Joykey
Wieso kommt bei dir alles vom Projekt Gutenberg?
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Joykey
Wieso kommt bei dir alles vom Projekt Gutenberg?
Wenn ich das wörtlich nehmen darf - Retiarius gegen Murmillo? Das ist so einseitig, dass es schon gar nicht mehr lustig ist. Der Schwachpunkt ist der Helm des Murmillo. Durch das Visier schlägt der Dreizack glatt durch (ein STUMPFER Dreizack kommt mit den Spitzen durch den 10 mm satrken Schild), und die weitgehend eckige Krempe sowie die alberne Helmzier sind super Angriffspunkte für das Netz ebenso wie für den Dreizack. Deswegen tritt der Retiarius ja auch gegen den Secutor an – einen für diesen Zweck optimierten Murmillo mit kleinen Augenlöchern und mehr als doppelter Blechstärke.
Auch Retiarius gegen Secutor geht unserer Erfahrung nach statistisch gesehen meistens für den Retiarius aus. Meiner Meinung nach ist der Scissor der viel üblere Gegner; dafür spricht auch, dass es historisch die Spielvariante der Pons gibt – ein Retiarius gegen zwei Secutores, nie umgekehrt. Ausnahmen gibt es vor allem dann, wenn ein Secutor ein ungewöhnlich guter Sprinter ist und ein sehr gutes boxerisches Distanzgefühl hat. Dadurch kann er dem Netz und dem Einhaken des Dreizacks dann entgehen. Commodus war übrigens in der Regel der Secutor, einige der verlässlicheren Quellen sprechen von ihm als einem der besten Läufer seiner Zeit und attribuieren ihm eine ausgesprochene Sprinter-Physis. Meiner Meinung nach wollte er damit zeigen, dass er sich auch in der an sich schwierigsten Rolle in der Arena wohl fühlte.
Der Retiarius ist dagegen so ziemlich der einzige Gladiator, der mit seinem Arsenal eher ringerisch arbeitet – Dreizack und Netz werden primär zum Ziehen und Aufreissen der Deckung verwendet, auch wenn dann immer mit einem Stoss (Dreizack oder Dolch) beendet wird.
Beste Grüsse
Period.
Die Stoiker waren als Pragmatiker bekannt, vor allem Marc Aurel. Wäre auch nicht anders möglich gewesen als oberster Feldherr und Staatsmanager, der mit viel Geschick und Voraussicht mit seinen Gegnern verhandelte, innen- und außenpolitisch. Hätte er das nicht erfolgreich geschafft, wäre er alsbald ermordet worden, wie viele vor und nach ihm.
Bei dem Schluss ist sehr viel Interpretation dabei… wie gesagt würde ich eher andersrum argumentieren – als Feldherr war er bestenfalls mässig erfolgreich, und bei Verhandlungen mit seinen Soldaten auch nicht wirklich clever. Ausserdem hatten fast alle Kaiser in der Periode ziemlich lange Regierungszeiten – Caracalla ist ebenfalls auf 19 Jahre gekommen, trotz Ermordung. Und Caracalla war (ebenso wie Caesar) bei seinen Truppen sehr beliebt, im Gegensatz zu Marc Aurel.
Und ob man als Pragmatiker oder Theoretiker bekannt wird, hängt auch zu einem guten Teil davon ab, von wem man beurteilt wird…
...wollt mich nur mal bedanken für den interessanten Thread….bin regelmäßiger Hörer vom "Der wilde Stoiker" Podcast und genieße das Thema und auch Periods differenzierte Sichtweise...sehr aufschlussreich und auch interessant
Caracalla war Mitkaiser ab 197, deswegen wird seine Regierungszeit häufig mit 19 Jahren angegeben. Alleinherrscher wurde er erst 211. Dass jemand betrauert wird, sagt erstmal nicht so viel darüber aus, von wem, und dass jemand an der Pest stirbt sagt auch nicht, dass ihn niemand loswerden wollte - ebenso wenig wie die Länge der Regierungszeit ein verlässliches Mittel dafür ist, die Beliebtheit von Herrschern zu schätzen, und schon gar nicht um festzumachen, wie gemässigt jemand unterwegs war. Ich verweise auch darauf, dass man für eine Ermordung nicht zwingend eine grosse oder auch nur besonders einflussreiche Gruppe braucht - nur eine, die hartnäckig genug ist, sich nicht allzu dumm anstellt und entsprechend Glück mitbringt. In den Worten der IRA "This time we were unlucky, but remember, we have to be lucky only once."
