chenfamilie wurde soweit ich weiß auch einiges reformiert.

nagual
12-07-2009, 14:07
Je mehr Leute sich für was interessieren, umso mehr Schrift wird fabriziert, kein beleg für vorherige Nichtexistenz.

Ich behaupte ja nicht, dass peng, lü, an und ji vor Entstehung der entsprechenden Schriften nicht existiert hätten (als Namen und Konzepte bei Praxis und Unterricht), sondern dass die Entstehung dieser Schriften (wenn sie sich als anerkannt durchsetzen und gewisse Bekanntheit erlange) einen Unterschied zu vorher bedeuten.

Nämlich, dass man eben ausdrücklich nicht sagen kann, dass die Sache so, wie sie in den Schriften beschrieben und "definiert" wird, in der ganzen Zeit vorher schon immer in genau dieser Form existiert hätte.

Eine Schrift kann und wird in vielen Fällen auch einen eher "aktuellen" Trend (z.B. der 10-20 Jahre davor ("aktuell"!!!)) abbilden, und dadurch diesen Trend stabilisieren, und die beschriebenen Aspekte fixieren und in der Wandelbarkeit, die vorher möglich war (weil alles nur mündlich gehandhabt wurde), reduzieren.

rudongshe
12-07-2009, 14:16
Eine Schrift kann und wird in vielen Fällen auch einen eher "aktuellen" Trend (z.B. der 10-20 Jahre davor ("aktuell"!!!)) abbilden, und dadurch diesen Trend stabilisieren, und die beschriebenen Aspekte fixieren und in der Wandelbarkeit, die vorher möglich war (weil alles nur mündlich gehandhabt wurde), reduzieren.

Die Frage ist, wie generiert der Stil "sein Jin". Das ist die grundlegende Basis, was den Stil unterscheidet von anderen. Alles andere ist wandelbar.

Freier Geist
12-07-2009, 14:25
-

nagual
12-07-2009, 14:47
Die Frage ist, wie generiert der Stil "sein Jin". Das ist die grundlegende Basis, was den Stil unterscheidet von anderen. Alles andere ist wandelbar.

"Ein Jin" (des Stils "sein Jin") besteht aber aus dem einen körperlichen Teil, den Jin ist nichts anderes als körperliche Stärke, aber die ganzen soundso-jins, wie peng jin usw., sind ja bestimmte Skills, die mit der antrainierten Stärke möglich sind.

Deswegen braucht man ja die Namen und Konzepte, die die verschiedenen Jin-Arten ausmachen.

Entweder man sagt, diese und jene Skills und "jins" machen den Stil aus, dann sind diese Jins festgelegt, und nicht mehr austauschbar, oder man sagt, dass es eben nur nebensächliche Skills sind, die nicht notwendigerweise dazugehören.

Zu deinem Satz gehört also die Entscheidung, ob jetzt z.B. peng jin unbedingt notwendig zu einem Stil dazugehört, oder ob es als unwichtiger Bestandteil an den Rand wandern darf.

Heutzutage wird jeder sagen, dass peng jin für echtes Taiji unerlässlich ist, und ohne ist es kein Taiji mehr.
Das könnte in einer Zeit relativ lange vor der Entstehung der Schriften über peng, lü, an, ji tendenziell anders gewesen sein.

Die Wandelbarkeit reduziert sich mit jeder Schrift, die dazu kommt, sobald die Schrift Anerkennung genießt.

Das ist so eine Art Kristallisierungsprozess, an dem die Schriften beteiligt sind.

Ich sage, dass die Kristallierung vor allem ein modernes Phänomen ist, während es vor 100, 150 oder mehr Jahren alles viel wandelbarer und unbestimmbarer gewesen ist.

rudongshe
12-07-2009, 15:01
"Ein Jin" (des Stils "sein Jin") besteht aber aus dem einen körperlichen Teil, den Jin ist nichts anderes als körperliche Stärke, aber die ganzen soundso-jins, wie peng jin usw., sind ja bestimmte Skills, die mit der antrainierten Stärke möglich sind.

Deswegen braucht man ja die Namen und Konzepte, die die verschiedenen Jin-Arten ausmachen.

Entweder man sagt, diese und jene Skills und "jins" machen den Stil aus, dann sind diese Jins festgelegt, und nicht mehr austauschbar, oder man sagt, dass es eben nur nebensächliche Skills sind, die nicht notwendigerweise dazugehören.

Zu deinem Satz gehört also die Entscheidung, ob jetzt z.B. peng jin unbedingt notwendig zu einem Stil dazugehört, oder ob es als unwichtiger Bestandteil an den Rand wandern darf.

Heutzutage wird jeder sagen, dass peng jin für echtes Taiji unerlässlich ist, und ohne ist es kein Taiji mehr.
Das könnte in einer Zeit relativ lange vor der Entstehung der Schriften über peng, lü, an, ji tendenziell anders gewesen sein.

Die Wandelbarkeit reduziert sich mit jeder Schrift, die dazu kommt, sobald die Schrift Anerkennung genießt.

Das ist so eine Art Kristallisierungsprozess, an dem die Schriften beteiligt sind.

Ich sage, dass die Kristallierung vor allem ein modernes Phänomen ist, während es vor 100, 150 oder mehr Jahren alles viel wandelbarer und unbestimmbarer gewesen ist.

Das ergibt sich alles aus der Anwendung, ich verstehe die Diskussion nicht.
Bei uns ist Peng erst mal ein Block, der zur Kontakktaufnahme dient oder mit ich Struktur brechen kann.

Die Basis, wie macht mein Stil Kraft, wie geht er damit um, das ist die hauptsache, der rest ist Anwendung, wie man es für sinnvoll hält und wie einem liegt.

Sorry für dieses Deutsch

Freier Geist
12-07-2009, 15:12
-

nagual
12-07-2009, 15:14
@rudongshe
Gerade dein Stil ist aber doch ein Subsubstil, der dadurch zwangsläufig wenig wandelbar ist, denn sonst ist ja nicht mehr der Snake-Style.

Es kann doch nicht jeder hingehen, und aus dem Snake-Style was machen, was dann eher aussieht wie Wu-Stil oder Liuhebafa oder sonstwas.

Vor 100 und 150 Jahren haben sich aber Wu- und Yang- und Snake-Style aus einem "Urbrei" entwickelt.
Früher war also mehr Wandelbarkeit vorhanden, die inzwischen nicht mehr vorhanden ist.

Ich weiß nicht, was daran so schwer zu verstehen ist.

rudongshe
12-07-2009, 15:17
Das stimmt, und sicherlich hatte er auch seine Schwerpunkte, aber die Basis...ist Krafterzeugung und Umgang mit Kraft anderer.

rudongshe
12-07-2009, 15:25
@rudongshe
Gerade dein Stil ist aber doch ein Subsubstil,

Woher weißt Du das mit dem subsubstil?

Abgesehen davon gibt es immer Entscheidungen, wie etwas gemacht wird. Oder kannst Du alles trainieren? Ich nicht. Ich setze die Unterscheidung bei der Krafterzeugung an. Von da ergibt sich der Rest.

nagual
12-07-2009, 15:30
Ich ging davon aus, dass der Snake-Stil aus der Yang-Tradition stammt, erkennbar ja auch an der Verwandtschaft der Snake-Form zur Form der Hongkong-Linie, ITCCA usw.
Ob man es als Subsubstil bezeichnet, oder nur als weiteren Substil des Taijiquan (also nicht "unter" dem Yangstil, sondern parallel zum Yangstil), ist auch egal.
Man kann nicht den Snake-Style plötzlich wie Chen ausüben, und sagen, das wäre noch Snake, nur weil die generelle Jin-Methode die gleiche geblieben ist.

rudongshe
12-07-2009, 15:32
Ich ging davon aus, dass der Snake-Stil aus der Yang-Tradition stammt, erkennbar ja auch an der Verwandtschaft der Snake-Form zur Form der Hongkong-Linie, ITCCA usw.
Ob man es als Subsubstil bezeichnet, oder nur als weiteren Substil des Taijiquan (also nicht "unter" dem Yangstil, sondern parallel zum Yangstil), ist auch egal.
Man kann nicht den Snake-Style plötzlich wie Chen ausüben, und sagen, das wäre noch Snake, nur weil die generelle Jin-Methode die gleiche geblieben ist.

Warum? Abgesehen davon scheint mir die "Jin-Methode" zwar verwandt, aber von den schwerpunkten her schon sehr unterschiedlich zu sein. Vielleicht liegt da ja der Unterschied drin, oder es gab früher keinen.

Freier Geist
12-07-2009, 15:36
-

rudongshe
12-07-2009, 15:47
Hat der Snake-Style des Hongkonger Ip Tai Tak, der diesen vom ebenfalls in Hongkong ansässigen Yang Shou-chung gelernt hat, tatsächlich eine Verwandtschaft zum Yang-Stil der Hongkong-Linie? :D :rolleyes:

Gruß

Freier Geist

Was ich so gehört habe. Da gab es ja genug Querelen, die gottseidank begraben sind und die ich nicht ausgraben möchte. Kann schon sein, dass Ip Innovation eingebaut hat an Übungssets für sich, ich kann das nur vermuten und nicht beurteilen.

Ich sehe die Stilunterschiede mittlerweile in der Krafterzeugung begründet und der sich daraus ergebenden Haltung/Bewegung. Das daraus wiederum unterschiedliche Anwendungen entstehen, ist die Folge.

Zum Beispiel ist mir das vielgezeigt Fajin so aus dem Ipstil nicht bekannt.

Interessant ist ja, dass Luchans Stil (Baumwollboxen, Neutralisierendes boxen) den Namen taijiquan erhalten haben soll und logischerweise die chens als Luchans Lehrmeister gesagt haben, okay, klingt gut.

nagual
12-07-2009, 15:53
Warum? Abgesehen davon scheint mir die "Jin-Methode" zwar verwandt, aber von den schwerpunkten her schon sehr unterschiedlich zu sein. Vielleicht liegt da ja der Unterschied drin, oder es gab früher keinen.

Jetzt bist du ja selbst da angelangt, dass früher vermutlich weniger differenziert wurde als heute.

Ich sage:
Heute: Viel Differenzierung, viel Benennung, wenig Wandelbarkeit
Früher: Wenig explizite Differenzierung, sondern mehr spontane Differenzierung, d.h. spontane Wandelbarkeit, wandelnde Benennung.

Der Wandel kommt dann auch dadurch zustande, dass mit der Zeit immer mehr und mehr Benennungen festgelegt werden, und hier sind die Entstehung bestimmter Schriften dann entscheidende Einschnitte.

rudongshe
12-07-2009, 15:57
Jetzt bist du ja selbst da angelangt, dass früher vermutlich weniger differenziert wurde als heute.


Nein, das ist deine Interpretation. Vielelicht ist es ja noch dieselbe Art? Ich kenne den Chenstil nicht genug, ich sehe sehr viele Ähnlichkeiten aus den alten Texten der chens mit dem was ich lerne.

Ich bezweifele, dass man es früher irgendwie gemacht hat oder machen konnte wie man wollte, hauptsache es sah ähnlich aus. Es geht um die Quelle der Kraft und weniger um den Fluss.

Wie ist es denn im Bagua? Gibt es da keine Unterschiede zu anderen stilen, wie Kraft erzeugt wird?

Freier Geist
12-07-2009, 16:03
-

nagual
12-07-2009, 16:06
@rudongshe
Also du springst jetzt in deinen Aussagen hin und her, dass es einerseits um ein spezielles Jin-Training im Snake-Style geht, und dann wieder, dass diese Sache bei allen Taiji-Stilen gleich wäre.
Es ist natürlich möglich, die Methoden des Jin-Trainings in eher unscharfer oder grober Art und Weise zu betrachten, dann sieht alles eher gleich aus, und die Gemeinsamkeiten stehen im Vordergrund, die Unterschiede werden zu nebensächlichen Details.
Man kann sich die Sache genauer anschauen, und dann werden die Details wichtig, und stehen auch in Beziehung zur Identität der Substile.

Man muss sich aber für die Diskussion mal einigen, welche Detailebene man auswählt, und man kann nicht nach Belieben mal die Bedeutung der Unterschiede und Details hoch und runterfahren, um daraus irgendwas abzuleiten.


Im Bagua gibt es Unterschiede zu anderen Stilen was Krafterzeugung usw. betrifft. Dazu habe ich an anderer Stelle schon was gesagt.
Aber auch hier ist es eine Frage, wie genau man sich die Details anschaut, und irgendwo auch Willkür, ob man eine "Alles-ist-gleich"- oder eine "Alles-ist-anders"-Perspektive bevorzugt.
Die "Alles-ist-gleich"-Perspektive finde ich persönlich jedoch tendenziell blindfischig, wie evtl. nachvollziehbar.

Drachin
12-07-2009, 16:10
Ich hab gerade mal in meinem Bücherschrank gegraben und dies hier gefunden:

Das Wesen des Taji-Quan - die geheimen Trainingsdokumente der Familie Yang von Stuart Olson, AURUM Verlag.

Hierin werden 39 Jins aufgelistet und beschrieben, und in sieben Gruppen zusammengefasst.

'Die wesentlichen Energien der acht Grundbewegungen', zu denen auch An Ji Peng Lu gehören, machen die vierte Gruppe aus.

Warum diese Jins nun die Wertigkeit haben sollen, die Du glaubst Nagual, weiss ich nicht so ganz, wenn es um Jins geht. Wenn es um GrundBewegungen geht hast Du schon recht in sofern, als dass die Pushing Hands Routinen nach vorn meist mehr geübt werden als Ta-Lu, welches in seiner Routine u. a. auch die anderen vier in die Diagonalen berücksichtigt.

Die Quellen dieses Buches kann man natürlich anzweifeln, und als Lehrtext kann man es auch nicht bezeichnen, wie all diese Texte nicht. Immer ist die Praxis die Basis.

Früher waren das eh alles Familiengeheimnisse, und konnten diese Familien überhaupt schreiben, und warum sollten sie es tun, wo sie sich schon soviel Mühe machten, alles für sich zu behalten? Ich glaube, Nagual, Du misst diesen Texten eine Autorität bei, die sie nicht wirklich haben, nicht sofern man bei einer lebendigen Quelle lernt. Dann gibt es diese Texte halt auch, und es wird bei passender Gelegenheit auch gern daraus zitiert, und jeder Stil/Substil findet sich bestätigt, auch wenn die Interpretationen ganz unterschiedlich ausfallen.

rudongshe
12-07-2009, 16:14
@rudongshe
Also du springst jetzt in deinen Aussagen hin und her, dass es einerseits um ein spezielles Jin-Training im Snake-Style geht, und dann wieder, dass diese Sache bei allen Taiji-Stilen gleich wäre.


Habe ich nicht geschrieben. ich habe nur gesagt, es gibt im snakestyle eine Art, Jin zu erzeugen und eben viele, diese eine anzuwenden.

Ich habe geschrieben, das es ein kann,
1. dass es früher im chenstil genauso war
2. dass Luchan aber auch in diesem sinne innovativ war
3. das die Unterschiede eventuell durch eine Schwerpunktsetzung erfolgen

Es ist natürlich möglich, die Methoden des Jin-Trainings in eher unscharfer oder grober Art und Weise zu betrachten, dann sieht alles eher gleich aus, und die Gemeinsamkeiten stehen im Vordergrund, die Unterschiede werden zu nebensächlichen Details.

Es gibt zwei Arten des Jin-Trainings, die generelle Erzeugung und die differenzierte Anwendung


Man kann sich die Sache genauer anschauen, und dann werden die Details wichtig, und stehen auch in Beziehung zur Identität der Substile.


Das sehe ich nicht so bzw. das ist nicht mein unterscheidungskriterium


Man muss sich aber für die Diskussion mal einigen, welche Detailebene man auswählt, und man kann nicht nach Belieben mal die Bedeutung der Unterschiede und Details hoch und runterfahren, um daraus irgendwas abzuleiten.

Ich habe da mein kriterium

Im Bagua gibt es Unterschiede zu anderen Stilen was Krafterzeugung usw. betrifft. Dazu habe ich an anderer Stelle schon was gesagt.


Werde mich dann bemühen, deine Ausführungen zu studieren

Aber auch hier ist es eine Frage, wie genau man sich die Details anschaut, und irgendwo auch Willkür, ob man eine "Alles-ist-gleich"- oder eine "Alles-ist-anders"-Perspektive bevorzugt.


Ja, so ist es, ich spreche aber nur aus meiner Erfahrung, das egal was ich tue, ich immer immer das Ur-Jin erzeuge und der rest Anwendung ist.

Die "Alles-ist-gleich"-Perspektive finde ich persönlich jedoch tendenziell blindfischig, wie evtl. nachvollziehbar.

Ich sage doch, das die Erzeugung von Jin der Unterschied ist. ist eben nicht alles gleich



Hab mal alles in deiner Quote beantwortet

nagual
12-07-2009, 16:27
@rudongshe

Ich sage doch, das die Erzeugung von Jin der Unterschied ist. ist eben nicht alles gleich[/I]


Es ist aber so, dass man dann, wenn man lediglich allgemein von jin=Stärke redet, die Betrachtung der Unterschiede ausblendet.

Wenn man von unterschiedlichen Kraftskills spricht, oder von unterschiedlichen Methoden, Stärke für bestimmte Anwendungen zu erwerben, dann bleibt nicht aus, dass man diese auch benennt. Entweder z.B. als peng jin, oder lü jin, oder XY-jin, oder allgemeiner als eben Snake-Style-Jin, wenn man sich nicht so genau auf peng usw. festlegen will.

@Drachin

Früher waren das eh alles Familiengeheimnisse, und konnten diese Familien überhaupt schreiben, und warum sollten sie es tun, wo sie sich schon soviel Mühe machten, alles für sich zu behalten? Ich glaube, Nagual, Du misst diesen Texten eine Autorität bei, die sie nicht wirklich haben, nicht sofern man bei einer lebendigen Quelle lernt. Dann gibt es diese Texte halt auch, und es wird bei passender Gelegenheit auch gern daraus zitiert, und jeder Stil/Substil findet sich bestätigt, auch wenn die Interpretationen ganz unterschiedlich ausfallen.

Es geht nicht darum, den Texten Autorität zuzuschreiben, sondern ihren Einfluss auf die Stilidentität historisch einzuschätzen.

Meine Meinung ist, dass der Einfluss solcher Texte größer ist als viele vermuten, insbesondere bei Stilen, die weit verbreitet sind, und daher aufgrund der Vielzahl der Praktiker keine Orientierung an einer Person/Meister/Großmeister mehr möglich ist.
Der kulturelle Zusammenhalt wird durch solche Texte mitbestimmt.

rudongshe
12-07-2009, 16:36
Jin beeinhaltet für mich auch, wie ich die Kraft herstelle. Vielleicht ist das falsch, vielleicht richtig. Vieleicht kiegt darin eine andere Qualität, vielleicht nicht. Es ist für mich das grundlegende Stilmerkmal.

Aus diesem Ur-Jin mache ich ein Peng-Jin, wenn ich es mache. Ein Lü, wenn ich es mache, Ji, wenn ich es mache, einen Schritt, wenn ich ihn tue, ein rooting, wen ich es tue.

Die grundlegenden Energien sind mich Anwendungsmöglichkeit, Anwendungstradition, Anwendungssinnvolligkeit (?) aber nicht Notwendigkeit und eben auch kein Stilmerkmal. Und es wird ebschrieben, damit ich es im Trainig wiedererkenne.

Ip liebte wohl Knietechniken und das Greifen war sein Steckenpferd. Sind keine Haupttechniken. Aber die Jin-Erzeugung ist die gleiche.


Die herkunft der Yangtexte ist umstritten, es ist unklar, ob sie wirklich geklaut wurden oder ob ChengFu sie lanciert hat.

rudongshe
12-07-2009, 16:43
Meine Meinung ist, dass der Einfluss solcher Texte größer ist als viele vermuten, insbesondere bei Stilen, die weit verbreitet sind, und daher aufgrund der Vielzahl der Praktiker keine Orientierung an einer Person/Meister/Großmeister mehr möglich ist.
Der kulturelle Zusammenhalt wird durch solche Texte mitbestimmt.

Da gebe ich Dir recht, ich lerne nur das, was ich von meinem Lehrer und Bob und seinen Assistenten direkt lerne.
Und wenn ich etwas nicht verstehe, frage ich meinen Lehrer oder Bob und seien Assistenten und lass es mir zeigen.

Glaub mir, ich frage viel.

Von daher nutze ich die Texte nur, um festzstellen, ob und was sich deckt (auch in der Entwicklung des Trainings) - oder nicht.

nagual
12-07-2009, 16:47
Es ist ein Unterschied, ob man meint, dass es ein Ur-Jin gäbe, oder ob man einfach allgemein von Jin redet. Jin allgemein ist völlig unspezifisch, es kann genauso gut das eines Muckibudentyps sein wie das eines Taiji-Menschen.
Speziellere "Jin"s heißen dann peng jin usw., erst dadurch werden sie zu eigentlichen Taiji-Jins. Dein Ur-Jin dürfte sinngemäß der heute typischen Kombination von peng jin, lü jin usw. entsprechen.
Hier wird aber das, was früher "offiziell" dazu gehört hat, eben wieder unklar.

