Sind Traditionen in chinesischen Kampfkünsten wichtig? [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Sind Traditionen in chinesischen Kampfkünsten wichtig?



tigercrane
16-01-2002, 15:37
hi an alle

über die traditionen werden in vielen verschiedenen foren viele threads eröffen. nun würde mich eure meinung im kungfu/taichi kreis dazu interessieren

ich selber bin der meinung, dass die alten traditionen und geschichten sehr wichtig sind. sie sind vielmals hilfreiche stützen beim lernen und verstehen, auch bringen sie einem häufig weiter als man denkt

kleines beispiel:
versteht man die familienstruktur der chinesischen kampfkünste und lebt man sie auch, so öffnen sich bei den asiaten oft tür und tor. versteht man sie nicht, so wird man nie die tiefen erkenntnisse der kampfkunst erfahren, da man von vornherein als banause abgetan wird

man kann diese überlegung auf x andere dinge beziehen (anwendungen, medizin, philosophie usw)

lebt man all diese traditionen, so kommt man auf dem weg der kampfkunst kungfu/taichi um meilen weiter, als diejenigen personen, welche traditionen als mühsame zeitverschwendung erachten

wie seht ihr das so?

viele grüsse

Bokuto
17-01-2002, 07:43
Hi,
man sollte nicht vergessen, dass wir im 21. Jahrhundert leben. Einige Traditionen haben sich einfach überlebt, ohne noch einen echten Hintergrund zu haben. Die alten Regeln werden schon seit hundert Jahren nicht mehr so streng befolgt - man sollte sich da auch nichts vormachen (Beispiel: vielleicht würde der Vatikan gern wieder die Inquisition einführen, aber die passt eben auch nicht mehr in die heutige Zeit).
Einige Traditionen, die wirklich wichtig sind, sollten auch weiter gepflegt werden (im japanischen die sog. "Dojokun"), aber wenn uns die alten Regeln in der persönlichen Entfaltung beeinflussen, sollte man abwägen, welche Traditionen noch sinnvoll sind, und welche nicht. Und viele Traditionen machen auch nur im Ursprungsland sinn, im Hier und Heute aber nicht (Beispiel: Bitter-Tonic trinkt man, um den Gin zu verdünnen oder weils halt einfach schmeckt, aber wer denkt hierzulande daran, Tonic zur Malaria-Prophylaxe zu trinken?). Aus dem Grunde geb ich den Traditionen nur eine "weniger wichtige" Bewertung.

Gruß
Dirk

Goshinsatori
17-01-2002, 08:16
HI,

ich kann euch eigentlich nur zustimmen.

Einerseits sind Traditionen wichtig, um verschiedene Dinge in den Kampfkünsten zu erkennen, z.B. Okuden einer Form oder Kata.

Andererseits gibt es sicherlich einige Traditionen, die nicht mehr zeitgemäß sind, die man für das Lernen auch nicht benötigt.

tigercrane
17-01-2002, 08:30
hi dirk

vielen dank für deine meinung. ich gebe dir recht in bezug auf die dinge, die du angesprochen hast. allerdings ging ich von den traditionen innerhalb des kungfu/taichi aus. bisher habe ich in den jahren des trainings keine wirklich unwichtigen traditionen gefunden. es liegt halt viel mehr am lehrer, der einem die hintergründe erklären muss. habe leider viele meister kennengelernt, die dies selber nicht mehr wissen oder solche, die das wissen in sich tragen, es aber nicht mehr weitergeben.

in einem ursprünglichen traditionellen kungfu/taich stil ist nichts überflüssig. keine bewegung, einfach nichts, alles hat seine bedeutung. (spreche nicht von den neu zusammengestellten stilen oder vom heutigen wushu). zumindest ist dies meine bisherige erfahrung.


viele grüsse

tigercrane
17-01-2002, 08:31
hi goshinsatori

welche traditionen meinst du denn?

viele grüsse

Goshinsatori
17-01-2002, 09:19
HI Tigercrane,

da ich kein KungFu oder ähnliches betreibe, kann ich dir keine spezielle Tradition nennen.

Aber der Japaner z.B. führt das Katana immer an der linken seite des Körpers, da er es mit rechts ziehen soll.
Das liegt einfach daran, daß die meisten Japaner Rechtshänder sind, und wenn mal ein linkshänder dabei ist, wir der auf Rechtshänder umgepolt.
Hieraus versteht man einige Techniken des Kenjutsu etwas besser. Für den, der das mit den Rechtshändern nicht weiß, sind einige Techniken nur schwer nachzuvollziehen. Er erkennt also den Sinn nicht. Der, der diese Traditionen kennt, versteht den Sinn dieser Techniken.

Klaus
17-01-2002, 15:06
Traditionen sind dann wichtig, wenn sie einen wichtigen Zweck erfüllen - und sei es ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu schaffen.
Traditionen, denen eher menschenfeindliche Denkweisen zugrunde liegen, halte ich nicht nur für "nicht wichtig", ich finde es schlimm an sowas festzuhalten "weil's halt Tradition...". Denkende Menschen haben sowas auch vor tausend Jahren immer schon bekämpft - das ist für mich eine Tradition die einen Sinn hat.

tigercrane
22-01-2002, 15:41
sehe ich auch so..

leider aber verstehen die leute heute nicht mehr viele von traditionen....

viele grüsse

Tiger5
22-01-2002, 16:12
Hi Leute,
sicherlich sind Traditionen wichtig. Aber ich gebe zu bedenken das es dabei um asiatische Traditionen handelt.
Wer schließt sich einem Meister an und lebt den rest seines Lebens mit ihm zusammen??? In Asien macht das auch keiner mehr. Und wenn es uns Geld geht vergessen die die Traditionen genauso schnell wie hier auch.
Man sollte immer abwegen welche Tradition in die heutige Zeit passt und welche nicht. Wir Europäer können schon von unserer Erziehung nicht diese Traditionen ausleben.

Viel wichtiger finde ich Respekt und Toleranz.


Gruss.....

