"Gewalt durch Kampfsport (Goldner) gegen "Friedliche Krieger" (Wolters)
Nachdem es hier eine recht interessante Debatte um das "pädagogische" Konzept des "friedlichen Kriegers" gibt und dabei die (in meinen Augen eher abgestandene) "Pädagogik" des Herrn Dr. Wolters von einigen unverdientermaßen über den grüne Klee gelobt wurde, möchte ich dem dann doch mal die ähnlich qualifizierten Ergüsse eines ANDEREN PÄDAGOGEN entgegenstellen.
Ich beziehe mich im Folgenden auf:
"Budo als Methode der Gewaltprävention - der friedliche Krieger"
Neumann/von Saldern/Pöhler/Wendt (Hrsg.)
Schüren Verlag 2007
"Fernöstliche Kampfkunst - zur Psychlogie der Gewalt im Sport"
Colin Goldner
AHP Verlag München 1991
:D
Um es vorab zu sagen: es sind dies zwei Werke, die beide von Schwulst gekennzeichnet sind und die man nur schwer ertragen kann.
Es ist mir jedoch ein Anliegen, hier nach und nach dezidiert aufzuzeigen, daß man mit demselben "Handwerkszeug" (nämlich: Pädagogikstudium, Sendungsbewußtsein, fehlendes Interesse für kulturhistorische Zusammenhänge und soziokulturelle Grundlagen japanischer KK sowie lächerlich geringe eigene Erfahrungen mit pervertierten Derivaten eben dieser japanischen KK) zu verblüffend diametral entgegengesetzten Schlußfolgerungen kommen kann.
Vor allem, wenn man historisch eigentlich deutlich besetzte Begriffe einfach mit einem neuen "Sinngehalt" versieht oder sie schlicht in ihr Gegenteil umdefiniert und sich einen Dreck um historische Fakten kümmert.
Im Stil ihrer Argumentation unterscheiden sich Wolters (und mit ihm all jene Autoren, die in dem hier zur Debatte stehenden Büchlein ihre kruden Ansichten zu Papier brachten) und Goldner überigens nach meinem Dafürhalten kaum ...
Los geht's.
Zur Einstimmung vielleicht erst einmal die "General-These" eines jeden dieser beiden Werke ...
Zitat:
Die in jeder Kampfkunst angelegte Ethik des Gewaltverzichts soll so dem individuellen Wohle bzw. dem Wohle aller Menschen zugute kommen.
("Der friedliche Krieger", Vorwort, S. 7)
Zitat:
Wollen wir gewalt- und aggressionsfrei(er)es Leben, so gilt es, der Gewalt in sämtlichen Erscheinungsformen entgegenzutreten.
Es gilt, das Augenmerk auch und gerade auf Kampfsport als besonderes Phänotypikum unserer Gesellschaft zu legen und ihn als das wahrzunehmen, was er ist: Wesentlicher Ausdruck und zugleich wesentlich mitbedingende Ursache des immer schneller sich drehenden Teufelskreises der Gewalt.
Es gilt, Kampfsport und all die mit ihm einhergehende Ideologie zu ächten und langfristig ganz aus unserem Leben zu bannen.
Wozu soll ein "Sport" gut sein, dessen Wesentliches darin besteht, andere niederzuschlagen und niederzutreten?
(Fernöstliche Kampfkunst - Zur Psychologie der Gewalt im Sport", S. 213)
Na dann ...
Feuer frei!
:D
FG
Rambat
PS: Ich gedenke, etliche Zitate aus beiden Büchern so wie hier schon geschehen gegeneinander zu stellen.
Ich mache aus meiner Absicht keinen Hehl - ich möchte, daß deutlich wird, daß BEIDES Schwachsinn ist.
Die Symbiose: Der friedliche Teischieler von Colin Goldner
Hier
T'ai-Chi/Qi-Gong - "Schattenboxen" fr Leib und Seele - Wissen - sueddeutsche.de
gibt Colin Goldner wieder mal sein fundiertes Wissen zum Besten:rolleyes:
Man beachte die Leserkommentare:
Zitat:
...Kann jemand etwas über diesen Autor und seine Schreibart sagen? Würde mich interessieren, wie ein "klinischer Psychologe" dazu kommt, derart zu schreiben.
Zur Erklärung: Ein klinischer Psychologe ist ein Diplompsychologe, der im Studium einen Schwerpunkt in klinischer Psychologie belegt hat und dann in diesem Bereich arbeitet. Ein klinischer Psychologe hat die Kompetenzen, psychische Störungen zu diagnostizieren, aber nicht zu therapieren. Reine klinische Psychologen werden immer seltener, und werden auch kaum noch von Arbeitgebern gesucht.
