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beniwitt
Angefangen hatte die Diskussion mit Kankens pauschaler Behauptung, dass Zhanzhuang absolut nichts mit Isometrie zu tun habe. Das wollte ich relativieren und habe gesagt, dass Yiquan mit isometrischen, bzw isokinetischen Prinzipien arbeitet. Dabei habe ich betont, dass man hier Isometrie nicht im herkömmlichen Sinne verstehen darf, dass Muskeln isoliert bewusst angesteuert werden, oder, dass man primär mit isometrischer Maximalkraft arbeitet, wie das im isometrischen Krafttraining der Fall ist.
Ich werde die Begriffe Isometrie und Isokinetik ab jetzt meiden. Ich weiß nicht genau ob sie das beschreiben was ich ausdrücken will.
Der Begriff Isometrie ist laut Definition streng genommen nicht brauchbar, da er impliziert, dass die Muskeln ihre Länge gar nicht verändern.
Selbst im ZZ finden ja noch winzige Bewegungen statt.
Mir reicht es festzustellen, dass die im ZZ und Shili erzeugten Widerstände nur durch die jeweilige antagonistische Muskulatur erzeugt werden können.
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Also können wir ja schonmal festhalten, dass letztendlich auch in Pauls Linie mit Isometrischen/Isokinetischen Prinzipien gearbeitet wird.
Nein. :D
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Da wären wir zumindest auf der rein technischen Ebene ja schonmal wieder auf einer Linie mit den Grundprinzipien des Yiquan wie sie auch bei Yao Zongxun, Wang Yufang (Tochter von Wang Xiangzhai), Yang Shaogeng und Yu Yongnian in deren Büchern beschrieben werden.
Da würde mich mal interessieren was sie genau geschrieben haben. Hat der Begriff Isometrie überhaupt ein genaues chinesisches Äquivalent?
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Ich bin jetzt auch ein wenig irritiert von deiner Beschreibung. Erst schreibst du unbewusstes Aktivieren durch Vorstellung und weiter unten dreht es sich um eine bewusste Aktivierung (Steuerung) unbewusster Prozesse. Da ist für mich irgendwie ein Widerspruch drin. Vielleicht magst du das nochmal etwas genauer Erläutern.
Erstere Beschreibung halte ich eigentlich genau für die richtige, wobei man hier aber zwei Fälle unterscheiden könnte, wovon evtl der erste der wäre den du meinst der nicht gut ist und der zweite vielleicht eher das beschreibt was du meinst, bzw der das beschreibt was ich meine.
Ich hätte vielleicht besser schreiben sollen:
Natürlich beinhaltet ZZ und Shili immer antagonistische Muskelarbeit, die Frage ist nur wie diese entsteht.
Entweder durch direktes Aktivieren von Muskeln in Verbindung mit einer Vorstellung oder durch ein indirektes Aktivieren der benötigten Muskeln ausschließlich durch eine Vorstellung.
Natürlich kommt es hier am Anfang zu Vermischungen, aber bei richtigem Training sollte der Unterschied immer deutlicher werden.
Zitat:
Yiquan wurde von Wang Yiquan genannt, nicht weil er einen neuen, eigenen Stil produzieren wollte, sondern weil er die Betonung weg von xing (Form) auf yi (Idee, Sinn, Wahrnehmung) legen wollte um die Wichtigkeit für das Training von Yi zu betonen. Folglich steht im konkreten Training die Arbeit mit Yi an erster Stelle.
Das ist mir bekannt.
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Wenn ich jetzt mit Yi arbeite, ist das zunächst eine bewusste Arbeit, keine unbewusste Arbeit, die aber auch das unbewusste aktivieren kann (z.B. das Tier in uns), oder auch indirekt Bereiche beeinflussen kann die sich nicht bewusst kontrollieren lassen (glatte Muskulatur, Herzmuskel). Hier kommt es aber wieder konkret darauf an mit was für Ideen man arbeitet.
Da stimme ich dir zu.
Ich möchte an dieser Stelle gerne einmal Stefan Gätzner (http://taiji-quan.com/html/konzepte.html) zitieren, der die Arbeit mit Yi im authentischen Yang Taijiquan sehr eloquent beschreibt.
Ich habe einige Stellen, die ich für wichtig halte hervorgehoben:
"Die Voraussetzung für diese Art der Bewegung des Körperzentrums ist aber eine völlige Umstellung der Koordination unserer Bewegungen, so wie wir sie von Jugend an gewöhnt sind. Die "plumpe Kraft", wie sie im Taijiquan bezeichnet wird, muss durch die "innere Kraft", neijin, ersetzt werden. Dies ist in der Regel ein langer und schwieriger Prozess, in dem der Übende gezwungen ist, sehr tief in sich zu gehen, und die weit ins Unbewusste übergegangenen Bewegungsabläufe von Grund auf umzustellen.
