Franz
16-07-2003, 18:42
Muskeln, Monster & Moneten
von Udo Pollmer
Was macht ein "schwindsüchtiges Zigarettenbürscherl" zum erfolgreichen Bodybuilder? Das richtige Präparat zur rechten Zeit. Eine böswillige Verallgemeinerung? Vielleicht. Der Weltmeister Thomas Scheu verriet unlängst, daß "sich der gute Athlet von einem weniger guten nicht durch effektiveres oder intensiveres Training unterscheidet, sondern vielmehr durch die bessere Ernährung und die bessere Nahrungsergänzung". Und die geht ins Geld. Nach Angaben von Insidern müssen Bodybuilder mindestens 25.000 DM investieren, um am Wettkampf überhaupt teilnehmen zu können.
Vor dem Wettbewerb wird der Körper mit allerlei Präparaten "entfettet", d.h., sein Fettgehalt unter 10% gebracht. Die "bessere Ernährung" bedeutet, keinerlei Fett essen, dafür jede Menge Eiweiß. Mit normalen Lebensmitteln wird´s da schwierig. Unmittelbar vor dem "Kampf" gibt´s dann viel Kohlenhydrate, um Glycogen zu speichern. Mit der Aufnahme dieser "Sportart" in die Riege der olympischen Disziplinen wird sie nicht nur verstörte Jugendliche mit Minderwertigkeitskomplexen faszinieren, sondern zum globalen Kulturgut erhoben. Die Sieger stehen jetzt schon fest: Es sind die Vertriebssysteme für Nahrungsergänzungsmittel.
Die Werbung ist ein Spiegel unserer Gesellschaft: "Sportler wie Sie leisten auch mehr als andere in ihrer Freizeit - beim Training. Deshalb brauchen Sie natürlich auch mehr Kohlenhydrate, mehr Vitamine, mehr Mineralien und, und, und. Fazit: Sie brauchen mehr Nahrung - eine Zusatzernährung." Schließlich bringt "normale Nahrung nicht(s) mehr", weil sie den Magen belastet! Jede Schweißperle wird zum Gegenstand narzistischer Nabelschau. Sie nährt die Angst, in einer Überflußgesellschaft zu kurz zu kommen.
Blättert man im Internet oder in Katalogen, entsteht der Eindruck, es mangele den Deutschen an so ziemlich allem, was in Fast Food ohnehin drin ist. Und genau das - in Pillenform - hilft gegen Unsportlichkeit, Haarspitzenkatarrh, Bierbauch und Cellulitis. Betrachtet man die zahlreichen Präparate, die in Discos von pubertierenden Jugendlichen, in Büros von eßgestörten Sekretärinnen und in Sportstudios von Möchtegern-Olympioniken geschluckt werden, so wird deutlich, was bei der Kundschaft im Überfluß vorhanden ist: Geld. Da fällt der Mangel an gesundem Menschenverstand kaum noch ins Gewicht.
Ärzte berichten von Bodybuildern, die täglich über 80 Pillen einwerfen. Einzelne Produkte enthalten bis zu 60 Mittelchen. Wer glaubt, dieser Unfug sei die Ausnahme, täuscht sich. Die Branche setzt bereits Milliarden um - mit Otto Normalbenziner und Lieschen Müller. Der Inhalt der Softgels, Pillen und Dosen verrät Phantasie. Angefangen von Abfällen der Lebensmittelwirtschaft und Zwischenprodukten der Chemieindustrie über Vormischungen aus Schweinemast und Madenzucht bis hin zu illegalen Drogen ist darin einiges vertreten, was ehrbare Kaufleute lieber der Entsorgungsanstalt oder gar der Polizei überantworten würden.
Die Vorstellungen über die Wirkweisen stehen mittelalterlichem Hexenglauben in nichts nach. Magische Zauberformeln wie das Einfangen von "freien Radikalen" und der päpstliche Segen eines Nobelpreisträgers ersparen den Anbietern klinische Tests. Der größte Teil der (legal) angebotenen Stoffe hält nicht, was die Prospekte versprechen. Die "Körperbauer" verdanken ihre preisgekrönten Muskelschwellungen weniger den Nahrungsergänzungsmitteln. Dazu bedarf es ganz anderer Hilfen in einer Branche, die stets durch neue Ideen überrascht: Ohne Doping keine monströsen Fleischpakete.
Mit Folgen für die Lebensmittelwirtschaft: Was im Sportstudio Muskeln bringt, das taugt natürlich auch im Stall zur Mast und taucht dort zuverlässig mit zeitlicher Verzögerung auf. Ein Beispiel ist Clenbuterol. Auch wer sich aus Sport nichts macht, dem werden diese Segnungen öfter zuteil als ihm lieb sein kann. Ganz ohne Muskelzuwachs. Akute Clenbuterol-Vergiftungen durch gebratene Leber oder Kalbsschnitzel wurden von Notärzten bereits dokumentiert.
Quelle:Europäisches Institut für Lebensmittel-
und Ernährungswissenschaften (EU.L.E.) e.V.
