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Hallo,
nachfolgend ein noch recht neues Buch aus dem Bujinkan,
geschrieben für jene, die bereits mit dem "Ninja-to" gearbeitet haben
(und mich kurz überlegen ließ, ob ich ein ähnliches Vorhaben aufgeben sollte)
Abschließend folgt noch eine sehr lange Kritik, notfalls auf das Fazit beschränken:
Autor:
Jürgen Bieber
Originaltitel:
Ninja-to - Das Schwert der Ninja
Erstausgabe:
(Winter? / 10?) 2008
ISBN:
scheinbar ohne ISBN oder EAN
Link:
Das Buch bei Books on Demand
Preis:
18,50 Euro (zuzüglich 3,- Euro Versand)
weitere Sprachen:
keine
Buchbeschreibung auf der rückwärtigen Umschlagseite:
Das Schwert der Ninja und seine Prinzipien. Beschrieben in Text und über 170 Fotos.
Dies ist das erste Buch in deutscher Sprache, das sich so ausführlich mit diesem Thema beschäftigt.
Der Autor ist einer der führenden Lehrer des Bujinkan Budo Taijutsu / Ninjutsu in Deutschland.
Inhalte:
Widmung ......, Danksagung ......, Vorwort [von Pedro Fleitas] ......
Einleitung ......, Anmerkung zum Lesen des Buches ......
Kapitel 1
Kurze Geschichte der Togakure Ryu ......, Die Hauptlehren der Togakure Ryu ......,
Geschichte und Mythologie des Ninja-to ......
Kapitel 2
Aufbau, Prinzipien Einführung ......
Ken Tai Ichi Jo ......
Bezeichnungen des Ninja-to ......
Das Tragen des Ninja-to ......
Handhabung und Führung des Schwertes ......, Schneiden, Stechen, und Umlenken ......, Grundlegende Schneidetechniken ......
Kapitel 3
Grund- und Übergangsstellungen ......, Ichi no Kamae, Seigan no Kamae, Chudan no Kamae, Gedan no Kamae,
Tosui no Kamae, Hasso no Kamae, Daijodan no Kamae, Kasumi no Kamae, Totoku Hyoshi no Kamae, Banpen Fugyo
Giri Kihon Gata ......
Die acht Wege des Gehens ......
Das Lösen der Klinge ......, Den Körper während des Ziehens verschieben ......, Richtiges Anbringen des Gürtels ......
Kapitel 4
Ninja Iai ......, Ninja Iai und Jodan Giri, Ninja Iai und Do Giri, Ninja Iai und Yoko Aruki, Kage no Itto,
Macha iai, Ninja shizumi Iai, Gyaku Iai, Die Haltung des richtigen Denkens, Iai Maai, Noto
Kapitel 5
Togakure Ryu Bikenjutsu Kihon Gata ......
Kihon no Kamae und Henka ......, Ichi no Kamae, Seigan no Kamae, Chudan no Kamae, Gedan no Kamae,
Tosui no Kamae, Hasso no Kamae, Kasumi no Kamae, Totoku Hyoshi no Kamae
Happo Bikenjutsu ......, Hi Ryu no Ken, Kasumi no Ken, Muso Ken no Kamae / Ura Nami, Dato no Ken / Dakai no Ken,
Issen Ken, Raiko no Ken, Itto Nage, Itto Giri, Kiri Kaeshi, Sutemi, Metsubushi, Kage no Itto, Ninja Iai, Te no Uchi,
Sageo no Kata, Sono Ichi, Sono Ni, Tai Wari Itto
Kapitel 6
Verwendung als Werkzeug und Hilfsmittel ......
Versteckte Waffe Shikomizue, Onikudaki, Tsuki Gaeshi, Taihodoki
Kapitel 7
Quellmaterial ......
Schlusswort ......
Kapitel 8
Glossar ......
Über den Autor ......
Kritik zu diesem Buch
(Wilf Mücke, Leiter des Kubushi-Tengu Dojo in Berlin):
Pro:
Man soll ja immer mit den positiven Dingen beginnen, wie es heißt und das tue ich hiermit.
Der Autor gesteht dem Leser bereits in der Einleitung zu, dass dieser für sich selbst entscheiden muss,
was für ihn von Nutzen ist und weist das Buch als Referenz für das eigene Studium bei einem Lehrer
und als Informationsquelle für Interessierte aus. Auch warnt der Autor den Leser
vor unsachgemäßer Verwendung der Inhalte des Buches.
Es folgt sinnigerweise eine kurze Erläuterung der Togakure-ryu, des "Ninjaschwertes" und Grundsätzliches zum Schwert.
Ich empfinde es als gut, dass im Buch Trennungslinie zwischen Samurai und Ninja als verschwommen bezeichnet wird.
Auch empfiehlt man, davon Abstand zu nehmen, dem "Ninjaschwert" eine bestimmte Form/Aussehen zuzuschreiben.