PAI LEE
22-01-2002, 19:31
Hola Chavales


Hinter der chinesischen Tradition werden die grössten Geschäfte gemacht. Leute die auf so was abfahren werden von der ersten Minute hingehalten, geblendet und abgezockt. Oft Jahrzehnte lang beschiessen und wenn Sie es endlich bemerken, dann haben Sie viel Zeit und Geld verloren!
Ich stelle mir das immer so vor; ist es nicht lustig wenn ein Japaner jodelt oder Flamenco danzt? In etwa gleicher Form müssen wir Europäer den Asiaten vorkommen.


Hasta Luego


Pai Lee

tigercrane
23-01-2002, 08:28
hi an alle

@tiger5

es stimmt, dass heute wohl kaum einer mit seinem meister zusammenlebt. respekt und toleranz zu leben ist vollkommen richtig.... auch eine denkweise des traditionellen kung fu oder?

wegen dem geld die traditionen aufgeben? es gibt drei hauptpunkte, warum es solche meister gibt. 1. sie haben sie selber nie gelernt 2. sie sind einfach nur geldgierig 3. warum sollte ich es an jemanden weitergeben, der sowieso nichts damit anfangen kann/will, so lasse ich es einfach sein. entweder er versteht trotzdem oder eben nicht, ist ja seine entscheidung

wieso kann ein westler diese traditionen nicht erlernen? aufgrund einer anderen erziehung? ich finde, dass die chinesische erziehung der unseren gar nicht einmal so fremd ist. sieh dir einmal südeuropa an. dort wird eine familienstruktur gelebt, die der chinesischen recht nahe kommt.

wer nun wegen den, zum teil sehr harten, strafen des alten chinas aufbegehrt, der solle sich einmal bei uns umschauen. sind alle eltern so freundlich zu ihrem kind? (misshandlungen stehen auch heute bei uns so zivilisierten menschen im westen nach wie vor an der tagesordnung!)


@pai lee
ja mit den traditionen werden grosse geschäfte gemacht, genau so wie auch bei uns. den ausländern verkauft man alles was bei uns kultur oder folkore genannt wird und sei es der grösste müll. es gibt aber auch immer die anderen, die es ehrlich meinen

es sieht sicherlich komisch aus wenn ein asiate jodelt, aber heisst das automatisch, dass er es nicht kann oder darf? nein...vielleicht ist er sogar einer der besten weltweit

die alten asiaten schauen (zwar nicht offensichtlich) mit grosser achtung auf die westler. denn sie wahren alte traditionen welche im eigenen land erst nach gameboy, playstation usw kommen. jedes volk ist stolz, wenn andere menschen ihre kultur begreifen und leben wollen.


@an alle
welche traditionen kann man denn nun übernehmen und welche nicht? bisher habe ich immer nur gelesen, dass man dies abwägen muss, welche und welche nicht. doch eine direkte aussage habe ich höchstens von leuten gelesen, die keine chinesischen kampfkünste praktizieren

irgendwie kommt es mir vor als wüssten die meisten nicht mehr viel über die traditionen ihrer kunst (oder haben einfach keine lust darüber zu schreiben).

kampfkunst zu erlernen und dabei die traditionen ausser acht zu lassen bedeuten in etwa dasselbe, wie wenn man ein fussballspiel anschaut, aber von den regeln nicht die leiseste ahnung hat. es macht spass zuzuschauen und jeder kann es spielen. die frage stellt sich irgendwann bei der qualität.

dies ist aber meine persönlich ansicht. möchte niemandem etwas unterstellen.

viele grüsse

Tiger5
23-01-2002, 10:53
Hi Tigercrane,

ich gebe Dir in vielen Dingen recht. Aber ist es nicht so, das wir heutzutage in einem gewissen Wohlstand leben. Und diese Traditionen, besonders die chinesischen, in einem Land gültigkeit haben, wo lange Zeit kein Wohlstand geherrscht hat. Familienzugehörigkeit und Zusammenhalt waren zum Überleben lebenswichtig. Auch in Südeuropa war der Zusammenhalt sehr wichtig, weil lange Zeit Armut geherrscht hat.
Ich meine einfach das Wohlstand und Reichtum in unserer Gesellschaft uns zu "Einzelkämpfer" erzogen haben. Und in unserer heutigen Zeit können wir es nicht nachvollziehen wie es ist nichts zu besitzen.

Für mich gibt es 3 Kategorien von Traditionen.
1. Die Zwischenmenschliche (Meister-Schüler, Schüler-Schüler Verhältniss)
2. Die Schulische (Einrichtung, Training)
3. Die Ausserschulische (Umgang mit Menschen die andere Kampfkünste ausüben bzw. andere Schulen)

Gruss

Silent One
23-01-2002, 12:03
Original geschrieben von Tiger5
Hi Tigercrane,

ich gebe Dir in vielen Dingen recht. Aber ist es nicht so, das wir heutzutage in einem gewissen Wohlstand leben. Und diese Traditionen, besonders die chinesischen, in einem Land gültigkeit haben, wo lange Zeit kein Wohlstand geherrscht hat. Familienzugehörigkeit und Zusammenhalt waren zum Überleben lebenswichtig. Auch in Südeuropa war der Zusammenhalt sehr wichtig, weil lange Zeit Armut geherrscht hat.
Ich meine einfach das Wohlstand und Reichtum in unserer Gesellschaft uns zu "Einzelkämpfer" erzogen haben. Und in unserer heutigen Zeit können wir es nicht nachvollziehen wie es ist nichts zu besitzen.

Für mich gibt es 3 Kategorien von Traditionen.
1. Die Zwischenmenschliche (Meister-Schüler, Schüler-Schüler Verhältniss)
2. Die Schulische (Einrichtung, Training)
3. Die Ausserschulische (Umgang mit Menschen die andere Kampfkünste ausüben bzw. andere Schulen)

Gruss

Ich gebe Dir absolut Recht und gerade in Deutschland sind wir mit auf dem Gipfel der Reichtumsgesellschaft. Nichtsdestotrotz sind Familienband gerade hier sehr wichtig, denn wie wir wissen, kann man auch schnell abstürzen.

