Seminarbericht zum Todd-CQC-Seminar in Trier [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Seminarbericht zum Todd-CQC-Seminar in Trier



Stoiker
01-08-2009, 20:32
So, ich stelle hier mal die beiden Berichte zum Seminar rein, da es hier besser passt.


so, nachdem das seminar nun vorbei ist und es bisher keinen wirklich aussagekräftigen senminarbericht zu einem von kens seminaren gibt, habe ich mich mal hingesetzt und einen verfasst.

die bilder im text sind übrigens nicht von unserem seminar, sondern stammen aus diesem ziemlich interessanten artikel von ken Todd Specialist Skills for Wildlife Law Enforcement (http://www.fighttimes.com/magazine/magazine.asp?article=1150) und dienen lediglich als visuelle unterstützung meines geschreibsels, damit man auch mal sehen kann, worum es geht ;).

so, nun viel spass mit meinem aar:

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AAR:


„Ready to Win“

mit Ken Oesterreich

11.7.09 in Trier


Zur Person:

Ken Oesterreich unterrichtet das Todd Combatives System.
Er ist Phase III Instructor der Todd Group und gleichzeitig deren Deutschlandrepräsentant.



Zur Sache:

Das Seminarthema lautete „Ready to Win“ und war damit zunächst recht allgemein gehalten. Was es mit dieser eher losen Beschreibung auf sich hat, erfuhr man jedoch bereits kurz nach der Anmeldung: Ken baut seine Seminare gern nach dem Buffet-Prinzip auf, d.h. er fragt die Seminarteilnehmer bereits im Vorfeld nach deren Wünschen, sodass er dann später möglichst für jeden Teilnehmer etwas dabei hat, was diesen besonders interessiert.


Entsprechend der Teilnehmerwünsche ergaben sich folgende Trainingsschwerpunkte für unser Seminar:



combative Clincharbeit
lowline- kicks
charakteristische Combatives- Schlagtechniken
control and restraint- Techniken
multiple Angreifer


Wobei diese Liste eher eine grobe Richtschnur darstellt, da Ken immer wieder kleine Exkurse unternahm, bzw. Dinge sinnvoll miteinander verknüpfte.


So wurde das Aufwärmen mit Fallübungen und lockerer Clincharbeit begonnen, aus der sich dann schon bald die ersten Techniken ergaben, wie beispielsweise der cross- hock takedown. Später wurden dann – passend zum folgenden Thema – diverse lowline- kicks in die Clincharbeit mit-integriert, um fließend zum kick- Teil überzuleiten.

Beispiel für einen der geübten Takedowns
http://www.fighttimes.com/magazine/images/Image/09/03/cqb-tanzania015.jpg


Im Anschluß beschäftigten wir uns hauptsächlich mit dem low- sidekick bzw. outside-edge-of-the-boot- kick, einer besonderen Spezialität des Todd- Systems, den wir zunächst „trocken“ geübt haben. Nach einigen regulären Partnerübungen durften wir die Technik dann auch mal mit Volldampf an einem besonderen Trainingsgerät versuchen, welches Ken extra zu diesem Zweck mitgebracht hatte: einem Autoreifen mit einem T- Griff, der vom Vordermann hinter sich hergezogen wurde, auf den der Hintermann dann nach Herzenslust einkicken konnte.

Zum besseren Verständnis hier mal ein Bild von diesem Gerät und wie man es benutzt:
http://www.fighttimes.com/magazine/images/Image/09/03/cqb-tanzania012.jpg


Danach folgte ein Teil zum inside-edge-of-the-boot- kick, für den Ken dann schwere Schienbeinschützer der Britischen Polizei (riot-shinguards) verteilte, damit wir auch ordentlich Gas geben konnten. Neben einem sehr schnellen und effektiven takedown aus diesem kick heraus, wurden dann noch Kombinationen und Folgetechniken gezeigt (und trainiert). Dabei wurden dann auch – wiederum aus Überleitungsgründen – die ersten Handtechniken eingebaut.


Nach einer wohlverdienten und großzügig bemessenen Mittagspause widmeten wir uns dann den Combatives- Schlagtechniken wie Axhand, Chinjab, Hammerfist, Palmheel etc., welche wir in immer länger werdenden Kombinationssequenzen drillten, um, wie Ken betonte, zum besseren Einschleifen möglichst viele Wiederholungen zu erreichen.


Anschließend kam der control and restraint- Teil an die Reihe. Dabei wurde der Partner zunächst mit einer Schocktechnik „beschäftigt“ und dann mit einer Hebeltechnik wie hammer-lock, bar-hammer-lock oder thumb-hold, bzw. einem Würgegriff kontrolliert.
Bei den Hebeln legte Ken sehr viel Wert darauf, dass sie so ausgeführt wurden, dass der Gehebelte sich nicht ohne Eigengefährdung daraus befreien könnte. Insbesondere die Erläuterungen zum thumb-hold waren sehr aufschlussreich, da dieser eine der Techniken ist, die sich nur schwerlich ohne Hilfe aus Fairbains „Get Tough“ erschließen lässt.

Exemplarisch aus diesem Teil: der shoulder pin
http://www.fighttimes.com/magazine/images/Image/09/03/cqb-tanzania016.jpg


Das letzte Segment beinhaltete die Arbeit gegen mehrere Angreifer. Dies wurde zunächst aus einer Einkreisungssituation heraus geübt, aus der man sich mittels Ellbogenstößen und Körperdrehungen freikämpfen musste. Danach trainierten wir, mit dem Rücken zur Wand gegen drei Angreifer vorzugehen.