Die Geschichte des Togakure-ryu ist so erzählt, wie man es (oder ähnlich) kennt, aus Bujinkansicht keine Einwände.
Die Aussagen zu den Tengu, vogelartigen "Menschswesen" würde ich so unterschreiben, wie sie im Buch stehen.
Nach der Beschreibung von abgelichteten Stellungen mit Sschwert folgt eine Schnittfübung ("Schattenboxen")
und nach grundlegenden Erklärungen geht es dan an die Möglichkeiten des Schwertziehens - guter Aufbau.
Die Techniken im ersten Teil des Kapitel 5 sind recht gut beschrieben und bebildert, sodass man gut folgen kann.
Ab der Seite 89 (Happo Bikenjutsu) sind Techniken dann als reine Bewegungsform ohne den Partner abgebildet.
Interessant werden für einige die 2 Techniken unter Nutzung der Sageo (die Schnur an der Schwertscheide) sein.
Interessant ist auch die kurze Erläuterung des Shikomi-zue, hier eines als Stock/Stab
getarnten Schwertes und die 3 damit einhergehenden, gut beschrieben Techniken.
Am Ende folgt noch eine Angabe von Quellmaterial, was gut und richtig ist
und ein Glossar, was immer wieder mal von Autoren vergessen wird.
Contra:
Nun, vielleicht sollte ich mich hier eher ein wenig zurückhalten, doch ich denke, dass es nicht Sinn
einer ernsthaften Kritik sein kann, nur die positiven Dinge anzusprechen und anderes lieber nicht.
Fairerweise möchte ich vorausschicken, dass ich die Schwerttechniken im Buch nahezu alle
schon mal irgendwann während meiner Zeit im Bujinkan trainiert haben dürfte und somit
1. die Dinge anders als der eine oder andere weniger erfahrenere Schüler bewerte
und
2. Jürgen Bieber ja selbst schreibt, dass sein Buch kein Ersatz für das Training im Dojo ist.
Nichtsdestotrotz wird das erste Buch eines der führenden Bujinkan-Lehrer von mir
auch vor genau diesem (beworbenen) Hintergrund betrachtet werden.
Da die Kritik auch anderswo veröffentlicht werden wird, hoffe ich, dass Jürgen Bieber selbst
das nachfolgende lediglich als konstruktive Kritik wahrnimmt, falls es mal eine Neuauflage
dieses Buches geben sollte. Ich denke eine Kritik sollte eben ruhig Vorschläge enthalten
und ich verfahre bei Prüfungen nicht anders: "Tips statt nur reines Schulterklopfen". smile.gif
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Der geschichtliche Teil
Es beginnt schon mit dem Inhaltsverzeichnis. So ausführlich es auch insgesamt ist,
es finden sich nirgendwo entsprechende Seitenangaben darin, was die gezielte Suche
im Buch unnötig erschwert und mühselig macht - bei nur 128 Seiten aber noch erträglich.
In der Einleitung wird ganz bewusst zwischen Kampfsport und Kampfkunst unterschieden,
was ich zwar durchaus nachvollziehen kann aber im Grunde eine dt. Erfindung sein dürfte,
zumal es sonst auch immer "martial arts" heißt und nicht "martial sports and martial arts".
Man sollte nicht vergessen, dass auch hier die Grenzen nicht ganz eindeutig festgelegt sind.
Wie erwartet, sehe ich die größten "Mängel" im historischen Teil dieses Buches, was ich natürlich schade finde.
Bezüglich der Ninja wird leider mal wieder das "Geschichte schreiben die Sieger"-Argument hervorgekramt,
was meiner Ansicht nach z.T. ja auch stimmt, nur könnte man sogar den 1. Weltkrieg derart anzweifeln.
Die Argumentation, dass es dort Kuden (mündl. Überlieferungen gab) greift nicht wirklich,
denn immerhin waren Kuden ja auch in den "normalen" Schulen gängige Praxis.
Es mag sein, dass das "die Essenzen und tiefere Verständnis darin wichtiger sind, als die lückenlose
Aufzeichnung der Techniken", wie der Autor meint und es "schon etwas Besonderes ist, wenn man
diese Kunst [Bujinkan Budo Taijutsu] als als Bereicherung in seinem Leben erkannt hat", nur halte
ich persönlich es für völlig irrelevant, wenn es um historische Fakten geht - auch MMA ist schön.
Im Abschnitt, welcher sich mit der Geschichte der Togakure-ryu beschäftigt,
liest man zwar, dass der Samurai Minamoto no Kanesada [...] als als "Kosho"
angestellt wurde, nur erfährt man nirgends, was ein Kosho denn überhaupt ist.
Im Abschnitt zur Geschichte und Mythologie des Ninjaschwertes wird leider wieder
zwischen Ninja und der Kaste der Samurai [jene waren lediglich ein Teil der Buke,
der Kriegerkaste, und nicht etwa diese Kaste selbst] unterschieden, schade.
