Sensation: Alte Lehrschrift für Jion aus dem Jahr 1799 entdeckt
Okinawanische Forscher konnten bei der Renovierung des Shuri Schlosses in einer versteckten Kammer einen sensationellen Fund machen. In den Trümmern wurde die älteste bekannte Lehrschrift für die Kata Jion entdeckt, einer der ältesten Karate-Texte überhaupt, die zahlreiche wichtige historische Bezüge aufdeckt und als Meilenstein der Karate-Forschung zu betrachten ist. Im Folgenden eine Annäherung:
Das Lied von der Tempelglocke
Älteste bekannte Lehrschrift der Kata Jion aus dem Jahr 1799
Verfasser: Meister Shira (1759-1805)
Über den Verfasser Shira ist nur wenig bekannt. Er wuchs als Sohn eines Wundarztes in der chinesischen Region Wai Maru auf, übersiedelte in den 1790er Jahren nach Okinawa und gilt als letzter Linienhalter der Kampfkünste der Qin Dynastie und Überlieferer der Kata Jion, die als wichtigste Kata der alten Qin Kampfkunst angesehen wird. Als Kriegerphilosoph galt er als vorbildlicher Vertreter des Bunbu Ryodō und war neben seiner Kampffertigkeit als großer Dichter bekannt. Für seine Schüler verfasste er zahlreiche Lehrgesänge, von denen das Lied der Tempelglocke die größte Bekanntheit erlangte.
Originaltext:
鐘の歌
焼きは充分
鋳型はできてる
今日こそ鐘を造るのだ
みんな気を入れ
仕事にかかれよ
しっかり額に汗する程に
神のご加護があるからには
仕事はきっとうまくゆく
Übersetzung und Interpretation:
Hinweis zur Übersetzung: Die Übersetzung erfolgt nicht wörtlich, sondern sinngemäß; weitere freiere Interpretationsmöglichkeiten sind zum besseren Verständnis aufgeführt.
鐘の歌
Das Lied der Tempelglocke
Bedeutung:
Jion wird geläufig mit Liebe und Güte übersetzt, andere Schriften umschreiben die Kata mit "Tempel Klang", was auf den Klang der Tempelglocken des Shaolinklosters anspielt.
焼きは充分
鋳型はできてる
Gänzlich gebrannt ist die Glockenform.
Freier: Fest gemauert in der Erden steht die Form, aus Lehm gebrannt.
Bedeutung:
Die Glockenform umschreibt die Kata (= Form) Jion (= Klang der Tempelglocke). Der Karateka steht fest und unerschütterlich in der Erde verwurzelt (tiefer, fester Stand!). Er ist wie aus Lehm geformt, eine bemerkenswerte biblische Anspielung, die durch frühe christliche Einflüsse durch die Satsuma entstanden ist (die Satsuma Region war früh durch jesuitische Missionare beeinflusst, was sich auch im Kreuz als Banner der Satsuma Daimyō wiederspiegelte. Entsprechende Einflüsse kamen nach der Eroberung der Ryūkyū Inseln durch die Satsuma im Jahr 1609 nach Okinawa und haben ihrerseits die dortigen Kampfkünste beeinflusst. Wahrscheinlich ist auch eine Analogie zur Terrakotta Armee des Kaisers Qin Shi Huang Di denkbar; deren Krieger ebenfalls "aus Lehm gebrannt" sind. Die Grabstätte wurde erst in den 1970er Jahren wieder-entdeckt, schien aber offenbar Meister Shira im 18 Jhrh. bereits bereits bekannt gewesen zu sein, was den Grundstein für weitere Forschungen legen könnte und auf die engen Verpflechtungen Chinas mit den Ryūkyū Inseln hinweist. Somit gilt Meister Shira als der letzte Stilerbe der Kampfkünste der Qin Dynastie (221–207 v. Chr.) deren Einflüsse über die Kata Jion auch ins moderne Shotokan mit eingeflossen sind. Die "aus Lehm gebrannte" Form spiegelt ebenfalls deutlich die Einflüsse der erd-verbundenen Bauern-Klasse wieder, die Meister Shira um Schutz und Unterricht vor der Unterdrückung der Satsuma ersuchten. Zudem finden sich klare Bezüge zur daoistischen 5-Elementen Lehre und damit zum Zen-Buddhismus (Erde=Lehmform, Metall = die Glocke, Feuer = die gebrannte Form, Wasser = die Anstrenung 'der Schweiß muss rinnen' s.u., Holz = die Grundlage des Feuers – Holz = ki = kihon, die Basis!). Die Jion repräsentiert somit umfassend die kämpferischen und geistigen Hintergründe der alten Qin-Kampfkünste.