Liegt hierin ein Grund für die wahrnehmbare Verbitterung, Herr G.? Ich rate Ihnen, diesbezüglich psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um sich Erleichterung zu verschaffen...
Zitat:
Das sind Methoden die ich bei ***********, der katholischen Kirche oder der Pharma-Lobby erwarte. Aber so einen unqualifizierten und mies recherchierten Artikel in der SZ zu lesen ist eine wahre ent-täuschung.
Hier Forum Kritische Psychologie e.V. ist er wohl der Leiter.
Der Kampfsportler an sich nach G.( in Selbstverteidigung für Frauen ):
Zitat:
...Durch Kampfsport werden hochaggressive Menschen nachgerade gezüchtet. Die Frustrationstoleranz der Kampfsportler nimmt umkehrt proportional zum Anstieg ihrer kämpferischen Fertigkeiten ab: alles und jedes wird zunehmend als Angriff verstanden, als Provokation zumindest. Vornehmlich die "Mannesehre" (bzw. was weibliche Kampfsportlerinnen unter "Frauenehre" verstehen) ist ständig verletzt. Man wähnt, sich pausenlos zur Wehr setzen zu müssen. Zudem bieten gewalttätige Auseinandersetzungen eine willkommene Gelegenheit, die im Training erlernten Kampftechniken auch einmal in der "Straßenpraxis" zu erproben. In den Umkleidekabinen der Kampfsportvereine wird denn auch mit den schauerlichsten Geschichten gehandelt: "Ein Mawashi-Geri (Fußtritt), ein Oi-Tsuki (Fausthieb), und Ruhe war..." In der Tat sind Kampfsportler - selbst nach eigenen Aussagen - weitaus häufiger in gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt, als Menschen, die keinen Kampfsport betreiben. Die Angst vor eigener Verletzung, die fast als "Ehrensache" in Kauf genommen wird, ist ebenso kein Aggressionshemmer, wie moralische Bedenken, einen anderen - womöglich lebensgefährlich - verletzen zu können.
Um eventuelle Überreste kampfhinderlicher Moral auszuräumen, stellen die einzelnen Budo-Systeme sich ausdrücklich als rein defensive Verteidigungsdisziplinen dar. Karate, so wird behauptet, sei sowohl technisch, als insbesondere ethisch so strukturiert, daß es sich angreifend-aggressiv gar nicht einsetzen lasse: "Es gibt in Karate keinen Angriffsschlag". Dieses angebliche Zitat des Karate-Begründers Gichin Funakoshi, als Wandspruch in nahezu jedem Verein zu finden, dient dem Karate als eherner Beleg seines "zutiefst friedfertigen Wesens" (Payne, 1981, 20) - eine Überzeugung, die durch keine noch so gegenteilige Erfahrung zu erschüttern ist. Durch die simple Begriffsdefinition des Karate als "rein defensives System" adelt sich der Tritt in die Hoden des Gegners automatisch zur Selbstverteidigung und ist somit von vorneherein gerechtfertigt. Jede Fehde, in die ein Karate-Kämpfer sich verwickelt, nimmt er wahr, als von diesem induziert, bzw. verschuldet - die sich daraus entwickelnde Gewalt als ausschließlich von diesem zu verantworten. Er selbst sieht sich allenthalben nur zu "Selbstverteidigungsmaßnahmen gezwungen". Wie etwa ein Dr.med.Bruno Galante ("übe seit 18 Jahren Karate aus") in einem Leserbrief auf einen kritischen Beitrag in der Ärztezeitschrift Move/Selecta (14/90) schreibt: "Die Anwendung von Gewalt ist völlig berechtigt, wenn man damit das eigene Leben oder die eigene Gesundheit retten kann. Die hierzulande so zahlreichen engstirnigen Grünen und Sozialisten können darüber meinen, was sie wollen (...) Die blitzschnellen Techniken des Karate können einen Angreifer mit guter Wahrscheinlichkeit kampfunfähig machen, und wenn ein Vergewaltiger oder ein Verbrecher dabei schwer verletzt oder getötet wird, bin ich sicherlich nicht derjenige, dem so was leid tut" (zit.in: Goldner, 1992, 186). Gerade die in solchem Credo sich widerspiegelnde ebenso reaktionäre wie unausgegorene Moral des Karatekämfers macht diesen so gefährlich: Er kann sich buchstäblich durch alles und jedes in seinen "Prinzipien" oder seiner "Ehre" angegriffen, sprich: zu Gegenwehr herausgefordert wähnen. Im Gefühl, völlig "im Recht" zu sein und seine "leeren Hände" (dies ist die wörtliche Bedeutung des jap. Begriffes "Karate") gänzlich in Unschuld zu waschen, kann er deren letale Schlag- und Vernichtungsgewalt nun ohne irgendwelche Skrupel gegen alles und jedes einsetzen.
...
Gruß
Alfons.