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Moin,
da bleiben aber reichlich Fragen offen.
1. WOFÜR soll der Lehrspruch geeignet sein?
2. WAS willst du damit sagen? Ist das räumlich, psychologisch, kampftaktisch oder sonstwie gemeint?
So nackt in den Raum gestellt bleibt es unverständlich. Ohne jede weitere Erklärung ist das eine tautologische Banalität.
Ach ja: ich gehe davon aus, daß der menschliche Körper gemeint ist. Oder bezieht sich das auf physikalische Festkörper (dein Hintergrund) wie Waffen oder Ähnliches?
Das ist korrekt und eine zentrale Erkenntnis.
Es folgen daraus zwei taktische Möglichkeiten.
In Abhängigkeit von dem Zeug, das Du treibst, mußt
Du dann Deinen Übenden einen Bewegungsrahmen geben.
Da Du im Partnerkumite thread geschrieben hast, werde ich mich jetzt
also nicht wiederholen.
Von Deiner Zweikörpertheorie ergibt sich dann Raumstruktur, daraus läßt sich
dann deutlich mehr entwickeln.
Zu Deinem Hintergrund Mathematik 10. Klasse langt da völlig, kann Dir aber versichern,
daß da einige Deiner Leute Dir nicht folgen können.
Hi,
Erinnert mich an einen unserer "Lehrsprüche" im Bajiquan:
Ich will da stehen wo der Gegner steht!
Gruß
Alef
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Ich habe diesen Satz im Laufe der Jahre immer wieder mal als didaktische Hilfe von Lehrern gesagt bekommen.
Mir persönlich hat er keine Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Und auch kein Verstehen gefördert.
Im Gegenteil.
Da er eine banale Wahrheit ausdrückt, ein no brainer ist, und kein "wie" illustriert, hat er mich ganz persönlich eher beim Üben behindert.
Zunächst mal nur mehr Intellekt als die anderen Pan (Pan troglodytes und Pan paniscus).
Den Spruch hielte ich für angemessen, wenn einer gegen die Wand läuft und kann aus meiner Sicht sowohl das Vordrängen (wenn man den anderen verdrängen will), wie auch das Ausweichen (wenn man die Folgen einer Kollision vermeiden will) motivieren.
Druck ist die Folge dieses Gesetzes, aber unabhängig davon, ob ich den ausübe oder ob der auf mich wirkt.
Spontan fiel mir der Peek-a-boo-Stil von Mike Tyson ein, der darauf setzt, nicht dort zu sein, wo die gegnerische Faust ist, aber die eigene Faust dorthin zu bringen, wo der Gegner ist.
Als zweite Assoziation kommt mir Sumoringen. Also (oberflächlich betrachtet) Kraft gegen Kraft, um den anderen Körper zu verdrängen, bei dem man aber auch durch geschicktes Ausweichen zum Erfolg gelangen kann, in dem man nicht dort ist, wo der Gegner einen antizipiert.
Denn das Gesetz führt ja nicht nur dazu, dass wir nicht so einfach durch Wände gehen können, sondern auch dazu, dass wir festen Boden unter den Füßen haben und uns irgendwo abstützen können.
Wenn man dann den anderen dazu bringt, sich abzustützen, wo nichts ist, kann er damit zu Fall gebracht werden.
https://www.youtube.com/watch?v=0uUHG6jUaRE
In Bezug auf Spiritualität weckt er in mir diese Assoziation:
https://i.pinimg.com/originals/3c/2f...be497b08fc.jpg
Mir hat man mir mal in jungen Jahren folgende Anweisung gegeben: "Du musst reingehen, wie eine Drecksau".
Das finde ich anschaulicher.
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Hier mal ein visuelles Beispiel für diesen Lehrspruch.
Die Verteidigung gegen den Kimura, dadurch, das ich mit meinem Körper den Platz einnehme, den der andere braucht um seine Technik zu vollenden.
Zwei Körper können nicht den gleichen Raum besetzen und wer den Raum zuerst besetzt gewinnt den Exchange. Also entweder mein Gegner bekommt den Kimura oder ich das Pass.
https://www.youtube.com/watch?v=HFn7pzCDyfI&t=189s
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Im Stand hast du solche Sachen gerade im Clinch. Immer wenn es darum geht die Struktur zu brechen und dann eben den entstandenen Raum einzunehmen....
