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Kampfkunst Kurzgeschichten

Der Besen-Stil – Teil 4

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Erschrocken sammelte sich der Novize einige Herzschläge lang, ehe er sich wieder vollkommen im Hier und Jetzt wiederfand. Das Kloster war keine Festungsanlage wie größere Einrichtungen seiner Art. Die Mauern ließen einen Wehrgang vermissen. Bei einer Verteidigung bedeutete dies einen entscheidenden Nachteil.
Jeder Mönch auf Wache wusste, was er im Falle eines Angriffs zu tun hatte. Auch der junge Mann versagte nicht bei dem Entschluss, Alarm zu schlagen. Der Weg zum großen überdachten Gong in der Mitte des Tempelhofes war nicht weit, lediglich zehn Schritte. Doch diese zehn Schritte konnten sehr lang werden.

Es war der Schlag mit einem jener scharfen Reitersäbel, für welche die Barbarenhorden bekannt waren. Die Waffe traf den wachhabenden Kampfmönch an der linken Seite und schnitt ihm tief in den Körper, während sein Kampfstab an dem ledernen Rundschild des Feindes abprallte. Der Shaolin brach zusammen und lediglich ein Röcheln entrang sich seiner Kehle. Der Angreifer hatte zwei Kameraden bei sich, mit denen er sich nun dem nächsten Opfer zuwenden konnte. Starr vor Angst aufgrund der Eindrücke, die ihn nun überwältigten, vermochte der Novize sich kaum zu rühren. Selbst sein Warnruf blieb ihm im Halse stecken. Überall kamen die fremden Krieger über die Mauer und in Windeseile hätten sie sicherlich die Schlafstätten der Mönche erreicht. Gleich wären die drei Schildträger bei ihm, und sein Leben würde ein Ende finden, war er sich sicher.

Der Stoß kam überraschend aus der vom Mondlicht und den wenigen Laternen kaum erhellten Dunkelheit. Es war ein Angriff, wie man ihn mit einer schweren Sichelmondglefe, einer Guan Dao, geführt hätte, aber was den Krieger mitten im Gesicht traf, war kein blanker Stahl. Es waren die stabilen Borsten eines geradezu unverwüstlichen Besens!

Wie ein Kämpfer aus den Legenden des Ordens schoss der Besenmann hervor, wechselte in einem weiten Schritt vom linken zum rechten Bein die Auslage und hieb dem vom Stoß geblendeten das harte Ende des Eibenstiels von unten gegen das Kinn. Der Getroffene hob fast etwas von Boden ab, ehe es ihn nach hinten umriss und er Säbel und Schild fallen ließ.
Mit einem wütenden Schrei schlug der nächste Krieger der Invasoren mit einem rechten Rückhandstreich nach der rechten Flanke des älteren Kampfmönchs. Geradezu wirkungslos prallte dieser Schlag von dem lotrecht gehaltenen Besenstiel ab. Dem fasziniert dreinblickenden Novizen fiel auf, dass der Verteidiger hier nicht starr mit seiner improvisierten Waffe blockte. Vielmehr stieß der Besenmann in einer Zirkelbewegung gegen die Klinge und brachte sich gleichzeitig mit einem Schritt aus deren Wirkungsradius heraus. Die obere linke Hand war näher beim harten Ende des Besens, als er dieses absenkte, und damit so schnell wie ein Pfeil am Schild des Gegners vorbei zu dessen Kehle stieß. Auf das erstickte Röcheln achtete er nicht, denn der dritte der Angreifer war nun ebenfalls an ihn herangekommen.

Fortsetzung folgt ...

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Stichworte: historisch, shaolin, stab
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