Also wenn Du die Mitregentschaft dazurechnest, wären es bei Marc Aurel satte 33 Jahre, was Caracalla nicht einmal insgesamt an Lebensjahren erreichte.
Eben. Die Frage ist halt auch immer was an Überlieferungen übrig bleibt. Ein Intellektueller kommt in den Schriften von anderen Intellektuellen meist besser Weg, als jemand aus anderen Kreisen. Das heißt dann aber nicht, dass der eine im restlichen Volk genauso beliebt bzw der anderen genauso unbeliebt war. Die Frage ist halt immer wer die Geschichte erzählt.
Gibt es bei beiden Gutenberg in Deutsch: Gutenberg Projekt und Gutenberg Project, bei letzterem kann man es auch herunterladen, alles kostenlos und die Werke genug alt und gemeinfrei.
Kosmos/Gott - Berg/Transzendenz - Leben/Intuition
Marcus Aurelius Antonius, Selbstbetrachtungen.
X 36, IX 1, XII 24, VII 47, VII 55, XII 23, IX 22.
"Was ist Asien und Europa? Ein paar kleine Stückchen der Welt.
Was ist das ganze Meer? Ein Tropfen in der Welt.
Und der Athos? Eine Weltscholle.
Alles ist klein, veränderlich, verschwindend.
Aber alles kommt und geht hervor
oder folgt aus jenem allwaltenden Geiste.
Denn die Allnatur ist das Reich des Seienden.
Diese steht mit allem Vorhandenen in engster Verbindung.
Ferner wird jene auch die Wahrheit selbst genannt
und ist tatsächlich der Urquell alles Wahren.
Welch ein Glück, wenn du plötzlich über die Erde emporgerückt
von oben herab auf die Menschenwelt herniederschaust,
um den großen vielgestaltigen Wechsel in derselben wahrnehmen
und zugleich den ganzen Umkreis luftiger und ätherischer Wesen
mit einem Blicke übersehen zu können!
Betrachte den Umlauf der Gestirne, als wenn dein Leben mit ihnen umliefe.
Und erwäge beständig die wechselnden Übergänge der Grundstoffe ineinander.
Denn solche Betrachtungen reinigen dich vom Schmutz des Erdenlebens.
Sieh dich nicht nach den leitenden Grundsätzen anderer um,
sondern schaue vielmehr unverwandten Blickes auf das Ziel,
zu dem die Natur dich hinführt, jene Allnatur
in allem, was dir widerfährt,
und deine eigene durch deine Obliegenheiten.
So ist auch der ein von Gott Geführter,
der sich von Gott auf dessen Wegen
übereinstimmend mit seiner Gesinnung
zu gleichen Zielen führen lässt.
Forschend wende dich deiner eigenen Seele,
der Seele des Weltganzen und deines Nächsten zu.
Deiner eigenen Seele, um ihr Sinn für Gerechtigkeit einzuflößen,
der Seele des Weltganzen, um dich als Teil des Ganzen zu erinnern,
der Seele deines Nächsten, um zu erkennen,
ob derselbe unwissentlich oder wissentlich gehandelt habe,
und zugleich zu bedenken, dass sie der deinigen verwandt ist."
Quelle: Projekt Gutenberg
Die Stoiker entwerfen eine Ethik, die in der intuitiven Natur des Menschen liegt und im Kosmos verankert ist. Das Allnatur-Zitat von Marcus Aurelius fasst dieses Leitziel der antiken Stoiker sehr gut zusammen, nämlich die synchrone Ausrichtung auf den all-gegenwärtig handelnden kosmischen Logos (Gott), was sich in allen Teilbereichen harmonisch ausgleichend auswirkt in übereinstimmendem Einklang mit dem Logos als göttlichem Prinzip des Kosmos (Allnatur).