Die Sache, dass sich ein für alle Taiji-Stile gemeinsames "Ur Jin" durch die Entwicklung sämtlicher Taiji-Stile gezogen hätte, ist eine Tautologie.
Es wird einfach ein Begriff für die angenommenen Gemeinsamkeiten gebildet, und dieser "beweist" dann, dass es das (sprachlich erfundene) Ur-Jin wäre, welcher die entscheidende Triebkraft bei der Entstehung der Taiji-Stile gewesen wäre.

Ich sage eben, dass man nicht feststellen kann, wie eben diese älteren Jins ausgesehen haben, bevor sich kulturell die Bezeichnungen als peng jin usw. etabliert haben. Sie als Ur Jins zu bezeichnen, ist irreführend, weil man das im konkreten Sinne nicht belegen kann, und im allgemeinen Sinne ist es wegen der Allgemeinheit eben nichtssagend.

Drachin
12-07-2009, 17:04
Rudongshe:

Die herkunft der Yangtexte ist umstritten, es ist unklar, ob sie wirklich geklaut wurden oder ob ChengFu sie lanciert hat.

Auch falls er sie lanciert hat, ist es ihm damit nicht gelungen, Nagual von seiner Sicht bez. der Jins im Allgemeinen und der Alleinexistenz von Anjipenglu abzubringen. :rolleyes: ...falls er dieses Buch überhaupt gelesen hat.

Nagual:

Meine Meinung ist, dass der Einfluss solcher Texte größer ist als viele vermuten, insbesondere bei Stilen, die weit verbreitet sind, und daher aufgrund der Vielzahl der Praktiker keine Orientierung an einer Person/Meister/Großmeister mehr möglich ist.

Das von mir angeführte Buch könnte in solchen Fällen wenigstens zur Erweiterung des Sichtwinkels beitragen. Hast Du es eigentlich gelesen? Das würde mich jetzt interessieren.

rudongshe
12-07-2009, 17:07
Ich glaube Du missverstehst mich


Es ist ein Unterschied, ob man meint, dass es ein Ur-Jin gäbe, oder ob man einfach allgemein von Jin redet.


Das "Ur-Jin" bezog sich auf die Grundquelle, die jedem Stil eigen ist. Insofern sagen wir das Ipstil oder snakestyle-Jin


Jin allgemein ist völlig unspezifisch, es kann genauso gut das eines Muckibudentyps sein wie das eines Taiji-Menschen.

Du hast sicher mehr Ahnung als ich, aber ich sehe das anders. Mir geht es um die Art, wie man es herstellt im Körper. Das ist eben der Unterschied zwischen Ur-Ipstil-Jin und Ur-Muckibuden-Jin



Speziellere "Jin"s heißen dann peng jin usw., erst dadurch werden sie zu eigentlichen Taiji-Jins.


Das ist für mich die Anwendung des (Ipstil)-Ur-Jins.



Dein Ur-Jin dürfte sinngemäß der heute typischen Kombination von peng jin, lü jin usw. entsprechen.


Nein, peng, jin, lü, jin, schulter, ellbogen, knie, stich, Ochshuf, Griff, neutraliseren ist die die Anwendung. ich mache nichts, ohne das Ur-Jin zu erzeugen.

Im snakestyle dreht sich alles darum, dieses eine Jin zu erzeugen, zu kkultivieren und es zu entfalten in den unterschiedlichsten Bewegungen, beim Schritt, beim Rooting, in der Anwendung.



Hier wird aber das, was früher "offiziell" dazu gehört hat, eben wieder unklar.


Kann nicht folgen.


Die Sache, dass sich ein für alle Taiji-Stile gemeinsames "Ur Jin" durch die Entwicklung sämtlicher Taiji-Stile gezogen hätte, ist eine Tautologie.


Habe ich nicht behauptet. Mag sein, dass Luchan das 1:1 übernommen hat, dass er es erweitert, verändert hat. mag sein, dass es in einigen Chen-Kreisen verloren ging und nicht jedem erzählt wird.


Es wird einfach ein Begriff für die angenommenen Gemeinsamkeiten gebildet, und dieser "beweist" dann, dass es das (sprachlich erfundene) Ur-Jin wäre,


ich rede nur vom snakestyle und vermute nur was den Chenstil angeht durch deckungsgleiche Aussagen, die die geiche Interpretation erlauben, wie der snakestyle. Das ist aber für mich nur nette Kontemplation und keinesfalls ebdeutsam.


welcher die entscheidende Triebkraft bei der Entstehung der Taiji-Stile gewesen wäre.


Ich sehe darin nur ein Unterscheidungskriterium. Ich persönlich vermute auch Ähnlichkeiten zum Aikido und Systema, was das Jin angeht und würde diese Stile eventuell näher ansiedeln als manchen Taichistil.


Ich sage eben, dass man nicht feststellen kann, wie eben diese älteren Jins ausgesehen haben,


Kann man auch nicht. Da bleibt nur a) der text b) die gezeigte Interpretation c) der vergleich, ob diese Interpretation auch in anderen Textem möglich ist. Als HINweis nicht BEweis.


bevor sich kulturell die Bezeichnungen als peng jin usw. etabliert haben.
Das sind Beschreibungen, wie sich häufige Anwendungen anfühlen können.


Sie als Ur Jins zu bezeichnen, ist irreführend, weil man das im konkreten Sinne nicht belegen kann, und im allgemeinen Sinne ist es wegen der Allgemeinheit eben nichtssagend.

Tue ich nicht. Das Ipstil-Ur-Jin ist die Kraft, die ich erzeuge, wenn ich meinen Körper so bewege und nutze, wie Ip es von Yang gelernt und an Bob weitergegeben hat und wie man es in den Klassikern wiederfinden kann in der Rückinterpretation.

Freier Geist
12-07-2009, 17:12
-

rudongshe
12-07-2009, 17:17
Das habe ich vergessen, ob und wie da die Fajins unterschieden wurde.
Grundsätzlich ist Fa-Jin eine Anwendunsmöglichkeit wie Peng-Jin, wobei ich da nur unterschiedliche Richtungen unterscheide. Aber ich bin ja auch bludscher Anfänger.

nagual
12-07-2009, 17:23
@rudongshe,
du hast verschiedene Vorstellungen, was du mit Ur-Jin und Snake-Style-Jin usw. meinst.
Je nachdem, sind es konkretere oder allgemeinere Vorstellungen. Diese Vorstellungen als richtig oder falsch zu identifizieren, ist hier nicht möglich, und es wird dein Rahmen sein, indem du Konsens von deinen Lehrern und Mittrainierenden erhältst.

Ich persönlich kann eigentlich nur ein "Ur Jin" ermitteln, und zwar das, welches in dem einen Klassiker, ich glaube von Yang Cheng Fu, als dieses Sache, "man benutzt kein Li, sondern Jin", "Li ist grob und dumm" sinngemäß beschrieben wurde.
Konkret wurde mit diesen Aussagen lediglich die sensible und Grobheit vermeidende Art der Krafterzeugung charakterisiert. Dies ist aber nicht "das Ur-Jin", weil es "das Ur-Jin" nicht geben kann, sondern ein "Ur-Jin" eine sprachliche Fiktion ist. Insbesondere wenn es über das hinausgeht, als was Yang Cheng Fu gesagt hat.

Ein irgendwie konkreteres Ur Jin oder XY-Stil-Jin kann man erst dann feststellen, wenn man wagt, es inhaltlich auch zumindest ansatzweise zu beschreiben oder zu benennen. Dafür sind dann qualitative Ausdrücke wie peng, lü, usw. nötig.

Konkret meine ich, dass alles Gerede über Jins, die keine nähere qualitative Spezifizierung beinhalten, hohles Gelaber sind. Ur-Jins, XY-Stil-Jins usw., das ist alles sprachliches Gewäsch.
Was jemand damit konkret meint, kann ok sein, ist aber nicht diskutierbar, und die Zuordnung des Gemeintem zum Begriff nicht nachvollziehbar, bzw. eben tautologisch.

@Drachin

Das von mir angeführte Buch könnte in solchen Fällen wenigstens zur Erweiterung des Sichtwinkels beitragen. Hast Du es eigentlich gelesen? Das würde mich jetzt interessieren.

Ich habe das Buch nicht gelesen, ich hoffe, ich komme da mal irgendwann zu.
Was ich bei Amazon in der Beschreibung finde, scheint aber meine Meinung über die große Bedeutung von Schriften, geheimen wie öffentlichen, für die Konzeption von Stilen wie Taijiquan zu bestätigen. Im Grunde beruht die eigentliche Tätigkeit der Meister und Großmeister nämlich darin, die Texte mittels ihrer praktischen Arbeit am Leben zu erhalten.
Es ist insofern nicht richtig, dass alles immer nur Praxis wäre. Die Meister und Großmeister, die keine anderen tiefergehenden Quellen mehr haben, an denen sie sich orientieren können, orientieren sich dann an Experiment und Literatur. Sie wollen anscheinend nicht, dass Schüler das auch schon machen. Dann werden sie selbst unwichtiger und kritisierbar.

Drachin
12-07-2009, 17:28
Da ich das Buch nun schon mal hier liegen habe:

Gruppe 3:
Neutralisierende
Verleitende
Ergreifende
Ausstoßende Taiji-Energie

Zu letzterer gesellen sich im Taiji noch weitere wesentliche Energien: die
abfangende
lange
sinkende
bohrende
kurze
trennende
kalte
brechende
und die federnd-rüttelnde.

rudongshe
12-07-2009, 17:42
@rudongshe,
du hast verschiedene Vorstellungen, was du mit Ur-Jin und Snake-Style-Jin usw. meinst.

Da weißt Du mehr als ich: Ich sprach immer nur konkret von dem Jin des Ipstils, alles andere entzieht sich meiner Erfahrung. :)


Je nachdem, sind es konkretere oder allgemeinere Vorstellungen.

Nein, ganz konkrete Vorstellung.


Diese Vorstellungen als richtig oder falsch zu identifizieren, ist hier nicht möglich, und es wird dein Rahmen sein, indem du Konsens von deinen Lehrern und Mittrainierenden erhältst.


Habe nie was anderes behauptet


Ich persönlich kann eigentlich nur ein "Ur Jin" ermitteln, und zwar das, welches in dem einen Klassiker, ich glaube von Yang Cheng Fu, als dieses Sache, "man benutzt kein Li, sondern Jin", "Li ist grob und dumm" sinngemäß beschrieben wurde.


Cheng Fu unterscheidet Jin von Li und sagt: immer (das) Jin nutzen (was ich Euch zeige).


Konkret wurde mit diesen Aussagen lediglich die sensible und Grobheit vermeidende Art der Krafterzeugung charakterisiert.


Mit dieser Aussage ja


Dies ist aber nicht "das Ur-Jin", weil es "das Ur-Jin" nicht geben kann, sondern ein "Ur-Jin" eine sprachliche Fiktion ist.

Nein, wie man das Jin erzeugt, benennt er in einigen seiner 10 Prinzipien ...


Insbesondere wenn es über das hinausgeht, als was Yang Cheng Fu gesagt hat.


... wobei sein Komentar scheinbar auf den öffentlichen Stil hin abziehlt und wesentliche details auspart.



Ein irgendwie konkreteres Ur Jin oder XY-Stil-Jin kann man erst dann feststellen, wenn man wagt, es inhaltlich auch zumindest ansatzweise zu beschreiben oder zu benennen. Dafür sind dann qualitative Ausdrücke wie peng, lü, usw. nötig.


Nein, das sind Beschreibungen von peng, lü u.s.w. wie sich ergeben, wenn man die grundlegende Bewegung/Haltung/Jinerzeugung einhält.


Konkret meine ich, dass alles Gerede über Jins, die keine nähere qualitative Spezifizierung beinhalten, hohles Gelaber sind. Ur-Jins, XY-Stil-Jins usw., das ist alles sprachliches Gewäsch.


Wieso keine Spezifizerung? Wieso Gewäsch?


Was jemand damit konkret meint, kann ok sein, ist aber nicht diskutierbar, und die Zuordnung des Gemeintem zum Begriff nicht nachvollziehbar, bzw. eben tautologisch.


Das ist für mich eher Gewäsch, denn ich denke, ich bin konkret, auch wenn ich mich vielleoicht missverständlich ausdrücke.

nagual
12-07-2009, 17:45
@Drachin
Bei diesen ganzen Arten von "Jin"s handelt es sich um eine Art "offizielle" Auflistung (offiziell, weil aus dem Geheimarchiv der Yang-Familie) der ganzen Ideen, wie man sensibel, technisch und geschickt, seine Körperkräfte einsetzen kann, ohne grob und auf Kraftgefühl ausgerichtet zu agieren.
Es ist der Versuch, eine derartige Liste komplett zu machen. Was es alles an "Kraft-Tricks" so gibt oder geben kann.
Es kommt nicht darauf an, ob so eine Liste jetzt 39, 35 oder 45 Begriffe umfasst. Man kann sich selbst welche ausdenken.

Es kommt darauf an, zu begreifen, dass es um technische Skills und um Ideenreichtum geht, und um den Erwerb der Körperkräfte, diese technischen Trickserei auch umsetzen zu können.

nagual
12-07-2009, 17:53
@rudongshe,
wenn man vom XY-Stil-Jin spricht, sagt dies einfach nichts aus, außer ggf. für diejenigen, die glauben es zu wissen.
Man kann von Thai-Box-Stärke reden, oder vom Sumo-Kampf-Stärke, doch damit ist doch nicht beschrieben, was denn nun die Stärke eines Thai-Boxers oder Sumo-Kämpfers ist.
Analog ist es mit dem Snake-Taiji-Jin, der Snake-Taiji-Stärke.

Es gibt nicht "die Thai-Box-Stärke" und es gibt kein "Taiji-Jin", man kann zwar davon reden, doch es ist hohl, weil inhaltsleer.

Wenn ich beim Thai-Boxer anfange, von der Schlagstärke oder der Trittstärke zu reden, dann wird es sinnvoll, und beim Taiji muss man anfangen, von peng usw. zu reden, oder von den 39 Skills, die Drachin aufgezählt hat.

Freier Geist
12-07-2009, 18:24
-

nagual
12-07-2009, 18:30
Es handelt sich nicht um einzelne Techniken, im Sinne eines konkreten Ablaufs.
Es handelt sich um prinzipielle Ideen, die eine Vielzahl von konkreten Techniken ermöglichen, und in diesem Sinne sind es technische Skills für eine Vielzahl von Techniken.

Freier Geist
12-07-2009, 18:30
-

Freier Geist
12-07-2009, 18:34
-

nagual
12-07-2009, 18:38
Was zeigt, dass es "den Fajin" oder die "wahre Fajin Methode" nicht gibt, sondern es sich lediglich wieder mal um einen völlig allgemeinen Begriff handelt, nämlich um nichts anderes als z.B. das deutsche Wort "Kraftausstoß", oder "Energieausstoß" o.ä..

Hier diskutiert auch keine, ob es den wahren und einzige richtigen Kraftausstoß gäbe, oder es nur dann ein Kraftausstoß wäre, wenn man dabei ein Gefühl des Nießens hat, o.ä..
Ein Kraftausstoß liegt immer vor, wenn eben irgendwo Kraft raus kommt, und ein Fajin liegt immer vor, wenn körperlich gespeicherte Kraft abgestoßen, entladen, "weggeschickt" o.ä. wird. ("Weggeschickt", man schickt z.B. einen Brief weg =chin. "fa")

Freier Geist
12-07-2009, 18:56
-

nagual
12-07-2009, 19:01
Ich glaube, er oder sie geht am Wesentlichen und insbesondere an Kampfkunst vollkommen vorbei.

..was ja dein subjektives und völlig selbstverständliches Recht ist.

rudongshe
12-07-2009, 19:45
@rudongshe,
wenn man vom XY-Stil-Jin spricht, sagt dies einfach nichts aus, außer ggf. für diejenigen, die glauben es zu wissen.

Du bezeichnest Jin einfach als Motorische Stärke. Ich ergänze diese Definition noch durch die Art der Motorik. Diese können sich unterscheiden, von so Sachen wie Yi lassen wir hiermal die Finger von.


Man kann von Thai-Box-Stärke reden, oder vom Sumo-Kampf-Stärke, doch damit ist doch nicht beschrieben, was denn nun die Stärke eines Thai-Boxers oder Sumo-Kämpfers ist.
Analog ist es mit dem Snake-Taiji-Jin, der Snake-Taiji-Stärke.


Doch, wenn man beschreiben kann, wie und wo die Kraft herkommt. Es geht primär um die ART DER KRAFTGENERIERUNG, und die kann - muss nicht - von Stil zu Stil abweichen. Und damit meine ich die konkrete Körpernutzung. Diese konkrete Grundlage aus Haltung und Körpernutzung führt zur Kampfdistanz, der Grundstrategie und dann den typischen Energienutzungen. Ich rede nicht von der aktuellen STÄRKE, die man hat.



Es gibt nicht "die Thai-Box-Stärke" und es gibt kein "Taiji-Jin", man kann zwar davon reden, doch es ist hohl, weil inhaltsleer.


Aber es gibt doch eine bestimmte Art, wie ein Thai-Boxer seinen Körper nutzt um Kraft zu erzeugen? Oder ein Sumo?


Wenn ich beim Thai-Boxer anfange, von der Schlagstärke oder der Trittstärke zu reden, dann wird es sinnvoll, und beim Taiji muss man anfangen, von peng usw. zu reden, oder von den 39 Skills, die Drachin aufgezählt hat.

Du bringst zwei Begriffe zusammen, die ich trenne. Körpernutzung und resultierende Stärke.
Dann muss ich eher von meiner Peng-Stärke, LÜ-Stärke etc. reden, der STÄRKE meines Jins. Nicht dem Jin, wie ich es herstelle.


Rooting, Schritt, Lü, Haltung, Peng, vor, zurück, ... das entspringt alles der gleichen Bewegung.

rudongshe
12-07-2009, 19:47
Was zeigt, dass es "den Fajin" oder die "wahre Fajin Methode" nicht gibt, sondern es sich lediglich wieder mal um einen völlig allgemeinen Begriff handelt, nämlich um nichts anderes als z.B. das deutsche Wort "Kraftausstoß", oder "Energieausstoß" o.ä..

Hier diskutiert auch keine, ob es den wahren und einzige richtigen Kraftausstoß gäbe, oder es nur dann ein Kraftausstoß wäre, wenn man dabei ein Gefühl des Nießens hat, o.ä..
Ein Kraftausstoß liegt immer vor, wenn eben irgendwo Kraft raus kommt, und ein Fajin liegt immer vor, wenn körperlich gespeicherte Kraft abgestoßen, entladen, "weggeschickt" o.ä. wird. ("Weggeschickt", man schickt z.B. einen Brief weg =chin. "fa")

Ich kann Dir nur sagen, dass im Ipstil das Fa-Jin etwas konkretes ist wie das Peng-Jin und nichts allgemeines.

Ein Haken im Boxen ist was anderes als ein Haken an der Gardinenstangen, wobei beides den gleichen allgemeinen Begriff benutzt. Und das ist eben der Haken an der Sache.

Freier Geist
12-07-2009, 20:23
-

rudongshe
12-07-2009, 20:51
Wenn ich aber um dieses Problem weiß, dann macht es keinen großen Sinn, diese Begriffe so zu verwenden, als verstünden alle Beteiligten das Gleiche darunter. Das macht Gespräche furchtbar ineffizient, wenn nicht gar sinnlos. Man sieht das immer wieder hier im Forum. Man könnte aber stattdessen auch mit ein paar deutschen Begriffen sagen, was man im jeweiligen Fall konkret meint - egal, ob bei Chin, I oder sonst was.

Noch schlimmer ist es, wenn manche dann empört feststellen, dass ihre persönliche Auffassung eines solchen chinesischen Begriffes nicht von der ganzen Welt geteilt wird, und dann im weiteren Verlauf auch noch darauf bestehen, dass ihr Verständnis natürlich das einzig Richtige sei. - Damit meine ich aber nicht dich.

Gruß

Freier Geist

Nachtrag: Schwierig wird's natürlich, wenn sich zum Beispiel hinter einem An eine ganze Geschichte verbirgt.

Jin ist für mich "Kraft", die motorisch, stilspezifisch-motorisch, erzeugt wird. Mehr nicht.

Wie stark ich damit bin, hängt davon ab, wie trainiert ich bin. Wie überall.

Freier Geist
12-07-2009, 21:23
-

rudongshe
12-07-2009, 21:35
Und: Wie "klug" du diese Kraft einzusetzen weißt. Hier kommt dann für mich die manchen so verhasste Technik ins Spiel. Wobei natürlich auch die eine Frage des Trainings ist.

Gruß

Freier Geist

Das eben ist für mich die Anwendung der grundlegend zur Verfügung stehenden Kraft.
Wobei die kluge Technik natürlich Teile meines Stärkemanges ausgleichen soll.