Ich persönlich finde KK bezogen die drei von Dir angesprochenen Punkte extrem wichtig - auch für das Training der KK.

Traditionen sind auch teilweise die Basis der KK. Versteht man sie, so versteht man auch teilweise die Strategie und Taktik...

Deshalb war mein Vote: ja - wichtig!

tigercrane
23-01-2002, 12:33
hi tiger5

du sprichst ein interessantes thema an, aber das meinte ich nicht. ich dachte eher an die verschiedenen traditionen innerhalb deiner 3 kategorien. z.b. die familienstruktur beinhaltet ua. das verhältnis zwischen meister und schüler. wie auch immer, ich sehe wir denken so ziemlich gleich, der rest ist auslegungssache.

viele grüsse

PAI LEE
23-01-2002, 13:59
Hola Tigercrane


"es gibt aber auch immer die anderen, die es ehrlich meinen"


Welche anderen meinst du? Wenn ich mir eure Organisation durch Homepages, Werbung und Marketing so ansehe, dann sehe ich keinen unterschied zu den anderen Organisationen die Kung Fu profesionell vermarkten.

Immer wieder das gleiche in den traditionellen Stilen:"Wir sind die einziegen die das Echte machen, und die direkten Erben des XY der vor 500 Jahren mal ein Superkämpfer war!"


Das Chiu Chi Ling ein Top Kung Fu Meister ist, macht es Ihm gerade möglich mit seinem Holding abnehmer Martin Sewern, mit der Tradition ganz schön "ab zu garnieren". Wenn man beobachtet das es immer mehr Filiallen des Hr.Sewern in der Schweiz gibt!



"versteht man die familienstruktur der chinesischen kampfkünste und lebt man sie auch, so öffnen sich bei den asiaten oft tür und tor. versteht man sie nicht, so wird man nie die tiefen erkenntnisse der kampfkunst erfahren, da man von vornherein als banause abgetan wird"

Nun erkläre mir bitte wie Ihr das machen wollt mit Hunderten oder Tausenden von Schüler die traditions gierig sind?

Wenn man als banause abgetan wird von einem dieser ach so weisen und alten Kung Fu Herren, dann muss man für Nichts tausende von Dollar blechen.
Also liebe Leut last euch blos nicht bescheissen!
Ich habe schon oft gesehen wie die grossen Chinesischen Kung Fu Meister viele tausender für ziemlich wenig kassiert haben.

Geht man in eine Kampfkunstschule die ganz einfach nur gute Selbstverteidigung und Kampfsport bietet, merkt man sehr schnell ob es gut oder sscheisse ist, denn entweder es funzt oder nicht!

Hasta Luego


Pai Lee

tigercrane
23-01-2002, 14:55
hi pai lee

„mit den anderen“ meinte ich generell alle kampfkunstschulen, die ihr wahres wissen weitergeben wollen. das war keineswegs nur auf uns bezogen, damit wir uns recht verstehen.

dass du keinen unterschied betreffend der organisation und aufmachung siehst ist klar, jede schule heute wird sich dem standard anpassen und der ist heute so hoch. es stimmt auch, dass ein ziel ist, das hung gar in der schweiz zu verbreiten und fördern.

wegen den superkämpfern...naja...wer super ist und wer nicht, das ist ansichtssache. tatsache ist, das wong fei hung nunmal hung gar meister war und in china als der volksheld gilt. daran kann ich nichts ändern. aus irgendeinem grund wird das wohl so sein.

grossmeister chiu chi ling ist sehr traditionell erzogen worden und unterrichtet sein system auch so. von einem holding-abnehmer kann man bei meinem sifu nicht sprechen....oder gibt es von uns 50 schulen in der schweiz...? es gibt nicht mal eine handvoll.... dass er ein sehr naher schüler von chiu chi ling ist, das ist richtig. das er soviel in bewegung setzt und andere nicht, das liegt in erster linie daran, dass die anderen zu bequem sind und lieber ihre eigene suppe kochen statt wie z. b. deutschland miteinander das kung fu zu fördern.

bei uns kannst du mit geld nicht viel erkaufen, kleidung, videos usw. ja, aber weder diplome, techniken, wissen, noch sonst sowas.
wenn du nicht selber an dir (körperlich und geistig) arbeitest so wirst du immer an der gleichen stelle treten

das mit dem abkassieren ist meiner meinung nach von vielen lehrern sehr gemein. aber ist jeder selber schuld, man wird nicht dazu gezwungen viel geld dafür auszugeben...

in deutschland läuft wegen solcher dinge über gewisse stile schon lange eine debatte. das hat aber nichts mit dem richtigen weg zu tun, sondern mit macht und geldgier.

jedoch muss man auch sehen, jemand der von der kampfkunst lebt, der verlangt eben auch geld dafür, das war schon immer so. gratis gab es noch nie etwas....sicher auch bei dir nicht.

zwischen kampfkunst und kampfsport liegen welten, welche man wählt ist jedem selber überlassen.

in deinem letzten satz kommt es mir so vor als seist du der meinung, dass unser stil viel blabla liefert aber nicht kämpfen kann...

du darfst gerne einmal vorbeikommen und es selber ausprobieren....wir sind für alle offen. denn wir wollen ja nicht, dass wir als theoretiker abgestempelt werden.

auch wenn wir nicht dasselbe machen, so schätze ich deine meinung sehr, da du wenigstens sagst, was du denkst.

viele grüsse

Tiger5
23-01-2002, 15:26
Hi
Pai Lee,

sicherlich magst Du mit Deinen äusserungen Recht haben. Kunst und Kommerz sind sehr schwer auseinander zu halten. Das ist aber in anderen Sparten des Sports auch so.
Aber ich finde es nicht gut irgendwelche Meister oder Schulen anzukreiden das Sie diesen Weg gehen. Schließlich hat jeder das Recht für sich zu entscheiden wie er es macht.
Auch sind die Schüler die sich für diesen Weg oder diese Schule entscheiden frei in Ihrer Entscheidung. Keiner zwingt einen in eine Kommerzielle Schule einzutreten. Es ist der eigene entschluss oder wille der die Menschen das tun lässt, was für sie in Frage kommt.

