Zitat von
kanken
Gewalt und das Verhalten von Frauen und Männern sind Dinge die man sehr sehr differenziert betrachten muss.
Zunächst muss man sich darüber klar werden das nicht alle Männer gleich sind, egal ob durch erworbene Traumata und/oder durch genetische Voraussetzungen. Bestimmte Rezeptoren und Transmitter im Gehirn sind genetisch festgelegt, bzw. das Verhältnis. Dadurch werden bestimmte Gehirnareale besser vernetzt als andere und bestimmte Areale wachsen mehr als andere (was u.a. eine Folge dieser Vernetzung ist). Die Auswirkungen dieser unterschiedlichen „Voraussetzungen“ im Verhalten kann sehr unterschiedlich sein. Es gibt mittlerweile verschiedene Erklärungsmodelle in den verschiedensten Disziplinen (Sensation Seeker, Hunter/Farmer, „Psychopath inside“, Wolf/Schaf, aber auch in der Beratung gibt es u.a. in den Kommunikationsmodellen und „Change-Modellen“ gute Ansätze mit den „Bewahrern“, „Kreativen“, „Aktiven“, „Emotionalen“ etc…). Wie man mit dieser Verteilung lebt, damit beschäftigen sich alle Kulturen schon lange und haben, je nach Kontext unterschiedliche Lösungsansätze gefunden.
Für mich persönlich (und auch wenn ich therapeutisch arbeite) ist der Ansatz von Thom Hartmann am besten zu vermitteln, daher verwende ich ihn jetzt mal hier.
Er geht bei seinem Erklärungsansatz davon aus das es Farmer und Jäger „Persönlichkeiten“ gibt. Die Verteilung entspricht einer Gauß’schen Normalverteilung, so dass die meisten Menschen eine recht ausgeglichene Mischung dieser Anteile besitzen. Es gibt aber auch eben die Extreme, die Extremfarmer und Extremjäger. Je mehr man sich auf der „Jägerseite“ befindet, desto mehr wird man eine Gewisse „Gewaltaffinität“ besitzen, was etwas mit dem ursprünglichen Zweck dieser Eigenschaft zu tun hat. Diese Leute waren die, die Spuren suchten, das Wild aufstöberten (Reizoffenheit) und dann diesem nachstellten (Fokussiertheit) um es dann effektiv zu töten (Gewaltanwendung). Nach der Jagd mussten sie sich ausruhen um für die nächste Jagd wieder „frisch“ zu sein.
Andere Menschen werden eher eine Neigung zu planerischen Vorgehen haben. Die sorgten dafür das man seine Aufenthalt dort plante wo zu einer gewissen Jahreszeit mit Wild zu rechnen war, oder kümmerten sich um den Anbau von Getreide, backten Brot, planten den Hausbau etc. Beide Anteile sind extrem wichtig und wertvoll und es hat sich gezeigt das immer dort, wo sich zwei „Extreme“ zusammengetan haben, sehr produktive Ergebnisse bei rauskommen. Auch heute nutzt man dies in verschiedenen Beratungssituationen aus.
Wenn wir uns jetzt wieder dem Thema Gewalt annähern, dann war es so das die „Jäger“ mit Ihren Eigenschaften eher prädestiniert waren auch als Krieger tätig zu werden, während die Farmer eher andere Aufgaben (Planung von Taktik, Befestigungen etc.) hatten.
Frauen besitzen ebenfalls eine Verteilung dieser Extreme, sind durch Ihre „klassische“ Rolle jedoch eher dazu geneigt Ihren Farmeranteil zu nutzen, da er ihnen mehr Vorteile brachte, aber es gibt genug Beispiele wo „Jägerfrauen“ extrem erfolgreich sind (und waren), es aber durch die kulturelle/gesellschaftliche Dominanz anders ausleben mussten.