Freier Geist
12-07-2009, 21:37
-

nagual
12-07-2009, 22:42
Zitat:
Man kann von Thai-Box-Stärke reden, oder vom Sumo-Kampf-Stärke, doch damit ist doch nicht beschrieben, was denn nun die Stärke eines Thai-Boxers oder Sumo-Kämpfers ist.
Analog ist es mit dem Snake-Taiji-Jin, der Snake-Taiji-Stärke. Doch, wenn man beschreiben kann, wie und wo die Kraft herkommt. Es geht primär um die ART DER KRAFTGENERIERUNG, und die kann - muss nicht - von Stil zu Stil abweichen. Und damit meine ich die konkrete Körpernutzung. Diese konkrete Grundlage aus Haltung und Körpernutzung führt zur Kampfdistanz, der Grundstrategie und dann den typischen Energienutzungen. Ich rede nicht von der aktuellen STÄRKE, die man hat.Ich meine, dass es nichtssagend ist, die Besonderheiten der Thaibox-Stärke mit "Thaibox-Stärke" zu bezeichnen, auch wenn man eine konkrete Vorstellung davon hat.
Ich habe selbst zum Beispiel eine konkrete Vorstellung, wie meine Tapeten hier im Zimmer angestrichen sind. Wenn ich dir aber beschreibe, dass sie typisch tapetenfarbig oder wohnzimmerfarbig angestrichen sind, während mein Schlafzimmer schlafzimmerfarbig gestrichen ist, so ist das hohl und unsinnig. In der gleichen Weise sind Begriffe wie "Snake-Style-Jin" nicht erklärend, sondern beschreiben lediglich einen Konsens unter Snake-Stylisten, und dieser wird ungefragt vorausgesetzt.
Wenn man dann was mit diesen Begriffen erklärt wird es tautologisch, weil man zuerst durch den Inhalt des Konsenses andeutet, und damit diesen Inhalt dann scheinbar neu vermittelt.
Ich kann nur mir Leuten, die meine Wohnung kennen, darüber diskutieren, ob ich mein Wohnzimmer schlafzimmerfarbig anstreichen sollte, aber nicht mit Leuten, die meine Wohnung nicht kennen.

Deswegen meine ich, dass man mit diesen sogenannten stilspezifischen Jins zurückhaltend sein sollte, weil es nämlich für solche allgemeinen Begriffe keine zuverlässigen Bezugspunkte gibt, außerhalb der Leute, die die eigene Wohnung kennen.

Mathieu
13-07-2009, 09:42
Die Unterscheidung von Jin und Li halte ich auch für wesentlich.

nagual
13-07-2009, 09:50
Die Unterscheidung von Jin und Li halte ich auch für wesentlich.

Ja, ich sage dir allerdings, dass es keinen Unterschied zwischen Jin und Li gibt, solange jemand nicht bereit ist, das gemeinte Jin genauer zu spezifizieren.
Außerdem könnte man praktisch jede Jin-Art auch als Li-Art bezeichnen. Das widerspricht zwar den Taiji-Sitten, ist aber sprachlich und inhaltlich keinerlei Problem.

Trinculo
13-07-2009, 09:53
Allerdings. Man hatte offensichtlich in China keine Probleme damit, die gleiche Sache als Fajin oder Fali zu benennen.

Freier Geist
13-07-2009, 10:20
-

Freier Geist
13-07-2009, 10:25
-

bluemonkey
13-07-2009, 12:08
Irgendwie witzig, wenn man diese offizielle Ehrung von Yang Luchan als heimliches oder verstecktes Eingeständnis interpretiert, dass der heutige Chen-Stil ohne die Geschichte des Yang-Stils (der ja in Peking als erster Substil berühmt geworden ist) weder seine heutige Form erhalten hätte, noch überhaupt so bekannt geworden wäre. Andererseits ist diese Ehrung gleichzeitig auch so etwas wie der Diebstahl der "Originalkrone", wenn man faktisch nämlich den Yang-Stil als Ursprung der heute typischen Bewegungsqualitäten und Lehrinhalte identifiziert.


diese Schlussfolgerung kann ich nicht nachvollziehen.
Auf welchen "Fakten" beruht die Identifizierung, dass die Bewegungsqualitäten des heutigen Chenstils vom Yangstil stammen?



Für die Chen-Leute (die Traditionstypen in Chenjiagou) dürfte es nämlich keinen anderen Grund geben, jemanden außerhalb der Tradition so zu ehren, denn eigentlich ist Yang Luchan ja außerhalb der Chen-Lineage, logischerweise.
Wenn sie es nicht irgendwie nötig hätten, würden sie es nicht machen. Also haben sie es wohl nötig, also fragt sich, warum haben sie es nötig?

Yang Lu Chan ist nicht außerhalb der Lineage, genausowenig, wie Feng Zhiqiang, Jan Silberstorff oder, als Beispiel einer "Ausgründung", IP-Tai-Tak außerhalb der jeweiligen Lineage sind.
Yang Lu Chan war 15. Generation Chenstil.
Dass ihm derartige Ehrung zuteil wird ist natürlich höchstwahrscheinlich dem Marketing geschuldet, das von der Bekanntheit des Yangstils profitiert, so wie manche Stadt einen Promi zum Ehrenbürger ernennt, nicht um seine Taten zu ehren, sondern etwas von seiner Popularität abzubekommen.
Falls dereinst die Ringe und Achtecke von einem Snakestilisten beherrscht werden, wird die Yangfamilie vielleicht auch die Übermittlung der Familientradition an Meister IP öffentlich würdigen.:D

Daraus zu schließen, der heutige Chenstil hätte seine Bewegungsqualität und auch noch die Lehrinhalte vom Yangstil übernommen, finde ich -ohne konkrete Belege- etwas konstruiert.

bluemonkey
13-07-2009, 12:14
Und: Wie "klug" du diese Kraft einzusetzen weißt.

Das ist für mich Jin: klug oder geschickt eingesetzte (Muskel-)kraft.

rudongshe
13-07-2009, 12:50
Ja, ich sage dir allerdings, dass es keinen Unterschied zwischen Jin und Li gibt, solange jemand nicht bereit ist, das gemeinte Jin genauer zu spezifizieren.


Das ist eben deine Art: Du stellst eine Behauptung auf und sagst, alle anderen müssen mir das Gegenteil beweisen.

Und dazu habe ich keine Lust. Mehr schreibe ich dazu auch nicht mehr.

nagual
13-07-2009, 19:27
Das ist eben deine Art: Du stellst eine Behauptung auf und sagst, alle anderen müssen mir das Gegenteil beweisen.

Und dazu habe ich keine Lust. Mehr schreibe ich dazu auch nicht mehr.

Ich schaue ins Wörterbuch, und da steht, dass "jin" Stärke bedeutet und das "li" Kraft bedeutet. Ich rede mit Chinesen, die mir sagen, dass es zwischen den Begriffen jin und li fast keinen Unterschied gibt.
Ich schaue in die Taiji-Klassiker und lese die Texte, und mir erschließen sich die Texte am besten dann, wenn ich "jin" als möglichst allgemeinen und inhaltsleeren Begriff lese und übersetze, und ich kann das jedem, der das mit offenem Geist nachvollziehen will, begründen und nachvollziehbar machen.

Jetzt kommen diese ganzen West-Dogmatiker daher, die sich in den Kopf gesetzt haben, dass "jin" irgendeine definierte Spezialscheiße ist, weil sie meinen, dass das "alle sagen", und weil sie sich daran gewöhnt haben, und weil irgendwelche eingebildeten Sinologen bei der Übersetzung der Texte mal Mist gebaut haben, aber aufgrund ihrer Einbildung sich das nicht eingestehen können, und ansonsten bringt KEINER einen glaubwürdigen Beleg, dass es eine inhaltliche "Definition" von "jin" gebe, die über die allgemeine Übersetzung "Stärke" hinausgeht.

Ich behaupte, dass es keinen einzigen chinesischen Originaltext oder Klassiker gibt, bei dem es nicht ausreichen würde, "jin" mit "Stärke" zu übersetzen (wenn man evtl. von stilistischen Hässlichkeiten absieht, die sich ggf. daraus ergeben können).

Ich habe Belege gebracht, siehe die Klassiker von Yang Cheng Fu, die verständlich und völlig klar werden, wenn man jin als "Stärke" bzw. sinngemäß "motorisches Kraftpotenzial" (weil "Stärke" unschön klingt) übersetzt.

Insofern sind andere gefragt, Definitionen von "jin" in der chinesischen Originalliteratur (möglichst der alten von vor 1950 oder 1900) zu finden.

--

Selbst das Verständnis von "jin" als "klug eingesetze Muskelkraft" entspricht schon nicht mehr dem chinesischen Denken und dem chinesischen Sprachgebrauch.

Bei Yang Cheng Fu wird "jin" "definiert": Da steht, dass "li" grob und dumm wäre, und man stattdessen "jin" einsetzen würde.
Das bedeutet übersetzt, dass "Kraft" grob und dumm ist, und man stattdessen "Stärke" einsetzen würde.
Das ist eine Aussage, die im Stil einer Werbe-Phrase entspricht, z.B. Farbe, "ich streiche meine Wände nicht mit Farbe sondern mit der neuen Colorations-paste von XY".
Ist durch diese Aussage jetzt ein Unterschied von "Kraft" und "Stärke" "definiert" worden, oder eine Unterschied von "Farbe" und "Colorations-paste"???
Nein, aber Leute, die Spaß dran haben, können so tun als ob, und sich nen paar eingebildete Sinologen einladen, die das mit ihrer Autorität beweisen.

Deswegen: "jin" bedeutet "Stärke" und es gibt kein "jin", dass was anderes ist als "li", abgesehen davon, dass das Wort ein bisschen anders klingt, und ggf. andere Assoziationen weckt.

Drachin
13-07-2009, 19:54
Hi Nagual.

Um noch mal auf das von mir oben erwähnte Buch zurückzukommen:

Gruppe 1:
Die rezeptiven oder sinnlich wahrnehmbaren wesentlichen Energien des Taiji-Quan:
Anhaftende
Klebende
Hörende
Interpretierende Taiji-Energie.

Gruppe 2:
Die wesentlichen Energien des Nicht-Widerstehens:
Aufnehmende
Entlehnende Taiji-Energie.

Willst Du diese Jins , besonders die der ersten Gruppe, allen Ernstes mit Muskelkraft in Verbindung setzen?

Ich fand Deinen vorigen Gebrauch des Wortes: 'Skills' eigentlich passender.

Stärke muß natürlich nicht unbedingt körperliche Stärke sein (Mathematik ist seine Stärke), aber:


Ich habe Belege gebracht, siehe die Klassiker von Yang Cheng Fu, die verständlich und völlig klar werden, wenn man jin als "Stärke" bzw. sinngemäß "motorisches Kraftpotenzial" (weil "Stärke" unschön klingt) übersetzt.

Damit hast Du eine Seite der Medaille überstrapaziert und die andere vernachlässigt, sorry.

nagual
13-07-2009, 20:06
@Drachin, du hast recht, dass es zwischen Stärke und Kraft einen subtilen Unterschied gibt, nämlich dass "Stärke" manchmal nicht nur Kraft sondern "Kraft plus Skill" ist, z.B. die "Dribbelstärke" eines Fussballers oder auch irgendeine Stärke eines Schachspielers.
Ein Schachspieler hat aber kein jin, den jin ist immer nur muskuläre oder körperliche Stärke ggf. plus irgendein Skill, also sind sich wohl "jin" und "li" noch näher als "Kraft" und "Stärke".

Das Wort "jin" scheint in mancher Hinsicht ein bisschen flexibler zu sein als "li", es könnte z.B. sein, dass sich ein "peng li" für Chinesen aus irgendeinem subtilen Grund total blöd anhört, "peng jin" ist ja bekanntermaßen ok.

Das Entscheidende ist und bleibt aber, dass der Begriff "jin" wirklich nicht ansatzweise irgendeine Qualität und inhaltliche Andeutung beinhaltet, die was mit den Taiji-Skills peng usw. zu tun haben.
Das sind Dinge, die sich aus den Klassikern aus dem Sinnzusammenhang ergeben, und die man dann nicht in die Wörter reinprojizieren sollte, weil das eben das Verständnis vernebelt.

Drachin
13-07-2009, 20:15
Nagual:

den jin ist immer nur muskuläre oder körperliche Stärke ggf. plus irgendein Skill

Die Qualitäten der ersten Gruppe, zumindest deren ersten drei, setzen keinerlei muskuläre Stärke voraus...

nagual
13-07-2009, 20:19
Stell euch einfach mal vor, der Klassiker von Yang Cheng Fu, wäre auf Englisch geschrieben, und ihr würdet auf dem Unterschied von "strength" und "force" herumreiten.
Da steht im Klassiker, dass "Force" grob und dumm ist, und stattdessen "strength" eingesetzt wird. AAAHH, da wird also eine "strength force" definiert, und es gibt die Chen-Stil-strength und die "Snake-Style-strength" und dass ist zwar alles Taiji-strength, aber die Snake-Style-strength ist noch anders definiert.
Und für mich ist Strength klug eingesetzte force.

Ja, nein, da behauptet einer Strength und Force wären fast das gleiche, und Strenght ist eigentlich ein Wort, welches fast keinen Inhalt hat, und der einzige Beleg ist das deutsch-englische Wörterbuch.

Mein Lehrer hat mir erklärt, was strength ist, nämlich wenn ich diese ganzen Taiji-Skills erlerne.

UUUHH, da muss es doch eine komlpizierte Definition von "Strength" geben, wenn man dafür diese ganzen Taiji-Skills erlernen muss.

______
SO lese ich dieses Gelaber, wenn da von jin und li die Rede ist, und da kann ich nicht drauf einsteigen.

Es gibt keine Strength-Force und keine "Jin-Kraft", das ist der selbe Blödsinn, es gibt lediglich peng-Skills, und lü-Skills, die auch als peng jin usw. bezeichnet werden können.

Deswegen lege ich jedem nahe, immer von konkreten Stärken, "Strength"s und "jin"s zu reden, und nicht von dieser nicht existierenden Strength-Kraft.

nagual
13-07-2009, 20:21
Nagual:


Die Qualitäten der ersten Gruppe, zumindest deren ersten drei, setzen keinerlei muskuläre Stärke voraus...

Doch, es sind motorische Aktionen, und sie setzen die körperliche Stärke voraus, die vom Kraftauswand z.B. dem Aufheben eines Kugelschreibers entspricht. Auch dafür braucht man "Stärke", wenn auch minimale "Stärke".

Drachin
13-07-2009, 20:22
Und ich sag immer, hör doch erst mal genau hin! :)

Drachin
13-07-2009, 20:24
Doch, es sind motorische Aktionen, und sie setzen die körperliche Stärke voraus, die vom Kraftauswand z.B. dem Aufheben eines Kugelschreibers entspricht. Auch dafür braucht man "Stärke", wenn auch minimale "Stärke".

Lebendig im Bett liegen ist glaube ich auch die Minimalvoraussetzung überhaupt.

nagual
13-07-2009, 20:28
Ich bin keine Chinese oder chinesischer Muttersprachler, ich kann dir nicht genau sagen, welche Skills alles als jins bezeichnet werden können.
Ich glaube, dass es nur konkret motorische Skills sein können.

Ich glaube, dass man z.B. "Kopfrechnenstärke" nicht als "Kopfrechnen-jin" bezeichnen kann, das würde einem Chinesen vermutlich aufstossen.

Vielleicht aber auch nicht.

Ich kann im Deutschen aber auch von "Kopfrechnenkraft" sprechen. Hört sich bescheuert an, ist aber ggf. verständlich, und dann das gleiche wie "Kopfrechnenstärke".

Für den eigentlichen Punkt, nämlich dass weder "Stärke", noch "Kraft", noch "jin", noch "li" etwas mit Kopfrechnen zu tun haben, oder Kopfrechnen damit auch nur angedeutet wird, sind diese feinen Unterschiede zwischen "li, "jin", "Stärke" und "Kraft" unbedeutend.

Drachin
13-07-2009, 20:38
Ich glaube, dass es nur konkret motorische Skills sein können.

Mir scheint, dem Buch nach jedenfalls, solltest Du vielleicht Deinen Glauben ändern.

Drachin
13-07-2009, 20:42
Ich kann im Deutschen aber auch von "Kopfrechnenkraft" sprechen. Hört sich bescheuert an, ist aber ggf. verständlich, und dann das gleiche wie "Kopfrechnenstärke".

Schon, aber Kopfrechnenmuskelkraft klingt nun wirklich seltsam. :D

Paul72
13-07-2009, 22:24
Deswegen: "jin" bedeutet "Stärke" und es gibt kein "jin", dass was anderes ist als "li", abgesehen davon, dass das Wort ein bisschen anders klingt, und ggf. andere Assoziationen weckt.

Für Li erhältst du 10 Punkte.

Jin bedeutet nicht Stärke, aber es gibt 2 Punkte.

Du kannst nochmal Raten oder dir einen Lehrer suchen der dir hilft es zu erfahren, wenn du soweit bist!

:)

nagual
14-07-2009, 06:44
Jin bedeutet nicht Stärke, aber es gibt 2 Punkte.

Du kannst nochmal Raten oder dir einen Lehrer suchen der dir hilft es zu erfahren, wenn du soweit bist!

Jin ist auch nicht das, was man erfährt, wenn einem irgendeiner irgendwelche Taiji-Skills zeigt.

Es ist total egal, was man dann fühlt, und abgesehen davon kenne ich diese Empfindungen, und andere können sowas auch an mir ausprobieren.

Ich kann Leuten demonstrieren, was die meisten fälschlicherweise für "jin" halten.

Das, was man dann fühlt, ist nicht "jin" sondern "peng" bzw. pengjin, und im inhaltlichen Sinne der peng-Anteil des pengjin.

Man versteht auch nicht, was Kraft ist, wenn man einen Muckibudentyp fragt, und er einem zeigt, wie er 100kg hebt. Man weiß dann einfach nicht, wie Kraft auch anders aussehen kann, z.B. magnetische Kraft.

"jin" ist nur Kraft, ggf. plus irgendein Skill, aber WIE die Kraft aussieht, und wie der Skill aussieht, wird durch den Begriff nicht im Hauch angedeutet, ebenso wie man nicht weiß, ob jemand z.B. magnetische oder muskuläre Kraft meint, wenn er von "Kraft" spricht.

Die Frage z.B., ob Kraft (also Kraft überhaupt) magnetisch oder muskulär ist, oder ob Leute, die Kraft haben, auch gut im Hochsprung ist, ist Blödsinn. Den Begriff "Kraft" versteht man nicht durch Demonstrationen, sondern dadurch, dass man ihn als allgemeinen, sehr offenen Begriff für eine sehr große Vielzahl von Phänomenen versteht, einschließlich einer abstrakten Übertragung auf andere Bereiche, z.B. Willenskraft.

Ebenso ist es mit dem chin. Begriff "jin", der so allgemein ist, dass man jin nicht demonstrieren kann, ohne gleichzeitig was anderes zu demonstrieren, z.B. peng.

Man macht einen Fehler, wenn man peng mit jin verwechselt.

Bei den Taiji-jins handelt es sich allesamt um motorische Skills, wie schon erwähnt (die auch mit einer gewissen Körperkraft einhergehen), somit entspricht der Begriff "jin" ungefähr, dem Begriff der "Stärke", der ebenfalls auf Skills hinweisen kann.

Wenn man jetzt fragt, was ist ein Skill?
Man kann sagen, ein Skill ist z.B. Skifahren oder Kopfrechnen. Wenn man jetzt fragt, was kann eine "skilled Person"? Aha, also eine "skilled Person" müsste also Skifahren und Kopfrechnen können.
NEIN, sie könnte leider auch was anderes können.
Und im gleichen Sinne ist jin ein ebenso inhaltsleerer Begriff wie der Begriff "Skill", der nicht Skifahren und Kopfrechnen bedeutet, sondern lediglich in bestimmten Situationen auf Skifahren und Kopfrechnen verweisen kann.

In diesem Sinne VERWEIST der Begriff "jin" in den Taiji-Kontexten meistens auf "peng", und "pengjin" ist dementsprechend ein peng-Skill (plus peng-Körperkraft).


Paul72: Null Punkte

Trinculo
14-07-2009, 07:28
Jin bedeutet nicht Stärke, aber es gibt 2 Punkte.

Schon mal ein einschlägiges Wörterbuch zum Thema bemüht? Die widersprechen Dir alle ...

http://www.zhongwen.com/d/171/d108.htm
? - Wiktionary (http://en.wiktionary.org/wiki/%E5%8B%81)
LEO Ergebnisse fr "?" (http://dict.leo.org/chde?lp=chde&lang=de&searchLoc=0&cmpType=relaxed&sectHdr=on&spellToler=on&chinese=both&pinyin=diacritic&search=%E5%8B%81&relink=on)
Chinesisch-Deutsch Wörterbuch - Online (http://www.chinesisch-lernen.org/worterbuch)

laoshu
14-07-2009, 08:05
Jin ist auch nicht das, was man erfährt, wenn einem irgendeiner irgendwelche Taiji-Skills zeigt.
Es ist total egal, was man dann fühlt, und abgesehen davon kenne ich diese Empfindungen, und andere können sowas auch an mir ausprobieren.
Ich kann Leuten demonstrieren, was die meisten fälschlicherweise für "jin" halten.
Na, dann mal los! Meine Einladung steht!
Vielleicht haben ja ein paar andere members aus dem board auch noch Interesse daran, sich von dir in das Wesen des "jin", wie du es verstehst, einführen zu lassen. Nein, diesmal keine Ironie!
Ich weiß es, ich kann es, aber ätsch-bätsch, ich zeige es euch nicht. Kommt mir irgendwie bekannt vor. Uralter soft-skill und die ultimative Killerstrategie schlechthin.
Liebe Grüße,
laoshu

Trinculo
14-07-2009, 08:07
Nagual sagt doch die ganze Zeit, dass "jin" an sich völlig unspezifisch ist, und man es je nach Kontext interpretieren muss ...