Gruss......

PAI LEE
23-01-2002, 15:46
Hola tigercrane



"min deinem letzten satz kommt es mir so vor als seist du der meinung, dass unser stil viel blabla liefert aber nicht kämpfen kann.."


Ganz und gar nicht, das wollte ich nicht sagen, was ich meinte ist, das um eine gute Selbstverteidigung zu machen, es überhaupt nicht nötig ist sich an chinesische Tee-Zeremonien oder sonst Traditionen zu binden.


Ob Ihr kämpfen könnt ist mir eigentlich ganz egal!
Vielleicht sehen wir uns mal in einem Sanda oder Vollkontakt Turnier.;)


Echtes Hung Gar ist mit sicherheit eines der atraktivsten und schwersten Stile. Ich persönlich komme auch vom traditionellen Kung Fu habe mich davon abgewand, weil man um Kämpfen zu können, meines erachtens keine unzählige Formen braucht.


Auch ich schätze deine Meinung und vor allem dein Wille einen Stil zu erlernen der ganz sicher nicht einfach ist!


Hasta Luego


Pai Lee

PAI LEE
23-01-2002, 16:13
Hola Tiger5


"Keiner zwingt einen in eine Kommerzielle Schule einzutreten. Es ist der eigene entschluss oder wille der die Menschen das tun lässt, was für sie in Frage kommt."


@Tigercrane wollte wissen was wir von Tradition halten.
Ich persönlich nicht viel, und glaube mehr schlechtes als gutes in der europäischen Szene zu sehen.


Diese Tradition kommt mir doch oft sehr Sekten artig rüber!


Hasta Luego

Pai Lee

tigercrane
24-01-2002, 08:26
morgen pai lee

ich danke dir für das kompliment über hung gar kung fu. muss dich ein wenig korrigieren. unser stil sieht im verhältnis zu anderen stilen nicht speziell attraktiv aus, auch gilt er als einer der am leichtesten zum erlernen, da wir nur wenige kicks und keine akrobatik im programm haben.

geschichtlich: man hatte man keine zeit mehr, um wie früher x jahre mit einer komplizierten grundschule zu verbringen. man musste sich in kurzer zeit verteidigen können. alles „unnötige“ wurde gestrichen. bei den südstilen beträgt die dauer für die grundschule zwischen 1-4 jahren (bei ca. 4-6 std. pro woche, früher 6 std. am tag somit viel schneller fertig damit), bei den nordstilen kann es gut und gern 10 jahre gehen.

es ist richtig, dass man für eine reine selbstverteidigung sich nicht an unzählige traditionen binden muss. auch ist es nicht notwendig 100 formen dafür zu können. im hung gar steht das kämpfen auch nicht an erster stelle, auch wenn es dafür bekannt ist. unser ziel ist es ein langes und gesundes leben zu haben. den körper so lange wie möglich völlig normal zu gebrauchen. und auch eine starke moral zu haben.

viele meister unseres stammbaumes wurden sehr alt. der vater von unserem grossmeister wurde 100 jahre alt und das bei bester gesundheit. einer seiner söhne, chiu wai, ist nun über 70 jahre alt und gab unlängst ein seminar in polen. das thema war die helebarde. er selber übte mit einer, die immerhin 30 kilo wog. und das in seinem alter. und grossmeister chiu chi ling jettet fast das ganze jahr hindurch quer über den erdball um sein wissen an seine schüler weiterzugeben und jedem zu helfen den funken in sich zu zünden.

das höchste ziel aller praktizierenden ist die form „tit sien kuen“ (eisen-draht-form). dies ist eine form, die sich nahezu nur mit der inneren arbeit beschäftig. ich weiss, dass viele leute von sich behaupten, diese form zu können. der ablauf ist auch nicht so schwierig, das kann jeder anfänger innert weniger wochen lernen. die innere arbeit dagegen braucht viele jahre hartes training.

meiner meinung nach können von den ca. 200 leuten, die behaupten, das sie diese form richtig üben, nur etwa 5 sie wirklich. (hinweis: mein sifu kann diese form nicht!)

das hung gar wird in fachkreisen als der keeper (bewahrer) des originalen shaolin kung fu gehandelt (nicht meine erfindung). abertausende von menschen haben über tausende von jahren ein perfektes system entwickelt. was aber nicht heisst, dass es auch jeder perfekt kann. es gibt ja bekanntlich überall verschiedene levels. auch hier gilt, das system ist nur so gut wie sein anwender.

wieso stile wie der unsere viele formen haben, ist relativ schnell erklärt. es gibt in jedem system sogenannte hauptformen, die die essenz des stils beinhalten. nebenbei existieren nebenformen. die nebenformen sind sind zum beispiel beim austausch mit anderen stilen (matis oder was auch immer) entstanden oder es waren einfach die lieblingstechniken von einem meister. vielfach erfüllen sie auch nur den zweck, dass sie dem schüler etwas bestimmtes beibringen sollen (kraft, wendung, prinzip....). nicht jeder schüler kommt problemlos von der einen zu der anderen hauptform. damit er aber etwas zu üben hat, gibt man ihm eine nebenform, die sein manko ausgleichen kann.

welchen stil hast du früher praktiziert?

schulen, welche traditionen im sektenartigen stil benutzen sollte man schliessen können. sie verpfuschen das gesamte bild jedes kung fu stils ja sogar jeder kampfkunst. mit einer sekte hat eine normale traditionelle schule absolut nichts am hut. ich denke, ich weiss welche schulen du ansprichst. von diesen schulen halte ich nicht viel, ich verachte sie eher...zumindest die meister, die schüler lernen ja nichts anderes kennen.

so viel text....nun ist schluss

viele grüsse

DerGroßer
24-01-2002, 10:07
Moinsen,
ich weiss nicht ob ich Traditionen als wichtig oder vielleicht eher als Interessant werten würde.Wenn es um "Beiwerk" geht, sprich Meditation, Meridiane AkupressurMassage etc. und warum ist eine From wie, so gehört es für mich zur KK dazu.Ich denke leute dich sich intensiver mit solchen Dingen auseinander setzen, sind einfach ausgeglichener. Ich denke bei Pai LEE ist es eher so, das er auf die KampfKraft und umsetzbarkeit, also eher Wissenschaftlich/Technische Aspekte in der KK extrahiert.
Für mich sind beide Aspekte wichtig aber nicht zwingend.
Mein Sifu legt viel Wert auf traditionelles, chine. Art of Live etc. und für mich gehörts irgendwie dazu...