Auch wurde nicht etwa wie angegeben der "Bushido erstmalig von Nitobe [1904] niedergeschrieben",
sondern es ist vielmehr lediglich so, dass Herr Nitobe versuchte der westlichen Welt zu erklären,
warum die Japaner und deren Kultur so völlig einzigartig seien und ein romantisierendes
Werk namens "Bushido - The Soul of Japan" schrieb. Das sollte man nicht mit Bushido
bzw. dessen, was man sich vielleicht unter "Bushido" vorstellen kann verwechseln.
Inwieweit der Bushido überhaupt jemals existierte ist heute sehr umstritten
unbesehen der Tasache, dass es gewisse (veränderliche) Leitlinien gab.
Bei den 3 kaiserlichen Insignien handelt es sich bei dem "Edelstein (Perle)"
eher um ein entsprechendes Halsband, ebenso wie dessen Bedeutung
weitreichender ist aber das sollte man auch nicht zu eng sehen.
Die Aussagen zur Krümmung von Klingen und warum sich diese durchsetzten
(leichteres Ziehen beim Reiten) halte ich für sehr gewagt, falls der Autor
damit auf das bei uns "Tachi" genannte Schwert anspielen möchte.
Es scheint unwahrscheinlich, dass etwas anderes gemeint ist.
Inwieweit ein Ninjaschwert insgesamt massiver war als ein "normales" Schwert,
sei einmal dahingestellt angesichts der Tasache, dass auch die normalen Klingen
einem steten Wandel unterlagen und es das Samuraischwert wohl niemals gab.
Dementsprechend halte ich auch die Aussagen zum Daito (großem Schwert) für
ein wenig missverständlich, denn entgegen der Aussage des Autors kann man
auch ein Daito im Gürtel tragen und problemlos ziehen, da ein Daito nicht nur
das ist, was man heute ab und an im Bujinkan sieht mit ultralangen Klingen.
Ein gutes Beispiel hierfür ist die Kage-ryu, die mit kürzeren Daito trainiert.
Der technische Teil
Mir selbst sind die Namen von einigen Stellungen und Techniken
doch ein wenig zu ungenau übersetzt, dann lieber ein paar weglassen.
Ich gebe zu, dass ich manchmal das bin, was man einen Erbsenzähler nennt.
Nichtsdestotrotz vergrößern sich Fehler oft leider nach dem Prinzip der "Stillen Post".
Insgesamt sind mir die Fotos teilweise etwas zu dunkel angesichts der vielen,
fast schwarzen Grautöne, so dass man manchmal zweimal hinsehen muss.
Auch hätte ich im Bereichen, wo sich Fotos überschneiden gewünscht,
dass man zumindest oberste Fotos mit einem Rand versehen hätte,
damit man sofort erkennt, wo die Bilder anfängen und aufhören.
Schade finde ich es, dass im Abschnitt Happo Bikenjutsu
zwar die Formen ohne Partner wie im Video Sokes gezeigt werden,
die Henka aber überhaupt nicht abgebildet sind, sondern nur Beschreibungen.
Die Angabe des Quellmaterials ist abgesehen von Soke Hatsumis DVD zum Thema Bikenjutsu
mit einer schlichten Aussage im Sinne von "Soke Hatsumi eben" ein wenig dürftig geraten.
Gerade im Hinblick auf den historischen Teil des Buches ein unnötiges, vermeidbares Manko.
Ausgerechnet im 34 Begriffe erläuternden Glossar setzt sich die Ungenaugikeit
hinsichtlich mancher Übersetzungen fort und ein kleiner, aber noch durchaus
verzeihlicher Fehler hat sich eingeschlichen (Mestsubushi statt Metsubushi).
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Fazit
Angesichts der Tatsache, dass diess Buch keinerlei Geschichtsbuch darstellen,
sondern lediglich als Gedächtnisstütze für das eigene Training dienen soll,
empfehle ich es denjenigen, die nicht Sokes Bikenjutsu-DVD/-Video
ihr eigen nennen oder auch einfach nur unabhängig von PC
oder Fernseher auf das Material zugreifen möchten.
Ich persönlich halte dieses Buch, was den reinen Technikteil betrifft
- und hauptsächlich seinetwegen werden die meisten Leute sich
dieses Buch wohl kaufen - als Gedächtnisstütze für gut gelungen.
Mangels vergleichbaren Materials in Buchform (v.a. deutsch) und in
dem Wissen, dass der hier wesentliche Teil (die Techniken) gut ist,
möchte ich das Buch - vielleicht wider Erwarten einiger Leser -
insgesamt empfehlen als das was es ist, ein Technikbuch.
Lässt man den rein historischen Part außen vor, so kann man
dieses Buch v.a. als Erstwerk als sehr gelungen bezeichnen.
Gruß aus Berlin,
Wilf Mücke
Kubushi-Tengu Dojo Berlin