Ich kann mich nicht erinnern, den Spruch von meinen Aikido-Lehrern gehört zu haben, die Umkehrung (mit anderen Worten oder Bildern) schon eher: "Wo kein Körper ist, kann ein anderer sein". Dieses Prinzip wird von Pansapiens zitiertem Sumo-Clip perfekt illustriert:
So perfekt, dass man glauben könnte, das wäre ein Fake oder Teil eines Slapstick-Films. Bis jetzt dachte ich, Aikidoka in ihrer Rolle als Uke wären die einzigen, die sich selber werfen.
Hier zwei Aikido-Erklärvideos, die ich mit dem Thema assoziiere:
- von Chris Hein: Explanation of "Aiki"
- etwas spirituelleres von einem 10. Dan: Michio Hikitsuchi: "Katsuhayabi" - It's over in a flash!
das ist eine der "Grundtechniken" des Taijiquan.
12. Kong bedeutet leer, nicht da sein. Nicht da sein, bedeutet aber auch wo anders zu sein, nämlich am besten da, wo ich nicht in Gefahr bin aber doch noch handlungsfähig bin. Kong kann man oft beobachten, wenn man sich abends in eine einschlägige Kneipe setzt und den An- oder Betrunkenen Gästen bei ihren Auseinandersetzungen und Prügeleien zuschaut: Der eine "Volli" will sich den anderen schnappen greift aber daneben, weil dieser (also der Andere) in seinem „Suff“ gerade zur Seite taumelt (Kung). Der Angreifer greift also ins Leere, kommt ins Stolpern, stößt oder rempelt andere Gäste an, die sich mit ihrem Getränk bekleckern. Meist gibt es jetzt noch für ein paar Sekunden Zoff mit den neuen Feinden, die quasi aus dem Nichts aufgetaucht sind, bevor dann die eigentliche Schlägerei, oder als was man es bezeichnen möchte, mit dem ursprünglichen Gegner weiter geht. Kein Witz, das passiert tatsächlich, ich habs mir nicht ausgedacht! Aber schon in vielen verschiedenen Städten Deutschlands beobachtet.
Kong bedeutet also: Leere, wo vorher Substanz war und im Umkehrschluss Substanz wo vorher Leere war.
http://www.chen-fra.de/13_Grundtechniken.html
https://www.youtube.com/watch?v=5zUut60gfkU
Ja, ich kenne das aus dem aikidô. In der Bedeutung: Dort wo MEIN Körper ist, kann kein anderer sein. Das meint weiter, dass ich selbst den Raum einnehme, in dem dann der andere Körper nicht (mehr) sein kann.
Nach meiner ganz persönlichen Erfahrung nicht. Weil es zwar wahr ist. Aber nicht deutlich macht, wie das zu erreichen ist, sondern - jedenfalls im Kontext von aikidô - nur das Ergebnis beschreibt.Zitat:
Also wäre er deiner eigenen Erfahrung nach nicht geeignet um Verständnis in einer Übungsgruppe zu fördern.
Im Kontext von aikidô besteht das Wie in dem Erzeugen von kuzushi, d.h. Gleichgewichtsbrechung, also Störung der Körperstruktur des Gegners. Das ist die Voraussetzung für das Eintreten, das dann mit dem Satz beschrieben werden kann: "Wo ein Körper ist, kann kein anderer sein." Der Satz beschreibt also eher warum dann ein Wurf erfolgt oder das zu Boden bringen für eine der Haltetechniken.Zitat:
Hättest du eine Idee, wie dieses "Wie" auszudrücken wäre?
Ich versuche also entweder konkret zu beschreiben, wie kuzushi, also die Störung der Struktur in einer bestimmten Situation erzeugt werden kann um dann einzutreten.
Oder ich versuche allgemeiner zu beschreiben, daß das Eintreten so geschehn muß, dass damit ein Strukturbruch erfolgt.
Örrks ... schwierig ... ist das verstehbar, was ich geschrieben habe?
--- Ergänzung ---
Nur um Mißverständnisse zu vermeiden: Ich habe gerade die Videos gesehen, die Aiki50+ gepostet hat. Ich übe aikidô deutlich anders. Darum illustrieren diese Videos nicht das, was ich versucht habe, zu beschreiben.