Die menschliche Natur wird dabei als Teil der all-umfassenden Natur untergeordnet bzw. die menschliche Vernunft als Teil der kosmischen Vernunft (Logos) betrachtet. Es geht also darum, intuitiv in Einklang mit der menschlichen & all-umfassenden Natur der Vernunft zu leben, da der Logos (Gott) sowohl in der menschlichen wie in der all-umfassenden Natur wirksam ist.
Verhaltensweisen oder Handlungen eines Lebewesens, die mit der kosmischen Vernunft (Logos) und damit mit der wahren Natur des Handelnden in Einklang sind, nennt die Stoa das Angemessene (Kathekon), was einem Wesen auf angemessene Weise als Recht und Pflicht zukommt und entspricht.
Der Philosophenkaiser Marc Aurel empfiehlt immer wieder, eine bewusste Haltung der Wertschätzung gegenüber den profanen Dingen und Lebewesen einzunehmen durch eine erweiterte Perspektive, jeden Betrachtungsgegenstand im Kontext des Kosmos zu sehen und diesen jeweils in das schöne und intelligente "Design des Kosmos" einzugliedern. LOGOS, das Prinzip der Weltgestaltung, das den Kosmos durchdringt, wird von den Stoikern mit Gott gleichgesetzt. Logos ist im Judentum das ewige Denken des einen G-ttes, das bei der Schöpfung wirkt, und im Christentum ist Logos von Gottes Wesen und als Wort bei Gott im Anfang aller Dinge. Also klare Parallelen.
Die antiken Stoiker entwickelten eine Ethik, die in der Natur des Menschen gründet und im göttlichen LOGOS des Kosmos verankert ist. Logos (Geist Gottes) gestaltet die Hyle (stoffliche Materie) und durchdringt diese, so wie die vergeistigte Seele den materiellen Körper durchströmt und durch diesen tätig wird, dabei jedoch ihre eigene Existenz beibehält.
Der in Naturgesetzen und in geistigen Gesetzmäßigkeiten wirkende Logos (Vernunft Gottes) entspricht dem aktiv Tätigen, Materie und Leiden-schaften sind dem passiv Leidenden (hyle = Materie, Stoff) zugeordnet.
Nach den Stoikern sind die Leiden-schaften (pathê) wörtlich „Dinge, die man durchmacht“, und stehen im Gegensatz zu Handlungen oder Angelegenheiten, die man tut.
Leiden-schaft = also etwas, was Leiden (er)schafft!
Das Bestreben der Stoiker, im ursprünglich hellenistischen Sinne „apathisch“ zu sein, zielt nicht darauf ab, sich um nichts zu kümmern, sondern bedeutet lediglich, sich nicht passiv von den Leiden-schaften beherrschen zu lassen, stattdessen vielmehr selbst aktiv zu werden und positiv einzuwirken auf die eigenen Reaktionen. Es bedeutet eine unabhängige Art des autarken Selbstmanagements und Selbststeuerung. Die Stoiker bejahen gute Gefühle wie Freude, Geistesgegenwart, Freundlichkeit, Großzügigkeit und Herzenswärme.
Materie ist QUANTITATIV, Zeit/Logos ist QUALITATIV.
"Dabei durchdringt der die Materie (hyle) formende und QUALIFIZIERENDE Logos (die Vernunft) diese ganz und gar."
Quelle: (Stoa unter 2.2. Physik) bibelwissenschaft.de/stichwort/53988/
"Der Raum ist eine quantitative Dimension, die Zeit eine QUALITATIVE."
Quelle auf Youtube: (ab 1:00) Urknall, Weltall und das Leben - Harald Lesch - Die vierte Dimension: Was ist Zeit? - Kosmologie
Wie oft planen wir Tage, Wochen und Monate im Voraus. Dabei sind es oftmals Minuten oder gar Sekunden, die über unser Leben entscheiden. Das erinnert mich wiederum an die ergreifende Rede des römischen Stoikers Seneca zur ZEIT.