MFG

Großer

PAI LEE
24-01-2002, 14:19
Hola Chavales


@tigercrane


"bei den südstilen beträgt die dauer für die grundschule zwischen 1-4 jahren (bei ca. 4-6 std. pro woche, früher 6 std. am tag somit viel schneller fertig damit"


Also siehste! Bei den Hung Stilen wohl eher gegen die vier jahren, um die Baisics zu beherrschen.
Dann kommen noch unzählige Waffen, Holzpuppen, Chi Gung und und und dazu; also ganz schön happig!

Da für mich das praktische und moderne Kämpfen absolut denn Vorrang hat, ist ein solcher Stil zu lange und mühsam.
Dennoch wenn ich noch an traditionellem Gung Fu interresiert wäre, dann würde das Hung Gar sicher eines meiner Favoriten sein.

"welchen stil hast du früher praktiziert?"

Um nur die chinesischen zu nennen habe ich mich vor allem im Wing Chun und Siu Lum Pai - Wu Shu Quan spezialisiert.
Ausserdem habe ich noch etwas Shaolin-Tempel-Boxing, Chen Tai Chi, Hung Gar und Shuai Jao gemacht, aus der modernen Ecke das Nan Quan und Sanda meine lieblings Waffe ist der Darn Dao.


@DerGroßer

Hast es genau erfasst, um was es mir geht!;)


Hasta Luego

Pai Lee

tigercrane
24-01-2002, 15:18
hi pai lee

---Also siehste! Bei den Hung Stilen wohl eher gegen die vier jahren, um die Baisics zu beherrschen. Dann kommen noch unzählige Waffen, Holzpuppen, Chi Gung und und und dazu; also ganz schön happig! ---

das stimmt zwar so gesehen, aber es hat ja auch einen aufbau dahinter. man lernt nicht alles auf einmal. hast ja zeit. kämpfen lernt der schüler bereits dazwischen ... logischerweise stets besser.

bei uns fängt der anfänger mit härterem semi-kontakt an, um sich an einen gegner zu gewöhnen. daneben lernt er traditionelle techniken aus den formen und deren anwendung.

sobald das semi-kontakt gut ist, geht man eine stufe weiter ... kommt dann zum normalen vollkontakt (vielleicht ein wenig verändert).....dann zum lei tai vollkontakt (traditionell/seit 1986 mit kleinen regeln, erstmals keine toten mehr), zuletzt vollkontakt traditionell ohne einschränkung und ohne schutzausrüstung (idee ist aber nicht sich gegenseitig abzuschlachten).

für die lei tai kämpfe braucht man schon ein recht gutes niveau, denn um sich zu qualifizieren muss jeder teilnehmer eine faust- sowie waffenform in perfektion vorzeigen (so wird sichergestellt, dass kein anfänger mitmachen kann, denn die kämpfe dauern meist nicht länger als 10-30 sekunden und enden häufig aufgrund schwerer verletzungen)

um einen normalen durchschnitts-kämpfer zu besiegen reicht das niveau schon lange vorher.

---Da für mich das praktische und moderne Kämpfen absolut denn Vorrang hat, ist ein solcher Stil zu lange und mühsam. ---

verstehe ich...zumindest teilweise

---dennoch wenn ich noch an traditionellem Gung Fu interresiert wäre, dann würde das Hung Gar sicher eines meiner Favoriten sein. ---

danke für die blumen

---"welchen stil hast du früher praktiziert?" Um nur die chinesischen zu nennen habe ich mich vor allem im Wing Chun und Siu Lum Pai - Wu Shu Quan spezialisiert. Ausserdem habe ich noch etwas Shaolin-Tempel-Boxing, Chen Tai Chi, Hung Gar und Shuai Jao gemacht, aus der modernen Ecke das Nan Quan und Sanda meine lieblings Waffe ist der Darn Dao. ---

wenn ich das so lese frage ich mich wie alt du bist. für nur einen kleinen ausschnitt aus jeder deiner aufgezählten systeme zu sehen, wären das doch zusammen viele jahre training oder nicht?

ok wenn du wirklich gas gibst, so ist zumindest wc in wenigen jahren erlernbar. das shaolin-tempel-boxing kenne ich leider nicht, aber tai chi, hung gar logisch und shuai jao einigermassen gut. nan quan ist eine schöne sportliche betätigung in meinen augen, aber auch nicht mehr. sanda, meiner meinung nach effektiver als kickboxen.

alles in allem stellt sich mir die frage. weshalb hast du nicht einen stil gewählt, der all diese dinge beinhaltet?:confused::confused:

für deine antwort vielen dank im voraus

viele grüsse

PAI LEE
24-01-2002, 16:06
Hola tigercrane


"wenn ich das so lese frage ich mich wie alt du bist. für nur einen kleinen ausschnitt aus jeder deiner aufgezählten systeme zu sehen, wären das doch zusammen viele jahre training oder nicht?"


Habe mit den Kampfkünsten 1969 angefangen und werde bald vierzig!
War schon in China und Amerika, habe in Sanda und im traditionellen Freefights mitgemacht.
Hasse die Turniere wo man zuerst eine Form vorzeigen muss!
Abgesehen davon sind viele der besten Formtechniker ziemlich schnell KO gegangen.
Ich finde man sollte die Formen und das Kämpfen auseinander halten, so wie man es beim Wushu macht.


Schau dir mal die Kämpfe gut an in deiner Schule, und sei ehrlich was bleibt von den Formen noch übrig wenn die Jungs richtig aufeinander losgehen?
Gleicht es nicht sehr einem Sanda Kampf oder Kick Boxing?