Treffauerstr.30
81373 München
Vereinssitz: 81373 München
Vereinsnummer: VR 254
von Udo Pollmer
Was macht ein "schwindsüchtiges Zigarettenbürscherl" zum erfolgreichen Bodybuilder? Das richtige Präparat zur rechten Zeit. Eine böswillige Verallgemeinerung? Vielleicht. Der Weltmeister Thomas Scheu verriet unlängst, daß "sich der gute Athlet von einem weniger guten nicht durch effektiveres oder intensiveres Training unterscheidet, sondern vielmehr durch die bessere Ernährung und die bessere Nahrungsergänzung". Und die geht ins Geld. Nach Angaben von Insidern müssen Bodybuilder mindestens 25.000 DM investieren, um am Wettkampf überhaupt teilnehmen zu können.
Vor dem Wettbewerb wird der Körper mit allerlei Präparaten "entfettet", d.h., sein Fettgehalt unter 10% gebracht. Die "bessere Ernährung" bedeutet, keinerlei Fett essen, dafür jede Menge Eiweiß. Mit normalen Lebensmitteln wird´s da schwierig. Unmittelbar vor dem "Kampf" gibt´s dann viel Kohlenhydrate, um Glycogen zu speichern. Mit der Aufnahme dieser "Sportart" in die Riege der olympischen Disziplinen wird sie nicht nur verstörte Jugendliche mit Minderwertigkeitskomplexen faszinieren, sondern zum globalen Kulturgut erhoben. Die Sieger stehen jetzt schon fest: Es sind die Vertriebssysteme für Nahrungsergänzungsmittel.
Die Werbung ist ein Spiegel unserer Gesellschaft: "Sportler wie Sie leisten auch mehr als andere in ihrer Freizeit - beim Training. Deshalb brauchen Sie natürlich auch mehr Kohlenhydrate, mehr Vitamine, mehr Mineralien und, und, und. Fazit: Sie brauchen mehr Nahrung - eine Zusatzernährung." Schließlich bringt "normale Nahrung nicht(s) mehr", weil sie den Magen belastet! Jede Schweißperle wird zum Gegenstand narzistischer Nabelschau. Sie nährt die Angst, in einer Überflußgesellschaft zu kurz zu kommen.
Blättert man im Internet oder in Katalogen, entsteht der Eindruck, es mangele den Deutschen an so ziemlich allem, was in Fast Food ohnehin drin ist. Und genau das - in Pillenform - hilft gegen Unsportlichkeit, Haarspitzenkatarrh, Bierbauch und Cellulitis. Betrachtet man die zahlreichen Präparate, die in Discos von pubertierenden Jugendlichen, in Büros von eßgestörten Sekretärinnen und in Sportstudios von Möchtegern-Olympioniken geschluckt werden, so wird deutlich, was bei der Kundschaft im Überfluß vorhanden ist: Geld. Da fällt der Mangel an gesundem Menschenverstand kaum noch ins Gewicht.
Ärzte berichten von Bodybuildern, die täglich über 80 Pillen einwerfen. Einzelne Produkte enthalten bis zu 60 Mittelchen. Wer glaubt, dieser Unfug sei die Ausnahme, täuscht sich. Die Branche setzt bereits Milliarden um - mit Otto Normalbenziner und Lieschen Müller. Der Inhalt der Softgels, Pillen und Dosen verrät Phantasie. Angefangen von Abfällen der Lebensmittelwirtschaft und Zwischenprodukten der Chemieindustrie über Vormischungen aus Schweinemast und Madenzucht bis hin zu illegalen Drogen ist darin einiges vertreten, was ehrbare Kaufleute lieber der Entsorgungsanstalt oder gar der Polizei überantworten würden.
Die Vorstellungen über die Wirkweisen stehen mittelalterlichem Hexenglauben in nichts nach. Magische Zauberformeln wie das Einfangen von "freien Radikalen" und der päpstliche Segen eines Nobelpreisträgers ersparen den Anbietern klinische Tests. Der größte Teil der (legal) angebotenen Stoffe hält nicht, was die Prospekte versprechen. Die "Körperbauer" verdanken ihre preisgekrönten Muskelschwellungen weniger den Nahrungsergänzungsmitteln. Dazu bedarf es ganz anderer Hilfen in einer Branche, die stets durch neue Ideen überrascht: Ohne Doping keine monströsen Fleischpakete.
Mit Folgen für die Lebensmittelwirtschaft: Was im Sportstudio Muskeln bringt, das taugt natürlich auch im Stall zur Mast und taucht dort zuverlässig mit zeitlicher Verzögerung auf. Ein Beispiel ist Clenbuterol. Auch wer sich aus Sport nichts macht, dem werden diese Segnungen öfter zuteil als ihm lieb sein kann. Ganz ohne Muskelzuwachs. Akute Clenbuterol-Vergiftungen durch gebratene Leber oder Kalbsschnitzel wurden von Notärzten bereits dokumentiert.
Quelle:Europäisches Institut für Lebensmittel-
und Ernährungswissenschaften (EU.L.E.) e.V.
Treffauerstr.30
81373 München
Vereinssitz: 81373 München
Vereinsnummer: VR 254