Und das wäre?
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Ja, wirklich. Tut mir leid, wenn Dich das schockieren sollte, aber so sehe ich das nun mal. Ich sehe nicht ein, warum für Profisportler andere Richtlinien in Sachen Meinungsfreiheit und sonstiger persönlicher Freiheiten gelten sollten als für andere Bürger; falls nicht, muss dies im Arbeitsvertrag festgehalten sein, ansonsten wären entsprechende Konsequenzen für etwaige moralische Verfehlungen juristisch angreifbar.
Mal ganz davon abgesehen davon, dass ich mir recht bildhaft vorstellen kann, wie ein Kadyrov reagieren wird, falls die UFC Chimaev dafür feuern sollte - der wird ihm vermutlich ne Rente auf Lebenszeit und ne Villa in Tschetschenien zusprechen und damit eine Botschaft an alle Exil-Tschetschenen schicken - "Onkel Kadyrov passt auf euch auf".
Ich verstehe die Frage nicht - fragst Du nach einem Beispiel für einen dezidiert apolitischen Verband oder Sportler? Grammatikalisch wäre meine Antwort auf diese spezifische Frage in Kontext meiner zitierten Äusserung nämlich "Tendenziös und ohne allgemeinen Gültigkeitsanspruch".
das waere dann konsequent und meinetwegen kann er dort leben, ohne die bühne des ufc zu haben! er könnte ja konsequenterweise bei russischen mma organisationen kämpfen. komischerweise huldigen diese leute despoten , leben selbst im dekadenten westen und nutzen des vorteile...
Ja. Jeder Verband ist per Definition schon politisch. Stärkung der Interessen des Verbandes, des Sportlers, der Lobby, etc. pp. Gegen Diskriminierung, Ausgrenzung oder genau das Gegenteil. Alles politische Arbeit. Ein Sportverband kann gar nicht nicht-politisch sein. Deswegen haben alle damit verbundenen Tätigkeiten auch immer eine (sport-) politische Ebene.
Was wäre also ein dezidiert apolitischer Sportler? Einer, der nicht in einem Verband Sport betreibt? Aber das wäre ja auch wieder eine (auch) politische Haltung. Mir fällt echt kein kontextuales Ereignis im Sport ein, dass ich als apolitisch bezeichnen würde.
Damit kommen wir meiner Meinung nach zu einem Kernproblem der Auffassung von Integration: allgemein wird meines Erachtens davon ausgegangen, dass man das Wertesystem eines Landes ohne Vorbehalte akzeptieren muss, um dort zu leben, und das ist schlicht nicht so, weil das gegen die Grundrechte des Menschen verstossen würde. Man kann von allen Bürgern verlangen, dass sie die Gesetze eines Landes respektieren. Solange aber ein moralischer Aspekt nicht gesetzlich festgehalten ist, kann man nicht verlangen, dass er eingehalten wird (im Übrigen weder von Immigrant*innen noch von im Staat Geborenen), noch mit rechtlichen Konsequenzen drohen oder diese einfordern. Warum ein Chimaev in Schweden lebt, ist seine Sache, und was er von der Kultur und Politik seines Herkunftslandes denkt ebenfalls. Es gibt weder ein Gesetz, das besagt, man müsse aus einem Land auswandern, wenn man mit dessen Politik nicht einverstanden ist (oder dürfe nur in dem Fall auswandern), noch eines, nach dem man in ein Land nur einwandern darf, wenn man dessen politischen Kurs gutheisst. Wenn Du einen Passus aus der schwedischen Gesetzgebung kennen solltest, der dem widerspricht, dann würde ich den gerne hören.
Nach der Definition ist aber jeder soziale Aspekt von Sport politisch, und ein Versuch der Auflistung von Beispielen meinerseits erübrigt sich. Somit kannst Du durchaus sagen, dass nach Deiner Definition Sport immer politisch ist. Damit das "Jein" kategorisch falsch ist, müssten wir uns aber auf Deine Definition von "politisch" einigen.
Mit dieser engen Definition kann man jede menschliche Handlung als politisch bezeichnen. Bei Essen, Kleidung, Beruf,... könnte man genau gleich argumentieren, dass man nicht nicht-politisch sein kann. Für mich stellt sich dann die Frage, ob wirklich alles Politik ist oder ob nicht viel mehr mittlerweile alles politisch aufgeladen ist. Das ist durchaus ein Unterschied. Und kommt man, wie ich, zum Schluss, dass vielmehr alles politisch aufgeladen ist, stellt sich die individuelle Frage inwieweit, bzw wo, ich das selbst mittragen will.
Ich denke, dass man unter bestimmten Umständen und in bestimmten Gegenden Einladungen vom "König" einfach nicht ausschlägt. Wer weiß, was da dran hängt? Wenn der eben meint, sich mit Kampfsportlern photographieren zu lassen, hat man evtl. nicht so richtig die Wahl.
Und ein starkes Argument ist, eine Entlassung zu fordern, ohne dass der Betreffende etwas getan hat, das verboten wäre? Dein Argument scheint zu sein, dass
a) Chimaev die Einladung(en) von Kadyrov hätte aus moralischen Gründen ausschlagen müssen - auch wenn davon nichts in seinem Vertrag steht.
b) wenn schon nicht das, wäre es als in Schweden Eingebürgerter seine moralische Pflicht gewesen, sich umgehend öffentlich von Kadyrov zu distanzieren, sobald der seine Teilnahme an der Invasion in der Ukraine angekündigt hat (?); auch davon steht nichts in seinem Arbeitsvertrag.
c) nachdem weder a) noch b) erfolgt sind, müsste die UFC ihn feuern, mit welcher Begründung auch immer.
wenn du dich als neonazi outen würdest... was wäre die reaktion deines arbeitgebers?
1. nicht schlimm: er kann das machen, weil als diese betätigung nicht ausdrücklich im arbeitsvertrag untersagt ist.
2. was würde dieser fordern ? würde die prozedur nicht ähnlich so sein wie du es in punkt 1- 3 beschrieben hast?
Nun ja, pacta sunt servanda. Dennoch ist es dem Arbeitgeber in aller Regel erlaubt, dich freizustellen, (an bestimmten Orten oder für bestimmte Aufgaben) nicht mehr einzusetzen, einen Vertrag nicht zu verlängern, etc. Das ist keine Kündigung und schon gar kein Berufsverbot.
Wenn sich die UFC bestimmte Werte auf die Fahne geschrieben hat, kann sie auch danach handeln (und ich als Fan darf das sowieso fordern). Remember the Özil. Den hat auch keiner raugeschmissen aber der DFB war halt der Ansicht, dass er nicht mehr die Werte des Verbands vertritt trifft und die man sich konsequenterweise von einem Nationalspieler vorgelebt wünscht. Wie immer man das wiederum moralisch bewerten möchte.
Die Frage stellt sich gar nicht, nachdem mein Arbeitsvertrag das dezidiert untersagt. Auch wenn der Arbeitsvertrag das nicht untersagen würde, würde das entsprechende Landesgesetz eine Handhabe dafür liefern. Ergo: das wäre ein ganz klarer Fall, und ich würde aller Wahrscheinlichkeit nach fristlos gekündigt werden. Ich glaube kaum, dass jemand auf die Idee kommen würde, dass ich - sofern ich entsprechende Überzeugungen hegen sollte - diesen einfach so abschwören würde oder könnte.