@Simplicius:
Würdest du dein "Aha" auch genauer ausführen?
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@Simplicius:
Würdest du dein "Aha" auch genauer ausführen?
Hm. Woher die Motivation kommt, ist dem Opfer doch sicherlich egal. Ob der Täter nun krank ist oder einfach nur Macht ausübt, das Ergebnis bleibt das gleiche. Beide Täter ignorieren die Konsequenzen, die sich daraus ergeben.
Ja, das möchte ich und das habe ich bereits getan, als ich entschieden habe, die Maschinen meines Vaters abstellen zu lassen. Es hat mir keinen Spaß gemacht, aber ich würde es wieder tun.
Aus rein rationalen Gründen. Hätte ich mein Herz entscheiden lassen, hätte ich bis heute knapp 4 Monate damit verbracht, täglich mehrere dutzend Kilometer zu fahren, nur um an einem Krankenbett zu sitzen und darauf zu hoffen, dass er wiederkommt. Und ihn hat es absolut überraschend aus dem Leben gezogen (Herzinfarkt ohne vorherige Anzeichen). Morgens noch mit ihm telefoniert, nachmittags ruft die Polizei an, er läge im Krankenhaus. Gefunden auf der Straße, Reanimation, Intensiv-Station. Dort wollte mir die Ärztin noch gut zureden, dass es die bessere Variante wäre, ihn gehen zu lassen, aber die Ansage habe ich ihr erspart und sofort entschieden. Gegen den Wunsch meiner Geschwister, gegen mich selbst.
Warum also sollte ich bei einem mir absolut Fremden Gnade walten lassen? Nur weil er evtl. krank ist? Weil er eine schlimme Kindheit hatte?
Wenn ihm das Leben anderer egal ist, ist mir seins ebenfalls absolut egal.
Und wenn bei einer Verhandlung absolut und eindeutig klar ist (erdrückende Beweislast; z.B. Geständnis), dass der Angeklagte auch der Täter ist, dann stellt mich persönlich das vor keine großartige Herausforderung.
Zudem wäre damit auch das Problem der Wiederholungstäter ausgeschlossen. Ebenfalls ausgeschlossen wären psychatrische Gutachten, die nicht das Papier wert sind, auf dem sie stehen. Weil Frau Doktor sich becircen lässt zum Beispiel.
Ich lese hier nicht mit, bin nur gestern wegen dem tollen nick Bärserker hier gelandet, hattet ihrvermutlich schon, aber bei geschätzten 5-15% von Justizirrtümern kann man imo in gar keinem Fall für eine Todesstrafe plädieren...
JUSTIZIRRTÜMER: 2475 verlorene Jahre - Leben - FOCUS Online - Nachrichten
Falsche Zeugen: Lügen, die man gerne glaubt | Gesellschaft | ZEIT ONLINE
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Alex,
ich habe so etwas nie selbst entschieden, aber mein Vater traf eine vergleichbare Entscheidung bei seinem Vater, meinem Großvater. Auch Herzinfarkt, auch nicht mit den Geschwistern abgestimmt. Allerdings war der Infarkt so schwer, dass ein Überleben auch mit Maschinen über die nächsten Stunden hinaus unwahscheinlich war. Die Entscheidung lief darauf hinaus: Abschalten und hoffen, dass er es aus eigener Kraft schafft.
Nur: das sind für mich nicht unbedingt vergleichbare Situationen. Wenn man sieht, das ein anderer leidet bzw. leiden würde (mein Opa war ca. 11min klnisch tot und krampfte bereits wegen des Sauerstoffmangels) ist es sicherlich zweifelsfrei eine große Hilfe, ihm eine Entscheidung abzunehmen, die er nicht mehr treffen kann.
Vergleichbar wäre es tatsächlich, wenn die Gewissheit gegeben ist, dass das Opfer wirklich extrem leiden würde, wenn der Täter weiterlebt. Aber gut, so eine Diskussion kann man sicherlich über viele Wege fortführen. Tatsache ist, dass ich selber überhaupt nicht weiß, wie ich reagieren würde. Ich könnte es jedenfalls nur schwer ertragen, wenn jemandem, den ich liebe und schätze, etwas derart widerwärtiges erfährt, ganz egal wie die Zukunft verläuft.