"Jin" ist einfach Stärke, Kraft etc.

Freier Geist
14-07-2009, 09:23
-

Trinculo
14-07-2009, 10:14
Ceterum censeo: Kommt mir nicht mehr mit chinesischen Ausdrücken! Ich für meinen Teil bin bereits bemüht, sie nach und nach abzuschaffen!

Wir verwenden sie auch nicht mehr, und zwar schon seit geraumer Zeit. Ich mache das nur noch hier im Forum, um einen gemeinsamen Nenner zu schaffen :)

Freier Geist
14-07-2009, 10:18
-

bluemonkey
14-07-2009, 11:26
Und für mich ist Strength klug eingesetzte force.


Die Bedeutung dieser Begriffe sind für mich kontextabhängig und können IMO nicht von der Situation oder dem Lehrsystem getrennt werden.
Wenn mir also mein Lehrer sagt, jin ist geschickt eingesetzte Kraft, dann übernehme ich das, damit ich verstehe, was er mir vermitteln will.

Es gibt in den drei inneren Zusammenschlüssen den Passus: "die Energie verbindet sich mit der Muskel-Kraft" (Chi Yu Li He).
Li ist für mich einfach Muskelkraft, die sich in der Kontraktionsfähigkeit der Muskeln ausdrückt.
Wird die Muskelkraft mit der Energie harmonisiert, kann man bei gleicher Li-Grundlage viel mehr Stärke (Jin) erzeugen.
Im Falle von Peng-jin besteht die Stärke in einer bestimmten Qualität der Muskelkraftnutzung, des richtigen Ausrichten der Kraftpfade.
Im Falle von An-jin in dem richtigen Timing und Richtung des Druckes.
Derjenige der dieses Jin zu spüren kriegt, spürt nur eine tatsächliche Kraft.
Extrem beispielsweise, wenn man den Druck des Gegners durch subtiles Umlenken neutralisiert, so dass dieser das Gefühl hat, er schöbe gegen eine Wand, weil er ja viel Kraft einsetzt (allerdings ungeschickt, also viel Li, wenig Jin), während man selbst wenig Muskelkraft aber viel Geschicklichkeit benutzt.
Ist die Geschicklichkeit auf einen ähnlichen Level steigt die Bedeutung der Muskelkraft wieder und die auftretenden Kräfte und Muskelspannungen können, z.B. beim statischen Strukturpushen enorm werden.

Der Ansatz von Olson, auch hörende, verstehende Energie einzuführen und als Jin zu bezeichenen (?) finde ich etwas mystifzierend.
Tingjin heißt ja nicht "hörende Stärke", sondern "Kraft/Stärke hören"

Paul72
14-07-2009, 11:43
Sag mal hast du schon mal was von Hua-Jin gehört?

bluemonkey
14-07-2009, 11:58
Sag mal hast du schon mal was von Hua-Jin gehört?

Ja, "Kraft umleiten?"
willst Du damit sagen, dass es nach meiner Argumentation Hua-Li heißen müssste, weil umgeleitete Kraft kein Jin mehr wäre? :p

tja, dann hat Nagual wohl recht, "alles Katzenfutter, alles dasselbe, heißt nur anders"

:rolleyes:

Trinculo
14-07-2009, 12:05
? - Wiktionary (http://en.wiktionary.org/wiki/%E5%8C%96)

化 heißt 'ändern, umwandeln, transformieren'

bluemonkey
14-07-2009, 12:09
? - Wiktionary (http://en.wiktionary.org/wiki/%E5%8C%96)

化 heißt 'ändern, umwandeln, transformieren'

dann passts ja wieder: ich wandle geschickte Kraft in ungeschickte um :)

Freier Geist
14-07-2009, 12:48
-

nagual
14-07-2009, 13:00
Na, dann mal los! Meine Einladung steht!
Vielleicht haben ja ein paar andere members aus dem board auch noch Interesse daran, sich von dir in das Wesen des "jin", wie du es verstehst, einführen zu lassen. Nein, diesmal keine Ironie!
Ich weiß es, ich kann es, aber ätsch-bätsch, ich zeige es euch nicht. Kommt mir irgendwie bekannt vor. Uralter soft-skill und die ultimative Killerstrategie schlechthin.
Liebe Grüße,
laoshu

Ich kann gerne jedem meine peng-Skills und ähnliche Sachen zeigen, und lasse mir solche Sachen gerne bei anderen zeigen.

Aber: Was auch immer man konkret zeigt oder gezeigt bekommt, es kann sich lediglich um irgendein XY-jin, z.B. pengjin, handeln, aber nicht um "jin an sich". Denn jin an sich ist völlig allgemein und unspezifisch, ebenso wie niemand z.B. "die Fähigkeit" demonstrieren kann. Viele Leute können tolle Fähigkeiten demonstrieren, z.B. Skifahren oder Kopfrechnen, aber wer dann glaubt, dass "die Fähigkeit" also Skifahren plus Kopfrechnen wäre, liegt falsch. Und das ändert sich auch durch 1000 Demonstrationen nicht.

Deswegen kann man auf keine Weise demonstrieren, was "jin" in der eigentlichen Bedeutung des Wortes ist.

bluemonkey
14-07-2009, 13:03
Es geht aber im Begriff nicht um das gegnerische Chin/Li, sondern um dein Vermögen, dieses zu transformieren bzw. zu neutralisieren.


?

Tingjin, Dongjin, Huajin, Fajin bedeutet doch nicht
"Hörvermögen", "Verstandeskraft", "Umleitungsfähigkeit" und "Abgabegeschicklichkeit",

sondern

"Kraft hören" "Kraft verstehen", "Kraft umleiten" und "(eigene) Kraft dazugeben"

Es ist schon wesentlich, was gehört, verstanden, umgeleitet und abgegeben wird

Freier Geist
14-07-2009, 13:13
-

Freier Geist
14-07-2009, 13:20
-

nagual
14-07-2009, 13:32
Die Bedeutung dieser Begriffe sind für mich kontextabhängig und können IMO nicht von der Situation oder dem Lehrsystem getrennt werden.
Wenn mir also mein Lehrer sagt, jin ist geschickt eingesetzte Kraft, dann übernehme ich das, damit ich verstehe, was er mir vermitteln will.

Diese Sichtweise ist solange korrekt, solange man nicht davon ausgeht, dass das situativ Gemeinte in der Bedeutung des Wortes zu finden wäre, bzw. in diese Bedeutung reingepackt werden könnte.

Wenn ich von "Fähigkeiten" rede, kann ich Skifahren und Kopfrechnen meinen, aber Skifahren und Kopfrechnen wird nie ein Teil der Bedeutung des Wortes Fähigkeit sein, egal wie häufig ich Skifahren und Kopfrechnen meine, wenn ich von Fähigkeiten spreche.

Ebenso wird der Begriff "jin" niemals die konkrete Bedeutung von peng-Skills beinhalten, egal wie oft Taiji-Leute peng-Kraft meinen, wenn sie von jin reden.

Dieses korrekte Verständnis der Wortbedeutung der Vokabel "jin" ist nicht nur willkürliche Pedanterie, die Vorteile des korrekten Verständnisses sind:
1. Man fällt nicht mehr auf Leute rein, die verbale Mystifizierung betreiben, und mit dem Begriff "jin" irgendein unübersetzbares, aber angeblich definiertes Spezialding bezeichnen, oder von "jin-Kraft" labern o.ä.
2. Man kann den chin. Begriff mit nur einer geringen Auswahl von deutschen Wörtern absolut korrekt übersetzen, und braucht sich dann nur noch mit der allgemeinen Bedeutung der deutschen Wörter abgeben, und dann kann man den gemeinten Sinn des chinesischen Satzes erschließen, bzw. sich entfalten lassen. Diese geringe Auswahl deutscher Wörter wäre z.B. jin=Stärke, motorisches Kraftpotenzial, muskuläre Energie und motorische Fähigkeit. Bei diesen vier deutschen Begriffen geht es um dassselbe, d.h. es geht nicht um eine Diskussion, ob es jetzt motorisches Kraftpotenzial oder muskuläre Energie wäre. Sondern es geht darum, dass in einem gewissen Sinn "Stärke", "motorisches Kraftpotenzial", "muskuläre Energie" und "motorische Fähigkeit" dasselbe sind, und es sich dabei um diese allgemeine abstrakte Idee handelt, die im Chinesischen mit "jin" bezeichnet wird.
Man muss bei Übersetzungen aus dem Chinesischen dann feststellen, dass mit vielen Sätzen viel mehr grob angedeutet wird, als mit Definitionen, Begriffskonstruktionen und Erklärungen gearbeitet wird. Zweiteres ist typisch deutsches Denken, und wenn man chinesisches Denken und Sprachgebrauch da rein zwängt, ist das eine grobe Verzerrung, die alles nur kompliziert und teilweise falsch macht.
3. Man kann feststellen, dass es zwischen motorischen Aktionen, die aus geschulten IMA-Skills entspringen und Aktionen, bei denen das nicht der Fall ist, keinen wesensmäßigen Unterschied gibt. Der Unterschied besteht lediglich in den unterstellten Skills des jeweiligen Praktikers und im Bewusstsein des Praktikers für seine motorischen Möglichkeiten.
Man kann niemanden unterstellen, dass er "kein jin" hätte, nur weil er kein Taiji trainiert. Das entspricht der Aussage, jemand hätte keine Fähigkeiten, weil er nicht Skifahren könne, und Skifahren ja eine Fähigkeit wäre.
Jeder hat jin, auch Personen, die absolut keine Ahnung von IMA haben.
Ggf. "wenig jin", aber eine Muckibudentyp hat z.B. "viel jin", übersetzt viel "muskuläre Energie" oder "viel Stärke". (<- hier sieht man, dass es auf die Wahl der Übersetzung "Stärke" oder "muskuläre Energie" lediglich aus ästhetischen Gründen ankommt, die Bedeutung ist hier gleich).

Es gehört zum ausgebildeten Bewusstsein von IMAlern, so zu agieren, dass sie ihren Gegnern prinzipiell ebenfalls alle möglichen "jins", d.h. motorische Fähigkeiten und Energien zubilligen, natürlich in der Hoffnung, dass die eigenen Skills besser ausgebildet sind.

Ein IMAler denkt sich bei einem Muckibudengegner nicht, ach der setzt jetzt nur "dummes li" ein, sondern dieses "dumme li" wird so behandelt als wäre es "echtes jin", d.h. muskuläre Energie, die vom Gegner plötzlich doch viel geschickter eingesetzt werden könnte als erwartet.

Das Bewusstsein für "jin", dh. für die motorische Energie, die im Körper eines jeden Menschen (der nicht curarisiert wurde, -> Pfeilgift Curare) vorhanden ist, schließt das Bewusstsein für das eigene Potenzial und das des Gegenübers mit ein. Das Potenzial, seine Körperkraft geschickt einzusetzen, liegt in jedem Menschen.

Jemand, der auf "grobe Kraft" ausgerichtet ist, unterschätzt dieses Potenzial bei sich und anderen, und versucht, es durch möglichst viel Grobheit platt zu machen. Jemand der auf "jin", auf die motorische Energie, ausgerichtet ist, versucht, das eigene Potenzial im Sinne aller denkbaren motorischen Aktionen auszuschöpfen, und billigt dem Gegner das gleiche zu.
Das ist das, was Yang Cheng Fu mit seinen Texten gemeint hat.
Deswegen gibt es soviele jins, weil es sich um alles handelt, was man sich theoretisch denken kann.

Das funktioniert nur, wenn man die Allgemeinheit und Offenheit und Inhaltsleere des chinesischen Wortes versteht. Ansonsten fixiert man sich auf irgendwas, was die Breite des Handelns einschränkt und blockiert.

nagual
14-07-2009, 13:41
Tingjin, Dongjin, Huajin, Fajin bedeutet doch nicht
"Hörvermögen", "Verstandeskraft", "Umleitungsfähigkeit" und "Abgabegeschicklichkeit", Doch, genau diese Übersetzungen treffen den Kern, abgesehen davon, dass es teilweise komische deutsche Wörter sind, aber das ist egal. *)


sondern

"Kraft hören" "Kraft verstehen", "Kraft umleiten" und "(eigene) Kraft dazugeben"Das heißt es auch; die chin. Begriffe werden offensichtlich im Sinne beider Arten benutzt, d.h. beziehbar auf Personen (1.) und auf Aktionen (2.)

--

Wenn mir aber ein Chinese sagt, ein TCCler habe viel Chin, Wenn ein Chinese sagt, dass jemand viel jin hat, "ta you jin" = "er hat jin", dann bedeutet das, dass es eine starke, kräftige Person ist.
Ein typischer Muckibudentyp z.B. "hat jin" = "you jin". Das ist die erste Klischeeassoziation bei Chinesen, was jin betrifft.

Bei einem Taiji-ler, der "jin" hat, stellt sich ein Chinese wohl am ehesten eine stämmige, kräftig-dicke-runde Person vor; das ist ein einfaches Klischee als Alternative zum Arnold-Typen mit aufgeblasenen Bizeps.

EDIT: *) Man darf "Hörvermogen" als deutschen Begriff natürlich nicht zwanghaft auf akustische Phänomene beziehen, sondern nur als allgemeinen Begriff, also "Krafthörkraft", also die Kraft (=Vermögen) Kraft zu hören (zu spüren).

Freier Geist
14-07-2009, 13:44
-

nagual
14-07-2009, 13:49
Und dass er auch noch gut TCC kann, wird damit nicht assoziiert? (so wie bei uns einer als "guter" Fußballer gelten kann)Das dürfte die nachrangige Assoziation sein, also wenn man z.B. einen technisch eher schlechten Taiji-Typen mit stämmigem Körper hat, und einen technisch sehr geschulten mit einem dünnen Körper, würde der Chinese immer sagen, dass der stämmige Chinese "jin" hat, und nicht der dünne Trickser.

Freier Geist
14-07-2009, 14:10
-

bluemonkey
14-07-2009, 14:18
Das dürfte die nachrangige Assoziation sein, also wenn man z.B. einen technisch eher schlechten Taiji-Typen mit stämmigem Körper hat, und einen technisch sehr geschulten mit einem dünnen Körper, würde der Chinese immer sagen, dass der stämmige Chinese "jin" hat, und nicht der dünne Trickser.

werden nicht manche durch das Taijiquan stämmiger (und nicht nur durch das Essen:p), so dass eine entsprechende Figur schon mit bestimmten Skills zumindest korreliert?

Freier Geist
14-07-2009, 14:53
-

Klaus
14-07-2009, 16:16
Ein Begriff in einem Kontext meint schon etwas spezifisches.

Aber mir kommt das so vor als würde jemand der partout nicht möchte dass Feldstärke etwas ganz konkretes bezeichnet aus dem Grund immer gerne ins Bierzelt, um einen RICHTIGEN Deutschen nach der Bedeutung des Worts "Feldstärke" zu fragen. Da kommt man dann ganz schnell dahin dass es die Manneskraft eines gestand'nen Mannsbilds auf dem Acker bezeichnet. Darum halt Feldstärke! Oder so.

laoshu
14-07-2009, 16:25
@ Flaschengeist und betrunkenes Äffchen
Nein, wir diskriminieren hier doch niemanden:D.
Anscheinend habt ihr so schlechte Erfahrungen mit Taiji'lern gemacht, dass ihr sie hier ständig verbal wegpushen müsst. Das tut mir sehr leid. Genauso, wie euer sichtliches Desinteresse daran, euer "Feindbild" noch einmal neu zu überprüfen. Und by the way: Gibt es in diesem board einen Taiji'ler (außer mir natürlich;)), der euch mit der gleichen Häme begegnet?

@nagual
Du hast sicherlich Sinologie studiert und lange in China gelebt, wenn du "die" Chinesen und ihre wahrlich komplizierte Sprache so gut verstehst.
Was du mit "Fähigkeiten" bezeichnest sind "Fertigkeiten". Deutsche Sprache, auch schwere Sprache. Jeder, der körperlich und geistig normal ist, hat die Fähigkeit, Ski zu laufen oder Kopfzurechnen, ob er allerdings diese Fertigkeiten erwirbt, steht auf einem anderen Blatt. Ja, jeder hat die Fähigkeit der Jin-Kraft, ob er oder sie allerdings die Fertigkeit erwirbt, sie im Kampf umzusetzen...
Weil ich, obwohl sich das vielleicht zunächst anders liest, deine postings respektiere, mache ich mir die Mühe und zitiere für dich aus dem Buch "T'ai-Chi Ch'üan - die Grundlagen" von Meister Song Zhijian in der Übersetzung von Hermann G. Bohn. Ich gehe mal davon aus, dass du weißt, was eine Tetanus-Kontraktion der Muskulatur ist und erspare mir den erläuternden Vorspann:
Durch Übung wird diese Reihung oder Ausrichtung den (sic) Muskelfasern, auch in unvollständigen Tetanus-Kontraktionen, zur Gewohnheit, so dass schon bei einmaliger Kontraktion eine optimale Wirkung erreicht wird. Im T'ai-chi ch'üan wird diese Art von trainierter Kraft als Jin bezeichnet. S. 123 in der Ausgabe von 1991.
Meister Song bezeichnet Jin für mich sehr treffend als "Elastizitätskraft" und unterscheidet diese Art von Kraft sehr wohl von roher Muskelkraft. In seiner Abhandlung gibt es übrigens eine Reihe von unterschiedlichen Jin-Kraft-Anwendungen.
Die Elastizitätskraft (Jin) ist eine Abänderung der Rohkraft (li, Anmerkung der Zitierenden), d.h. diese Kraft kann verstärkt oder verringert werden, ebenso wie ihre Richtung und Geschwindigkeit veränderlich sind... Von der Mechanik her könnte man sie als Bewegungskraft mit Elastizität definieren. S. 208, ebenda.
In einem Punkt stimme ich dir voll zu, nagual: Diese Jin-Kraft-Einsetz-Fertigkeit ist kein Mysterium, das ist sie nur im Zauberkraft-Familiengeheimniss-Neid und Missgunst-Wir sind die einzig wahren-Dunst, zu dem "das" chinesische Denken zuweilen neigt:).
Alles Liebe,
Deine
laoshu

Trinculo
14-07-2009, 16:29
Durch Übung wird diese Reihung oder Ausrichtung den (sic) Muskelfasern, auch in unvollständigen Tetanus-Kontraktionen, zur Gewohnheit, so dass schon bei einmaliger Kontraktion eine optimale Wirkung erreicht wird. Im T'ai-chi ch'üan wird diese Art von trainierter Kraft als Jin bezeichnet. S. 123 in der Ausgabe von 1991.

Das ist völliger Humbug und hat keinerlei anatomische Grundlage, sorry :) Muskelfasern sind an zwei Enden befestigt und können gar nicht durcheinandergeraten wie ein Haufen Mikadostäbchen.

rudongshe
14-07-2009, 17:09
Noch einmal



Aber: Was auch immer man konkret zeigt oder gezeigt bekommt, es kann sich lediglich um irgendein XY-jin, z.B. pengjin, handeln, aber nicht um "jin an sich".


Ja, man fühlt immer nur die Anwendung der Kraft, den Ausdruck.


Denn jin an sich ist völlig allgemein und unspezifisch,

Aber die innere Bewegung/Organisation des Körpers ist es nicht. Und die ist immer gleich. Sie wird trainiert egal as ich tue. Mit ihr prdouziert man, so IP Tai Tak "internal power". Und dieses "Jin" oder "Neijin" wird kombiniert mit den Techniken/Bewegungen/Anwendungen An, Lü etc... und so ergibt sich Peng-Jin etc.

Und dieses "Neijin" (im gegenstz zum Li) nannte ich das "Ur-Jin", was ich immer versuche herzustellen. Sozusagen das Zwischenstück zwischen innerer Erstbewegung und Anwendung.

Und wenn Li gleich Jin ist, warum wird es dann unterschieden von den Taiji-Alten? Sie haben es in ihrem Kontext unterschieden. Sonst hätten die die falschen Wörterbücher gehabt.


können tolle Fähigkeiten demonstrieren, z.B. Skifahren oder Kopfrechnen, aber wer dann glaubt, dass "die Fähigkeit" also Skifahren plus Kopfrechnen wäre, liegt falsch. Und das ändert sich auch durch 1000 Demonstrationen nicht.
Deswegen kann man auf keine Weise demonstrieren, was "jin" in der eigentlichen Bedeutung des Wortes ist.


"die Fähigkeit" ist das gemeinsame dahinter.

T. Stoeppler
14-07-2009, 17:55
Durch Übung wird diese Reihung oder Ausrichtung den (sic) Muskelfasern, auch in unvollständigen Tetanus-Kontraktionen, zur Gewohnheit, so dass schon bei einmaliger Kontraktion eine optimale Wirkung erreicht wird. Im T'ai-chi ch'üan wird diese Art von trainierter Kraft als Jin bezeichnet. S. 123 in der Ausgabe von 1991.

Also das ist einfach nur falsch. Tetanische (nicht:Tetanus) Kontraktionen der Muskelfasern können nicht vollständig oder unvollständig sein - Man spricht davon, wenn die Muskelfasern schneller als ihre Refraktärzeit erregt werden.