Ich habe aber noch keinen Boxer gesehen, der umfällt, bloß weil er seinen Gegner nicht trifft oder weil sein Gegner unvorhergesehen ausweicht, selbst nicht gegen einen Muhammad Ali. Dass jemand im Vollsuff taumelt und stürzt ist sicher nichts ungewöhnliches, aber dass ein Sumo-Kampf ohne Körperkontakt entschieden wird schon, habe ich jedenfalls hier zum ersten Mal gesehen. Im Aikido gibt es Kokyunage und Aikinage-Formen, wo der Uke ebenfalls ohne Kontakt fällt oder abrollt, aber da kann immer behaupten, dass wäre eine kooperative Choreographie. Ein Beispiel: Aikido - Kisshomaru Ueshiba Demonstration (Paris, 1980) (0:11-0:12).
--- OT ---
Dieses aiki nage funktioniert, indem tori die Knie von uke angreift.
Die Führung "oben" ist wichtig, damit uke nicht anhält. Der eigentliche Wurf geschieht, indem tori sich "unten" auf die Knie von uke zu bewegt.
In der Übungsform ( die in vielen dôjô über die Jahre zur eigentlichen Form geworden ist) geht tori nur auf die Knie und führt uke über sich hinweg.
In der tatsächlichen Form geht tori auf die Knie und bewegt sich auf uke zu um dessen Knie zu blockieren oder zu fegen.
Das zeigt auch nidai doshu in dem Video.
Kontaklos bleibt diese Form nur mit einem aufmerksamen und fallfreudigen uke und einem freundlichen tori.
Was das kontaktlose Fallen im aikidô anbetrifft, wie du es in Anlehnung an das Video von Pansapiens schilderst, so liegt das meines Erachtens tatsächlich in einer "kooperativen Choreographie" begründet. Die nicht selten unbewusst ist.
Oder - und das scheint mir der Hauptgrund - in einem schlechten Angriff. Sehr häufig wird irgendwarum geübt, beim Angriff die eigene Struktur aufzugeben, bzw. zu schwächen. So dass tori nur noch im richtigen Moment zur Seite gehen muss und der Angreifer fällt. Weil er etwa durch seinen Schlag über seinen eigenen Schwerpunkt hinaus gelangt.
Ich weiß, dass viele so üben und dass das inzwischen allzu oft geradezu als Wesen des aikidô angesehen wird. Um dann zu sagen - um das Beispiel aus dem Video von Chris Hein aufzugreifen: Wenn der Gegner erstmals sitzt, geht aikidô nicht mehr.
Ich habe aikidô kennengelernt als die Kunst, die Struktur des Gegners stören zu können, auch dann, "wenn er bereits sitzt".
Entschuldigung für das OT
Ja, das ist in dieser Deutlichkeit nicht so oft zu sehen und ich musste eine Weile unter den Takanoyama-Videos suchen, bis ich das wiedergefunden habe.
Hier ist sein Gegner zwar auch in's Leere gestürmt, konnte sich aber abfangen:
https://youtu.be/p5nX1CDraPo?t=145
Beim Boxen ist es noch mal schwerer, denn Boxer setzten ja weniger darauf, den Gegner seinen Gegner aus dem Ring zu rammen.
"Das Gewicht in den Schlag legen" sollte man da nicht zu wörtlich nehmen.
Es ist ja eine Kritik an den üblichen Aikido-Demonstrationen, dass da die Uke anstürmen wie es in der Realität von einigermaßen geübten Leuten nicht zu erwarten ist.
Bei dieser Szene aus dem von mir verlinkten Video könnte man schon Ähnlichkeiten zu heranstürmenden Aikidoka erkennen, die in's Leere laufen:
https://www.kampfkunst-board.info/fo...7&d=1595742059
in Normalgeschwindigkeit ist das allerdings nur der Bruchteil einer Sekunde, den zu erkennen und auszunutzen, ich mir schwer vorstelle.
https://youtu.be/Hb2WFHhXDyw?t=121
Choregraphie würde ich ich das nicht nennen, das würde ja bedeuten, dass da im Voraus feststeht, wer sich wann wie bewegt.
Die Uke greifen halt in einer ungestümen selbstlimitierenden Form an, die das Funktionieren der Techniken erleichtert, um nicht zu sagen, ermöglicht.
Die Kunst würde dann darin zu bestehen, den Gegner dazu zu bringen, so anzugreifen oder eben das hier im Großen demonstrierte Prinzip im kleinen Rahmen umzusetzen.