"alles in allem stellt sich mir die frage. weshalb hast du nicht einen stil gewählt, der all diese dinge beinhaltet?"


Ich habe meinen Stil gefunden alles was zum Totalenkampf gut ist, eine kombination aus Wing-Chun-Sanda-FMA-Jiu Jitsu-Thai Boxing!


Hasta Luego


Pai Lee

Nadine
13-10-2003, 21:44
Hallo Pai Lee

Nun ja, Deine Wahl ist der pure Kampf. Das erstaunt mich, wo Du doch schon 40 bist und Deine Besten Jahre vorbei sind. Mit purem Kampf wirst Du Deine Gesundheit nicht erhalten können, und ein 20 jähriger hat bereits jetzt die viel bessere Kondition als Du, also verrate mir, was machst Du mit 60 oder 70?

Aber zurück zum Thema. Ist klar, braucht es für den puren Kampf keine Tradition, aber das ist auch nicht das was die KampfKUNST ausmacht. Die Kunst ist es nämlich gesund alt zu werden, geistig zu wachsen und im Alter ein besserer Kämpfer zu sein, als in jungen Jahren.
Um all dies zu erreichen ist es unumgänglich, sich mit chin. Kultur und deren Tradition auseinanderzusetzen, denn Kung Fu ist nicht bloss Technik. (Sonst wäre es ja Boxen, sprich Sport)
Aber was rede ich mit Dir darüber: bleib Du bei Deinem blossen Kampf den Du Dir an der Oberfläche aller Systeme zusammengereimt hast und ich bleibe bei meiner Kampfkunst (Hung Gar) die mich über die Jahre noch viel tiefer ins System sehen lassen wird und mich zur "Meisterschaft" in mir, statt zum blossen Kampf bringen wird.

Grüsse Nadine

seven-star
14-10-2003, 19:01
Hallo Pai Lee

Nun ja, Deine Wahl ist der pure Kampf. Das erstaunt mich, wo Du doch schon 40 bist und Deine Besten Jahre vorbei sind. Mit purem Kampf wirst Du Deine Gesundheit nicht erhalten können, und ein 20 jähriger hat bereits jetzt die viel bessere Kondition als Du, also verrate mir, was machst Du mit 60 oder 70?

Aber zurück zum Thema. Ist klar, braucht es für den puren Kampf keine Tradition, aber das ist auch nicht das was die KampfKUNST ausmacht. Die Kunst ist es nämlich gesund alt zu werden, geistig zu wachsen und im Alter ein besserer Kämpfer zu sein, als in jungen Jahren.
Um all dies zu erreichen ist es unumgänglich, sich mit chin. Kultur und deren Tradition auseinanderzusetzen, denn Kung Fu ist nicht bloss Technik. (Sonst wäre es ja Boxen, sprich Sport)
Aber was rede ich mit Dir darüber: bleib Du bei Deinem blossen Kampf den Du Dir an der Oberfläche aller Systeme zusammengereimt hast und ich bleibe bei meiner Kampfkunst (Hung Gar) die mich über die Jahre noch viel tiefer ins System sehen lassen wird und mich zur "Meisterschaft" in mir, statt zum blossen Kampf bringen wird.

Grüsse Nadine
????
Ist verjährt, finde ich- bzw. Nadine ist vielleicht nachtragend aus nem Grund, den stilfremde Leute lieber gar nicht erst nachvollziehen wollen??? Wenn du jetzt Ira heißen würdest, könnt ichs ja verstehen, aber so?- Naja- geht mich vielleicht auch eher gar nichts an.
;)

Dragon Lord
18-10-2003, 12:31
:D
Also ich finde es schon wichtig es würde mich freun wenn wir mehr Atemtechniken und mehr Phylosopische hintergründe erklärt bekämen so wies jetzt is is aber auch gut der trainer hats drauf und is Sympathisch es macht hallt spas da zu trainiern obwohl das training sehr hart ist. Aber mann kann die Deutschen Kung fu Schulen ja auch nicht mit den Chinesischen Vergleichen oder ???

christoph
18-10-2003, 15:45
Hallo Pai Lee

Nun ja, Deine Wahl ist der pure Kampf. Das erstaunt mich, wo Du doch schon 40 bist und Deine Besten Jahre vorbei sind. Mit purem Kampf wirst Du Deine Gesundheit nicht erhalten können, und ein 20 jähriger hat bereits jetzt die viel bessere Kondition als Du, also verrate mir, was machst Du mit 60 oder 70?

Aber zurück zum Thema. Ist klar, braucht es für den puren Kampf keine Tradition, aber das ist auch nicht das was die KampfKUNST ausmacht. Die Kunst ist es nämlich gesund alt zu werden, geistig zu wachsen und im Alter ein besserer Kämpfer zu sein, als in jungen Jahren.
Um all dies zu erreichen ist es unumgänglich, sich mit chin. Kultur und deren Tradition auseinanderzusetzen, denn Kung Fu ist nicht bloss Technik. (Sonst wäre es ja Boxen, sprich Sport)
Aber was rede ich mit Dir darüber: bleib Du bei Deinem blossen Kampf den Du Dir an der Oberfläche aller Systeme zusammengereimt hast und ich bleibe bei meiner Kampfkunst (Hung Gar) die mich über die Jahre noch viel tiefer ins System sehen lassen wird und mich zur "Meisterschaft" in mir, statt zum blossen Kampf bringen wird.

Grüsse Nadine

Sorry aber das klingt echt mal ober arrogant. Ich weiss ja nicht was ihr dort fuer persoenliche Geschichten habt in der Schweiz. Meines erachtens trotzdem kein Grund sich so abfaellig zu aeussern. Wuensche noch viel Erfolg beim Meisterschaft in Dir selbst finden!