Wenn ich in meinem Leben auf alles genauso reagiere wie es mir verfahren ist (Auge um Auge, ...), dann ist das doch eine Abwärtsspirale, es entsteht doch dann so eine kontrollierende Situation, jeder schaut genau darauf, was der andere macht und tut es ihm gleich, dann kann ich mich aber nicht mehr frei bewegen, künstlerisch tätig werden, dann bin ich nicht mehr ich, dann wird alles zwanghaft und unangenehm. Das ist nichts für mich.
Wenn Du die obige Einstellung hast, was wäre, wenn eine Vergewaltigung in Deiner Familie passieren würde, wie könntest Du danach mit Deinen Menschen weiterleben?
Da ist zu unterscheiden zwischen possessivem gehören (wie man ein Handy, Auto usw. besitzt) und zueinander gehören. Ersteres kann niemals eine gesunde Beziehung zwischen zwei Menschen ermöglichen.
Im Grunde überwältigt und besitzt der Vergewaltiger den Körper eines anderen Menschen durch Gewalt. Possessives Benutzen läuft auch in Beziehungen ab, wenn auch nicht unter direkter Gewaltausübung:
Zum Beispiel, wenn der Mann eine Frau zum Sex überredet, obwohl sie keine Lust dazu hat und er das weiß.
Oder wenn ein Mann eine Prostituierte bezahlt und ihren Körper besitzt (laut Studien sind das meistens Frauen, die früher Opfer von Missbrauch waren).
Zur ethischen Debatte meine ich, dass jeder Mensch trotzdem seinen Wert hat, unabhängig von seinen Taten. Was nicht jeder Mensch hat, ist ein freier, starker Geist, der weder possessiv besitzen will noch sich aufgebend jemand anderem gehören will. Daran kann man aber bei sich arbeiten.
Ich würde dem-/derjenigen eine Hilfe sein auf dem Weg zurück zur Normalität. Immerhin kann er/sie nix dafür und gelitten bzw leiden tut er/sie genug.
Nochmal, nur um es deutlich zu machen:
Ich habe nix gegen die Todesstrafe, bin aber auch nicht unbedingt dafür. Klingt paradox, ist aber so. Ich spreche mich absolut gegen Selbstjustiz aus!
Ich frage mich die ganze Zeit schon,
inwiefern diese ganze Vergewaltigungs/Missbrauchs Thematik hochstilisiert wurde/wird
Ist es wirklich schlimmer als jemanden halbtot zu prügeln, Jahre lang zu terrorisieren oder umzubringen ?
denn letzten Endes entscheidet, einfach gesagt, das Individuum(bewußt) oder die Gesellschaft (unbewußt(auf den einzelnen bezogen)),
wie solche Dinge zu bewerten sind
Woher wusste ich, dass es mindestens einen gibt, der meinen Post nicht richtig liest?
Wie du vllt. gesehen hast, habe ich das Wort Besitz in "" gesetzt.
Damit sollte eine Überspitzung des Wortes deutlich gemacht sein.
Aber extra für dich versuche ich es nochmals etwas deutlicher:
Liebe ist eine andere Art von Besitzdenken.
Die zugrunde liegenden Instinkte sind die gleichen.
In beiden Fällen (also Liebe und Besitz) ist ein Gedanke vorherrschend: Das da ist mir!
Und was mir gehört, wird von mir verteidigt. Egal, ob es die Frau, die Kinder oder das Handy ist. Den "Besitz"-Anspruch (auch hier wieder überspitzt; bitte beachten!) findet man sogar in den Aussagen:
Jeder sagt: Meine Frau oder Mein Mann. Meine Kinder.
Ebenso sagt jeder: Mein Handy, mein Auto, mein Haus, etc.
Wäre es nicht richtiger, bei Personen, die einem nahestehen folgendes zu sagen? Die Frau/der Mann, die mit mir die Wohnung und das Bett teilt? Die Kinder, die ich zeugte?