So etwas gibt es in Notfall-Fajins, (das man auch ohne Training haben kann) wobei sich dann der Muskel auch selbst schädigt. Ein "langes" Jin, das fast eine hydraulische Qualität besist, ist keine tetanische Kontraktion.

Muskelfasern richten sich nicht anders aus, es gibt allerdings Veränderungen auf zellulärer Ebene. Ein Muskel kann Sarkomere auch in der Länge anbauen, und Muskelfaser-Typen können sich zu einem geringen Anteil neu bilden bzw spezialisieren.

Gruss, Thomas

Klaus
14-07-2009, 18:34
Mir ist relativ egal wie genau man das nennt. Fakt ist aber, DASS es diese unterschiedlichen Kontraktionstypen gibt, die sich aus unterschiedlicher Muskelbeschaffenheit und/oder unterschiedlichem Ablauf der Kontraktion ggf. unter An- bzw- Abwesenheit besonderer Stoffwechselkomponenten ergeben. Ein "Einsatz" (unwillkürliche Anwesenheit) von Jin fühlt sich anders an als ein Anheben eines schweren Gewichts oder starker Krafteinsatz vor der Entwicklung entsprechender Grössenordnungen dieser besonderen Bewegungsmodalität. Ich habe den Vergleich, da ich bis ca. 30 die alltägliche Anwesenheit dieses Modus nicht hatte, und auch jetzt nicht mehr habe, abgesehen von dem erwähnten Notfallmodus, und der war nicht so stark vom Gefühl her wie der spätere Maximaleffekt. Als trainierter Sportler war ich nicht gerade schwächlich, aber meine Wurfgewalt war doch überschaubar (ich konnte nur genau werfen). Später als das mit 30 dann einsetzte wurde daraus ein Hammer von Bundesligaformat, nur ohne die Sprungkraft (mangels Gelenkkapsel im Fuss). Diesen Modus kennen nun inzwischen doch einige hier, sogar Leute die nicht wie Thomas oder Karl-Heinz zu den "derben Praktikern" gehören, sondern luschige Frauen die es beim Stricksocken bügeln entdeckt haben (;)). Das erkennbar vom "Normalmodus" unterschiedliche Gefühl kennt jeder aus seinem langsamen Formentraining, es ist nur das gleiche in besonders kräftig. Und es wirkt offensichtlich sowohl auf unkooperative Kreisläufer als auch auf tote Gegenstände wie Lederbälle.

Ich finde es ziemlich aberwitzig wie sich Leute die diesen Effekt offenbar nicht kennen einen ablabern, um ihn ins Reich der Fabel verweisen zu können. Eigentlich ist er zuverlässig ohne jegliche Chinesischkenntnis durch Erschütterungstraining und sehr sehr langsames Bewegen über zumindest einige Monate zu wecken, und entwickelt sich je nach Talent, Intensität oder emotionaler Disposition zu verschiedenen Grössenordnungen.

Die "Jins" von denen hier anfangs die Rede war sind dann ANWENDUNGEN dieser elementaren Kraft. Anwendungen mit verschiedenen Intensitäten dieser Grundkraft, anderem Timing, eingesetzten "Tricks" um Leute im falschen Moment damit zu erwischen, in bestimmten Richtungen die ungünstig auf die jeweilige Struktur wirken, vor (Prellwirkung) oder nach (Kompression) Kontakt mit etwas, und so weiter.

Entweder man unterhält sich jetzt über Letzteres, dann sind das schlicht Techniken, so wie ein Boxschlag, oder eine Ringeraktion.

Oder man meint Ersteres, dann ist das ein komplexer Vorgang in der menschlichen Anatomie und Biochemie, den man wahlweise mit chinesischen Begriffen für den jeweiligen Vorgang, oder "westlichen" bezeichnen kann, gemeint ist jeweils das gleiche, und zwar faktische. Ohne Wunschvorstellung oder Einbildung, mit Sicherheit messbar sowohl in der Grössenordnung (Standkraftmessungen an Chen Xiaowang) als auch in den beteiligten Stoffwechselkomponenten (biochemische Diagnostik anhand von Blut- und Urinwerten). Bei letzterem wird man dann unweigerlich feststellen dass da einfach nur bestimmte Energieträger und Aktoren oder Inhibitoren zum Tragen kommen, die man durch Ausscheidung derer Metaboliten nach getaner intensiver Kraftanstrengung nachweisen könnte, wenn man nur wollte.

Leuten die die Effekte kennen sollte es egal sein. Mir wäre es trotzdem Recht, wenn man die Leute einfach ihr Training machen lassen würde ohne ständig den jeweiligen Effekt korrekten Trainings ins Reich der Fabel zu verweisen, weil man zufällig diesen Typen kennt der konnte nicht ...

Nun zurück zu den "Experten". :rolleyes:

nagual
14-07-2009, 19:15
@nagual
Du hast sicherlich Sinologie studiert und lange in China gelebt, wenn du "die" Chinesen und ihre wahrlich komplizierte Sprache so gut verstehst.

Ich habe zwei Jahre modernes Chinesisch studiert und war 6 mal in China. Immerhin.


Meister Song bezeichnet Jin für mich sehr treffend als "Elastizitätskraft" und unterscheidet diese Art von Kraft sehr wohl von roher Muskelkraft. In seiner Abhandlung gibt es übrigens eine Reihe von unterschiedlichen Jin-Kraft-Anwendungen.
Die Elastizitätskraft (Jin) ist eine Abänderung der Rohkraft (li, Anmerkung der Zitierenden), d.h. diese Kraft kann verstärkt oder verringert werden, ebenso wie ihre Richtung und Geschwindigkeit veränderlich sind... Von der Mechanik her könnte man sie als Bewegungskraft mit Elastizität definieren. S. 208, ebenda.

Die Bücher von Meister Song sind in der Hinsicht, dass der Übersetzer als Übersetzung für "Jin" "Jin-Kraft" gewählt hat, sehr schlecht übersetzt.
Der Begriff "jin-Kraft" ist eine Erfindung des Übersetzers, der die Allgemeinheit und inhaltliche Unspezifiziertheit nicht begriffen hatte.
Komischerweise findet sich an manchen Stellen des Textes sogar noch das Wort "Stärke" als Übersetzung, so als wenn er es vorher erst mal stumpf und richtig gemacht hat, und sich aber dann dachte, man müsse den Text dem westlichen Leser anpassen, und der würde sicherlich auf "jin-Kräfte" und son Mumpitz stehen, und mit korrekten Wörtern wie dem eher nichtssagenden "Stärke" Probleme haben.

Der Übersetzer hat den chin. Text nicht übersetzt, sondern er hat ihn interpretiert und eine "Jin-Kraft" erfunden, von der im chin. Original NIE die Rede ist; das wäre direkt übersetzt so ein Gelaber von "Stärke-Kraft", und das gibt es nicht.

Das, was Klaus immer beschreibt, kann man korrekterweise als "neijin" bezeichnen; man muss zur Kenntnis nehmen, dass "jin" kein "neijin" ist, und der Begriff "jin" nicht zwischen neijin und Muckibuden-jin und was es sonst noch geben könnte, unterscheidet.

Aber auch "neijin" ist keine eigene Substanz, sondern eine ziemlich diffuse Sache, und zwar kein Stück genauer definiert als der deutsche Begriff "innere muskuläre Energie".
Niemand weiß oder kann belegen, was "innere muskuläre Energie" genau ist; man kann davon reden, und dabei auch sinnvolle und korrekte Sachen darstellen, aber "innere muskuläre Energie" bleibt von Wesen her ein unklare Sache, weil dieser Begriff eben immer wieder auf andere konkrete Dinge bezogen werden kann.

nagual
14-07-2009, 19:34
Was die Texte von Song betrifft, muss man feststellen, dass es sich nicht um einen klassischen Text handelt, sondern um einen modernen Text, der folglich nicht als Stil-gründender (oder "definierender") Text gelesen werden darf, sondern als beschreibender Text über die Kultur und den technischen Inhalt der Kunst Taijiquan.
Dementsprechend kann Song zwar die Beobachtung machen, dass es sich bei "jin" seiner Meinung nach um einen speziellen Muskelkontraktionseffekt handelt, er kann dies aber weder anhand von Klassikern belegen, noch hat der die Autorität, dies so festzulegen, weil er nicht beanspruchen kann, dass die gesamte Taiji-Kultur nach seiner Pfeife tanzt.

Der nächste Punkt ist, dass Song den Begriff "jin" (soweit erkennbar durch die chaotische Übersetzung mal als "jin-Kraft", mal als "Stärke" usw.) keineswegs streng im Sinne seiner angeblichen Definition als Elastizitätskraft benutzt.
Er spricht z.B. davon, dass ein Taiji-Praktiker das jin des Gegners fühlen sollte, und zwar sind hier keineswegs nur Taiji-Gegner gemeint, sondern auch "Muckibudengegner", dessen jin man als Taiji-Experte spüren kann.

Dementsprechend behaupte ich, dass der Begriff "jin" stets in völlig unspezifischer Art und Weise auf jede Art von "motorischem Kraft- oder Bewegungspotenzial" oder jeder Art von "muskulärer Energie" verweist. Dass "jin" eine Art "Energie" ist, sagt auch Song, denn er sagt z.B., dass "jin" in "li" umgewandelt wird.
Konkret ist also "jin" das, was da ist, wenn "li", also physikalische Kraft, rauskommen kann. Ob man das als "(muskuläre) Energie", als "Stärke", als "Kraftpotenzial" bezeichnet, ist nicht wichtig, man muss den abstrakten Kern verstehen, und der ist allgemein und unspezifisch.

rudongshe
14-07-2009, 21:08
Ich verstehe Dich nicht, nagual


Was die Texte von Song betrifft, muss man feststellen, dass es sich nicht um einen klassischen Text handelt, sondern um einen modernen Text, der folglich nicht als Stil-gründender (oder "definierender") Text gelesen werden darf, sondern als beschreibender Text über die Kultur und den technischen Inhalt der Kunst Taijiquan.


Wer darf denn etwas über das NeiJin/Jin im Kontext des Taijiquan schreiben im gegensatz zum li der äußeren Kampfkünste?
Nur der Stilbegründer und keiner, der es gelernt hat oder lernt ?


er kann dies aber weder anhand von Klassikern belegen, noch hat der die Autorität, dies so festzulegen, weil er nicht beanspruchen kann, dass die gesamte Taiji-Kultur nach seiner Pfeife tanzt.


Was sind Klassiker? Und die gesamte Taiji-Kultur pfeift nach niemandes Pfeife (welche Pfeife meinst Du eigentlich, die Tabakpfeife oder Trillepfeife oder den schlechten Trainer?)

Betonung von prinzipien führen zu unterschiedlichen Effekten, das habe ich eben im Formtraining selber ausprobiert um mein inneres Gefühl (so nenne ich das Jin wohl lieber, oder ist gefühl auch zu allgemein) zu verbssern.


Der nächste Punkt ist, dass Song den Begriff "jin" (soweit erkennbar durch die chaotische Übersetzung mal als "jin-Kraft", mal als "Stärke" usw.) keineswegs streng im Sinne seiner angeblichen Definition als Elastizitätskraft benutzt.


Strenge Definiton bei einem differentierten Zusammenspiel des ganzen Körpers? In einem vorwissenschaftlichen Begriffsystem? Von einem Nicht-Wissenschaftler?


Er spricht z.B. davon, dass ein Taiji-Praktiker das jin des Gegners fühlen sollte, und zwar sind hier keineswegs nur Taiji-Gegner gemeint, sondern auch "Muckibudengegner", dessen jin man als Taiji-Experte spüren kann.


Ja, Jin ist Kraft. Als Taiji-Praktiker soll man das Taijiquan-tyische Neijin kultivieren und dann in die "Form gießen" und anwenden lernen. Es gibt einen Autor, der spricht auch von li. Aber im Kontext des Taijiquan.
Und selber soll man jede ankommender Kraft spüren können, ob nun Neijin oder äußere.


Dementsprechend behaupte ich, dass der Begriff "jin" stets in völlig unspezifischer Art und Weise auf jede Art von "motorischem Kraft- oder Bewegungspotenzial" oder jeder Art von "muskulärer Energie" verweist.


:)


Dass "jin" eine Art "Energie" ist, sagt auch Song, denn er sagt z.B., dass "jin" in "li" umgewandelt wird.

Was bedeutet denn nun jin genau? Kraft, Stärke, Energie? Oder kann man das nicht genau sagen.


Konkret ist also "jin" das, was da ist, wenn "li", also physikalische Kraft, rauskommen kann.

Du verwirrst mich. verwirr-Jin.


Ob man das als "(muskuläre) Energie", als "Stärke", als "Kraftpotenzial" bezeichnet, ist nicht wichtig, man muss den abstrakten Kern verstehen, und der ist allgemein und unspezifisch.

Mit abstrakt meinst Du allgemein? Ja vielleicht auf der sprachlichen Ebene.
Aber Sprache wird doch erst verständlich im Kontext - nicht nur der Sprachgebrauchsgemeinschaft - sondern auch von eigenen - sprachunabhängigen - Erfahrungen.

Nagual, in gewisser Weise verstehe ich Dich, ich kenne das auch: was ich nicht sprachlich genau aussagen kann und mittels sprache in handlung reproduzieren kann, das verweigert sich mir als realität.

Dieses Verhaltensmuster steht mir beim Taijiquan im Weg. Es ist nun mal ein weichformuliertes daoistisches System beschrieben mit einer Bildersprache.

Ich weiß ungefähr was ich tue, ich weiß ungefähr, was ich benutzen soll und was nicht, ich weiß ungefähr, wie es sich anfühlen soll und ungefähr, wie es sich anfühlt. Und damit übe ich, bis ich glaube, dass es sich in mir immer mehr so anfühlt wie es sein soll. Und ich weiß, dass dieser Prozess normal ist, dass ich "dieses Jin" ausprobieren kann als Bewegung und Kraft. Und ich lese in "den Klassikern" spaßeshalber nach. Aber das nachträgliche hat auch Erkenntnisgrenzen.

Mathieu
14-07-2009, 21:53
Dass manchmal beim Taijiquan gefühlte Erfahrungen den Begriffen vorauseilen, kann ich bestätigen. Zuerst ist die Erfahrung, dann die Frage: Was war das jetzt? Dann kommen oftmals erst die Begriffe. Allerdings gilt auch umgekehrt, dass jemand ohne spezifische Erfahrungen mit den Begriffen wenig anfangen kann.

Im Training werfe ich dazu ab und zu die Frage ein: "Was sollte gefühlt werden?"
Die Reaktion einzelner ist am Anfang meist: "Ich fühle da nix." Also hat er/sie es auch noch nicht begriffen. Bevor die gefühlte Erfahrung gemacht wurde, bleiben demnach die Begriffe abstrakt. Allerdings kriegt man einen Vorgeschmack im direkten Kontakt mit dem Lehrer oder den Fortgeschrittenen, wenn man sie anfassen kann und an ihrem Körper fühlt, was im Körper hergestellt werden sollte und wie sich das dann anfühlt.

nagual
15-07-2009, 07:22
Mit abstrakt meinst Du allgemein? Ja vielleicht auf der sprachlichen Ebene.
Aber Sprache wird doch erst verständlich im Kontext - nicht nur der Sprachgebrauchsgemeinschaft - sondern auch von eigenen - sprachunabhängigen - Erfahrungen.

Nagual, in gewisser Weise verstehe ich Dich, ich kenne das auch: was ich nicht sprachlich genau aussagen kann und mittels sprache in handlung reproduzieren kann, das verweigert sich mir als realität.

Dieses Verhaltensmuster steht mir beim Taijiquan im Weg. Es ist nun mal ein weichformuliertes daoistisches System beschrieben mit einer Bildersprache.

Ich weiß ungefähr was ich tue, ich weiß ungefähr, was ich benutzen soll und was nicht, ich weiß ungefähr, wie es sich anfühlen soll und ungefähr, wie es sich anfühlt. Und damit übe ich, bis ich glaube, dass es sich in mir immer mehr so anfühlt wie es sein soll. Und ich weiß, dass dieser Prozess normal ist, dass ich "dieses Jin" ausprobieren kann als Bewegung und Kraft. Und ich lese in "den Klassikern" spaßeshalber nach. Aber das nachträgliche hat auch Erkenntnisgrenzen.Worauf ich hinweise sind die folgenden Punkte:
1. In Deutschland, Europa, der westlichen IMA-Szene wird ziemlich hemmungslos von "jin" geredet, und jeder tut so, als wüsste er genau, was er damit meint, und dass es ein bestimmtes Ding, Etwas oder konkretes Phänomen wäre, was da bezeichnet wird, und dementsprechend wird "jin" als ein Fachbegriff im westlichen Sprachgebrauch betrachtet und benutzt. Dabei wird dann so getan, als wäre "jin" auch ein Fachbegriff im Chinesischen, und die westliche Verwendung des Begriffs bilde die chinesische unverfälscht ab. Dieser Eindruck entsteht vpr allem dadurch, dass durch die fehlende Übersetzung das Wort "jin" ja erhalten bleibt, und dadurch allem Anschein nach keine Verfälschung entstehe.

Ich sage aber, dass diese Fachbegriffsverwendung eine viel größere Verfälschung bedeutet, als wenn man das Wort "jin" in jedem chinesischen Kontext stumpf als "Stärke", "(motorisches) Kraftpotenzial", "(muskuläre) Energie" übersetzt. Wenn man diese deutschen Begriffe als Übersetzungen nutzt, stellt man fest, dass in dem chinesischen Satz der angenommene Inhalt des angenommenen Fachbegriffs gar nicht vermittelt wird.

Ein Satz wie "Benutze keine Kraft, benutze dein (muskuläre) Energie" ist schwammig, blumig, unklar usw., und entspricht nicht dem Satz "benutze keine Kraft, sondern benutze jin (also diese spezielle Muskelkontraktionstechnik, die mit diesem 'Fachbegriff' angeblich bezeichnet wird)".
Die Übersetzung "benutze keine Kraft, benutze jin" ist also schlecht bis falsch, während die Übersetzung "benutze keine Kraft, benutze Stärke" korrekt und gut ist, wenn auch ggf. nicht perfekt. Der Satz "benutze keine Kraft, benutze Stärke" gefällt uns nicht, weil wir ihn als ziemlich nichtssagend empfinden. Ich sage aber, der chin. Satz "bu yong li, yong jin" IST SO NICHTSSAGEND und phrasenhaft wie der deutsche Satz "benutze keine Kraft sondern benutze Stärke".

Dieses ist meine inhaltliche Botschaft zur offiziellen Lehre des Taijiquan, wie sie auf den Klassikern beruht. Die Klassiker definieren Taijiquan über solche blumigen und unscharfen Sätze, und wenn man die Sache wirklich verstehen will, ist es IMO nötig, diese absolut unscharfe verbale Basis in ihrer kompletten Unschärfe zu verstehen, und nicht eine erklärende Interpretation darüber zu legen, die zwar dem kulturellen Konsens ungefähr entspricht, aber eben trotzdem eine Verfälschung ist, und auch der chinesischen Mentalität der Sache absolut nicht entspricht.

2. Die Frage der korrekten Übersetzung des Begriffs "jin". Da ich ja nun festgestellt habe, dass die übliche "Übersetzung" des chin. Wortes "jin" in den "deutschen Fachbegriff jin" (der vorliegt, wenn ich z.B. sage "benutze jin") falsch und schlecht ist, bleibt eben die Frage, wie man "jin" besser übersetzt. Hier liegt wieder mal das Problem vor, dass der chin. Begriff "jin" zwar sehr einfach und allgemein ist, es aber keine absolut treffenden Begriff im Deutschen gibt. Das ist so ähnlich wie es keine perfekte Übersetzung für das englische "mind" oder für "power" oder für "force" usw. gibt.
Deswegen muss ich bei der deutschen Übersetzung manchmal zwischen "Stärke", "motorischem Kraftpotenzial", "muskulärer Energie" usw. hin und herspringen, um jeweils die treffendste Übersetzung zu finden. Das löst dann oft Verwirrung und auch Polemik aus, im Sinne, ja was denn jetzt "Stärke" oder "muskuläre Energie"? Das sind natürlich überflüssige Fragen, weil es hier zwischen Stärke, muskulärer Energie usw. keinen Unterschied gibt, sondern immer der gemeinsame Bedeutungskern gemeint ist.

Der entscheidende Punkt ist, dass die Suche nach der Kernbedeutung und damit der treffendsten deutschen Übersetzung sich an der Allgemeinheit des chinesischen Begriffes orientieren muss, und "jin" ist genauso allgemein wie z.B. die deutschen Begriffe "Stärke" und "Kraft". Niemand würde auf englisch etwas sagen wie "Well, the german boxers, they don't use force, they use a special muskular contraction effect, and they call it 'Kraft'. This Kraft-force is very difficult to understand...".
So ein Gelaber wäre nicht möglich, wenn der Begriff "Kraft" einfach ins englische "force" übersetzt würde, und nicht ein englischer Fachbegriff "Kraft-force" eingeführt würde.
Diese Unsitte hat sich in der westlichen IMA-Szene etabliert, und praktisch alles, was in diesen Fachbegriff "jin" reinprojiziert wird, ist da eigentlich nicht vorhanden.