Zu guter Letzt folgte ein viertelstündiger Wiederholungsteil, in dem wir einfach noch mal die uns in Erinnerung gebliebenen Dinge wiederholt haben, was auf Grund der Material- und Detailfülle gar nicht mal so einfach war.


Fazit:

Für mich hat sich das Seminar auf jeden Fall gelohnt und ich bin mit neuem Wissen nach Hause gefahren. Ich kann jedem, der sich für die Combatives- Schiene interessiert, nur dazu raten, mal bei Ken vorbeizuschauen. Er unterrichtet sehr systematisch, mit gut nachvollziehbarer Progression und kann einem jederzeit sagen, warum etwas wie zu machen ist, oftmals verbunden mit einer kleinen Anekdote. Auch menschlich kommt er gut rüber und scheint ein recht angenehmer Zeitgenosse zu sein. So hat er gleich zu Beginn betont, dass er nicht hier sei, um jemanden zu bekehren oder von seinem System zu überzeugen, spielte nicht den großen Meister und war auch sonst sehr unkompliziert. Er war sich auch nicht zu schade, selbst als Trainingspartner herzuhalten, wenn gerade Not am Mann war oder auch vom eigentlichen Trainingsthema abweichende Fragen zu beantworten.


So, nach einiger Zeit will ich nun auch einen kurzen Erfahrungsbericht schreiben.
Zu den Inhalten hat Mr.Fister ja schon einiges gesagt.

Für mich persönlich war es gut, mal wieder mit Ken trainiert haben zu können, so dass ich mein Verständnis für Combatives im Allgemeinen und das Todd-System im Besondern vertiefen konnte.

Die Combatives-Richtungen (sei es jetzt Kelly-McCann-Combatives, Urban Combatives, Core Combatives, Todd-System, American Combatives, Combatives der Liverpool Gutterfighters etc.) sind – wenn man nur Videos und Bücher darüber hat – auf den ersten Blick nur eine Ansammlung von Techniken, die mehr oder weniger aneinander geflickt sind.

Dass es sich hier nicht um ein Sammelsurium mehr oder weniger vernünftiger Einzeltechniken handelt, wird meiner Meinung nach erst deutlich, wenn man innerhalb eines Trainings mit erfahrenen Leuten die dahinter stehenden Konzepte umsetzt. Dann wird deutlich, dass es sich hier durchaus um in sich geschlossene Systeme handelt.

Das Todd-System ist für mich aus verschiedenen Gründen interessant:

Zum einen liegt der Schwerpunkt auf Tritten, wie wir es mit Ken ja auch intensiv geübt haben. Die anderen Combatives-Richtungen, die ich kennen gelernt habe, legen ihren Schwerpunkt eher auf Handtechniken (über die Gründe kann ich nur spekulieren). Somit stellt für mich das Todd-System eine Erweiterung/Ergänzung dar und liefert mir damit eine Vervollständigung meines Arsenals.

Zum anderen habe ich im Todd-System am besten eine in sich geschlossene, zusammenhängende und aufeinander aufbauende Struktur finden können (das liegt aber auch daran, dass ich mit Ken intensiver und unter anderen Umständen trainieren konnte als mit Vertretern der anderen Ausprägungen).

Die grundlegenden Körpermechaniken (Körperschwerpunkt einsetzen, frontale und seitliche Stellung, Winkelarbeit etc.), die Körperwaffen (Axe Kick, Stomp Kick, Axe Hand, Chin Jab, etc) sowie die Strategien (offensive Vorgehensweise, Folgeangriffe, Angriffe auf empfindliche/leicht verletzbare Stellen, Berücksichtigung der Umsetzbarkeit auch mit einem Arm (der andere ist verletzt, trägt eine Waffe, usw), mit Gepäck, unter schlechter Sicht (Dunkelheit, Staub im Auge, usw), schnelles Ausschalten/Beeinträchtigen des Gegners, usw.) sind in allen Phasen (Standup, Infight, Boden) anwendbar und werden grundsätzlich berücksichtigt.

Sehr schön und einprägsam war für mich vor allem zu sehen, mit welcher Progressivität (= offensives Agieren = aggressive forward drive) Ken die Techniken demonstriert hat. Hier wurde für mich ganz deutlich, dass eine Technik – wenn sie mit einer halbherzigen Intention angewendet wird – in ihrer Wirkung fast vollständig verpuffen kann, aber auch dass eine Technik, die in einem Buch sehr lasch und wirkungslos erscheinen mag, unglaubliche Wirkungstreffer erzielen kann, wenn man sie mit dem besagten "aggressive forward drive" einsetzt (an der Stelle war ich auch dankbar, das wir die Riot Guard Schützer hatten und nicht die üblichen leicht-gepolsterten Schienbeinschützer – mit letzteren hätten wir nicht so trainieren können, wie wir es taten ;-)). Für die zivile SV sollte man hier allerdings aufpassen, dass man nicht über das Ziel hinausschießt (bzw. mit dem Schuh durch den Kopf des Gegners...).

Auf Grund der einfachen Struktur des Todd-Systems ist es meiner Meinung nach leicht möglich, für sich hier effektive Elemente herauszunehmen und sie in sein eigenes System zu integrieren (wenn man dies möchte – man kann natürlich auch direkt das Todd-System nehmen ;-)).

Fazit: für mich hat es sich auf jeden Fall gelohnt.

Gruß
Stoiker