Ja, das passiert im Sumo durchaus, allerdings selten in dieser Reinform, da hierfür fast der Ansturm mit vollem Körpergewicht erforderlich ist – im Boxen fällt man deshalb nicht auf die Nase, weil die Beinarbeit komplett anders ist und es sich um Schläge handelt, während man im Sumo explosiv schiebt.
In der vorliegenden Form als Seitwärtsschritt nennt sich das im Sumo «Henka». Aber auch andere Sumo-Techniken beruhen auf dem Prinzip des Ausweichens, z.B. Hiki-Taoshi oder Okuri-Dashi.
Im Ringen ist es genauso. Ein Sprawl ist im Prinzip nichts anderes, als die angegriffenen Körperteile vom Gegner wegzubringen, seine Bewegung weiterzuführen und, falls eine Änderung der Bewegungsrichtung erforderlich ist, selbst Energie in Form des Hüftstosses dazuzufügen. Und viele Techniken, die insbesondere am Mattenrand ausgeführt werden (Schleuder, abgeknieter Schulterwurf…), rechnen damit, dass der Gegner anschiebt, um den «billigen» Punkt durch Rausschieben zu holen. Prof. Rajko Petrov (langjähriger Trainer des bulgarischen Nationalteams) schreibt schreibt in «Freestyle and Greco Roman Wrestling» (FILA 1986) im Kapitel «The Biomechanics of Wrestling», dass zwei Ringer in einem Kampf ein gemeinsames biomechanisches System bilden, das sich selbst stützt. Daher ist es logisch, dass das System umfällt, wenn man einen Teil plötzlich wegnimmt, bevor sich das System umstellen kann.
"During a match, it is our opinion that a biomechanical “wrestler-wrestler” system is created, which has numerous distinctive features that have not yet been studied. For example, in many studies the base of support has been examined from a static viewpoint: as an invariable dimension. In fact, it changes considerably according to the opponent’s actions and the dynamic upper support on the other wrestler’s body. Support on the surface of the m at is firm and stable, whereas support on the opponent’s body changes constantly according to the movements of both wrestlers who strive to attain their own objectives. Sometimes, the projection of the CG [Center of Gravity] falls far forward, but the wrestler doesn’t fall because the reciprocal control acts as an upper mobile support (fig. 113). In cases where the wrestler lifts his opponent, he has to keep his balance in order to execute an effective throw. His stability decreases, because lifting the opponent gives the “wrestler-wrestler” system a new common base of support and a new common CG, which is higher and has a smaller angle of stability ( c f . < α and β in fig. 109). Furthermore, the top (lifted) wrestler keeps moving in an effort to upset his opponent’s balance. Both the muscular and the vestibular systems come into play as the bottom wrestler struggles to recover his balance by increasing the distance between his feet or by stepping in the direction in which he is off balance. In addition to the above-mentioned procedures, the wrestler tries to keep his balance by transferring the weight of his body in the opposite direction of his opponent’s movement, or reacts by contracting or relaxing his muscles."
Beste Grüsse
Period.
Takanoyama würde ich ja nun nicht als üngeübt bezeichnen, und doch macht er nun diesen Fehler.
Er hat halt eine feste Absicht, und die Kunst besteht darin den anderen glauben zu machen er könne seine Absicht verwirklichen, was hier ja perfekt gelingt.
Ueshiba sagte mal, Aikido sei, zu lernen die Absicht des Angreifers zu erkennen. Es geht darum,
ihn mental zu führen.
Hiroshi Tada sagte, er hätte immer geglaubt er könne den Alten noch erwischen, und jedesmal war er weg.
Man sieht das in alten Videoaufzeichnungen und man denkt, wo schlägt er denn hin, der Alte steht doch schon fast hinter ihm?
Das ist eine mentale Geschichte, es kommen natürlich mehrere Aspekte zusammen.
Alle Übungsmethoden die es heute im Aikido gibt, spiegeln Teilaspekte wieder wider, und versuchen entweder an der Technik, an der Körperstruktur oder an diesem Timing zu arbeiten ( was eigentlich kein Timing ist, sondern die Arbeit mit dem "Intent").
Es gibt keine Übungsmethode die alle Aspekte in einem vereint, es sind verschiedene Methoden, die aufeinander aufbauen.
Was in Demonstrationen zu sehen ist, ist fast immer eine dieser Übungsmethoden, die eben ein bestimmtes Verhaltensmuster beinhalten, es ist nie realer Kampf.
