Zitat von
carstenm
Was aikidô anbetrifft, so sind in den letzten Jahren etliche grundlegende Texte neu übersetzt und andere überhaupt erst übersetzt worden.
Die englischen Texte, die bis dahin existiert haben, stammen im Wesentlichen alle von einem Übersetzer.
Inzwischen kann man zeigen - was vorher nur vermutet wurde - daß diese Übersetzungen stark tendenziös sind, da sie von den christlichen Überzeugungen des Übersetzers geprägt sind.
Und man kann zeigen, daß es profunde sachliche Fehler gibt, weil diesem Übersetzer die Sachkenntnis gefehlt hat.
Beide Fehler haben sich bei Übersetzungen der englischen Ausgaben ins Deutsche potenziert: So fehlt z.B. in der deutschen Ausgabe von "budô" die Anweisung, man solle den Gegner mit voller Kraft ins Gesicht schlagen, die in der englischen Übersetzung immerhin enthalten ist, völlig. Einfach aus weltanschaulichen Gründen unterschlagen.
Das Bild des aikidô, wie es heute im Wesentlichen existiert und fast alle Übenden prägt, geht aber auf diese fehlerhaften Übersetzungen zurück.
Das betrifft auch gerade die Friedlichkeit des Gründers und seiner KK.
aikidô wird immer wieder als "friedliche KK" oder "KK des Friedens" bezeichnet.
Aus der Sicht des christlich geprägten Übersetzers, dem gleichzeitig die Kenntnis der inneren Arbeit fehlte, die Ueshiba wesentlich geprägt hat, kann - wie auch der moderne westliche Leser - den Begriff "Frieden" ja nur als einen bestimmten Zustand zwischen Menschen (oder Gruppen) deuten, in dem Konflikte beigelegt sind, oder nicht existieren ... oder ähnlich. Einen Zustand jedenfalls ohne Kampf.
Bei Ueshiba dagegen ist mit Friede zunächst etwas vollkommen anderes gemeint: Nämlich ein Zustand innerhalb des Kämpfenden, der durch bestimmte, konkrete Übungen erreicht wird. "Friede" ist der Name eines bestimmten Hexagramms dessen Äquivalent der Körper des Übenden abbilden muß. Damit er sich in einem Konflikt durchsetzen kann.
Ueshiba hat später auch den interpersonalen Friedensbegriff übernommen.
Aber das Üben von aikidô ist zunächst bestimmt durch den intrapersonalen Begriff.
Ueshiba war ein egoistischer, cholerischer, rechtsradikaler Spinner. Ein schlechter Ehemann und ein gruseliger Vater. Er war ein Kriegstreiber und ein Lehrer, dem es zuweilen völlig wurscht war, wenn er einen Schüler verletzt, auch schwer verletzt hat (um solche Geschichten zu hören, muß man japanisch können, weil sie niemals irgendwo aufgeschrieben werden werden)
Ganz sicher ist er als Mensch kein Vorbild für mich. Der hatte nun keinen schwarzen Gürtel.
Aber vergleichbares gilt für nicht wenige hochgraduierte Lehrer ebenso. Ein schwarzer Gürtel kann vieles bedeuten. Aber sicher keine Vorbildfunktion.
Wieder gilt:
Das kann man wissen können. Sowohl, was die Bedeutung der Originalsprache für die Hermeneutik angeht.
Als auch was die Funktion und Kriterien von Graduierungen angeht.
Man kann das wissen. Und wenn man es eben nicht weiß, hilft auch kein Geschrei weiter. Lernen könnte helfen.