Bei einer Frau, die ein reines Betthupferl war (am Rande: Das war ein Beispiel, keine Autobiografie!), interessiert es einen Mann in den absolut seltensten Fällen, was sie danach macht.
Bei einer Liebesbeziehung sieht das anders aus. Da wird beobachtet, mit wem sie spricht, wer sie anmacht, etc.
Und wenn dann eine imaginäre, selbst gezogene Grenze überschritten wird, greift wieder der o.a. Reflex und man greift ein.
Die Unterscheidung, wie sie Lucy anspricht, ist hier die wichtige.
Ich seh es eigentlich gerade andersrum. Ich kann es auf menschlicher Ebene nachvollziehen und auch aus meiner eigenen Perspektive habe ich kein Problem damit zu sagen "dieser und jener verdient ne Kugel in den Kopf". Im Gegenteil.
Aber ich bin eben auch ein Mensch und entsprechend emotional, was Empörung, Rachsucht und den Wunsch nach Vergeltung miteinschließt.
Ein Staat darf so imho nicht operieren. Das schließt die Tötung von Menschen ohne zwingende Not einfach mit ein.
Zumal es ein sicheres Urteil eh nicht gibt. Ein einziger unschuldig Hingerichteter unter tausend Mördern ist schon zu viel. Das langt mir eigentlich als Totschlagargument wider die Todesstrafe, ohne dass ich mich mit Staats- und Rechtsphilosophie auseinandersetzen muss.
Wenn Deine Tochter, z.B. vergewaltigt wurde und sie entwickelt sich nun so weiter, dass sie zu einer Prostituierten wird, die Möglichkeit sprach Luci an. Oder Dein Sohn wurde vergewaltigt und er entwickelt sich zu einem Menschen, der gerne andere vergewaltigt, das ist eben seine Reaktion darauf. Wie gehst Du dann damit um?
Vor einiger Zeit habe ich von einem Naturvolk gehört, was ihren Jungen das Töten von Tieren im Alter von ca. 5 Jahren beibringt. Bei diesen Menschen ist es wichtig, dass die Jungen die Tiere nicht quälen, bevor sie sie umbringen, das Quälen eines Tieres oder Menschen wird als wiederlich empfunden und Menschen, die das tun als ekelhaft empfunden.
Und wenn ich in mich hineinfühle, wenn ich an gequälte Tiere oder Menschen denke, dann empfinde ich Ekel, dann wird mir schlecht. Und da ich immer alles aus meinem Gefühl heraus mache gibt es da durchaus für mich einen Unterschied und zwar die Intensität von Ekel, Kotzgefühl und Wiederwertigkeit.
Vergewaltigung ist ein Unterwerfungsakt, der zu einer extremen Verunsicherung führen kann, z.B. wenn die eigene Wohnung nicht mehr als sicher empfunden wird, oder eine Person, die eigentlich beschützen soll, zum Täter wird.
Das Selbstbild kann massiven Schaden erleiden.
Natürlich ist für die meisten Tötung schlimmer, daher können ja manche Opfer mittels Androhung von Tötung gefügig gemacht werden.
Aber so etwas (Vergewaltigung schlimmer als Tötung) hat hier ja niemand behauptet, oder?
Wenn ich jemandem emotional nahe bin, dann fühle ich mit ihm und möchte nicht, dass der leidet.
Dazu muss ich mit demjenigen nicht mal das Haus oder Bett teilen, oder der leibliche Vater sein.
Ein Handy leidet nicht, mit dem kann ich kein Mitgefühl haben.
Dann ist es für diesen Reflex aber egal, ob diejenige vergewaltigt wird, also leidet, oder fremd geht, also Spaß hat?
In beiden Fällen vergreift sich jemand am "Besitz".
Manche Väter sind ja ihren Gefühlen soweit entfremdet, dass sie die eigene Tochter bestialisch töten, wenn die sich nicht Regelkonform verhält.
Es ging hier eigtenlich nicht um Todesstrafe, sondern eher darum, dass hier manchen das Leben eines Vergewaltigers mehr wert ist, als die eigene sexuelle Selbstbestimmung.