Nicht jeder Eingriff in die festgeschriebenen Grundrechte ist automatisch auch verfassungswidrig. Auf der anderen Seite sind derartigen Eingriffen eben auch strenge Grenzen gesetzt (steht selbst in Art. 19 GG):
- Bestimmtheitsgrundsatz
- Verbot einschränkender Einzelfallgesetze
- Zitiergebot
- Verhältnismäßigkeitsprinzip
- Wesensgehaltsgarantie
Dazu kommt dann auch noch der Gesetzesvorbehalt. Ohne das jetzt im Einzelnen durchdeklinieren zu wollen - beschränken wir uns auf die "Verhältnismäßigkeit" und deren Anforderungen:
- Legitimer Zweck
- Geeignetheit
- Erforderlichkeit
- Angemessenheit
Nicht derjenige der sein Grundrecht ausüben möchte muss nachweisen, dass dies "ungefährlich" ist, sondern derjenige der das Grundrecht beschränken möchte muss den Nachweis erbringen, dass es erforderlich und angemessen ist dies zu tun. Eine bloße Vermutung, dass z.B. es in Restaurants potentiell zu Ansteckungen kommen könnte reicht da eben nicht aus. Ebenso kann man nicht das Pferd von hinten aufzäumen und sagen "Aber schaut doch mal - weil wir alles dicht gemacht haben sinken die Zahlen, insofern war das alles erforderlich...".
Das kann im Einzelfall ggf. sogar dazu führen, dass man bestimmte Sachen eben nicht einfach auf Dauer untersagen kann - selbst wenn diese risikobehaftet sind - solange man nicht den Nachweis der konkreten Erforderlichkeit bringen kann. Muss man jetzt nicht unbedingt gut finden - ist aber nun mal in der Verfassung so festgelegt.
Man hat ja nun versucht die (rein) formellen Hürden wie den Gesetzesvorbehalt durch einen Schnellschuss beim IfSG zu beseitigen - man hat sich dabei aber im Endeffekt selbst ein Bein gestellt indem man die Inzidenzwerte da in § 28a Abs. 3 reingeschrieben hat:
Maßstab für die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen ist insbesondere die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen. Bei Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sind umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen. Bei Überschreitung eines Schwellenwertes von über 35 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sind breit angelegte Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine schnelle Abschwächung des Infektionsgeschehens erwarten lassen. Unterhalb eines Schwellenwertes von 35 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen kommen insbesondere Schutzmaßnahmen in Betracht, die die Kontrolle des Infektionsgeschehens unterstützen.
Egal was irgendwelche "No Covid" Personen da gern hätten oder fordern und ob sich Politiker da jetzt hinstellen und vor "Lockerungen" warnen - sie haben hier gar keine andere Möglichkeit, als den momentanen Zustand bei weiter sinkenden Zahlen ändern zu müssen. Aktuell haben wir also "umfassende Schutzmaßnahmen" - der einzige Unterschied zwischen "umfassend" und "breit angelegt" kann wohl kaum ausschließlich darin bestehen, dass zum 01.03. nun die Frisöre wieder aufmachen dürfen.
Insofern ist wenn man da politisch nicht langsam in die Puschen kommt zeitnah wohl mit entsprechenden Eilanträgen zu rechnen die sehr gute Aussichten haben dann auch durchzugehen.