Um diese unbewussten Bewegungsabläufe umzugestalten, ist es notwendig, eine Übungsmethodik anzuwenden, die über den gewöhnlichen Lernprozess beim Erlernen von neuen Bewegungen hinaus geht. Denn die einfachste Weise Bewegungsabläufe zu erlernen, besteht in einem Wechselspiel aus Beobachtung, Visualisierung, Nachahmung und Korrektur des Nachgeahmten. Doch kann man den inneren Bewegungsablauf, die Kraftübertragung im Körperinneren als außenstehender Beobachter nicht erfassen, solange man ihn selbst nicht beherrscht. Dies ist analog zum Erlernen von ganz grundlegenden Bewegungsfähigkeiten wie Gehen, Schwimmen oder Fahrrad fahren. Jemand, der z. B. Fahrrad fahren lernen möchte, kann aus der Beobachtung anderer Leute beim Fahrradfahren nur eine beschränkte Menge an Informationen heraus ziehen, die ihm beim Erlernen weiter hilft. Das entscheidende Element, in diesem Fall das spezifische Gleichgewichtsgefühl für das Fahren auf zwei Rädern, bleibt dem Auge verborgen. Er kann dieses Gleichgewichtsgefühl nicht einfach nachahmen, er muss es selbst durch wiederholtes Versuchen in sich entwickeln.
Da also dem Taijiquan Schüler einerseits über einfaches Beobachten der Bewegungen des Lehrers die essentiellen Informationen nicht zugänglich sind und er andererseits unbewusst gewordene Koordinationsmuster auflösen und durch neue ersetzen muss, ist auch eine besondere Lern- und Übungsmethode notwendig. Im Zentrum dieser Übungsmethode steht eine Schnittstelle zwischen bewusstem Denken und unbewussten Ressourcen von Geist und Körper. Diese Schnittstelle wird im Chinesischen als yi bezeichnet, das subjektive und intuitive Erfassen der Grundbedeutung einer bestimmten Interaktion von Menschen, Lebewesen oder Gegenständen mit der Umwelt. Diese Interaktionen können ganz einfacher Natur sein, wie das Wegwerfen eines schweren Gewichtes, das Springen eines Fisches, der Widerstand denn das Wasser einem Körper entgegensetzt. Wichtig ist dabei der unmittelbare subjektive Eindruck, der dem Beobachter durch diese Interaktion vermittelt wird und der auch bei entsprechender Intensität der Vorstellung dieser Interaktion bestimmte körperliche Reaktionen, die oft bewusst nicht ansteuerbar wären, auslöst. Wie bereits erwähnt, kann eine umfassende Muskelentspannung in der Bewegung erreicht werden, wenn man sich vorstellt, dass man sich mit dem ganzen Körper im Wasser befindet und bei jeder Bewegung den Widerstand des Wassers fühlt und es mit bewegt. Wenn diese Vorstellung zu einem realen körperlichen Empfinden wird, kommt es zu der angestrebten Entspannung.
In einem fortgeschritteneren Stadium wird yi so eingesetzt, dass mehrere Vorstellungen miteinander kombiniert werden. Beispielsweise kann das oben erwähnte Empfinden, sich im Wasser zu bewegen, mit der Vorstellung, dass der Körper von einer Energiekugel umgeben ist, dessen Zentrum im Körper auf Höhe des Bauchnabels ist. Die Energiekugel wird aus diesem Zentrum heraus verlagert, rotiert, vergrößert oder kontrahiert. Eine Voraussetzung dafür, dass die Energiekugel nicht einfach nur als Visualisierung existiert, sondern wirklich um den ganzen Körper herum zu spüren ist, ist wiederum das reale Empfinden des Widerstands von Wasser bei sämtlichen Bewegungen und am ganzen Körper.
"Mit Hilfe des yi das qi (gemeint ist neiqi) in Bewegung versetzen und mit Hilfe des qi den Körper bewegen." "
Auch hier wird das reale Empfinden betont und eben nicht wie du schreibst:
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Wenn ich jetzt die Idee des Ball umarmens nehme, steht nicht die Vorstellung eines physischen Balls zu umarmen im Vordergrund, sondern die Idee, dass sich meine Arme, wie wenn sie etwas rundes umarmen würden, in einer horizontalen Sphäre aufspannen. Das ergibt die Form. In einem weiteren Schritt kommt noch die Idee hinzu, dass der Körper zu Wasser wird, weich und nachgiebig (das ist die Qualität). Dadurch entsteht ein Reflex im Körper und entsprechende Tätigkeit wird ausgeführt.
Die Vorstellung "real" werden zu lassen ist der Zweck der Übung. Erst danach ist die Vorstellung auch Mittel zum Zweck. Dazwischen, die Vorstellung generell nur als Mittel zum Zweck zu sehen, wie es mittlerweile oft beim sportlichen Bewegungslernen geschieht oder sie als Empfindung real werden zu lassen, besteht ein großer Unterschied.