Irgendwann geht es halt dahin das tatsächlich etwas passiert, was real ist.
Bein nidai-doshu z.B., haben mir mehrere Leute berichtet dss sie wirklich dachten: So, die Gelegenheit lass ich mir nicht entgehen, dem zeige ich mal das ich ihn packen kann! Hat aber nie geklappt, bei keinem einzigen, auch gut trainierte Leute aus dem Judo-Bereich.
Das ist das was die Leute halt über Ueshiba berichtet haben, das es eben so gut wie ummöglich war ihn auf irgendeine Weise zu packen zu kriegen,
Ob nun mit oder ohne körperlichem Kontakt, und dann kam eben diese Aiki-Geschichte noch dazu, "kuzushi on kontakt", "drawing the ki out" und sowas.
Aber keins davon alleine ist Aikido, sondern alles zusammen, oder verschiedene Aspekte derselben Idee "ich bin die Leere selbst".
Die Leere kann halt auch Raum einnehmen, aber nicht weil sie da sein "will" wo der andere ist.
Der, der hier nach vorne taumelt, ist Chiyonokuni, Takanoyama ist der tschechische Rikishi mit 98 kg. Im Sumo ist das eine Nischentaktik, die auch nur dann funktioniert, wenn man sie nicht immer anwendet, weil sich der Gegner drauf einstellt - nur mit der Taktik ist im Sumo noch niemand an die Spitze gekommen. Und Takanoyama hatte ja ein ungewöhnlich breites, mehrheitlich unkonventionelles Technikrepertoire, bedingt durch seine kleinere Statur, vielleicht auch durch seine vorherigen Erfahrungen im Judo usw.: https://www.youtube.com/watch?v=9Uq8A36tq1Y
Aber ja, bei allen Kontertechniken in Ringsportarten spielt die von Dir angesprochene "schauspielerische" Komponente eine Rolle, nicht selten gepaart mit den bereits im anderen Thread angesprochenen "Herausforderungen" zu einem bestimmten Angriff.
Beste Grüsse
Period.
Überraschend für mich war ja nicht, dass es dem Verteidiger gelingt, sich nicht packen zu lassen, auszuweichen, die Bewegung des Gegners weiterzuführen. Erstaunt hat mich, dass ein erfahrener Wettkämpfer kompromisslos sich auf seinen Gegner stürzt und damit eine sichere Niederlage im Falle des Ausweichens riskiert.
Die anderen hier im Thread geposteten Beispiele liegen im Rahmen dessen, was ich erwarten würde. Der Angreifer mag kurz das Gleichgewicht verlieren, aber nicht Kampf entscheidend. Ein weiteres Beispiel, das mir einfällt, ist einer der Kämpfe von Mifune in "The Essence of Judo", der gegen Honbe (7. Dan Judo) (1:55-2:10): wo Honbe zwei mal fällt ohne geworfen zu werden, weil er einen Wurf ansetzt, aber Mifune nicht richtig zu packen kriegt.
Den Unterschied würde ich darin sehen, dass Mifune gezielt den Griff des Gegners im kritischen Moment des Wurfes sprengt, während in dem Sumo-Beispiel gar kein Kontakt hergestellt wird. In beiden Fällen ist es klar, dass man mehr oder weniger haltlos hinfällt, wenn das Körpergewicht hinter der Technik ist, nachdem es in beiden Fällen eine starke Vorwärtslage in Wurfrichtung gibt.
Im Sumo ist es so, dass statistisch gesehen die meisten Kämpfe durch den Ansturm am Anfang (Tachi-Ai) und die daruffolgenden Stösse mit der Handfläche (Tsuppari) entschieden. Ist der erste Ansturm überstanden, können sich aus dem fassen die weiteren Techniken ergeben. Das Problem dabei ist, dass es beim Tachi-Ai meistens nur alles oder nichts gibt: entweder man begegnet dem Ansturm mit einer gleichartigen Bewegung und neutralisiert ihn, oder man kommt komplett weg and kommt so hinter den Gegner. Alles "dazwischen" ist ziemlich problematisch, weil es entweder auf einen Wurf nach vorne ohne vorheriges Fassen (wäre viel leichter, wenn man z.B. mit dem Knie auf den Boden dürfte... mit Jacke wärs auch leichter als nur mit dem Gürtel) bzw. Snapdown hinausläuft - falls der Platz nach hinten dafür reicht - , oder man wird über den Haufen gerannt. Ich würde tatsächlich empfehlen, das bei Interesse mal mit einem Partner auszuprobieren, der dezidiert nicht bremst und weiss, was er macht. Dagegenhalten ist in dem Fall die mit Abstand einfachste und am wenigsten riskanteste Variante, wobei man auch beim Tsuppari verschiedene Variante zur Verfügung stehen hat. Immer vorausgesetzt, dass man die Physis eines Rikishi hat, und die werden nun mal primär nach den Kriterien Explosivkraft und Masse selektiert.