Man sollte also die Suche nach der besten deutschen Übersetzung für das chin. Wort nicht mit der Suche nach Lehrinhalten des Taijiquan verwechseln. Wenn ich überlege, ob ich jetzt "Stärke" oder "muskuläre Energie" sage, geht es darum, den Originalklang des chin. Satzes abzubilden, und nicht eine Interpretation zu wählen, die meiner Meinung über spezielle Muskelkontraktionseffekte entspricht. Dieser Fehler wird in der sprachlichen Verwendung immer wieder gemacht. Und dieser Fehler ist auch für das Gesamtverständnis der chin. Lehre und Kultur entscheidend.

3. Die Bedeutung der Klassiker: Ich sage, dass sich die Kultur des Taiji und der chin. IMA überhaupt an klassischen Texten orientiert, z.B. auch an dem Satz von Yang Cheng Fu, dass man keine Kraft sondern Stärke/Energie benutzen sollte.
Diese Sätze aus den Klassikern haben keinen erklärenden Charakter, sondern bilden einfach ein Ideen-Konglomerat, welches man aus Ausgangspunkt verstehen und verwenden kann. Sie bilden nicht alles ab, was zu einem kompletten technischen Verständnis der Sache notwendig ist.

Bücher, wie die von Song, die hier umfangreiche Erklärungen bieten, müssen hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Kultur den Klassikern in absolut entscheidender Weise untergeordnet werden. Ein chin. Meister wird sich bei der Pflege seiner eigenen Kunst immer daran orientieren, wie er seine praktischen Erfahrungen mit den blumigen Sätzen aus den Klassikern in Einklang bringt, oder wie ihn die blumigen Aussagen in den Klassikern zu neuen praktischen Erfahrungen inspirieren können. Dabei wird er sich nicht durch Erklärungen von Song über Muskelkontraktionseffekte und "jin"-Definitionen beirren und beeinflussen lassen.

Aus diesem Grund sind die Bücher von Song für das, was ich hier vermitteln will" weitgehend irrelevant. Wenn der Übersetzer mit dieser "jin-Kraft" nicht diesen Fachbegriffsmurks da rein gepflanzt hätte, dann könnte man die Bücher allerdings sehr schön verwenden, um die Allgemeinheit des chin. Wortes "jin" deutlich zu erkennen. Dazu hätte es aber stets z.B. als "(muskuläre) Energie" übersetzt werden müssen. Dies hat der Autor aus stilistischen Gründen und evtl. aus mangelndem Verständnis nicht gemacht, und damit dieser verfälschenden westlichen Fachbegriffskultur Vorschub geleistet.

bluemonkey
15-07-2009, 07:38
@ Flaschengeist und betrunkenes Äffchen
Nein, wir diskriminieren hier doch niemanden:D.
Anscheinend habt ihr so schlechte Erfahrungen mit Taiji'lern gemacht, dass ihr sie hier ständig verbal wegpushen müsst. Das tut mir sehr leid. Genauso, wie euer sichtliches Desinteresse daran, euer "Feindbild" noch einmal neu zu überprüfen. Und by the way: Gibt es in diesem board einen Taiji'ler (außer mir natürlich;)), der euch mit der gleichen Häme begegnet?


Ich fass es nicht: Du wirst mich mit Geistfrei in eine Tüte? :ups:

Fallst Du es nicht gemerkt hast: ich bin selbst "Taiji'ler", das meiste kannst Du also unter Selbstironie verbuchen ;)

Wen hab ich denn verhämt?

Wangenentwurzler? oder ChenstilistbesseralsYangstilichsagabernichtwarum-Behaupter?

Klaus
15-07-2009, 10:06
Ausserdem ist ein "blue monkey" ein verliebtes Äffchen. ;)

P.S.: Ich mag den Avatar ... :)

Fei Long
15-07-2009, 11:32
Ein Begriff in einem Kontext meint schon etwas spezifisches.

Aber mir kommt das so vor als würde jemand der partout nicht möchte dass Feldstärke etwas ganz konkretes bezeichnet aus dem Grund immer gerne ins Bierzelt, um einen RICHTIGEN Deutschen nach der Bedeutung des Worts "Feldstärke" zu fragen. Da kommt man dann ganz schnell dahin dass es die Manneskraft eines gestand'nen Mannsbilds auf dem Acker bezeichnet. Darum halt Feldstärke! Oder so.


:thx:
Danke. Der Beitrag ist wohl die Essenz dieser ganzen Diskussion...;)

rudongshe
15-07-2009, 14:16
Worauf ich hinweise sind die folgenden Punkte:
1. In Deutschland, Europa, der westlichen IMA-Szene wird ziemlich hemmungslos von "jin" geredet, und jeder tut so, als wüsste er genau, was er damit meint, und dass es ein bestimmtes Ding, Etwas oder konkretes Phänomen wäre, was da bezeichnet wird, und dementsprechend wird "jin" als ein Fachbegriff im westlichen Sprachgebrauch betrachtet und benutzt.


Wo habe ich das getan? Ich rede nur von den konkreten Resultaten konkreter Methoden aus dem snakestyle von IpTaiTak.


Dabei wird dann so getan, als wäre "jin" auch ein Fachbegriff im Chinesischen, und die westliche Verwendung des Begriffs bilde die chinesische unverfälscht ab.

Das ist nur eine Vermutung bezogen auf den Stil


Dieser Eindruck entsteht vpr allem dadurch, dass durch die fehlende Übersetzung das Wort "jin" ja erhalten bleibt, und dadurch allem Anschein nach keine Verfälschung entstehe.


Was Dich dazu verleitet zu behaupten, es gebe keine Differenzen in der Realität.


Ich sage aber, dass diese Fachbegriffsverwendung eine viel größere Verfälschung bedeutet, als wenn man das Wort "jin" in jedem chinesischen Kontext stumpf als "Stärke", "(motorisches) Kraftpotenzial", "(muskuläre) Energie" übersetzt. Wenn man diese deutschen Begriffe als Übersetzungen nutzt, stellt man fest, dass in dem chinesischen Satz der angenommene Inhalt des angenommenen Fachbegriffs gar nicht vermittelt wird.


Also ist die Kondition und Fittness, die beim Schwimmen trainiert wird, die gleiche wie bei einem Fussbalprofi und beim Hochspringer? Ist ja immerhin alles Kondition.


Ein Satz wie "Benutze keine Kraft, benutze dein (muskuläre) Energie"

deine Übersetzung?


ist schwammig, blumig, unklar usw., und entspricht nicht dem Satz "benutze keine Kraft, sondern benutze jin (also diese spezielle Muskelkontraktionstechnik, die mit diesem 'Fachbegriff' angeblich bezeichnet wird)".

weil Du den Sat aus dem ganzen Kontext der Trainingsanweieungen und aler übrigen Erläuterungen und Kommentare reißt :)


Die Übersetzung "benutze keine Kraft, benutze jin" ist also schlecht bis falsch, während die Übersetzung "benutze keine Kraft, benutze Stärke" korrekt und gut ist, wenn auch ggf. nicht perfekt. Der Satz "benutze keine Kraft, benutze Stärke" gefällt uns nicht, weil wir ihn als ziemlich nichtssagend empfinden. Ich sage aber, der chin. Satz "bu yong li, yong jin" IST SO NICHTSSAGEND und phrasenhaft wie der deutsche Satz "benutze keine Kraft sondern benutze Stärke".

Das Priolem ist nur, wenn man das Trainingskonzept hat dazu, dann versteht man, was mit diesem Anker, dieser zusammenfassung, diesem Merksatz gemeint ist.

Aber Du akzeptierts, dass Du manche hier on board Trainingskonzepte kennen, die zu diesem "jin" führen können, was in den Taijiquantexten gemeint war?


Dieses ist meine inhaltliche Botschaft zur offiziellen Lehre des Taijiquan, wie sie auf den Klassikern beruht.

Ich beziehe mich auf das, was ich gezeigt bekomme, auf den snakestyle von von Ip, der ihn von seinem Meister hatte. Ich lerne nicht aus Büchern.


Die Klassiker definieren Taijiquan über solche blumigen und unscharfen Sätze,

Sie definieren nicht, sie BESCHREIBEN TRAININGSRESULTATE wenn man sich an die TRAININGANLEITUNGEN hält und dann an DIE VERHALTENSRATSCHLÄGE



und wenn man die Sache wirklich verstehen will, ist es IMO nötig, diese absolut unscharfe verbale Basis in ihrer kompletten Unschärfe zu verstehen,

Nein, dann muss man trainiren und akzeptieren, dass hier kein wissenschaftiches beschrieben wurde.


und nicht eine erklärende Interpretation darüber zu legen,

Du verfährst absolut genauso: da Du Dir nicht vorstellen kannst, was konkret, ganz konkret damit gemeint war, interpretierst Du die Texte so: sie haben auch nichts konkretes gemeint.


die zwar dem kulturellen Konsens ungefähr entspricht, aber eben trotzdem eine Verfälschung ist, und auch der chinesischen Mentalität der Sache absolut nicht entspricht.


Wessen kulturellem Konsens? Mein kultureller Taijiquankontext weicht evtl. ab von dem eines anderen? Das finde ich eine schwammige. Ich kenne mich mit der chinesischen Mentalität nicht aus.
Gehe ich aber davon aus, deine Familienclan seine sachen zwar tradieren, aber auch unter Kontrolle haben wollte, finde ich gerade eine schwammige Formulierung, die ein mindestmaß an Kenntnisen voraussetzt, nicht dumm. ich weiß, dass alle anderen chinesischen Texte ein Feuerwerk an präzisen Formulierungen sind und die taijitexte absolut aus dem Rahmen fallen.



2. Die Frage der korrekten Übersetzung des Begriffs "jin". Da ich ja nun festgestellt habe, dass die übliche "Übersetzung" des chin. Wortes "jin" in den "deutschen Fachbegriff jin" (der vorliegt, wenn ich z.B. sage "benutze jin") falsch und schlecht ist,


Manchmal istr es sinnvoll Begriffe zu übernehmen, wenn sie einen ganzen Bedeutungshorizont mit sich tragen. An konkreten Anweisungen zum Beispiel.


bleibt eben die Frage, wie man "jin" besser übersetzt. Hier liegt wieder mal das Problem vor, dass der chin. Begriff "jin" zwar sehr einfach und allgemein ist, es aber keine absolut treffenden Begriff im Deutschen gibt.

Das ist eben manchmal so in Sprachen. Außerdem musst es nicht unbedingt übersetzen, wenn man sich erarbeitet, was damit gemeint ist.


Das ist so ähnlich wie es keine perfekte Übersetzung für das englische "mind" oder für "power" oder für "force" usw. gibt.

Aber wenn Du konkrete Anweisungen hast, die "Force" in deinem Kontext zu kreeiren?


Deswegen muss ich bei der deutschen Übersetzung manchmal zwischen "Stärke", "motorischem Kraftpotenzial", "muskulärer Energie" usw. hin und herspringen, um jeweils die treffendste Übersetzung zu finden. Das löst dann oft Verwirrung und auch Polemik aus, im Sinne, ja was denn jetzt "Stärke" oder "muskuläre Energie"?

Das interessiert nur Dich, weil Du dich zwanghaft auf der sprachlichen Ebene festklammerst, während anderen Leuten gezeigt wird, etwas zu üben womit sie den Unterschied zwischen JIN und Muskel-LI selber spüren können.


Das sind natürlich überflüssige Fragen, weil es hier zwischen Stärke, muskulärer Energie usw. keinen Unterschied gibt, sondern immer der gemeinsame Bedeutungskern gemeint ist.


s.o



Der entscheidende Punkt ist, dass die Suche nach der Kernbedeutung und damit der treffendsten deutschen Übersetzung sich an der Allgemeinheit des chinesischen Begriffes orientieren muss,

An der praktischen Methode, nicht an der Übersetzung


und "jin" ist genauso allgemein wie z.B. die deutschen Begriffe "Stärke" und "Kraft".

Und genau deswegen gibt es auch keinen Unterschied zwischen der Stärke eines Boxers und der Stärke der Musikanlage und der Kraft einer Farbe und der eines Zuges? Kontext.



Niemand würde auf englisch etwas sagen wie "Well, the german boxers, they don't use force, they use a special muskular contraction effect, and they call it 'Kraft'. This Kraft-force is very difficult to understand...".

Das Dir dann aber so ein Beispiel einfällt...

[QUOTE]So ein Gelaber

s.o.


wäre nicht möglich, wenn der Begriff "Kraft" einfach ins englische "force" übersetzt würde, und nicht ein englischer Fachbegriff "Kraft-force" eingeführt würde.

Oder man ihn direkt im Original lassen würde.


Diese Unsitte hat sich in der westlichen IMA-Szene etabliert, und praktisch alles, was in diesen Fachbegriff "jin" reinprojiziert wird, ist da eigentlich nicht vorhanden.


Weil Du nicht weißt, was manche meinen ...


Man sollte also die Suche nach der besten deutschen Übersetzung für das chin. Wort nicht mit der Suche nach Lehrinhalten des Taijiquan verwechseln.

Tue ich das?


Wenn ich überlege, ob ich jetzt "Stärke" oder "muskuläre Energie" sage, geht es darum, den Originalklang des chin. Satzes abzubilden, und nicht eine Interpretation zu wählen, die meiner Meinung über spezielle Muskelkontraktionseffekte entspricht.

Dann tu das mal


Dieser Fehler wird in der sprachlichen Verwendung immer wieder gemacht. Und dieser Fehler ist auch für das Gesamtverständnis der chin. Lehre und Kultur entscheidend.


Oh Mann, ich hoffe IpTaiTak hat das berücksichtigt, als er Bob die ganzen Sachen gezeigt hat :ups:


3. Die Bedeutung der Klassiker: Ich sage, dass sich die Kultur des Taiji und der chin. IMA überhaupt an klassischen Texten orientiert, z.B. auch an dem Satz von Yang Cheng Fu, dass man keine Kraft sondern Stärke/Energie benutzen sollte.

keine nachgeburtliche Kraft der äußeren kampfkünste, er beschreibt auch, was er damit meint.


Diese Sätze aus den Klassikern haben keinen erklärenden Charakter


Doch, wenn man jemand kennt, der es einem konket zeigt.


sondern bilden einfach ein Ideen-Konglomerat, welches man aus Ausgangspunkt verstehen und verwenden kann.

Es ist oft das EGEBNIS , deswegen wichtig jemand zu kennen,d er den Weg kennt.


Sie bilden nicht alles ab, was zu einem kompletten technischen Verständnis der Sache notwendig ist.


Weil sie nicht allen alles auf die nase binden wollen es aber Leutre gibt, die wissen, was gemeint war.

Klaus
15-07-2009, 14:31
Ich kann gut damit leben das als "Neijin" zu bezeichnen, um sich von möglichen anderen Bedeutungen im heutigen chinesischen Sprachraum abzugrenzen, wobei das für alle ausserhalb dieses Raum nicht wirklich nötig ist.

Ein Problem besteht weiterhin darin, dieses Neijin, was quasi der Motor der ganzen Geschichte ist, mit ANWENDUNGEN des Motors in einen Topf zu werfen, und von sagenumwobenen Sonder-Jins auszugehen die ganz anders als Neijin/Pengjin sind, weil es nach rechts statt nach links geschossen wird. Es gibt einerseits die grundsätzlichen motorisch-organischen Fähigkeiten des Körpers die mit diversen körperlichen Methoden maximiert werden können (und in anderen Sportarten NICHT gezielt maximiert werden). Und dann gibt es konkrete Ausprägungen davon wenn man einen Sprungwurf von Halblinks statt von Halbrechts macht und man sich deshalb anders von der Körperachse wegdrehen muss um am Block vorbei zu werfen, die Kraft ist bei beiden die gleiche. Nichts anderes sind Peng, Ji, An usw. Und das ist auch immer das gleiche egal in welchem Substil, es wird scheinbar nur gelegentlich anders genannt weil sich mal einer beim Abschreiben des Buchs vertan hat.

Wobei das durchaus etwas weniger trivial ist als eine leichte Variation einer Wurfbewegung, schliesslich kennt man verschiedene sehr unterschiedliche Konzepte, ob man jemanden in sich reinstolpern lässt in dem man den Druck rausnimmt, oder jemanden dreht indem man in gewisse Richtungen schiebt, mit exakt passendem Timing, usw. Aber das sind keine wirklichen "Energien" wie die Energie aus einem Arbeitseinsatz des Körpers, oder einem Notfalleinsatz wenn er anderenfalls tot ist. Der eine Fall enthält halt nur eine gewisse Menge Nachbrenner weil das den Körper überfordert wenn man das ständig benutzt, der andere Fall enthält soviel davon wie der Körper gerade so eben selber aushält. Und möglicherweise gibt es noch diverse Varianten solcher Nachbrenner, die unterschiedlich stark wirken, bei unterschiedlichen "Kosten" in der Energiebilanz, und in den Nebenwirkungen. Der normale Mensch kann nichts davon gezielt "einsetzen", das wird automatisch vom Gefühl getriggert, Angst, brutale Angst, Wut, Sorge, oder auch einfache positive Empfindungen wie Spielfreude und dergleichen.

nagual
15-07-2009, 15:52
@rudongshe:
Zusammenfassend kann man wohl sagen, dass du einfach diese Fachbegriffskultur WILLST, du findest es gut, dass "jin" ein Fachbegriff in deiner IMA-Kultur ist, und du begründest das damit, dass dieser Fachbegriff deiner Meinung nach etwas korrektes bezeichnet.

Meiner Meinung nach ist der korrekte Begriff für das, was meistens mit dem Fachbegriff "jin" gemeint wird, neijin. Bei "neijin" fängt für mein Empfinden an, eine Verwendung als Fachbegriff akzeptable zu werden, obwohl es eigentlich auch noch ein ziemlich allgemeiner und schwammiger Begriff ist.

Du sagst, du willst aber "jin" als Fachbegriff für neijin verwenden, weil man das praktisch so erfahren könne. Das ist für mich so, als wenn man durch Boxtraining in Deutschland erfahren könne, dass man dabei "Kraft-Force" trainiert, and not just force.

Man kann sagen, dass man eine Boxtrainingskultur besser findet, die von dem Fachbegriff "Kraft-force" Gebrauch macht, und dass die Geheimnisse dieser speziellen "Kraft-force" im Training verborgen liegen und nur durch Training erschlossen werden können. Nur die Eingeweihten verstehen dann, was die echte und wahre "Kraft-force" tatsächlich ist, und jedem der sagt, dass "Kraft-force" nur eine schwachsinnige Fehlübersetzung des Begriffes "Kraft" ist, der eigentlich simpel mit "force" übersetzt werden müsste, - jedem sagt man, dass er erstmal reif werden müsste und 20 Jahre trainieren, weil er dann wissen würde, was "Kraft-force" tatsächlich ist.

@rudongshe, versteh das oder lass es bleiben.
Finde es gut, dass in deiner IMA-Kultur von jin-Kraft und Kraft-force und derlei künstlichen Kram die Rede ist, und ignoriere, dass es keinen Fachbegriff "jin" im chinesischen gibt, sondern "jin" ein simpler Begriff ist, der nicht mit einem deutschen Fachbegriff übersetzt werden kann!

Ich beziehe meine Aussagen, dass in der westlichen IMA-Szene von seinem BS wie "jin-Kraft" geredet wird, nicht auf dich, sondern stelle das allgemein fest.
Teilweise stellst du dich in deinen Aussagen dann hinter diese Leute und greifst mich an, teilweise gibst du mir mit meinen Statements recht.
Ich kann das nicht alles im Detail nachvollziehen, aber ich habe meinen Standpunkt hier ausführlich und klar dargelegt.

Ich werde nicht verhindern können, dass in der westlichen IMA-Kultur weiterhin an den Fachbegriff "jin" geglaubt wird, und dass weiterhin wilde mentale Konstruktionen über den Inhalt und die angeblich rein praktische Erfahrbarkeit getrieben werden.

Ich biete hier lediglich jedem an, meine Perspektive erst einmal nachzuvollziehen, und sich dann, wenn man "jin" als Nicht-Fachbegriff komplett verstanden hat, zu überlegen, was überhaupt noch dafür spricht, an einen Fachbegriff zu glauben oder seine Verwendung gut zu heißen.

Mir scheint, dass es doch einfach die Furcht vor der Erkenntnis ist, diese Sache mit dieser speziellen Jin-Kraft-Vorstellung könnte eine hauptsächlich im Westen erfundene und verbreitete Ideen-Blase sein, die in China in dieser Form gar nicht existiert.

Klaus
15-07-2009, 16:16
Der Effekt von dem da gesprochen wird existiert aber, ob man das nun nur mit dem Wort Jin hinreichend exakt umschreiben kann oder nicht. Es dürfte in einer Dissertation über die Corrioliskraft auch zulässig sein, auf der 20. Seite das Corriolis- wegzulassen und nur noch von "diese Kraft" zu schreiben. Jin mag im chinesischen Sprachgebrauch ein diffuses Wort sein, und wird sogar in der IMA diffus verwendet. Neijin ist da trotzdem was konkretes. Pengjin auch. Tingjin auch, obwohl es weder eine Kraft ist noch irgendwie viel mit Pengjin zu tun hat. Das Einzige was daraus folgt ist, dass man schon genau schreiben muss worüber man spricht, damit man den Kontext hat. Jin alleine reicht sicher nicht.

laoshu
15-07-2009, 19:26
@ bluemonkey
Falls ich deine postings fehlinterpretiert haben sollte, entschuldige ich mich bei dir hiermit in aller Form: ES TUT MIR LEID!
Mag sein, dass die Erwähnung des "Qi-Bauchs" bei mir ein flashback zu einem anderen thread erzeugte und ich den wohlmöglich falschen Eindruck gewonnen habe, der Freie Geist und du würden sich harmonisch die Bälle sprich postings zuspielen. Dann gab es da noch meine unterschwellige Aggression aus dem "Adrenalin"-Thread wg. Meditation und komische Weltanschauung.

