RSS-Feed anzeigen

Kampfkunst Kurzgeschichten

#notme - Teil 6

Bewerten
„Sie hatten Glück“, sagte der Arzt und blickte kurz in die Gesichter von Susanne, ihrem Freund Jonas und den Eltern der Abiturientin, bevor er die digitalen Röntgenbilder auf den Monitor in der Notaufnahme holte. „Es ist keine Fraktur zu erkennen. Also nur eine ordentliche Prellung mit Bluterguss direkt am Gelenk. Das werden Sie eindeutig noch ein paar Wochen spüren, aber mit einem Salbenverband, einer Trageschlinge und etwas Gymnastik bekommt man das schnell unter Kontrolle.“
„Da bin ich wirklich beruhigt“, sagte Susannes Mutter mit einem Seufzer auf den Lippen.
„Wenn ich den Mistkerl in die Finger bekomme ...“, grunzte Jonas, der eigentlich im Bett liegen sollte, aber nachdem er erfahren hatte, was passiert war, sofort zu seiner Freundin geeilt war.
„Ich helfe dir dabei“, meinte der Vater der jungen Frau und teilte mit dem potenziellen Schwiegersohn einen entschlossenen Blick.
„Glücklicherweise sucht ihn ja gerade die Polizei und ihr müsst nicht selbst losziehen“, sagte Susanne und legte ihren Kopf an Jonas‘ Schulter.
Die junge Frau genoss es in diesem Moment, in seinen starken Armen gehalten zu werden, als eine Pflegerin des Krankenhauses klopfte und direkt die Tür öffnete.
„Die Polizei ist da und hat ein paar Fragen an Sie“, meinte die Mittfünfzigerin, ohne eine Regung zu zeigen.

Zwei Beamte in Uniform erwarteten Susanne vor der Tür. Es war eine schwarzhaarige Frau, die jeweils zwei Sterne auf den Schulterklappen trug, und ein etwas jüngerer Mann, der nur einen vorweisen konnte. Die Abiturientin und ihr Anhang hatten die beiden Polizisten bereits kennengelernt. Sie waren schon vor zwei Stunden zum Krankenhaus gekommen und hatten gleich eine erste Aussage entgegengenommen.
„Ist das der Angreifer?“, fragte die Polizeibeamtin entsprechend ohne Einleitung und hielt Susanne ein Smartphone hin, auf dem das Bild eines Mannes zu sehen war.
Die Person auf dem Foto fasste sich an den Unterkiefer, der irgendwie unnatürlich positioniert war. Seine Nase war blau angeschwollen und auf deren linker Seite konnte man deutlich ein ausgeprägtes Hämatom erkennen.
„Ja, das ist er“, antwortete Susanne und merkte, wie ihr Atem schneller wurde.
„Da haben Sie absolut richtig gehandelt“, meinte die Polizistin. „Der Kerl hat schon einiges an Vorstrafen gesammelt und wurde bereits wegen Vergewaltigung verurteilt.“
„Er war auf Bewährung draußen“, ergänzte der jüngere Beamte. „Der fährt jetzt sicherlich für eine lange Zeit ein.“
Susannes Mutter schüttelte den Kopf.
„Was für Menschen nur hier herumlaufen“, sagte sie. „Das darf doch gar nicht war sein.“
„Es sind Täter“, entgegnete die Polizistin. „Die suchen sich ihre Opfer. Aber ihre Tochter war keines und das war auch gut so.“
Ja. Das bestätigte sich die junge Frau in diesem Moment selbst. Sie war kein Opfer und sie würde niemals eines werden.

Ende.

------

Dir gefallen die „Kampfkunst Kurzgeschichten“? Informationen zu meinem ersten Roman findest Du hier im Forum: https://www.kampfkunst-board.info/fo...er-Achtsamkeit

Kommentare