今日こそ鐘を造るのだ
Heute muss die Glocke geschaffen werden
Bedeutung: Lebe im jetzt! Du übst die Kata heute – hier sind Verbindungen zum Zen-Buddhismus nachvollziehbar, auch findest sich der erneute Verweis auf die Tempelglocken des Shaolin Klosters, zudem wurde im Grabmahl des Kaisers Qin Shi Huang Di ein ein prachtvoll gestaltetes Glockenspiel gefunden, was Meister Shira erneut als Linienhalter der Qin Kampfkünste bestätigt.
みんな気を入れ
仕事にかかれよ
しっかり額に汗する程に
神のご加護があるからには
仕事はきっとうまくゆく
steckt alle Energie und Arbeit hinein,
der Schweiß muss Euch von der Stirn rinnen.
Die Arbeit wird sicherlich gut werden,
weil der göttliche Beistand vorhanden ist.
Freier:
Von der Stirne heiß
Rinnen muß der Schweiß,
Soll das Werk den Meister loben;
Doch der Segen kommt von oben.
Bedeutung:
Die Lehre "Ohne Schweiß kein Preis" war schon den alten Qin bekannt. Nur durch Anstrengung und Anspannung (kime) ist der Erfolg gewiss. Alle "Energie" (Ki) muss augewendet werden, um die Form zu meistern. Über den Lehrspruch Funakoshis "Karate ist wie warmes Wasser, welches ohne Übung abkühlt" ist die Verbindung zum Shotokan deutlich dargestellt. Die Stirn muss also durch stetige Übung heiß bleiben und den Schweiß (das Wasser) stetig erwärmen.
Allerdings muss man sich auch stets die geistige Komponente der Kata (göttlicher Beistand) vergegenwärtigen, um die Essenz der Kata zu verstehen / die Arbeit gut zu machen. Ohne den Geist und die Philosophie bleibt die Form somit wie eine leere Lehmhülle. Um von der Lehmform (= Braungurt) in die Meistergrade überzutreten, muss der Wegschüler somit die geistigen (göttlichen) Komponenten der Kata durchdringen, dies ist das wahre Ziel der jeder Kampfkunst.
Bunkai:
Als Kampfkunst der Qin ist die Kata Jion vor allem für ihre "Qin Na" Anwendungen (Gelenkhebel) bekannt. Diese gefährlichen Techniken werden aber nur inneren Wegschülern, die die geistige Komponente bereits gemeistert haben, vermittelt und sollen nicht Gegensatnd dieser Untersuchung sein.
Bezüge zu Schulen außerhalb des Shotokan:
Auch weitere Karaterichtungen wurden durch die Lehren der Tempelglocke geprägt. Auch wenn die Kata Jion nicht im Curriculum des Gōjū Ryū Karate enthalten ist, wurden wichtige Lehrinhalte in die zentrale Philosophie des Gōjū Ryū übernommen. So stellen hart und weich sowohl eine Analogie für den trocknenden Lehm und das erstarrende Metall dar, die von einem weichen in einen harten Zustand übergehen. Es ist daher zu vermuten, dass der Stilbegründer Chōjun Miyagi (1888-1953) auf seinen Forschungsreisen in China mit Lehren der Qin Kampkunst in Verbindung gekommen sein muss.
Verfasser: 火蚤, wissenschaftliche Unterstützung: Dr. 茶色
四月! 四月!
2 Anhang/Anhänge
Esoterische Geheimnisse japanischer Stockkampfkunst
Als der Aikido-Gründer Morihei Ueshiba O'Sensei 1961 Hawaii besuchte, führte er dort eine Jo-Performance vor, die Ellis Amdur in seinem Buch "Hidden in Plain Sight" als größten Ausdruck von Aiki, als "explosive/implosive" Kanalasierung von Körperkraft bezeichnete. Einige Zeit, nachdem die zweite Auflage erschienen war, erkannte Ellis Amdur in dieser Jo-Performance ein Shinto-Ritual, weil er einmal ein solches in der Nähe von Kamakura beobachtete, bei der ein mit einer Tengu-Maske bekleideter Shinto-Priester einen Tanz wie ein Besessener aufführte mit ganz ähnlichen Bewegungen wie Amdur sie auf Ueshiba-Video von Hawaii gesehen hat.
Quelle: https://kogenbudo.org/ueshiba-morihe...n-plain-sight/
An anderer Stelle wurde gesagt, dass man Ken und Jo zum Leben erwecken solle, als wären es eigene Gliedmaßen. Aber vielleicht geht das "zum Leben erwecken" noch viel weiter, wie eine jüngst entdeckte Schriftrolle vermuten lässt.
