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Kampfkunst Kurzgeschichten

Fäuste tanken - Teil 4

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Ein geschlossener Sarg stand vorne in der Halle. Die Trauergemeinde sah den Toten nicht. Aller Schmerz, alle Mühsal waren von ihm abgefallen. Alle Wunden hatten keine Bedeutung mehr. Viele Trauernde versammelten sich hier. Freunde, Familie aber ebenso fremde Menschen berührte offenbar sein Tod.
Der Geistliche schritt vor zum Rednerpult mit dem Mikrofon, als das Orgelspiel in der Aussegnungshalle beendet war. Er schaute sich um und sein Blick wendete sich zur Familie des Toten. Seine Augen ruhten erneut auf der Frau Anfang fünfzig, die vollständig in schwarz gekleidet war. Tränen rannen ihre Wangen hinunter. Sie litt schwer unter dem Verlust. Kein Wunder, wenn man bedachte, in welchem Verhältnis sie zu dem Verstorbenen stand. Der Priester hoffte, dass das Folgende etwas Trost spendete.

„Ein geliebter Mensch ist gegangen“, sagte der Pfarrer. „Sein Tod kam überraschend. Er wurde aus unserer Mitte gerissen und wir fragen uns, warum dies geschehen durfte. In so einem Moment ist es für uns wichtig uns zu erinnern. Uns zu erinnern an die Spuren der Liebe, die er in unserem Herzen hinterlassen hat. Von diesen Spuren wollen wir nun hören.“
Er schaute zu dem jungen hochgewachsenen Mann, der einige Schritte neben ihm stand und nickte ihm zu. Daraufhin trat dieser anstelle des Pfarrers an das Mikrofon, legte sein Redemanuskript ab und ließ seinen Blick erst einmal über die Trauernden in der Aussegnungshalle gleiten. Diese Rede hatte er gründlich vorbereitet.

„Wenn die Zeit des Todes kommt, dann gehen einem die unglaublichsten Dinge durch den Kopf“, sagte der junge Mann. „Es ist nicht allzu lange her, da hatte ich so einen Moment und musste an die Farbe der Schultüte bei meiner Einschulung denken.“
Die Bemerkung sorgte bei einigen der Trauernden für Schmunzeln und das bestätigte den Redner in seiner Absicht die Ansprache so zu halten, wie er es sich vorgenommen hatte.
„Mein Vater war ein ungewöhnlich treuer Mensch“, sagte Wolfgang. „Wie viele von Euch wissen ist es keine zwei Jahre her, dass mich drei Verbrecher an einer Tankstelle fast umgebracht hätten. Es war wohl Gottes Wille, dass ich die Messerstiche überlebt habe und es war der Dickschädel, den ich von meinem Herrn Vater geerbt habe, der die Stockschläge gut verheilen ließ. Aber damit war es nicht durchgestanden. Da ich auch den drei Angreifern einiges verpasst hatte, erzählten diese, ich sei ein Nazi und hätte sie angegriffen.“

Wolfgang ließ das Raunen der Trauergemeinde kurz verklingen, ehe er fortsetzte.
„Es war mein Vater, der zu mir hielt und mir half trotz der Anklagen ganz gesund zu werden. Er war es, der mit seinem Freund Walter, einem Privatdetektiv herausbekam, dass die drei schon ein paar Dinger gedreht hatten. Er ließ nicht locker, bis ich mit Hilfe eines guten Rechtsanwalts in allen Punkten freigesprochen wurde und die eigentlichen Täter ihre gerechte Strafe erhalten hatten.
Dass so einen Menschen der Tod durch einen Herzinfarkt vollkommen überraschend aus unserer Mitte holen kann, hätte ich nicht erwartet. Aber sowohl sein Leben als auch sein Tod haben mich eines gelehrt, dass mich von nun an begleiten wird: Sei immer für die von Dir geliebten Menschen da und zeige es ihnen jeden Tag, den Gott Euch gemeinsam schenkt. Wenn der Tod überraschend kommt, sei es durch feige Angreifer oder eine Krankheit, dann hast Du keine Gelegenheit mehr dazu.“

Ende.

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