@mathieu
Deinem posting kann ich nur zustimmen. Für mich hört sich das sehr gut an, wie du deinen Schülern dieses schwierige "jin-Ding" nahezubringen versuchst. Wenn deine Schule nicht so weit entfernt wäre, würde ich gern mal vorbeischauen. Wu wei...

@ nagual zum posting Nr. 206
Standing ovation! Ob ich nun deiner Meinung bin oder nicht, zumindest hast du eine und vertrittst sie mit vollem Einsatz. Wie ich bereits sagte: Respekt!
Meister Song habe ich zitiert, weil es die einzige konkretere Aussage zum Begriff "jin" ist, die ich kenne. Damit behaupte ich keinesfalls gleichzeitig, dass sie richtig ist.
Das Einzige, was ich behaupte und in der Praxis erlebt habe: Es gibt einen Unterschied zwischen "Muckibudenkraft" und "IMA-Kraft". Mit "Muckibuden-Kraft" bekomme ich einen 2-Zentner-Koloss nicht von den Füssen, mit innerer Kraft sehr wohl. Und mit all seiner "Muckibuden-Kraft" kommt er nicht aus meiner Umklammerung (okay, vorausgesetzt, ich schaffe es, den überhaupt zu umklammern wg. Armlänge:D), wenn ich meine innere Technik dagegensetzte. Nervt schon ungmein, wenn so eine 55-Kilo-Frau einen austrainierten Mann festhalten kann. Also nichts vonwegen Geschenk an die Dame, falls der Verdacht aufkeimen sollte:).
Und zu den angeblichen "Klassikern". Die sind so authentisch wie das "Neue Testament". "Klassiker" und "Kommentare", das traditionelle "Was ist Was-Spiel" der Chinesen. Dazu Poesie, Hang zur Übertreibung, Mystifizierung und Glorifizierung, bedeutungsschwangere, übersteigerte und emotional aufgeladene Sprachbilder wie "die drei zerstörerischen Kräfte" (Uiguren-Konflikt), die "Vierer-Bande", "der große Sprung" etc. Dies alles eingebettet in eine kontext- und kulturabhängige Sprache, in der man die genaue Bedeutung eines Wortes selbst im Kontext häufig nur schwer versteht.
Egal, wie gut oder schlecht eine Übersetzung ist, denn das maße ich mir nicht an, beurteilen zu können, ich ziehe meinen Hut vor jedem, der es versucht.
Alles Liebe,
laoshu

nagual
15-07-2009, 20:19
@laoshu

Das Einzige, was ich behaupte und in der Praxis erlebt habe: Es gibt einen Unterschied zwischen "Muckibudenkraft" und "IMA-Kraft". Mit "Muckibuden-Kraft" bekomme ich einen 2-Zentner-Koloss nicht von den Füssen, mit innerer Kraft sehr wohl. Und mit all seiner "Muckibuden-Kraft" kommt er nicht aus meiner Umklammerung (okay, vorausgesetzt, ich schaffe es, den überhaupt zu umklammern wg. Armlänge:D), wenn ich meine innere Technik dagegensetzte. Nervt schon ungmein, wenn so eine 55-Kilo-Frau einen austrainierten Mann festhalten kann. Also nichts vonwegen Geschenk an die Dame, falls der Verdacht aufkeimen sollte:).Das sind Dinge, die ich nicht bestreite und nicht diskutieren will.
Ich sage lediglich, dass es u.a. Muckibuden-jin und IMA-jin gibt, und dass "jin" allgemein NICHT automatisch IMA-jin ist, sondern Muckibuden-jin und IMA-jin (sowie denkbare andere Soundso-jins) prinzipiell gleichwertige "jin"s sind.
Mit dem Begriff "jin" im Chinesischen auf IMA-jin zu verweisen ergibt sich aus dem Kontext und daraus, dass die Chinesen meiner Einschätzung nach gewohnt sind, mit unscharfen Begriffen zu arbeiten, und das Gemeinte dann korrekt "zu erraten" wissen, wenn man so will.

Die andere Sache ist die, dass es für das Verständnis sowohl des Begriffs "jin" wie auch für das inhaltliche Verständnis von IMA-jin (=neijin) nötig ist, zu wissen, warum sowohl Muckibuden-jin wie auch IMA-jin beides "jin"s sind.
Dieses ist, wie gesagt, auch bei Song erwähnt, nämlich geht es insbesondere um das Spüren des jins beim Gegner, und das Erspüren des jins des Gegners funktioniert bei einem Muckibuden-Gegner und bei einem IMA-Gegner prinzipiell gleich. Natürlich fühlt sich ein Muckibuden-Gegner total anders an als ein IMA-Gegner, aber bei beiden bemüht man sich, zu fühlen und zu erahnen, welche motorischen Aktionen möglich sein, und man bemüht sich, mit seinen eigenen Aktionen zuvorzukommen ("du kommst her, ich bin schon da", usw.), und ggf. Kräfte umzuleiten und ins Leere laufen zu lassen. Wenn man einen Gegner spürt, kategorisiert man sie nicht stumpf in IMAler und Muckidumpfbacken ein, sondern man muss ja damit rechnen, dass jeder Gegner zu überraschender motorischer Intelligenz fähig ist, evtl. sogar nur als Glücksache. Deswegen spürt man in einem Muckibudengegner genauso hinein wie in einen IMA-Gegner.
Und man sucht nach seinem jin, d.h. nach seiner "motorischen Energie", d.h. nach sämtlichen Bewegungs- und Kraftaktionen, die theoretisch und praktisch möglich sind.
Eben diese Suche nach allem, was möglich ist, verbietet es IMO eben auch, die Bedeutung des Begriffes "jin" einzuengen. Ich meine, dass man "jin" nur verstehen kann, wenn man es auf alles Motorische bezieht, was es gibt, und dies schließt Muckibudenzeugs und alles andere Anti-IMA-mäßige mit ein. Auch Anti-IMA-jin ist prinzipiell gleichwertiges jin, und sollte von einem IMA-ler als jin erkannt und erspürt werden können.


Und zu den angeblichen "Klassikern". Die sind so authentisch wie das "Neue Testament". "Klassiker" und "Kommentare", das traditionelle "Was ist Was-Spiel" der Chinesen. Dazu Poesie, Hang zur Übertreibung, Mystifizierung und Glorifizierung, bedeutungsschwangere, übersteigerte und emotional aufgeladene Sprachbilder wie "die drei zerstörerischen Kräfte" (Uiguren-Konflikt), die "Vierer-Bande", "der große Sprung" etc. Dies alles eingebettet in eine kontext- und kulturabhängige Sprache, in der man die genaue Bedeutung eines Wortes selbst im Kontext häufig nur schwer versteht.
Egal, wie gut oder schlecht eine Übersetzung ist, denn das maße ich mir nicht an, beurteilen zu können, ich ziehe meinen Hut vor jedem, der es versucht.
Ich bin kein Experte der Klassiker, ich finde es aber wichtig, dass man versteht, dass die Klassiker für die Tradition und für den Zusammenhalt der Kultur und für den kulturellen Konsens (z.B. zwischen seit langem auseinander gelaufenen Traditionslinien) eine enorme Bedeutung haben. Jeder, der einen anerkannten Meisterstatus erhält, erhält damit praktisch das Recht, sich selbst in Beziehung zu den Klassikern zu setzen, und damit Methoden zu erschaffen, die seine eigene Interpretation der Klassiker sind, und damit sind seine Methoden keine Kopien seines Lehrers mehr. Zudem sind die Klassiker eben, wie gesagt, DER Orientierungspunkt für Praktiker, deren Lehrer verstorben sind, bzw. falls ein Lehrer seinem Schüler "alles" vermittelt zu haben glaubt.

In diese Sache fließt dann mit ein, dass die Klassiker i.d.R. eher blumig oder poetisch o.ä. (auf jeden Fall nicht erklärend, beweisend oder definitorisch o.ä. im westlichen Sinne) formuliert sind, und daher abstrakte Kerne andeuten, aber diese Inhalte nicht in einen zu festen und definierten Rahmen gießen.
Der klassische Satz "bu yong li, yong jin" ("benutze keine Kraft, benutze (motorische) Energie") stellt demnach meiner Meinung nach eher eine offene und inspirierende Formulierung dar, nämlich mehr und mehr herauszufinden, was es mit jin/motorischer Energie wirklich auf sich hat. So ist die mögliche Entdeckung, dass jin sowohl gleich li wie auch ungleich li sein kann, sicherlich eine gewollte Absicht des Autors (das würde ich ihm zumindest zubilligen).
Um diese Art der Tiefe des Verständnisses geht es mir. Nämlich dass die übermäßige mental konstruierte Polemisierung der IMA-Skills zu den "äußeren Skills" das wahre Verständnis der IMA-Skills begrenzt.

taiwandeutscher
16-07-2009, 03:37
Als direkt angesprochener Übersetzer und Vertreter von Altmeister Song Zhijian hätte ich jetzt fast ausführlich auf die vielen Beiträge geantwortet.

Dann aber habe ich den Post von Klaus gelesen: sich einfach langsam bewegen und seine Übungen machen.

Daran halte ich mich, nehme aber Eure Kritiken zu meinen 20 Jahre alten Teilübersetzungen des Song'schen Werkes dankend zur Kenntnis.

Und Laoshu nicht vergessen: Fähigkeit vs. Fertigkeit, ggf. das eigene Deutsch etwas auf Vordermann bringen, ehe man andere kritisiert oder sich gar über eine so schwere Sprache wie das Chinesische auslässt, ohne wirklich eine Ahnung davon zu haben. Von Fragen zu Kultur und Mentalität ganz zu schweigen!

Also, ich trainiere dann wieder, immer hinterm 勁 her, lol.

bluemonkey
16-07-2009, 08:47
ES TUT MIR LEID!


Mögest Du und alle fühlenden Wesen (bzgl. Hummern gibt's da grade Streit) frei sein von Leid und den Ursachen des Leidens :)



Mag sein, dass die Erwähnung des "Qi-Bauchs" bei mir ein flashback zu einem anderen thread erzeugte und ich den wohlmöglich falschen Eindruck gewonnen habe, der Freie Geist und du würden sich harmonisch die Bälle sprich postings zuspielen.


stimmt, ich und der Freie Geist sind ein Herz und eine Seele :ironie:

Aber im Ernst, hier mein Beitrag, zum genauen Lesen:


werden nicht manche durch das Taijiquan stämmiger (und nicht nur durch das Essen:p), so dass eine entsprechende Figur schon mit bestimmten Skills zumindest korreliert?

die Aussage von Nagual war, dass die Bezeichnung eines Chinesen "der hat Jin" eher für stämmige Figuren getroffen wird, als für Leptosome, unabhängig vom Skill.
Meine persönliche Beobachtung nun ist, dass einige Personen, die zweifellos ein hohes Können aufweisen, durchaus an Substanz zulegen, allerdings nicht an Schwabbelmasse, sondern eher an elastischen Rundungen, gut zu erkennen z.B. an den Unterarmen.
Dies würde auf eine körperliche/Stoffwechselkomponente von Neijin über reine Koordination/Geschicklichkeit hinaus hindeuten, so wie es z.B. von Klaus berichtet wird.

Ich wählte das Verb "korreliert", da ich nicht behaupten will, dass jemand der diese Rundungen nicht hat, nix drauf hat, bzw. dass nicht jede Gewichtszunahme im Laufe der Taijiquanlaufbahn auch auf Fähigkeitszunahme hinweist:
Z.B. wurde ich mal von "meinem" Meister korrigiert und er fragte mich:

"bist Du dicker geworden?"
Ich: "Ja"
Meister: "Ach, versuchst Du's jetzt so?:D"

Die gravitative Yang-Cheng-Fu-Strategie (sei möglichst doppelt so schwer wie Deine Gegner) hilft beim normalen Pushen, gesund ist das aber auf Dauer nicht :o.

laoshu
16-07-2009, 11:12
Und Laoshu nicht vergessen: Fähigkeit vs. Fertigkeit, ggf. das eigene Deutsch etwas auf Vordermann bringen, ehe man andere kritisiert oder sich gar über eine so schwere Sprache wie das Chinesische auslässt, ohne wirklich eine Ahnung davon zu haben. Von Fragen zu Kultur und Mentalität ganz zu schweigen!
Bis jetzt dachte ich, es gäbe da einen Unterschied zwischen Fähigkeit und Fertigkeit, aber ich kann mich natürlich täuschen. Du hast Recht, ich sollte dringend mein Deutsch auf Vordermann bringen, wenn aus meinen Ausführungen zur chinesischen Sprache eine derart negative Konnotation herauszulesen ist, dass sie als "auslassen" interpretiert werden kann.
Nein, ich kann kein Chinesisch (habe ich das irgendwo behauptet?) und ich habe meine Bemühungen, es zu lernen, nicht zuletzt deshalb aufgegeben, weil ich diese Sprache als schwer - zu schwer für mich - empfunden habe.
Deshalb ja mein Respekt gegenüber allen, die diese Sprache sprechen und übersetzen.
Meine Einschätzung mag übertrieben rübergekommen sein - ja, ja, zugegeben, ich neige selbst zu Übertreibungen und drastischen Sprachbildern :)-, aber alle Bücher, die ich (in deutscher Übersetzung:D) zur chinesischen Philosophie, Sprache, Kultur, Mentalität etc. gelesen habe, laufen auf genau dieses hinaus. Meine persönliche Feststellung, Kommentar, keinesfalls aber eine Be- oder gar Abwertung.
Ich arbeite in Zukunft an meinem Ausdruck.
Alles Liebe,
laoshu

taiwandeutscher
16-07-2009, 11:50
Bis jetzt dachte ich, es gäbe da einen Unterschied zwischen Fähigkeit und Fertigkeit, aber ich kann mich natürlich täuschen. Du hast Recht, ich sollte dringend mein Deutsch auf Vordermann bringen, wenn aus meinen Ausführungen zur chinesischen Sprache eine derart negative Konnotation herauszulesen ist, dass sie als "auslassen" interpretiert werden kann.
Nein, ich kann kein Chinesisch (habe ich das irgendwo behauptet?) und ich habe meine Bemühungen, es zu lernen, nicht zuletzt deshalb aufgegeben, weil ich diese Sprache als schwer - zu schwer für mich - empfunden habe.
Deshalb ja mein Respekt gegenüber allen, die diese Sprache sprechen und übersetzen.
Meine Einschätzung mag übertrieben rübergekommen sein - ja, ja, zugegeben, ich neige selbst zu Übertreibungen und drastischen Sprachbildern :)-, aber alle Bücher, die ich (in deutscher Übersetzung:D) zur chinesischen Philosophie, Sprache, Kultur, Mentalität etc. gelesen habe, laufen auf genau dieses hinaus. Meine persönliche Feststellung, Kommentar, keinesfalls aber eine Be- oder gar Abwertung.
Ich arbeite in Zukunft an meinem Ausdruck.
Alles Liebe,
laoshu

Nein, nein, liebe Laoshu, heute hast Du mich missverstanden.
Ich hatte Deinen Beitrag als sehr gelungen erachtet und wünsche ausdrücklich Nagual, dem Sinologen-Neider, dass er sich erst mal mit seinem Deutsch beschäftigt, bevor er über schwierige Sprachen, Mentalitäten und Kulturen pauschal urteilt, wozu ich ihm tatsächlich jegliche Autorität abspreche.

Trinculo
16-07-2009, 11:51
Bis jetzt dachte ich, es gäbe da einen Unterschied zwischen Fähigkeit und Fertigkeit, aber ich kann mich natürlich täuschen. Du hast Recht, ich sollte dringend mein Deutsch auf Vordermann bringen, wenn aus meinen Ausführungen zur chinesischen Sprache eine derart negative Konnotation herauszulesen ist, dass sie als "auslassen" interpretiert werden kann.

Du solltest wirklich an Deinem Deutsch arbeiten, Du hast den Ärmsten nämlich völlig missverstanden :D

einzelheinz
16-07-2009, 12:34
Alt, aber aktuell: Jumin on Jin (http://taijiquan.quanxinquanyi.de/index.php?option=com_content&view=article&id=44:jumin-on-jin&catid=1:aktuelle-nachrichten&Itemid=29)

bluemonkey
16-07-2009, 12:39
Wenn irgendwann mal Laoshu in einem Verkehrsflugzeug mit ausgefallenem Funk und Autopiloten sitzt, und die Flugbegleiter suchen aufgrund des Ausfalls von Pilot und Copilot (die Lachsspeise!) Ersatz:
"Hat hier jemand die Fähigkeiten, einen Airbus notzulanden?..."

Dann wird sich Laoshu selbstverständlich melden :p :cool:

bluemonkey
16-07-2009, 12:56
Alt, aber aktuell: Jumin on Jin (http://taijiquan.quanxinquanyi.de/index.php?option=com_content&view=article&id=44:jumin-on-jin&catid=1:aktuelle-nachrichten&Itemid=29)

:halbyeaha



Jin is "Kraft" (In the following we decided to translate the German word "Kraft" with strength, because we do not know which of the Englisch terms power, force or strength Jumin would use



JC: You always need muscles for movement. But consider the saying of Wang Zongyue: "Yong jin, bu yong li". In Taiji they have differentiated between Li meaning muscular strength and Jin meaning internal strength. The other internal martial arts Xingyi and Bagua do not use this differentiation. Sometimes they say Li, sometimes Jin. The border between Jin and Li is not very distinct. In Bagua and Xingyi you frequently say Fa li. In Taiji very often you say Fa jin instead of Fa li.





JC: Yes, that''s right. Normally in Chinese semantics Li and Jin are identical. No difference. When used as technical terms Jin and Li are different. This came up one or two hundred years ago to avoid that people were using to much strength (He demonstrates strain of his muscles.). The Li used in Xingyi is more a full Li. Like a pipe that is filled. "Li shi". A strike in Xingyi is rather full. In Bagua you say "Li qiao". Li qiao means skillfull. "Li ling" means soft Li.



AG: A lot of people translate Jin also with "energy".
JC: Energy? You cannot say this. It''s a strength skill.

Freier Geist
16-07-2009, 13:05
-

bluemonkey
16-07-2009, 13:11
Es bleibt für mich (a. sprachlich) widersprüchlich und unklar:


tja, es bleibt (auch in der Diskussion hier), die Frage, was denn "innere Kraft" oder Neijin eigentlich ist:D

Kraft der (inneren) Kernmuskulatur?

Trinculo
16-07-2009, 13:11
Die Wörter sind auch im Deutschen nicht so scharf definiert, wie Sick & Co. das gerne hätten. Es handelt sich immerhin um eine Sprache, keinen Code ;)

Freier Geist
16-07-2009, 13:16
-

nagual
16-07-2009, 13:30
Die Wörter sind auch im Deutschen nicht so scharf definiert, wie Sick & Co. das gerne hätten. Es handelt sich immerhin um eine Sprache, keinen Code ;)

DAS ist der Punkt! Jumin Chen betont ausdrücklich, dass "jin" ein umgangssprachliches Wort ist, und sich auf sämtliche Arten "muskulärer Stärke" beziehen kann, und auch mit "li" identisch sein kann.

Bei seiner Aussage, dass es auch ein technischer Term sein kann, geht es nämlich los, dass dann auch plötzlich ausdrücklich von "Taiji jin" und "Taiji-strength" die Rede ist.

Das ist der Punkt, dass es spezifiziert werden muss, um als technischer Term verwendet zu werden, oder es muss sich aus dem Sinnzusammenhang ergeben.

AUCH der technische Term "Jin" bedeutet einfach nur "muskuläre Stärke" (oder wie auch immer) und ist daher gleichermaßen allgemein wie das umgangssprachliche "jin". Ich behaupte, dass dies nicht zwei verschiedene Worte sind, sondern dass es das gleiche ist, und lediglich die Taiji-Kultur den Begriff so häufig benutzt, dass damit eben immer "Taiji-Strength" gemeint ist.

Damit komme ich dann aber zum Ausgangspunkt zurück, nämlich dass man nicht sinnvoll sagen kann, dass sämtliche Taiji-Stile sich in Gegenwart und Vergangenheit durch die Kultivierung von "(Taiji-jin") ausgezeichnet hätten, weil dieser Satz eben tautologisch ist.

Wenn man behauptet, Taijiquan hätte sich immer um die Kultivierung einer bestimmten jin-Art bemüht, dann muss man diese jin-Art ANDERS benennen, und darf sie nicht "Taiji-jin" oder nur "jin" (im Sinne von "jin" = "Taiji jin") nennen, weil das eben inhaltsleer wäre.
Wenn, dann muss man schon sagen, dass es immer peng jin oder irgendwas anderes wäre. Dann erst trifft man eine inhaltliche Aussage.