Beste Grüsse
Period.
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Mir scheint, dass dein Artikel zum Lehrspruch durch die folgenden Beiträge und den Seitenwechsel untergegangen ist. Da ich kein Karate übe und auch im Aikido nur Schüler bin, will ich mir keine Bewertung anmaßen, denke aber, dass der Artikel wert ist, diskutiert zu werden.
Der Lehrspruch ist demnach ein Dreisatz, ebenso die darauf folgenden Erläuterungen, was ich als These, Antithese und Synthese verstanden habe:
- These: Wo ein Körper ist, kann kein anderer sein.
- Antithese: Wo kein Körper ist, kann ein anderer sein.
- Synthese: Der Körper manifestiert das Sein.
Im Abschnitt "Taktischer Inhalt" tauchen die 3 Begriffe "Go no Sen", "Sen no Sen" und "Sen Sen no Sen" auf, die allgemein in japanischen Kampfkünsten und insbesondere auch im Aikido bekannt sind aus folgendem Interview mit Morihei Ueshiba. Deshalb möchte ich dazu einiges anmerken:
Diese Passage ist schwer zu verstehen und noch schwerer ins Üben zu übertragen. Ich will es hier also gar nicht erst versuchen, möchte aber auf einen Artikel von Ethan Monnot Weisgard verweisen, der Morihiro Saito zu dem Thema befragt hatte: Go no sen / sen no sen / sensen no senZitat:
Zitat von Interview with Morihei and Kisshomaru Ueshiba, 1957
Go no sen wäre demnach "Reagieren und Kontern", ausführlicher: "das Timing, das im Budo oft als Reaktion auf einen Angriff verwendet wird. Im Aikido wäre ein Beispiel dafür, nach innen aus der Angriffslinie zu treten, die angreifende Hand zu parieren und Shihonage auszuführen, wenn man sich gegen Yokomen uchi verteidigt".* "Distanz halten" passt meiner Meinung nicht, da man ja den Angriff kontern will. Beispiel-Videoclip: Aikido Doshu Moriteru Ueshiba Sensei - 2010 Canada, Montreal - Yokomenuchi Shihonage
Sen no sen bedeutet "vor dem Angriff, dass sich Uke beispielsweise in einer Übung mit Bokken der Absicht Uchis bewusst ist, anzugreifen, und genau zu dem Zeitpunkt, zu dem Uchi mit dem Angriff beginnt, einschreitet und den Angriff stoppt... Im Tai Jutsu ist der nach außen gerichtete Parade gegen yokomen uchi ein gutes Beispiel für sen no sen: Wenn uke im yokomen uchi die Hand über den Kopf hebt und beginnt, seine Schwerthand nach vorne zu schwingen, gleitet nage nach außen und stoppt ukes Hand, bevor sie zu viel Schwung gewinnt."* Beispiel-Videoclip: Moriteru Ueshiba, Kihon 3 (13:55-15:00)
Bei Sensen no sen "handelt es sich um die Einleitung einer Bewegung, die sowohl den Intent des Angreifers führen als auch einen eigentlichen Angriff auslösen soll, um diesen Angriff für eine Verteidigungstechnik zu nutzen." "Ein gutes Beispiel für sen no sen im Tai Jutsu ist shomen-uchi. O-Sensei stellte klar, dass nage die Bewegung einleiten sollte, indem er mit der Handkante in Richtung des Gesichts von uke schlägt und die Hand aus der Ausgangsposition etwa auf Taillenhöhe und nach oben in Richtung des Gesichts von uke bringt. Uke blockiert diese Bewegung, wodurch es nage ermöglicht wird, den blockierenden Arm von Uke für eine bestimmte Technik einzusetzen. Diese Bewegung ist aus den meisten Aikidoschulen so gut wie verschwunden."* Beispiel-Clip: Morihiro Saito's Shomenuchi Ikkyo Omote: Most mess up this technique from the start!
