Ich sagte nicht weil mir als Sinologe der Daoismus verschlossen bleibt, sondern, "mir auch". Unser Denken ist zum einen durch unsere Sprache geprägt - plakatives Beispiel: Ohne Aristoteles gäbe es den Begriff der Kategorie nicht, da der mit dem Hinabgehen auf die Agora, wo man ebenjene im Diskurs bildet, erst entsteht (
https://www.etymonline.com/word/category - die Erklärung spart sich zwar die komplette Erklärung der altgriechischen Grammatik dahinter, ist aber kurz und griffig). Diese Art des Denkens ist sprachlich eng an die Möglichkeiten der indoeuropäischen Grammatik geknüpft. Das "klassische" Chinesisch funktioniert als analytische Sprache komplett anders und befördert andere Denkmuster. Insofern halten die von Dir angesprochenen 800 Millionen Chinesen zumindest eher einen Schlüssel zum Verständnis in der Hand, während unsereins sich ein Leben lang abmüht, dies zu erreichen. Den selben Effekt, nur umgekehrt, merkt man, wenn man chinesische Texte zu ontologischen Themen betrachtet. Will das hier aber nicht in eine philologisch/semiotische Diskussion abgleiten lassen.
(Solltest Du sehr viel Zeit und Interesse an der Thematik haben, empfehle ich hierzu Wittgensteins Tractatus Logico Philosophicus.)