Bekanntlich wurde Jodo bzw. Jojutsu um 1600 vom legendären Musō Gonnosuke Katsuyoshi gegründet. Der Name der von ihm begründeten Schule "Shintō Musō-ryū jōjutsu" verweist schon auf den engen Zusammenhang zu Shinto.
Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/J%C5%8Dd%C5%8D
Der Legende nach unterlag Gonnosuke Katsuyoshi dem Schwertmeister Miyamoto Musashi in einem Duell mit einem längeren Bo und zog sich daruafhin in eine Berghöhle zurück, bei der er eine göttlich Vision von einem Kind erhalten haben soll, worauf er mit einem wesentlich kürzeren Jo (s)eine Kampfkunst Stock gegen Schwert entwickelte. Die Höhle am Mount Homan in der Fukuoka-Präfektur gibt es heute noch; sie enthält einen Schrein sowie eine Reihe Jahrhunderte alte Jos:
Anhang 46684
Wie hier (ab 0:15) anschaulich zu sehen ist, kann ein Katana einen Stock locker durchschneiden. Wie konnte Musō Gonnosuke Katsuyoshi also einen so erfahrenen und berühmten Schwertkämpfer wie Miyamoto Musashi allein mit einem 1,28 m langen Stock aus Holz besiegen?
Eine kürzlich entdeckte, fragmentarisch erhaltene Schriftrolle könnte etwas Licht ins Dunkel bringen.
Es schildert den verzweifelten Kampf eines Schülers gegen einen durch ihn selbst mit Geistern (Kami) zum Leben erweckten Stock, der sich dann auch noch vermehrte, als er mit einem Schwert entzweit wurde:
老師は
一度出発しています。
そして今、彼の精神は
私の意のままに生きることもできる。
彼の言葉と彼の行動
覚えておきます、そして習慣を。
そして、心の強さで
私も不思議なことをします。
Hat der alte Hexenmeister
Sich doch einmal wegbegeben!
Und nun sollen seine Geister
Auch nach meinem Willen leben.
Seine Wort' und Werke
Merkt ich und den Brauch,
Und mit Geistesstärke
Tu ich Wunder auch.
...
邪悪なほうき。
聞く耳を持たない人
あなたがいた杖。
もう一回立ち止まって
Ein verruchter Besen,
Der nicht hören will!
Stock, der du gewesen,
Steh doch wieder still!
結局、あなたは
離さない?
あなたを捕まえたい。
古い木を軽々と割って
鋭い剣で薙ぎ払う。
Willsts am Ende
Gar nicht lassen?
Will dich fassen,
Und das alte Holz behende
Mit dem scharfen Schwerte spalten.
刃先は滑らかでシャープ...
まさにラッキーヒット。
見てください、彼はバラバラですよ
そして今、私は希望を持っています。
そして、私は自由に呼吸しています。
Krachend trifft die glatte Schärfe.
Wahrlich! brav getroffen!
Seht, er ist entzwei!
Und nun kann ich hoffen,
Und ich atme frei!
おやおや
両方のパーツ
慌てて立つ
すでに召使として
洞窟の中で完全に完成しています
Anhang 46685
Oh weh
Beide Teile
Stehn in Eile
Schon als Knechte
Völlig fertig in der Höhle!
助けてください、残念ながら、高貴な権力者たちよ。
あ、マスターが来た!」。
主よ、必要は大きいです。
私が呼んだ霊たちは
もう捨てられません。
Helft mir, ach! ihr hohen Mächte!
Ach, da kommt der Meister!
Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister
Werd ich nun nicht los.
"コーナー "へ
ブルーム! ブルーム!
されていますね。
幽霊のように・・・。
彼の目的のためにあなたを呼び出す。
...老師が最初にあなたを呼び出す」。
»In die Ecke,
Besen! Besen!
Seids gewesen.
Denn als Geister
Ruft euch nur, zu seinem Zwecke,
Erst hervor der alte Meister.«
War es also denkbar, dass Gonnosuke Musashi mit Hilfe eines durch Geister (Kami) belebten Stocks besiegte, der sich auch noch vermehrte, wenn er durchgeschlagen wurde?
Es gibt übrigens Hinweise, dass eine Kopie dieses Textes der Schriftrolle auf noch völlig unbekannten Pfaden vor über 200 Jahren den Weg nach Europa gefunden hat und die deutsche Dichtkunst des ausgehenden 18. Jahrhunderts beeinflusst hatte.