Ich würde das so interpretieren: alle drei Arten des Timings kommen im Aikido vor, aber keine allein ist charakteristisch fürs Aikido. Es sind unterschiedliche Aspekte des Übens. Ein übergeordnetes Prinzip kann ich auf meiner Stufe noch nicht erkennen oder beschreiben oder umsetzen, die einzelnen Aspekte aber schon (mehr oder weniger ..). Das gilt mMn auch für die bisher in diesem Faden diskutierten Aspekte: "Wo ein/kein Körper ist...", das Bild vom Stuhl, den man dem sich hinsetzenden Uke wegzieht, usw.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mein Lehrer durchaus einen Lehrspruch/Motto/Prinzip vorgibt, das aber individuell und für eine bestimmte Entwicklungsstufe gültig oder hilfreich sein mag. Ein solches Prinzip ist die Kunst des Entspannens. Tohei soll mal gesagt haben, das einzige, was er von Ueshiba gelernt habe, war sich zu entspannen.
Es kann halt sehr lange dauern (Jahre), bis man sich genügend entspannen kann (ohne zu erschlaffen!) und das ins Üben übertragen und einen deutlichen Unterschied spüren bzw. dem Partner spüren lassen kann. Trotzdem würde ich das nicht als das Grundprinzip von Aikido oder Aiki verstehen. Es ist aber eine wichtige Basis, auf der anderes aufbaut.Zitat:
Zitat von Koichi Tohei
____________________________
*) Zitate aus https://www.aiki-shuren-dojo.com/boo...les-pr-videos/ -> "Go no Sen", übersetzt mit www.DeepL.com/Translator
Das ist doch skurril.
Jemand zitiert O Sensei, der ganz klar sagt dass sein Aikido rein gar nichts mit dem Konzept der "drei sen" zu tun hat, da dies die klassische Denkweise von Angriff und Verteidigung beinhaltet, und gibt sich dann alle Mühe das Aikido unbedingt in dieses Korsett zu pressen.
Warum?
Zudem passen die Beispiele nicht, denn auf jeweil verschiedenen Übungslevels sind alle der genannten Formen entweder reagierendes, vorausschauend eintretendes, oder den Angriff vorwegnehmendes bzw. einladend führendes Handeln, oder eben die Verwirklichung des Prinzips des "mountain echo", bei dem es sich eben nicht um eine bestimmte Technik mit wohlklingendem Namen handelt.
Was natürlich bullshit ist.
Eine Idee habe ich, wenn ich auch nicht weiß ob es stimmt.
Ich habe ein Bild von Ueshibas Bewegung vor Augen, die in dem Weisgard Artikel beschrieben ist.
Es ist aber eben die Art, wie er bewegt hat, bzw. sein Können was da zum Ausdruck kommt.
Leute sehen das dann in einer bestimmten Bewegung, schnappen einem Begriff auf der zufällig fällt wenn er gerade diese Bewegung sieht, und schon ist es der Name einer Technik.
So ungefähr stelle ich mir das vor.
Ähnlich wie Leute Eigenheiten eines Lehrers nachahmen, die das Resultat einer körperlichen Einschränkung sind oder einfach Fehler sind, und dann ist es plötzlich der xy-Stil.
Oder jemand hat in einer demonstration mal bei einer Technik das Knie auf dem Boden gehabt, und die Technikverliebten Verbandsvorsitzenden machen das dann zur Prüfungsform, und alles andere ist falsch.
Eine andere Erklärung wäre, das in Traditional Aikido Vol.1-Basic Techniques, "yamabiko no michi" als secret technique im Grunde mit "Irimi" gleichgesetzt wird:
When you extend your ki, the ki of the opponent will return to you like an echo. However, you do not receive your opponent's ki because you have instantly moved past him to his rear".
Auf den folgenden Seiten kommen dann halt Erläuterungen zu shomen uchi - irimi nage.
Klingt für mich wesentlich plausibler. Vielleicht ist es ein Übersetzungsfehler: Der zitierte Abschnitt hat die Überschrift "Irimi Technique", logischer wäre "Irimi Principle".*
_________________
*) http://shoshin.over-blog.com/article...-90247157.html