@Taiwandeutscher: apropos inhaltliche Aussage, da du weder inhaltliche Argumente gegen meine Argumente hier vorstellst, noch ein eigenes (verbales) Bild zum Thema zeichnest, kann ich deine Äußerungen lediglich als Zustimmung zu meiner Sichtweise erkennen. Die Äußerungen deiner Meinung über meine Kenntnisse der chinesischen Kultur klingen dabei wie Zähneknirschen, aber es ist bei dir, ein alternatives Bild der Sache hier vorzustellen.

nagual
16-07-2009, 13:33
Es gibt beim Menschen ausschließlich Muskelkraft. Und die wiederum manifestiert sich erst dadurch, dass sie eingesetzt wird (davor ist es nur ein Potenzial). Wie die Kraft eingesetzt, also zur Wirkung gebracht wird - da gibt es wohl zahllose Möglichkeiten, die teilweise einen erheblichen Unterschied ausmachen. Aber dieses "Wie" gründet eben für mich bereits auf "Skills". Und wenn man es so sieht, dann gibt es auch nur eine Kraft. Andernfalls hätte jede auch westliche Kampfkunst ihr eigenes Chin. Weil es eben auf den unterschiedlichen gelehrten Skills beruht.

Gruß

Freier Geist

Man kann das so sagen, man kann sicherlich im Chinesischen z.B. vom "westlichen Box jin" reden, also die "Kraft (und skills) eines Boxers" meinen. (Ich sage jetzt nicht "Box-Kraft" weil das wie "Schlagkraft" wäre, gemeint ist aber die gesamte körperliche Stärke eines Boxers.

Klaus
16-07-2009, 15:08
Erzähl das mit dem wie einfach Muskelkraft ist mal einem Experten für Humanbiochemie. Da beschäftigen sich nun einige Wirtschaftszweige und Mediziner mit, so simpel ist das.

nagual
16-07-2009, 17:35
Die simpelsten Dinge werden kompliziert, wenn man sie mit den Augen der Wissenschaft betrachtet. Subjektiv, bzw. für den Handelnden bleiben es simple Dinge. Wenn jemand z.B. nur ein weißes Blatt Papier betrachtet. Subjektiv passiert nichts, was Wissenschaft betrifft, kann man in tausend Büchern was über unzählige Aspekte nachlesen, was da doch alles passiert.

Diese Seite findet in der chinesischen Handhabung und bei der Bezeichnung "jin" keine Beachtung.

Klaus
16-07-2009, 18:56
Natürlich kann sowas das Wort Jin in der chinesischen Alltagssprache nicht alles transportieren. Es ist nur nicht alles so einfach wie das der Kollege FrechGrins immer darstellt. Es ist schon ein Unterschied ob ich Bankdrücken mache, Bankdrücken mit EPO, Testosteron, GH, und was die Apotheke noch alles hergibt, oder Bankdrücken im Zusammenhang mit extrem langsamen Bewegungen und speziellen Zusatzübungen. Und da kommt auch hinsichtlich der Kraft was unterschiedliches raus. Ich habe nur inzwischen keinen Bock auf diese Laberei mit Leuten die nur versuchen hier Streit vom Zaun zu brechen, als tagtägliche Erbauung. Da hängt nichts an der wörtlichen Bedeutung chinesischer Worte, oder an der Meinung von Klassikern, sondern alles an den konkreten Übungen und ihren konkreten Ergebnissen, die wiederum auch auf ganz konkrete Art und Weise funktionieren die sich nicht anhand ihrer wörtlichen Erklärung plötzlich ändern. Ich habe meine ersten Erfahrungen mit Jin als Komponente von Iron-Body-Effekten gemacht da wusste ich noch nicht was das Wort bedeutet. Ich hätte auch Jin in "You Jings master, hahaha" damals Jinx geschrieben. Es fühlte sich aber auch damals schon genauso an und hatte den gleichen Effekt, nur viel schwächer als mit 30. Möglicherweise weil ich da 86 Kilo hatte statt 25, und ausserdem die zigfache Menge an chemischen Ressourcen. Wir sind da aber wieder bei Neijin, nicht bei dem was der Threadersteller wissen wollte. Das sind TECHNIKEN, wie man Neijin einsetzt, letzten Endes mit ganz normalen Ringeraktionen wie Nachgeben, im Winkel durchschieben, drehen, und so weiter. Da hat es blöderweise unterschiedliche Worte für die gleiche Aktion bei verschiedenen Substilen oder Stilen.

Am Ende ist alles ganz einfach. Man macht seine Basisübungen bis sich Neijin anfängt zu bilden, macht dann seine Ringerübungen, und zack, hat man was gelernt.

laoshu
16-07-2009, 20:44
Wenn irgendwann mal Laoshu in einem Verkehrsflugzeug mit ausgefallenem Funk und Autopiloten sitzt, und die Flugbegleiter suchen aufgrund des Ausfalls von Pilot und Copilot (die Lachsspeise!) Ersatz:
"Hat hier jemand die Fähigkeiten, einen Airbus notzulanden?..."

Dann wird sich Laoshu selbstverständlich melden :p :cool:

Nun, zumindest im Flugsimulator der Lufthansa ist mir das gelungen:D, ob die mich allerdings in einem realen Airbus an Stick und Knöpfe lassen...
Mit Autopiloten bzw. Leitstrahl habe ich die Landung in HAJ gar nicht so schlecht gemacht:D, laut anwesendem Ausbildungspiloten im Cockpit, da muss man allerdings auch nur noch manuell für die Schubumkehr sorgen. Okay, eingeparkt habe ich den Flieger dann nicht. Du weißt ja, Frauen und einparken...
Nichts für ungut,
laoshu

laoshu
17-07-2009, 11:08
Momentan komme ich aus dem offiziellen Entschuldigen gar nicht mehr raus:D Memo an mich selbst: Bitter essen und besser lesen.
Sorry, taiwandeutscher, mein internes Rechtschreibkorrekturprogramm hat in deinen Eingangssatz unberechtigterweise ein Komma eingefügt.
Und laoshu, nicht vergessen:...
Tja, da muss sich die alte Ratte ordentlich mit den Pfötchen an der spitzen Nase kraulen. Deutsche Sprache, schwere Sprache.
Alles Liebe,
laoshu

nagual
17-07-2009, 11:12
Es fühlte sich aber auch damals schon genauso an und hatte den gleichen Effekt, nur viel schwächer als mit 30. Nur, was auch immer dieses "es" ist, und ob du der Meinung bist, man müsste es als "jin" bezeichnen, es begründet keinen Konsens mit irgendwelchen Lehren der IMA!

Das ist, glaube ich, der Punkt, warum sich viele Leute mit Händen und Füßen gegen die Erkenntnis dieser allgemeinen und ziemlich nichtssagenden Natur des Begriffes "jin" wehren, und warum sie es so nachhaltig bevorzugen, dass "jin" doch ja ein Fachbegriff sein sollte, der dann definitorisch genau das bedeutet, was jemand gerade meint.

Um das zu verdeutlichen, vergleiche ich mal den chin. Begriff "jin" mit dem deutschen Begriff "Motorik". Der Begriff "Motorik" ist ebenso allgemein wie der chin. Begriff "jin", und sagt fast nichts aus, wenn man z.B. sagt, irgendeine Bewegungs- (oder Kampf-) kunst basiere auf "Motorik". Stellen wir uns eine (westliche) KK vor, die den Namen "Die vollendete Motorik" trägt. Der Hauptlehrsatz dieser Kunst lautet "benutze keine Kraft, benutze Motorik". (Jetzt ergeben sich extrem schwerwiegende Probleme, wie die Frage, ob die Benutzung von Kraft auch Motorik sein kann, und wieviel physikalische Kraft "echte" Motorik maximal erzeugen darf, damit es nicht plötzlich Kraft und keine Motorik mehr ist.)
Außerdem stellt sich die Frage, welche Gemeinsamkeiten verschiedene Varianten (Substile) dieser Kunst haben, da sie schließlich alle auf Motorik basieren. Ebenso scheinen bedeutende Gemeinsamkeiten mit der Kunst des Seiltanzens und des Volleyballspielens vorzuliegen, denn diese Künste basieren ja ebenfalls auf Motorik. Auch Seiltanzen und Volleyballspielen sind sich ja ziemlich ähnlich, weil sie ebenfalls auf Motorik basieren. Vielleicht findet man sogar sehr bedeutende Ähnlichkeiten bei Seiltanzen und der KK der vollendeten Motorik, weil sie beide "innere Motorik" verwenden.

Irgendwer macht dann noch fleißig Übungen mit "Stahlkörpereffekten", allein am Begriff hört man, dass das äußerst beeindruckend sein muss, und es sich bestimmt um echte "Motorik" im Sinne der KK der vollendeten Motorik handeln muss. Allein diese beeindruckenden Empfindungen (extremes Kribbeln) sind ja ein einwandfreier Beweis für echte Motorik, die da vorliegt.

Alle anderen, die ebenfalls Motorik trainieren, sollten daher exakt das gleiche machen, z.B. sind für die Volleyballmotorik die Stahlkörpereffekte ebenfalls eine logische Grundlage (schließlich alles Motorik).

Jetzt gibt es natürlich auch wissenschaftliche Bücher über Motorik, und niemand bezweifelt, dass "Motorik" ein Fachbegriff im Bereich der Bewegungskünste ist. In der "Kunst der vollendeten Motorik" ist der Begriff "Motorik" noch ein ganz spezieller Fachbegriff mit zusätzlich, extrem schwer verstehbaren und nur durch Praxis zu durchdringenden Bedeutungen. Nur wer jemals "Motorik" gespürt hat, weiß was es damit wirklich auf sich hat.

Mit "Motorik" kann man mit 4 Unzen 1000 Kilogramm bewegen!!! Motorik muss eine mystische Kraft sein, die man vermutlich nur durch okkulte Geheimtechniken erwerben kann (und durch bedingungslose Unterordnung unter einen wahren Meister der Morotik, plus regelmäßige Geldzahlungen).

Niemand wird bestreiten wollen, dass die vollständige Beherrschung der Motorik Jahre und Jahrzehnte dauern kann, und ein einziges Leben nicht ausreicht, dieses Ziel zu erlangen. Jemand, der z.B. 10 Jahre "Motorik" trainiert hat, weiß natürlich besser, was der Begriff "Motorik" bedeutet, während man ohne Übung nicht ansatzweise die wahre Bedeutung erahnen kann; das versteht sich wohl von selbst, und wer was falsches über Motorik behauptet, hat natürlich NIE wahre Motorik geübt, logisch oder??

Die deutsche Kunst "der vollendeten Motorik" verbreitet sich inzwischen auch im englisch-sprachigen Raum aus, und weil "Motorik" ein unübersetzbarer Fachbegriff mit einer extrem schwer zu verstehenden Bedeutung ist, hat sich dort ein Fremdwort etabliert, welches mit dem deutschen Begriff "Motorik" identisch sein soll, nämlich "Motorik-force". "Motorik-force" bezeichnet natürlich die wahre Motorik und nicht etwa "motorical force", denn dies wäre ja etwas, was alle auch in England und Amerika kennen, und das kann nicht die "Kunst der vollendeten Motorik" sein.
Die Amis und Engländer können daher auch sehr gut nachvollziehen, dass sämtliche Künste, die auf der wahren "Motorik-force" basieren, ziemlich ähnlich bis identisch sein müssen, und sich alle an die Übungsmethoden dieses Stahlkörperzeugs halten müssen, und die sind nur echt, wenn da auch dieses komische Kribbeln auftritt (es ist nur richtig, wenn es extrem ist), und man dann wie ein neugeborener Held durch die Welt rennt, und allen davon erzählen will (und jedem sagt, was er für ne Scheiße macht, die niemals "Motorik" sein kann, weils da nicht so extrem kribbelt).

-------------------------------------------------
So, jetzt hat es hoffentlich jeder kapiert, wie leicht man kompletten BS reden kann, wenn man immer wieder von "jin" redet.
Meine Meinung ist, dass der chin. Begriff "jin" dem deutschen Begriff "Motorik" absolut analog funktioniert, und eine ähnliche Aussagekraft hat.
Ebenso verhält es sich dann mit "innerer Motorik" (analog zu "neijin" = nicht so übersetzt, aber analog!!!), die auch nichts eindeutig definiertes ist, und jedem erlaubt, alles Mögliche als "innere Motorik" zu bezeichnen.

Es bleibt natürlich noch die Möglichkeit, Quellen und Belege zu finden, dass der chin. Begriff "jin" tatsächlich einen konkreteren Inhalt hätte als der deutsche Begriff "Motorik" (ich will nicht sagen, dass "jin" mit "Motorik" übersetzt werden sollte, "jin" betont eben mehr die Power, "Motorik" eher die Geschicklichkeit, bzw. den Skill bei der Sache, "motorische Kraft" trifft "jin" IMO ziemlich gut, in exakt dieser Allgemeinheit und Unkonkretheit!!!).

Die Lehre aus der Angelegenheit ist und bleibt, dass es keinen Sinn macht, zu behaupten, irgendwelche Übungsmethoden wären toll und richtig, weil sie "Motorik" oder "jin" schulen, und wenn man "Motorik" (oder "jin") trainieren wolle, müsse man also auf jeden Fall die Übungen XYZ machen, und wer die nicht macht, schult keine Motorik.

bluemonkey
17-07-2009, 11:31
Ich will auch wie ein neugeborener Held durch die Gegend laufen:cool:,
egal wie man das dann nennt.
Bisher muss ich mit biomechanischen Tricks arbeiten:(

also ich mache jetzt eifrig meine langsamen Übungen und schüttle meinen Stock :p

nagual
17-07-2009, 11:35
Ich will auch wie ein neugeborener Held durch die Gegend laufen:cool:,
egal wie man das dann nennt.
Bisher muss ich mit biomechanischen Tricks arbeiten:(

also ich mache jetzt eifrig meine langsamen Übungen und schüttle meinen Stock :p

Hört sich nach "Motorik" an, muss also richtig sein!!! Weiter so!!!
Achte darauf, dass es extrem kribbelt, dann fängt die Motorik bald an sich in den Lymphgefäßen anzusammeln, bis es irgendwann platzt und rausspritzt. (Der Beweis dafür ist, dass es Lymphgefäße gibt.)

Freier Geist
17-07-2009, 11:36
-

nagual
17-07-2009, 11:56
Gerade bin ich über das hier gestolpert:



Und wer hat’s gesagt?:

Klaus Handke, ein deutsches Muay-Thai-Urgestein übers Muay Thai.

Mir scheint, die nutzen im MT auch Chin statt Li. Gibt’s eigentlich überhaupt eine KK, deren Ziel das nicht ist?

Gruß

Freier Geist

Man würde so eine "Kunst" sicher nicht mehr als "Kunst" bezeichnen. Es handelt sich um das sog. "stumpfe Prügeln", oder die "brutale Klopperei", und was es da noch für Varianten gibt.
"Künste", die sich als echte Künste oder "innere Künste" verstehen, wollen das nicht. Und weil sie weder stumpf noch brutal sind, können sie auch weder prügeln noch kloppen, ist ja klar.

EDIT
Klaus Handke macht aber auch Taiji, soweit ich weiß, von daher versucht er ggf. die "Kunst" Muay Thai (K.A. ob es sich evtl. um eine Variante des sog. "strumpfen Prügelns" handelt), zu verfälschen und esoterisch aufzuwerten.

bluemonkey
17-07-2009, 11:59
Achte darauf, dass es extrem kribbelt, dann fängt die Motorik bald an sich in den Lymphgefäßen anzusammeln, bis es irgendwann platzt und rausspritzt. (Der Beweis dafür ist, dass es Lymphgefäße gibt.)

War kein Witz, ich mach das wirklich und bin gespannt was passiert, Versuch macht klug :)
(bisher fühl ich mich eher leichter als irgenwo lymphgestaut und hatte auch schon extremere Erscheinungen als "Kribbeln")

nagual
17-07-2009, 12:02
War kein Witz, ich mach das wirklich und bin gespannt was passiert, Versuch macht klug :)
(bisher fühl ich mich eher leichter als irgenwo lymphgestaut und hatte auch schon extremere Erscheinungen als "Kribbeln")

Wenn die Lymphe nach 20 Jahren nicht spritzt, hast du was falsch gemacht. Danach kannst du es 20 Jahre anders versuchen.
Nach 19 Jahren kann man das allerdings noch nicht einschätzen, wie es nach 20 Jahren aussieht. Sicherheitshalber aber immer vielen Leuten vom extremen Kribbeln erzählen, die machen einem dann Mut 20 Jahre durchzuhalten.

bluemonkey
17-07-2009, 12:07
Mir scheint, die nutzen im MT auch Chin statt Li. Gibt’s eigentlich überhaupt eine KK, deren Ziel das nicht ist?


Ich hab mal einen Lehrer, der Jin ungefähr "optimal generierte Kraft" bezeichnete, gefragt, ob das die "externen" nicht auch so machen.
Die Antwort war: "Keine Ahnung, ich betreibe keine externe Kampfkunst"
:rolleyes::p

Es sollte das Ziel aller Kampfkünste oder sogar aller Sportarten sein (außer Bodybuilding vielleicht, da will man ja die maximale Muskelbelastung).
Nur wird es auf unterschiedlichem Niveau bzw. unterschiedlichen Methoden erreicht.
Nimm nur mal Sport-Judo, dort ging die Entwicklung zeitweise zu mehr Kraft, als zu mehr technischen Können.

bluemonkey
17-07-2009, 12:10
Wenn die Lymphe nach 20 Jahren nicht spritzt, hast du was falsch gemacht. Danach kannst du es 20 Jahre anders versuchen.
Nach 19 Jahren kann man das allerdings noch nicht einschätzen, wie es nach 20 Jahren aussieht. Sicherheitshalber aber immer vielen Leuten vom extremen Kribbeln erzählen, die machen einem dann Mut 20 Jahre durchzuhalten.

Ist ja gut...:rolleyes:
Ich will einfach nur wissen, ob es neben der motorischen auch eine biochemische Komponente gibt. Da reichen zwei bis drei Jahre.

scarabe
17-07-2009, 12:17
CXW sagte kürzlich (als sich ein paar Teilnehmer negativ über die Oberflächlichkeit von äußeren Kampfkünstlern ausließen und jemandem der die Form zwischendurch mal etwas flotter/tiefer/wushu-mäßiger lief, unterstellten, zu ehrgeizig und zu sehr im Außen zu sein), daß es keinen Sinn macht, immer nur am Innen zu feilen.
Idealen Erfolg und tatsächliche Kampffähigkeit erreicht man nur, wenn das Innen und Außen gleichermaßen als Einheit zusammenspielen und entwickelt werden.

(entspricht ja auch etwa unserer Meinung hier, daß Fühlen alleine ja auch nicht viel bringt)

nagual
17-07-2009, 12:17
Ich will einfach nur wissen, ob es neben der motorischen auch eine biochemische Komponente gibt. Da reichen zwei bis drei Jahre.

Versuch doch mal motorisch ohne biochemisch, könnte vorübergehend evtl. auch interessant sein.

Oder entwickle die Kunst der "vollendeten biochemischen Motorik". Der Leitsatz könnte z.B. sein "benutze keine Motorik, benutze biochemische Motorik".
Mit biochemischer Motorik kann man mit 4 Unzen 1000 kg bewegen.
Klingt auch noch fachbegriffsmäßiger, und beeindruckt sicher viele Leute.

Freier Geist
17-07-2009, 13:35
-

nagual
17-07-2009, 13:49
Im Übrigen würde ich wetten, dass sobald auch der TCCler einmal kämpft, auch dessen Chin-, also Skill-Anteil rapide abnimmt. Auch er würde dann garantiert plötzlich "barbarischer" (mehr "Li"); weil auch er, wie jeder andere, nicht in Schönheit "sterben" wollte. Solange man nur Zuschauer ist, kann man natürlich ganz besonders gepflegt tun und die Nase über die "da unten" rümpfen. (Meine nicht dich.)Das ist ein Vorurteil, oder allerhöchsten eine Beurteilung des Mainstreams, der Leute, die wenig am Kämpfen interessiert sind.

Weil es zwischen li und jin keinen wesensmäßigen Unterschied gibt, analog im Sinne dass Kraft immer auch Motorik ist (nur Motorik ggf. auch ohne Kraft funktioniert, während Kraft immer Motorik braucht, analog, jedes li kommt aus jin, aber nicht alles jin wird in li umgewandelt, -> das ist der Bonus der IMA), deswegen kann ein jin-Anteil nicht rapide absinken. Ein Nur-Form-Läufer kann sicherlich ggf. feststellen, dass ihm bestimmte Skills fehlen.

Letztendlich geht es aber bei allen KKs darum, sowohl bestimmte strukturelle Kräfte und bestimmte motorische (und interaktive) Skills zu entwickeln, und mit diesen Ausstattungen 'im Kampf' präsent zu sein.

Die Art der Präsenz, die auch eine mentale Präsenz ist, ist aber zwischen Wettkampfsportarten und SV-Künsten wie Taijiquan deutlich unterschiedlich; wenn man aber einen Taiji-ler in eine Wettkampfsituation bringt, passt sich seine mentale Präsenz (und sein Handeln) den üblichen Wettkampfsportarten an. Andere Dinge, die in IMAs geschult werden, kommen aber in der Wettkampfsituation ggf. nicht optimal zur Geltung, sie können in SV-Situationen umso wichtiger sein.