Zitat von
period
Vergleichen kann man fast alles, es kommt nur immer auf die Parameter drauf an ;) Wenn man zum Beispiel von “mehr Sparring” spricht, kann man das unterschiedlich auslegen – als “ein höherer Prozentsatz an Sparring” oder aber “mehr Training mit dem gleichen Prozentsatz an Sparring”. In beiden Fällen ist es dann relevant, von wie viel Trainingsaufwand man pro Woche spricht. In den Vereinen, für die ich gekämpft habe, lag die Anzahl der angebotenen Trainings auf der Matte meist zwischen 6 und 12 Stunden pro Woche; Man sollte aber erwähnen, dass noch mindestens vier Stunden an Zusatztraining erwartet wurden. Die Konzentration des Sparrings war unterschiedlich gewichtet und lag je nach Verein und Jahreszeit (in der Saison, Vorbereitung oder außerhalb) zwischen ca. ein bis zwei Stunden (= 15-30% der Trainingszeit auf der Matte, 10-20% der wöchentlichen Gesamttrainingszeit) und ca. 5-10 Stunden pro Woche (50-90% der Trainingszeit auf der Matte, 50-70 % der wöchentlichen Gesamttrainingszeit). Bei letzterem reden wir aber von der Saisonvorbereitung, also einer Phase, wo man davon ausgeht, dass sich niemand technisch weiterentwickelt und es nur um die Automatisierung von Bewegunsabläufen und das Vervollkommnen der spezifischen physischen Leistungsfähigkeit geht. Wenn sich jemand technisch entwickeln soll, ist mir als Faustregel nahegelegt worden, dass das Sparring nicht mehr als ein Viertel der Trainingszeit betragen soll.
Das bringt mich zum nächsten Punkt: bei uns ist freies Sparring direkte Wettkampf-Vorbereitung, sprich der Übertrag zum Wettkampf ist nahezu 100%, mal abgesehen davon, dass man mit der Härte etwas zurückfährt und dem Schutz des Partners einen höheren Stellenwert einräumt als im Wettkampf (kleiner, aber feiner Unterschied: im Sparring hat man einen Partner, nur im Wettkampf einen Gegner). SV spielt bei uns überhaupt keine Rolle; in den Systemen, die ich trainiert habe wo es gelegentlich auch um SV ging (z.B. Sambo) wurde die SV-Anwendung nie frei gesparrt; es ging immer um ein Situationssparring, sprich eine Aufgabenstellung (z.B. befreien und neutralisieren, dann weg) und um ehrlich zu sein (ohne jetzt zu viele Expertenmeinungen bemühen zu wollen, wie hoch der Stellenwert des “kämpfen könnens” in der SV jetzt wirklich ist) finde ich das aus dem Gesichtspunkt der SV auch zielführender.
In diese Richtung zielte auch meine Frage ab, mit welcher Zielsetzung gesparrt wird, auch die Frage nach den verbotenen Techniken: wie sieht es z.B. mit Takedowns und Bodenkampf aus? Hier liegt m.E. ein ziemlicher Hund begraben, je nachdem von was man ausgeht. Wie gesagt, ich habe prinzipiell nur in Wettkampfsportarten frei gesparrt (primäre Sportart Ringen, daneben Judo, Sambo, Sumo, bisschen Thaiboxen, Boxen und MMA), und da operiert man im freien Sparring naturgemäß nach den Regeln der Sportart, sprich es geht darum, Punkte zu sammeln bzw. Schultersieg, Aufgabe o.ä. zu erzielen. In Folge dessen sind auch die Rundenzeiten etc angepasst, wobei auch variiert wird (längere oder kürzere Runden als im Wettkampf je nachdem, ob Ausdauer oder Tempo im Vordergrund stehen; Runden mit Aufgabenstellung; jede Minute ein frischer Kampfpartner etc). Dabei ist das Sparring vor allem eine Taktikschule und eine Anwendungsüberprüfung von Techniken unter Druck. Wenn wir von der SV reden, dann könnte man den Wert von einem Sparring, wo es erstmal darum geht von der Tritt- in die Schlagdistanz zu kommen ernsthaft in Frage ziehen, nachdem man argumentieren könnte, dass ich in der Trittdistanz noch nicht mal ein wirkliches Verteidigungsszenario habe bzw. meine einzige Aufgabe im Situationssparring darin bestehen müsste, die Distanz nicht kleiner werden zu lassen oder abzuhauen. Wenn die Aufgabe für beide darin besteht, die Trittdistanz zu überbrücken und in die Schlagdistanz zu kommen bzw. Den Gegner zu treffen dann sind wir nicht mehr in der SV, sondern im wesentlichen bei einem MMA- ode Kickboxsparring und ich würde mich dann naturgemäß auf die dort verwendeten Taktiken konzentrieren?
Damit wir uns nicht falsch verstehen: ich möchte hier weder das Thema noch das Sparring in eurer WT-Schule oder in der SV allgemein schlecht machen, ich finde es gut, wenn man Sparring sinnvoll für verschiedene Zielsetzungen nutzt. Jedoch fand ich die Diskussion bisher etwas zu eindimensional bzw. bestimmte grundsätzliche Fragen – wie eben die Zielsetzung des Trainingsmittels Sparring – nicht berücksichtigt; ich hoffe, ich konnte meine Position eingermaßen klarmachen.
Beste Grüße
Period.