Youtube: Zu Glück, Schmerz, Seelenruhe von Lucius Annaeus Seneca youtu.be/DAjcjaW4LXM
Entwickle für Dein Ziel eine klare Vision - wie ein Schiff - und behalte dies im Fokus,
indem Du Ablenkungen davon loslässt, wie bei einem Heißluftballon.
Wirf unnötigen Ballast ab, um den schwerfälligen Kahn hochzubringen, zuerst äußerlich, dann innerlich.
Je schwerer beladen das Schiff, desto langsamer bewegt es sich vorwärts.
Deshalb lasse die Leiden-schaften los, die Dich in eine materielle Schwere binden und leiden lassen,
und richte Dich innerlich und äußerlich auf Deine eigentliche intuitive Zielvision aus,
damit Deine im LOGOS verankerte Seele ihre beflügelnden Träume entfalten kann wie ein Adler
und in der Geistestätigkeit des LOGOS synchron funktioniert und auf das Ziel hinsteuert.
Es braucht zuerst das große äußere und innere Aufräumen und Abwerfen bei sich selbst (bei mir durch die Philosophie des Minimalismus und Stoizismus), um sich herauszuarbeiten aus der Lageorientiertheit in eine angstenthobene, peripher fokussierte Zielgerichtetheit, so wie ein Heißluftballon durch Abwurf der belastenden Gewichte in die Höhe steigt und sich vom Wind des kosmischen Geistes (LOGOS) tragen lässt. Nun geht es darum, Feuer in den Ball zu lassen und den Heißluftballon in die richtige Richtung zu steuern, dabei nicht von den Ängsten diktiert zu werden, sondern den Antrieb darin zu finden, sich von den eigenen intuitiven Zielvisionen beflügeln zu lassen.
Expecto Godi - Inspiration & Empathie - Entspannungsmusik - Tiefenentspannung Stressabbau - Freiheit Leichtigkeit - Heißluftballon
youtu.be/er000o2f4rA
Das Schicksal bezieht sich bei den Stoikern auf den Kausalitätsbegriff von Ursache und Wirkung, unterteilt in vorstellungsauslösende und dadurch den Anstoß zur Handlung gebende externe Ursachen oder Wirkung hervorbringende interne Ursachen, basierend auf der Wahlfreiheit des Menschen, wie er auf die Vorstellung reagiert, ob er den Anstoß zur Handlung umsetzt oder zurückweist.
Widervernünftiges Handeln ist nicht auf die Durchsetzung des Triebes gegenüber der Vernunft (Logos) zurückzuführen, sondern beruht auf einem falschen Verstandesurteil, die dem Trieb eine falsche Richtung weist. Die Affekte gehen auf falsche Urteile zurück oder sind selbst falsche Urteile. Erst durch das kognitive Urteil, die „Zustimmung“ (Assensio), werden die Wahrnehmungen des Bewusstseins (Propatheiai = unwillkürliche Gefühlsreaktionen als Vorstadien der Affekte), zu eigentlichen Affekten. Ein Affekt (Pathos) ist nach altstoischer Auffassung „pervertierte Vernunft“, angestoßen durch den Einfluss, welche die äußeren Dinge über die Vorstellungsbilder auf den Menschen ausüben und durch den Einfluss der Meinungen „der Vielen“.
Ziel ist die Vollendung des Logos, die völlige Freiheit (Apathie, was keineswegs Gefühllosigkeit bedeutet) von den auf falschen Urteilen basierenden Affekten.
Laut den antiken Stoikern werden also erst durch das kognitive Urteil der „Zustimmung“ die Wahrnehmungen des Bewusstseins (unwillkürliche Gefühlsreaktionen als Vorstadien der Affekte) zu eigentlichen Affekten.