Gruesse

SQ
18-10-2003, 15:59
Streit hin oder her - die Essenz von Nadines Beitrag ist wohl korrekt:

Wer sich nur dem Kampfaspekt widmet - der kann mit Sicherheit schneller gut kämpfen - aber das war es dann auch - und mit jedem Jahr, dass dieser Kämpfer älter als 20-25 Jahre wird, wird auch sein Kampftalent schlechter, denn der Körper baut ab.

Im traditionellen Kung Fu hingegen sagt man, erreicht ein Kämpfer sein maximum mit 50 Jahren - dann da ist er mental am Höhepunkt angekommen, und sein Körper noch fit genug.

Xiaoshi
18-10-2003, 18:49
Lustig dass du das mit dem Boxen gesagt hast, Nadine, denn Quanshu wird eigentlich als Kunst des Boxens übersetzt...

SQ
18-10-2003, 20:11
@ Xiaoshi:

Ja - nur das mit Quan Shu etwas ganz anderes gemeint ist.

Das klassische Boxen, wie Nadine es meint, heisst in China Quan Xi (oder so ähnlich)... ...mit Quan Shu oder Quan Fa sind einfach die Nahkampfmethoden gemeint...

Aber das weisst du doch...

Wenn Du in einem chinesischen Restaurant "Xiao Jie" rufst, willst du ja auch nicht, dass ein kleines Mädchen zu dir kommt, sondern die Kellnerin... oder nicht?

Xiaoshi
19-10-2003, 08:25
Ich vermute eher dass Nadine das moderne Sportboxen gemeint hat, was das im Chinesischen ist mir nicht so wichtig.

Und ich weis, dass Quanshu oder Quanfa von Sinologen als Boxen bzw. Methoden des Boxens übersetzt wird. Quan bedeutet wörtlich Faust, im Kontext Faustkampf - auf englisch boxing, eingedeutscht Boxen... ganz einfach eigentlich.

Dass der chinesische Faustkampf auch Hebel und Würfe beinhaltet ist was anderes, das war im früheren europäischen Boxen aber auch so.

Die meisten Kungfu-ler sind natürlich völlig schockiert wenn ihre ästhetsiche Kampfkunst mit Boxen gleichgesetzt wird - aber das ist es im Ursrpung eben, auch wenn es mit modernem Sportboxen nicht allzviel gemein hat.

Schon mal darüber nachgedacht warum es Boxer-aufstand heisst?

SQ
19-10-2003, 16:32
Sinologen hin oder her, Xiaoshi, das ist doch das Kampfkunst-Board und nicht der Sinologenverein... ...und jeder Kampfkünstler übersetzt Quanshu oder Quanfa mit den Methoden/Künste des Nahkampfes... ;)


Oder etwa nicht?

Xiaoshi
19-10-2003, 16:54
Eigentlich nicht... ich übersetze es ganz einfach nach gängiger Art. Jede Übersetzung aus dem Chinesischen beinhaltet bereits eine Interpretation, aber man kann dennoch versuchen sich an sprachwissenschaftliche Richtlinien zu halten. Ich persönlich halte es für einen großen Fehler Kultur-, Geschichts- und Sprachwissenschaft von den chinesischen Kampfkünsten zu trennen. Wenn Traditionen wichtig sind - und um die geht es in diesem thread - dann soll man sie doch bitte auch seriös erforschen und durchleuchten.

SQ
19-10-2003, 17:09
ja genau, und dazu gehört nun mal, einen durch jahrhunderte geprägten begriff nicht nur vom begriff selber, sondern auch von seinem gebrauch her zu durchleuchten.

und quan fa oder quan shu sind nunmal alle nahkampfmethoden und nicht das boxen, wie du es beschreibst........

smash
19-10-2003, 17:51
hi an alle

über die traditionen werden in vielen verschiedenen foren viele threads eröffen. nun würde mich eure meinung im kungfu/taichi kreis dazu interessieren

ich selber bin der meinung, dass die alten traditionen und geschichten sehr wichtig sind. sie sind vielmals hilfreiche stützen beim lernen und verstehen, auch bringen sie einem häufig weiter als man denkt

kleines beispiel:
versteht man die familienstruktur der chinesischen kampfkünste und lebt man sie auch, so öffnen sich bei den asiaten oft tür und tor. versteht man sie nicht, so wird man nie die tiefen erkenntnisse der kampfkunst erfahren, da man von vornherein als banause abgetan wird

man kann diese überlegung auf x andere dinge beziehen (anwendungen, medizin, philosophie usw)

lebt man all diese traditionen, so kommt man auf dem weg der kampfkunst kungfu/taichi um meilen weiter, als diejenigen personen, welche traditionen als mühsame zeitverschwendung erachten

wie seht ihr das so?

viele grüsse

ja, Traditionen sind wichtig *vote* :).

Verity
19-10-2003, 18:09
Ja, Traditionen sind wichtig. :)

Jedoch sind Traditionen nur dann wichtig, wenn jemand (im allgemeinen der Lehrer) sie auch versteht und sie weitergeben kann.
Leider kann man manchmal Traditionen erleben, die mit den eigentlichen Traditionen nichts gemein haben, weil ihr Sinn oder Hintergrund nicht verstanden wurde.

Xiaoshi
19-10-2003, 18:46
ja genau, und dazu gehört nun mal, einen durch jahrhunderte geprägten begriff nicht nur vom begriff selber, sondern auch von seinem gebrauch her zu durchleuchten.

und quan fa oder quan shu sind nunmal alle nahkampfmethoden und nicht das boxen, wie du es beschreibst........

Wann immer du einen Text über alte "manuals" liest, in englischer oder französischer Übersetzung, fällt das Wort Boxen. Wenn es einen besseren Begriff dafür gegeben hätte, hätten ihn die Chinesen verwendet - aber sie haben sich für Faustkampf entschieden, weil es genau das ist.

Wenn die Chinesen es Nahkampfmethoden hätten nennen wollen, würde man in den alten Texten douzhengfa lesen oder zhandoufa oder eine der zig anderen Möglichkeiten Nahkampfmethoden ins Chinesische zu übersetzen. Es überrascht dich vielleicht, aber die Geschichtsforscher, die den Begriff Boxing/Boxen geprägt haben, sind nicht aus einer Laune heraus darauf gekommen sondern weil sie den Begriff philologisch und geschichtlich erforscht haben. Nur waren die dabei nicht von irgendwelchen völlig subjektiven Ideen beeinflusst von wegen die Chinesen hätten was ganz anderes gemeint obwohl immer wieder der gleiche Begriff Erwähnung findet.

