mal abgesehen von den fragen, die wohl wirklich nur historiker klären könnten ...
ich möchte noch etwas grundsätzliches anmerken.
:)
Zitat:
Es gibt keine relevante wissenschaftliche Arbeit in den Naturwissenschaften, in der man Gott zur Erklärung für irgendeine Beobachtung herangezogen hätte, bzw. dies tun mußte. All unser Wissen heute beruht darauf, daß wir Gott nicht brauchen, um irgendeine Naturbeobachtung zu erklären.
Zitat:
Denken wir uns zur Illustration der Problematik einen Chemiker, der aus bislang unerfindlichen Gründen in seinen Kunstsynthesen ein Produkt erhielte, das er gar nicht erwartet hatte. Er muß also davon ausgehen, daß er entweder in seinem Experiment einen Fehler begangen oder aber seine Vorstellungen über den Reaktionsmechanismus zu revidieren hat. Er findet die Lösung aber nicht. Also muß er weiterforschen und immer neue Hilfshypothesen erstellen oder sogar die Vorstellungen über die Mechanistik revolutionieren, um das Phänomen natürlich zu erklären. Wenn er zur "Lösung" seiner "nach wie vor offenen Hauptfragen" einfach behauptete, ein Schöpfer müsse in seine Experimente eingreifen, sieht jeder ein, daß dieser Schluß nicht diskursfähig ist, weil er nicht widerlegt werden kann, Forschung unterbindet und nichts erklärt.
(Kreationisten fordern angesichts bestehender Probleme in der kausalen Evolutionsforschung laufend derartige Schlüsse und meinen, damit eine wissenschaftliche Erklärung geliefert zu haben. Dadurch unterlaufen sie jedoch alle notwendigen Anforderungen an einen sinnvollen Diskurs.)
Zitat:
Grundsätzlich: Wissenschaft liefer immer nur vorläufige Antworten. D.h. sie bleiben so lange gültig, bis sich neue Erkenntnisse eröffnet haben.
Das ist der konträre Ansatz zu religiösen und quasi-religiösen Erklärungsmodellen, die endgültige, unumstößliche Gewißheit beanspruchen, und dazu neigen, eine Hinterfragung erst gar nicht zu gestatten, was ihnen den Anschein von Stabilität verleiht, der aber lediglich im gewählten Umgang mit diesen Konzepten liegt.
Betrachtet man die Welt wissenschaftlich, so tauchen hinter jeder Antwort neue Fragen auf, hinter jedem Horizont ein neuer. Man kommt immer wieder an den Punkt der Unkenntnis. Man kann biochemische Prozesse heute gut erklären, aber letztlich sind sie zurückzuführen auf die Beschaffenheit der Atome, und spätestens dort kann man fragen, warum sie so beschaffen sind, wie sie nunmal sind, und sich die darauf basierenden Prozesse überhaupt so abspielen können, wie sie es tun.
Da die religiösen Modelle einer naturwissenschaftlichen Betrachtung nirgends standhalten, werden sie heute vielfach als Methaphern umgedeutet, und das "Intelligen Design", ID, wurde "erfunden", einmal als Erklärungsmodell, und auch um den Gottesbegriff zu erhalten und zu schützen.
Mit dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn hat man ganz einfach den Gottesbegriff vom z.B. biblischen, sehr bildlichen, simplen Modell, verlagert zum Erschaffer des Urknalls und Komplexität des Universums. Eine reine Anpassungsleistung an den Erkenntnisstand.
So hat man dann wieder Antworten, wo die Wissenschaft Fragen offen läßt.
Zitat:
Beim göttlichen, bzw. ID-Ansatz geht man nun aber gänzlich unwissenschaftlich in der Beweisführung des eigenen Standpunktes vor, indem man nicht klare Belege für die Existenz dieser Kraft liefert, sondern sie ableitet aus ungeklärten Fragen, und diese als Beweis wertet.
Tatsächlich sind Fragen schlicht nur deshalb offen, weil die Erkenntnismöglichkeiten eines Menschen nunmal begrenzt sind, nicht weil es keine Antworten gibt.
Mit der Erfindung göttlicher Gestaltung gibt man sich die Erkenntnismöglichkeit selbst, aber um den Preis, nicht mehr fragen zu dürfen. Denn hinterfragen überlebt weder das göttliche Konzept noch das ID.
Z.B. kann man ganz einfach fragen: Wer oder was hat dieses göttliche Wesen geschaffen ?
Wenn es ohne erschaffen worden zu sein existieren soll, losgelöst von den physikalischen Gesetzen von Zeit und Raum, verlagert man die wissenschaftlich gestellten offenen Fragen lediglich auf eine andere Ebene, in ein anderes Erklärungsmodell.
An dem Punkt kommt man aus den Weiten des Alls zurück in den Kopf des Fragenden: Warum kann man nicht akzeptieren, daß wir begrenzt sind in unseren Fähigkeiten, und nie sämtliche Antworten finden werden? Warum ist es so schwer, mit dieser Ungewißheit zu leben? Offenbar so schwer, daß man sich unbedingt Götter und Kräfte erschaffen muß, die scheinbare Erklärungen liefern, aber letztlich nur psychologische Bedürfnisse zum Ausdruck bringen.
Wissenschaftlich gesehen, gibt es keinen Beleg für die Richtigkeit eines bestimmten auf Religion basierenden Erklärungsmodells. Sie stehen sämtlich gleichbereichtigt nebeneinander und in Konkurrenz. Wenn nun z.B. die biblische Schöpfungsvariante gelehrt wird in US-Schulen in Ergänzung zur Evolutionslehre, so ist das gegenüber anderen religiösen Erklärungskonzepten unlauter.
Es müssten sämtliche religiösen Konzepte erläutert werden, und analytisch hinterfragt, indem man
- sie in den Kontext der Umgebung zur Zeit ihrer Entstehung setzt
- verdeutlicht, daß die göttlichen Wesen ihre Botschaft nie selbst übermittelt haben, sondern immer durch Menschen
- diese Botschaften erst durch die Anerkennung ihrer Mittler in ihrer Gemeinschaft an Bedeutung gewannen
- die verschiedenen Gottesbilder sich in einem kulturevolutiven Prozess entwickelt haben, also letztlich menschengemacht sind.
Und hier schließt sich der Kreis nämlich: Aus psychologischer Bedürftigkeit heraus erschuf sich der Mensch Gott und Götter, und heute, zeitgemäß, das Intelligent-Design-Modell, um sich Antworten zu geben.
;)