Das passt sehr gut zur heutigen Kognitionspsychologie, die auf dem antiken Stoizismus aufbaut. Das habe ich mehrfach gelesen und wird auch von einem Verhaltenstherapeuten bestätigt, der ganz bewusst den Stoizismus mit der heutigen Verhaltenstherapie vergleicht in seinen interessanten englischsprachigen Texten.
z. B. in folgendem Artikel, wo er sogar Bezug nimmt auf das Schiff im Sturm und dies nun auch noch verhaltenstherapeutisch ergänzt mit der sogenannten AWARE-Methode
AWARE (Accept - Watch - Act - Repeat - Expect), also
- Akzeptiere Deine Angst als normale, harmlose, vergängliche Erstreaktion, wie bei einem wogenden Schiff im Sturm.
- Schaue Dir diese flottierenden Angstgefühle mit Abstand wertfrei von außen an, wie vorüberziehende Wolken.
- Verhalte Dich der Angst gegenüber gelassen, sanftmütig, achtsam geduldig und mutig, ohne Überbewertung.
- Wiederhole angstneutralisierend die stoizistische Gelassenheit und gewöhne Dich an die Angst, ohne Vermeidung.
- Erwarte eine realistische Verbesserung dadurch.
Quelle: medium.com/stoicism-philosophy-as-a-way-of-life/being-aware-of-anxiety-1a71b9e1924d
Weitere englischsprachige schöne Artikel zur verhaltenstherapeutischen Anwendung des Stoizismus:
medium.com/stoicism-philosophy-as-a-way-of-life/how-to-think-like-marcus-aurelius-232eea728ed4
theatlantic.com/entertainment/archive/2013/05/marcus-aureliuss-one-question-to-beat-procrastination-whining-and-struggle/276288/
Ziel ist also im Stoizismus die Vollendung des Logos, die völlige Freiheit von den auf falschen Urteilen basierenden Affekten, die angestoßen werden durch den Einfluss, welche die äußeren Dinge über die Vorstellungsbilder auf den Menschen ausüben und durch den Einfluss der Meinungen „der Vielen“.
Vera F. Birkenbihl erklärt genau das auf Youtube, inwiefern eben wirklich alles von der urteilenden Vorstellung abhängt, also auch hier eine klare Parallele zum Stoizismus:
Richtige Einstellung - Mindset für Erfolg - Neues Denken - Lernen der Zukunft - Vera F. Birkenbihl youtu.be/fxemEX44qj4
Ergänzend zur erwähnten Birkenbihl-Methodik
Birkenbihl 3-Schritte-Methode des Erfolgs 1. - Thema suchen - Plan fassen - Zieldefinition. auf Youtube:
- Ziele erreichen - Grenzen durchbrechen - Die beste Methode - Vera F. Birkenbihl youtu.be/i0buVqFRY_I
- Ziele erreichen - Einstellung verändern - Richtig denken lernen - Vera F. Birkenbihl youtu.be/LjX7JxIsA0M
Eine Parallele zwischen wissenschaftlicher Kognitionspsychologie und (römischem) Stoizismus ("den römischen Fluss Rubikon überschreitend" als Redewendung für eine entscheidende Zielhandlung) findet sich im Erweiterten Rubikon-Modell ZRM der Uni Zürich mit den 5 Phasen bis zur Handlung.
ZRM-Online-Tool - Uni Zürich (kostenlos) zrm.ch/zrm-online-tool-deutsch
Rubikon-Video auf Youtube: majastorch - ZRM-Training youtu.be/ideJm4BsskA
Ich habe in der Schriftenreihe der Eidgenössischen Militärbibliothek (EMB) und des Historischen Dienstes eine Quelle gefunden, welche aufzeigt, dass der Einfluss des griechisch-römischen Stoizismus auf die militärischen Zielgruppen von vornherein angestrebt und verquickt wurde durch eine stoische Militärmetaphorik, um die verwilderten Heere zu disziplinieren und ethisch zu schulen, da diese vorher völlig unkontrolliert herumzogen und die Zivilbevölkerung des römischen Reichs ausbeuteten, vergewaltigten und ermordeten.
Damit kann "der Stoizismus als (weitreichende) Konstitutionsbedingung der Neuzeit anerkannt werden" (Günter Abel).