Wie sich diese Anteile bei Männern heutzutage ausprägt kommt immer auf den Kontext an in dem man groß wird und welcher Anteil gesellschaftlich gefördert wird. In der „heilen Mittelstandsfamilie“ wird mit Sicherheit der Farmeranteil gefördert werden, ebenso ist unser Schulsystem hier in Mitteleuropa von Farmern für Farmer gemacht, so dass es für ein Kind sehr nützlich ist wenn es lernt seinen Farmeranteil zu nutzen. Wenn man jetzt jedoch z.B. ein Kind hat, das von „Natur aus“ einen hohen „Jägeranteil“ mitbringt und von den Eltern nicht gezeigt bekommt wie es diesen nutzen kann und mit seinen Farmeranteilen in Einklang bringt, bzw. wo die Gefahren des „Jägerseins“ heutzutage liegt, dann kann es kritisch werden.
Solche Kinder/Erwachsene werden gerne „Sensation Seeker“ genannt, Leute die immer einen gewissen „Kick“ brauchen und eher wild und extrovertiert sind. Heute weiß man dass diese Leute sehr gefährdet für Süchte aller Art sind, da es Ihnen entweder einen Kick verschafft und/oder es Ihnen hilft sich wieder zu beruhigen. Durch die genetischen Voraussetzungen im Gehirn erleben Jäger das nämlich dtl. anders als Farmer.
Wie die Entwicklung eines Menschen abläuft hängt immer von dem Kontext ab in dem er lebt und davon wie viele Persönlichkeitsanteile in sich er sich nutzbar macht, bzw. er bewußt/willentlich einsetzen kann, bzw. eben auch mal nicht einsetzt.
Man sieht also das sowohl Genetik als auch Umwelt extrem wichtig ist was für eine Art Mensch man wird, so dass man gar nicht sagen kann wer was will und wer was nicht will.
Je nachdem welche Personen da jetzt mit welcher Vorgeschichte aufeinander treffen kann es immer zu Mißverständnissen und Angst kommen. Nicht jeder kann mit jedem klar kommunizieren was er will und wo eine Grenze ist und das kann ganz unterschiedliche Gründe haben.
Wenn männliche Vollblutjäger in einem Umfeld groß werden wo bestimmte Jägercharaktereigenschaften sogar gewünscht sind und diese auf evtl. traumatisierte weibliche Vollblutfarmer treffen, dann kann das einfach nichts werden, aber so etwas kann man eben nicht pauschalisieren.
Nicht jede Frau braucht die gleichen Erfahrungen in einem „SV-Kurs“. Die allermeisten brauchen ein besseres Gefahrenbewußtsein und eben klare Kommunikationsformen, gepaart mit der Erfahrung was es heißt wirklich „heftige Gegenwehr“ zu leisten, bzw. wie das mit den einfachsten Mitteln möglich ist und welchen Teil von sich man da anzapfen sollte (dafür muss man ihnen aber die unterschiedlichen Anteile zeigen und erklären).
Allerdings wird es gerade in der Grauzone wo sich die meisten Vergewaltigungen abspielen extrem schwierig präventiv tätig zu werden, da dort eben oft nicht „völlig unbelastete“ Beziehungen und Menschen sind, der sexuelle Übergriff ist dann nur ein Puzzlestein von vielen. Die wenigsten Vergewaltigungen geschehen durch den bösen schwarzen Mann auf der Straße auf das unschuldige und unbedarfte Rotkäppchen…
Krakens Idee die Jägeranteile einiger Frauen zu stärken und bei einigen Jägermännchen dafür zu sorgen dass sie Ihre Farmeranteile mehr nutzen ist absolut richtig, aber das muss man immer individuell sehen, denn nicht immer ist das für alle richtig, im Gegenteil. Außerdem kann es sein das man dadurch (gerade bei dem Stärken von Jägeranteilen) bestimmte Dinge triggert, die dann für noch mehr Probleme sorgen, das sollte man dann zumindest erkennen und einen Plan dafür haben, dafür fehlt jedoch dann eben meistens der längere Kontakt.