Zitat:
E. Strafbarkeit des D gemäß § 212 I StGB
D hat sich möglicherweise wegen eines Totschlags gem. § 212 I strafbar gemacht, als er A solange würgte, bis dieser starb.
Den tatbestandsmäßigen Todeserfolg hat D durch sein Verhalten in objektiv zurechenbarer Weise verursacht. Fraglich ist allein, ob D mit Tötungsvorsatz gehandelt hat. Voraussetzung des vorsätzlichen Handelns ist unbestritten die Kenntnis des rechtsgutsgefährdenden Charakters der eigenen Handlung. Bei Tötungsdelikten ist daher die Kenntnis des Täters von der objektiven Todesgefährlichkeit des Handelns zu fordern. Schon dies ist hier fraglich. D würgte A mit dem linken Arm am Hals. Bei festem Zudrücken lässt sich so eine generelle objektive Lebensgefährlichkeit dieses Verhaltens nicht bestreiten. Fraglich ist aber, ob D persönlich hiervon Kenntnis nahm. Denn auf das während der ersten drei Minuten des Würgevorganges erfolgte zweimalige Fragen des K, „ob der Mann noch Luft bekomme“, antwortete D jeweils bejahend. Damit war ihm in seiner Lage nicht einmal klar, dass er A einer objektiven lebensgefährdenden Behandlung aussetzte. Folglich fehlt D schon das kognitive Vorsatzelement. D hatte daher keinen Tötungsvorsatz. Er hat sich nicht gem. § 212 I strafbar gemacht, als er A würgte, worauf dieser starb.
und
Zitat:
F. Strafbarkeit des D gemäß § 227 I StGB
D hat sich möglicherweise der Körperverletzung mit Todesfolge gem. § 227 I schuldig ge- macht, als er A beim Festhalten am Hals würgte, worauf dieser erstickte.
I. 1. Zunächst müsste als Grunddelikt eine Körperverletzung gem. §§ 223-226 (s. § 227 I) vorliegen. In Betracht kommt eine gefährliche Körperverletzung gem. §§ 223, 224 I Nr. 4, 5. Mit dem Würgen hat D den A körperlich misshandelt. Mit dem Eintritt der Bewusstlosigkeit hat D bei A einen pathologischen Zustand hervorgerufen. Der objektive Tatbestand des § 223 I liegt daher vor. Als K und S dem D beim Festhalten halfen, waren auch mehrere „beteiligt“, so dass § 224 I Nr. 4 verwirklicht sein könnte. Voraussetzung für eine Beteiligung Mehrerer ist nicht mittäterschaftliches Handeln gem. § 25 II, auch ist nicht erforderlich, dass die „Anderen“ tatbestandsmäßige Körperverletzungen begehen. Erfasst werden soll nach der ratio legis viel- mehr nur die Situation erhöhter abstrakter Gefährlichkeit, die von Mehreren an einem Körper- verletzungsgeschehen beteiligten Personen dann ausgeht, wenn diese in engem räumlich- zeitlichem Zusammenhang der Körperverletzung beiwohnen und eine jederzeitige Einwir-
Grunddelikt
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Schwere Folge Unmittelbarkeitszusam- menhang
kungsmöglichkeit haben (Stree in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., 2001, § 224, Rn. 11). Vorliegend sind die körperlichen Misshandlungen von K, S und D ab dem Eintreffen von K und S sogar gemeinschaftlich verwirklicht. § 224 I Nr. 4 ist daher objektiv und subjektiv tatbestand- lich verwirklicht.
§ 224 I Nr. 5 setzt eine das Leben gefährdende Behandlung voraus. Das Würgen des D er- wies sich vorliegend sogar als konkret lebensschädigend. D war sich dieser Lebensgefährlich- keit aber nicht bewusst. Folglich liegt § 224 I Nr. 5 nicht vor.
Das Grunddelikt ist gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 4 gegeben.
2. Der Tod des A ist als schwere Folge gem. § 18 auch eingetreten.
3. Zwischen dem Grunddelikt und der Todesfolge müsste ein unmittelbarer Gefahrzusam-
menhang bestehen, um die hohe Strafdrohung des § 227 I zu rechtfertigen. Voraussetzung dafür ist, dass sich aus der Körperverletzungshandlung oder aus dem Körperverletzungserfolg heraus eine spezifische Todesgefährlichkeit ergibt und sich diese konkret in dem Todeserfolg auch realisiert hat. Vorliegend ist die Tathandlung, das feste Würgen am Hals, spezifisch todesgefährlich. Diese Gefährlichkeit der Tathandlung hat sich auf eigentümliche Weise auch realisiert. Auch der Körperverletzungserfolg einer Bewusstlosigkeit infolge des anhaltenden Würgens kann spezifisch todesgefährlich sein. Zwar ist das Stadium des Bewusstseinsverlustes an sich kaum todesgefährlich. Aber wenn wegen der Bewusstlosigkeit nach den konkreten Umständen des Einzelfalls das Opfer keine Reaktionsmöglichkeiten oder Möglichkeiten zur Einflussnahme auf den Täter (z. B. durch Aufgabenzeichen, Bitte um Lockerung des Griffs usw.) mehr hat, dann ist auch der Erfolgseintritt der Bewusstlosigkeit spezifisch todesgefährlich. So verhält es sich hier. Folglich ist der Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen Körperverletzungshandlung und -erfolg sowie dem Todeseintritt gegeben.