Und: "Senecas Adressaten sind nicht Fachphilosophen, sondern in Militär und Politik avancierte Männer von Stand."
Außerdem: "Denn was für die Philosophie des Seneca gilt, gilt ebenso für die Philosophie des Justus Lipsius (1547 - 1606), des Hauptvertreters neustoischer Philosophie. Lipsius war [...] Verfasser einiger militärhistorischer und militärtheoretischer Schriften, die für die Entwicklung des niederländischen und später des preussischen Heerwesens richtungweisend wurden."
Quelle: S. 6, 7, 19, 20, 24 Andreas Urs Sommer, Zur militärischen Metaphorik im Stoizismus, Nr. 2 aus: Schriftenreihe der Eidgenössischen Militärbibliothek (EMB) und des Historischen Dienstes, Bern, Oktober 2002.
Um Soldaten zu disziplinieren braucht man keine besondere philosiophische Ausbildung. Dieses Bild von den edelen, philosophisch gebildeten Kriegern findet man eigentlich nur bei Leuten die mit dem Kämpfen direkt nicht viel oder gar nichts zu tun haben. Und disziplinierte Heere gab und gibt es auch ohne eine aufs Militär zugeschnittene Philosophie. Wobei sie natürlich unterstützen kann. Das ist aber noch mal ein anderes Thema.
Ich würde auch bezweifeln, dass der Stoizimus entwickelt wurde und dann dem Militär übergestülpt wurde. Eher umgekehrt. Ja auch heute findet man bei vielen Soldaten, Kämpfern, Kriegern einen Hang zum Stoizismus. Das liegt daran, dass der Stoizismus ganz gut zum Leben eine Kämpfers passt. Bzw du den Bewältigungsstrategien. Ich würde also behaupten, dass bei den meisten Kämpfern, die sich mit den Stoikern beschäftigen und sich dementsprechen verhalten, ihr Verhalten nicht durch den Stoizimus geprägt wurde, sondern dass sie sich die Stoiker ausgesucht haben, weil sie zu ihrem Weltbild passen. Einige Richtline oder Grundsätze des Stoizismus können sich einfach bei einer bestimmten Lebensweise ergeben.
Von daher würde ich behaupten dass die Prägung hauptsächlich vom Militär Richtung Stoizismus ausging und nicht umgekehrt.
Beides. Im frühen Stoizismus in Griechenland spielt die Militärmetaphorik eine noch unbedeutende, untergeordnete Rolle. Der vernünftige Stoizismus kam den pragmatischen Römern mit ihrem rational organisierten Behördenapparat (Rechtswesen, Politik, Militär) im ganzen römischen Reich sehr entgegen.
Kam vielleicht nicht richtig rüber. Ich bestreite nicht, dass Stoizimus Militär und Co beeinflusst hat. Ich würde nur behaupten, dass das Militärwesen und Kriegertum den Stoizismus stärker beeinflusst haben als anderes rum. Vielleicht ging der Stoizismus sogar davon aus.
Was nicht viel aussagt. Das Kriegertum war in früheren Zeiten noch viel ausgeprägter. Krieg und Gewalt waren die Norm. Die Bevölkerung musste mit Dingen umgehen und sie verarbeiten, mit denen in unserer Gesellschaft nur noch ein kleiner Teil Kontakt hat.
Wir haben heutzutage nur kleine Einblicke in die damalige Zeit. Was wen wie beeinflusst hat, ist schwer zu beurteilen, da man meistens nur die Werke des Autor oder die von Anhängern und Widersachern hat. Was aber keine guten Quellen sind um die Entstehung wirklich objektiv zu beurteilen. Du weißt nicht mit wem Seneca alles geredet hat um zu seinen Erkenntnissen zu kommen. Platon war ein Schüler des Sokrates. Aber mit wem hat er noch geredet? Und mit wem hat Sokrates alles geredet? Welche Erkenntnisse von Senca oder Mark Aurel gehen darauf zurück, dass sie mit Soldaten, Handwerkern, Bauern geredet haben. Falls sie mit ihnen geredet haben. Vielleicht ging es auch als Zwischenschritt über die Offziere.