Wer das nicht versteht, macht eigentlich kein Yiquan, sondern nur elaboriertes isometrisches/isokinetisches Training ohne äußere Widerstände und in Verbindung mit bestimmten bewegungsbezogenen Vorstellungen.
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Zu Spannung und Entspannung: Wang Xiangzhai hatte sich in seinen späten Jahren "Alter Mann der Gegensätze" genannt (Gegensätze vereinen sich in Harmonie). Ich denke darin erkannte er einfach ein universales Prinzip, worin für ihn auch die Essenz der der KK lagen. Z.B: Will ich entspannen, brauch ich ein gewisses Maß an Spannung...
Nein, wenn ich liege kann ich fast jede Anspannung abklingen lassen. ;)
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...aber im Prozess des Aufspannens steht am Anfang ganz wichtig die Arbeit mit Ideen weich zu werden und zu entspannen.
Definitiv, damit (Weichheit in allen Bewegungen) sollte man sich einige Jahre ausschließlich beschäftigen. Sonst wird man nämlich nie in fortgeschrittene Bereiche vordringen können.
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Denn das aufspannen an sich ist schon eine Art Training (der ganze Körper bekommt einen leichten isometrischen Tonus). Im Laufe des Stehens hat der Körper aber automatische die Tendenz immer mehr zuzumachen. Daher ist das Entspannen so wichtig. Entspannen aber zum Selbstzweck und ultimativen Ziel zu erklären ist mMn nicht richtig. Wirkliche Entspannung ist ohne Spannung nicht zu denken. Beides ist relativ und untrennbar miteinander verbunden.
Sobald man sich bewegt, muss man Muskeln anspannen. So what?
Die Frage ist nur wie fein man diese Anspannung regulieren kann und wie weit man parasitäre Muskelaktivität verhindern kann.
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Hier stellt sich auch die Frage, ab wann es noch Sinn macht eine Stellung trotz großer Anspannung noch weiter zu halten, oder ob man an einem bestimmten Punkt evtl besser die Position oder auch Ideen wechselt um nicht in eine gewisse Monotonie zu verfallen.
Sicher macht das keinen Sinn, außer man möchte seine Propriozeption nachhaltig abstumpfen lassen.
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Hier sind die Meinungen in den verschiedenen Yiquan Linien und folgenden Generationen tatsächlich teilweise ziemlich weit auseinander gedriftet.
Diesbezüglich wird zumindest im innersten Kreis der wirklich guten Praktiker sicher Einigkeit herrschen. ;)
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Yong Yi, bu yong Li: Li meint hier die Kraft, die nicht in einem Prozess wie oben beschrieben verfeinert wurde. Diese Art von Krafteinsatz ist sehr uneffektiv und qualitativ nicht sehr hochwertig. Die Kraft aber, die immer mehr aus der Verfeinerung der Arbeit mit Yi heraus entsteht, diese Art von Kraft ist das Ziel das zumindest im Yiquan entwickelt werden soll. Diese Kraft ist das Ergebnis eines sehr feinen und qualitativ hochwertigen Zusammenspiels von Geist und Körper, mit dem Geist am Ursprung von Bewegung. Deswegen bedeutet der Spruch nicht keine Kraft zu benutzen. Im Gegenteil, es entsteht eine sehr große Kraft. Die ist aber von ihrer Organisation und Qualität her nicht mit der herkömmlichen Art und Weise Kraft einzusetzen zu Vergleichen. Da Bewusstsein eine sehr große Rolle spielt, kann man sagen es ist eine Art "Innerer Arbeit". Tatsächlich ist es aber genauso Kraft die zum Einsatz wie bei jedem anderen Menschen auch, nur qualitativ in einer anderen Liga. Von daher ist der Begriff Innere Kraft ein wenig verwirrend. Denn letztendlich ist der Prozess von Geist und Körperverfeinerung unendlich und daher qualitativ immer relativ. Eine Trennlinie wo innen anfängt und aussen aufhört gibt es nicht. Es gibt immer nur jemanden der damit relativ besser umgehen kann. Manche Menschen haben sogar von Natur aus diese Fähigkeit.
Ich glaube hier verbirgt sich doch noch etwas mehr als du vielleicht glaubst, siehe Herr Gätzners und meine Beschreibungen.
Wir reden hier ja sowieso die ganze Zeit von den "einfachen" Fertigkeiten wie Ganzkörperkraft und explosive Kraftentfaltung.
Da gibt es ja noch einiges mehr.
Von Natur aus hat garantiert niemand die Fähigkeiten die mein Lehrer Paul Rogers hat.
Teilaspekte vielleicht, aber nicht das Gesamtpaket.