Kampfkunst Kurzgeschichten

Bedauerlicherweise war für meinen Mandanten der Fluchtweg aus der Halle versperrt, da er sich bereits zu seiner gewohnten Position in die Nähe der Bühne begeben hatte. Herr Franz versuchte daher sein Wissen um Deeskalationstechniken anzubringen und die Situation zu entspannen. Aufgrund der erkennbaren Angriffsvorbereitungen von Herr Kublitz bereitete sich mein Mandant auf eine Abwehr vor und wich vor diesem zurück.
Ohne Vorwarnung griff Herr Kublitz daraufhin mit einem gedrehten Rückwärtstritt an (japanisch Ushiro-Geri). Es war nur den beeindruckenden Reflexen meines Mandanten geschuldet, dass er diesen Angriff mit seinem eigenen Bein abzuwehren vermochte. In weiterhin klar erkennbar aggressiver Absicht versuchte Herr Kublitz mit einer Serie von Handtechniken, darunter auch Fauststöße (Gyaku-Zuki), den Hals meines Mandanten zu treffen. Die Absicht von Herrn Kublitz war es eindeutig Herrn Franz schwer zu verletzen!
Herr Franz lebt den Geist seiner Kampfkunst, welcher da lautet: „Im Karate gibt es keine erste Hand.“ Das bedeutet, dass der Selbstverteidigungsstil niemals aggressiv benutzt werden darf. In der Hoffnung, nicht auf seine durch jahrzehntelanges Training geschulten gefährlichen Techniken zurückgreifen zu müssen, konzentrierte sich mein Mandant lediglich auf Abwehrblocks, (Uke) mit denen es gelang die gefährlichen Angriffe zu vereiteln. Als schließlich ein direkter Zusammenprall in Ringerdistanz zu befürchten war, stieß mein Mandant Herrn Kublitz zurück und brachte sich selbst schnell wieder aus der Gefahrenzone. Herr Kublitz wurde daraufhin von einigen seiner Trainingskameraden festgehalten und die Kampfkunstschüler von Herrn Franz griffen nun ein, um ihren Meister zu beschützen. Wie Sie zu der Vermutung kommen, Herr Kublitz könnte sich auch nur im Ansatz besonnen verhalten haben, erschließt sich aufgrund der Zeugenaussagen nicht. Ihr Mandant versuchte auch in dieser Situation noch, durch weitere Provokationen Herrn Franz erneut in eine Auseinandersetzung hineinzuziehen.
Spät in der Nacht musste Herr Franz erkennen, dass sein linker Ellbogen offenbar einen harten Schlag abbekommen hatte. Nach der Konsultation eines Mediziners am nächsten Morgen wurde ein ausgeprägtes Hämatom diagnostiziert. Mein Mandant war daher für den Rest der Woche nicht mehr in der Verfassung, seiner beruflichen Tätigkeit nachzukommen. Herr Franz und mehrere Zeugen aus den Reihen des „Shotokan Karate Do Neuenberg 1991 e.V.“ sind sich sicher, dass die Verletzung von einem Notfallblock herrührt, mit dem mein Mandant einen gezielten Handkantenschlag (Shuto) von Herrn Kublitz abwehrte. Das Ziel dieser potenziell verheerenden Technik war der Hals von Herrn Franz!

Wir teilen Ihre Ansicht, dass die Einstellung des Strafverfahrens, allerdings gegen Ihren Mandanten, sehr unerfreulich ist. Auch unsere Beschwerde wurde abgewiesen. Die von Ihnen im Namen des Herrn Kublitz gestellten Forderungen weist mein Mandant jedoch hiermit mit Nachdruck von sich. Stattdessen fordern wir Herrn Kublitz auf, es in Zukunft zu unterlassen Herrn Franz mit potenziell letalen Angriffstechniken zu bedrohen. Ebenso sind herabwürdigende Beleidigungen zu unterlassen. Herr Franz hat Anspruch auf eine angemessene Wiedergutmachung durch Ihren Mandanten.
Ich habe Ihnen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung beigefügt, mit der sich Herr Kublitz verpflichtet, derartiges Tun zu unterlassen. Die Kosten für Verdienstausfall und Behandlung sind leider im Moment aus verschiedenen Gründen noch nicht zu beziffern. Wir werden Ihnen diese zur Begleichung durch Herrn Kublitz schnellstmöglich nachreichen.
Sollte Herr Kublitz sich weigern, die Unterlassungserklärung bis zum 15. August 2019 unterschrieben an mich zurück zusenden oder eine Begleichung des Schadens ablehnen, so werde ich ohne weitere Ankündigung ein zivilgerichtliches Verfahren einleiten.
Herr Kublitz möge bitte einsehen, dass sein Verhalten dem Ansehen der Kampfkunst in Neuenberg bereits schwer geschadet hat, und nun wieder auf einen gesellschaftlich angepassten Weg zurückfinden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Zenker
Rechtsanwalt und Notar

Fortsetzung folgt ...