Was wurde aus Ritualen, Verhaltensweise und Einstellungen aus früheren Zeiten übernommen. Der Stoizismus ist ja nicht aus dem Nichts entstanden. Es ist schwer zu sagen wer damals wen wie beeinflusst hat. Wer wie zu welcher Erkenntnis gekommen ist.
Man kann sich aber die heutige Zeit angucken. Wie kommen Soldaten und Kämpfer zum Stoizismus. Und da ist meiner Erfahrung nach die Richtung so, dass sie erst ein gewisses Weltbild entwickeln, geprägt durch das Leben was zu führen. Und dieses Weltbild hat Überschneidungen mit dem Stoizismus und dann fangen sie an sich damit näher zu beschäftigen. Weil es ein Theoriegebilde ist, was ihr praktisches Weltbild erklärt und zusammenfasst und welches dann durch die Beschäftigung mit dem Stoizismus weiter ausgeprägt wird.
Damit sagst du ja das gleiche wie ich. Der Stoizismus wurde vom Behördenapparat übernommen, weil er passte und nicht, dass der Behördenapparat sich gebildet hat, weil dier Stoizimus da war.
Ja, im Prinzip schon, der Stoizismus war eigentlich eine Art modernisierende, breite demokratische Bewegung, welche Hierarchien abflachte und den Sklaven und Armen mehr Rechte verlieh. Die gesunde Vernunft hielt Einzug, die Götter wurden zur metaphorischen Vielfalt eines einzigen Gottes (Logos). Logik & Forschung führten zu den heutigen geistes- und naturwissenschaftlichen Standards. Die heutige kognitive Psychologie basiert auf dem Stoizismus. Die Philosophen waren die damaligen Wissenschaftler und Pioniere des neuzeitlichen Denkens. Gerade das rational gut durchorganisierte römische Militär befand sich auf dem Höchststand der damaligen technischen Möglichkeiten.
Die Stoiker bezogen sich trotz eigener Lehre auch auf andere Philosophen, aber in Rom und später im römischen Reich etablierte sich vor allem der Stoizismus in der breiten Bevölkerung, wurde während der Christianisierung integriert und dadurch auch außerhalb des römischen Reichs verbreitet und verankert, wodurch es für das niederländische und preußische Heerwesen wegweisend wurde. Die typisch "deutschen" Qualitäten wie Pünktlichkeit, Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit kommen eigentlich aus dem römischen Stoizismus.
Das beantwortet nicht so wirklich meine Frage ob der Stoizismus deiner Meinung nach für die Entwicklung der römischen und später europäisch bzw westlichen Kultur verantwortlich ist.
Ich bezweifel, dass die Tugenden ein Alleinstellungsmerkmal des Stoizismus sind.
Es geht nicht um Meinungen, sondern um die historischen Fakten, welche Historiker dazu vorfinden. Ich kann nur mitteilen, was ich in der entsprechenden Fachliteratur dazu gelesen habe.
Tendenziell gibt es in der neueren Philosophie Bemühungen, den antiken Stoizismus in eine reine Coaching-Lebensphilosophie umzugestalten und den spirituellen sowie ethisch-moralischen Hintergrund (LOGOS = Gott) komplett fallen zu lassen, wobei dies natürlich von den Wurzeln her trotzdem eine Option bleiben kann. Diese optionale Offenheit und Anschlussfähigkeit in alle Richtungen bot der antike und vor allem der römische Stoizismus aber schon immer an.
Diese Fachinterpretation der Quellenauswertung ist es ja, was ich in den meisten Fällen zitiert habe, wenn es nicht Übersetzung der Primärliteratur war. Habe bisher keine nennenswerten Widersprüche unter den Fachleuten gefunden, was die Fakten angeht.
Natürlich habe ich eine persönliche Sichtweise zum Stoizismus, wie ich diesen für mich sinnvoll anwende und was er mir persönlich bringt, was ich hier im Thread auch beschrieb.