Die Boxer vom Boxeraufstand waren die Yi-he Quan, die Faustkämpfer für Recht und Einigkeit. Ganz egal welche Kampftechniken sie gelernt hatten, oder ob sie überhaupt irgendwas gelernt hatten. Weil es ein neutraler Begriff war, der in der Tat alle Nahkampfmethoden umfasst - und trotzdem korrekt übersetzt werden sollte.

Shi Xing Zhong
20-10-2003, 00:26
Hi Kampfkünstler,

ich finde Traditionen wichtig, weil sie mir die Möglichkeit geben, den Altvorderen meinen Respekt zu bezeugen. Ausserdem geben sie m. E. denjenigen, die sich in ihnen bewegen, einen eingrenzenden Rahmen, innerhalb dessen sie sich sicher fühlen können. Wenn sie dann an die Grenzen stoßen .............. na ja, brauchen sie diese Sicherheit vielleicht nicht mehr.

Andererseits sind Traditionen für mich auch das, was sich aus einer kleinen Geschichte ergibt, die ich irgendwo aufgeschnappt habe:

In den USA trafen sich zu Thanksgiving vier Generationen einer Familie. Traditionell wurde ein gebratener Truthahn zubereitet. Das jüngste Mädchen fragt seine Mutter: "Mama, warum fehlt dem Truthahn das Hinterteil?"

Die Mutter antwortet: "Nun, so wird Truthahn bei uns in der Familie schon immer serviert, ich kenne es nicht anders." Allerdings stellt sie diese Antwort nicht wirklich zufrieden. So geht man zur Großmutter.

"Großmutter, warum schneiden wir dem Truthahn bei der Zubereitung den Bürzel ab?" Sie antwortet: "Das ist bei uns so Tradition, sicher ist es die beste Zubereitungsart für Truthahn." Sicher ist auch sie sich nicht, und so wird nun die Urgroßmutter als Zeitzeugin befragt, obwohl sie schon seit Jahren Truthahn weder zubereitet noch isst.

"Urgroßmutter, sag uns, wie die Tradition entstanden ist, dem Thanksgiving-Truthahn den Bürzel abzuschneiden. Wir können es uns nicht mehr recht erklären, obwohl wir es noch nie anders gemacht haben."

Zum Glück kann die Urgroßmutter die Geschichte tatsächlich erklären: "Als ich damals mit Eurem Urgroßvater im Westen ankam, waren wir ziemlich mittellos. Dennoch wollten wir Thanksgiving mit einem gebratenen Truthahn feiern. Als wir das Tier erworben hatten, stellte sich heraus, dass es zu groß für den Backofen war. Kurzerhand schnitt ich den Bürzel ab, um es passend zu machen. So bin ich dann jedes Jahr verfahren."

Was das mit Kampfkunst zu tun hat? Nun, vor zwei Jahren besuchte ich die Schule, in der ein befreundeter Meister unterrichtet. Ich reihte mich bei den Schülern ein, und eine seiner Schülerinnen wies uns an, wie wir unsere Drachenstilform zu laufen hatten. Immer wieder bemerkte ich nun Änderungen, die ich mir nicht erklären konnte. Als ich sie befragte, erläuterte sie: "Unsere Schule ist vor einigen Jahren umgezogen. Nun stimmen die Raumproportionen nicht mehr mit dem Bewegungsmuster der Form überein. Wir haben sie deshalb angepaßt."

Hm. Ich denke, dennoch sind Traditionen wichtig.

Wilfried
www.shaolin-tempel.de

SQ
20-10-2003, 08:15
@Wilfried:

schöner Text.

Aber ich glaube, wir gleiten zu sehr vom Thema ab.

Das in den Kampfkünsten Übungen, Formen und Bewegungen von Generation zu Generation etwas modifiziert werden und an die neuen Bedürfnisse angepasst werden, ist völlig natürlich - und auch wichtig.

Die Frage geht aber hin zu Tradition, Rituale und ähnliches...

seven-star
20-10-2003, 10:10
@Wilfried:

schöner Text.

Aber ich glaube, wir gleiten zu sehr vom Thema ab.

Das in den Kampfkünsten Übungen, Formen und Bewegungen von Generation zu Generation etwas modifiziert werden und an die neuen Bedürfnisse angepasst werden, ist völlig natürlich - und auch wichtig.

Die Frage geht aber hin zu Tradition, Rituale und ähnliches...
_naja- ich finde, daß Formen auch eine Art von "Tradition"= "Überlieferung" sind- denn, wenn sie nicht überliefert worden wären, woher sollten wir sie dann haben? Aber ich weiß natürlich, was du meinst, Shaolin-Quan. Ich finde, eine Tradition macht nur dann Sinn, wenn sie in den Kontext des eigenen Lebensgefühls, der übrigen gesellschaftlichen Regeln paßt. Ansonsten werden sie zur leeren Hülle und verlieren ihren Bezug zum Praktischen, bzw. ihren ursprünglichen Sinn/ihr Ziel.- Wenn ich sehr weit gehen wollte, würde ich behaupten, daß der Kirche als Institution gerade ähnliches droht, womit ich keinesfalls den Glauben an sich in Frage stellen möchte.
Darum ist es einigermaßen schwierig, asiatische Traditionen in unsere westliche Welt zu übertragen- das funktioniert nur, wenn man sich den Sinn der Tradition wieder vergegenwärtigt und daraufhin versucht, ihn für unsere westlich geprägte Gesellschaft lebbar zu machen. Ich finde Traditionen gut und wichtig, wenn ihr Sinn für mich nachvollziehbar ist. ( genau, Verity.)
Nachtrag dazu: Meine Oma ist 104 jahre alt- wie könnte ich mich da der Tradition verschließen?