Geändert von DatOlli (06-08-2021 um 08:36 Uhr) Grund: Indien vergessen
Warum auch nicht? Ich persönlich finde das Thema interessant.
Mittlerweile sind die "alten" Teilnehmer ja auch raus, da werden sich dann wohl neue Meinungen und eventuell auch Informationen finden.
Ist ja nicht so als wäre die Zeit, so wie der Faden selbst, stehen geblieben.
Liebe Grüße
DatOlli
Das Thema ist für mich besonders interessant, weil in wissenschaftlichen Publikationen immer wieder ein Zusammenhang hergestellt wird zwischen der langen europäischen Tradition des griechisch-römischen Stoizismus durch das Römische Reich bis in die Gegenwart und den Militärangehörigen und Adligen, die mit dem Kämpfen vertraut waren, was sich bis zum deutschen Preußentum ausgewirkt haben soll. Also muss dort die/eine Tradition des europäischen KK liegen, parallel zu den asiatischen Traditionen. Buddhisten/Daoisten erkennen übrigens philosophische Parallelen zum Stoizismus.
Geändert von Joykey (06-08-2021 um 17:02 Uhr)
Die Stoa war wohl eher Symptom von sterbenden Kulturen (v.a. in Rom - Marcus Aurelius war beispielsweise stark opiumsüchtig, da tut man sich mit der Ataraxia natürlich leicht ). Im Gegenteil, die gewünschte Emotionslosigkeit asiatischer Kampfkünste findet man im Westen selten, das entscheidende Merkmal des griechischen Heros ist nicht die Kaltblütigkeit, sondern die Lyssa, die rasende Wut. Auch heute noch besteht zwischen asiatischem und westlichem Kulturraum der Unterschied in der Bewertung von Emotionen (vgl. Nangyeon Lim, "Cultural differences in emotion: differences in emotional arousal level between the East and the West").
rein spekulativ, als ob es nur eine stoizistische tradition in "militärkreisen" gegeben hätte... und dann auch noch ungebrochen? kommt doch eher im zuge der renaissance wieder auf. außerdem kann man auch parallelen zum epikureischen gegenspieler des stoizismus in hindu-buddhistischen traditionen erkennen (natürlich noch mal stärker im hinduismus).
des weiteren geht es weniger um "philosophie" in den kampfkünsten sondern eher um körpervorstellungen im weltbild und physische wirkweisen im zusammenhang mit mentalen ansteuerungen. - also um, postmodern formuliert - "embodiment".
da ist philosophie im sinne von Nietzsche, Merleau Ponty oder aber auch schon die "antisokratische/antiplatonische" antike tradition der "leiblichkeit" weitaus näher an der eigentlichen materie des physischen kampfes, als der in (neu)platonischen schulen so gehypte stoizismus. der ist ja wohl eher relevant für die ethisch-pädagogische linie des preußischen militarismus (und nicht für "das PHYSISCHE kämpfen" an sich).
weitaus relevanter in miltärischer sicht ist doch eher das anknüpfen an andere antike vorbilder, die nach der rennaissance und später in den neuzeitlichen militärischen "tugenden" dominierten: sozialdarwinismus und "werte" in Sparta, die bezüge auf Homer und die Illias und das entsprechende ideal des bronzezeitlichen heroismus (beide natürlich vorplatonisch und vor-stoizistisch).
ob etwas internal oder external daherkommt, hat weniger mit "philosophie" zu tun (nehmen wir CMA: der "external" UND der "Internal" praktizierende haben mit sicherheit jeweils gleichermaßen daoistisch-buddhistische weltbilder in kopf und verhalten), als mit körpermechanik, ausmaß der "verfeinerung" von bewegungen (eigentlich auch körpermechanik) und den mehr oder weniger intensiven, kulturspezifischen erklärungsmodellen für die kampfrelevanten physischen phänomene.
wie dat olli angemerkt hat: das, was als "internal" gilt, findet man zt. als anwendung in bereichen, die mit dem "internal" der CMA scheinbar (?) gar nichts zu tun haben. dort ergibt sich die entsprechende mechanik aus der logik der waffenhandhabung (und ich wage zu behaupten, dass das in den CMA prinzipiell (!) auch so ist, nur, dass dort "erklärungsmodelle" bemüht werden, "leitgedanken" auf deren basis dann über die theorie die praxis verfeinert werden soll.
wenn man dinge wie "falling step", erfordless punching (peitschenartige jabs zb.), elegantes meiden, positioning und footwork im ... beispielsweise... boxen anschaut und bedenkt, wie sehr dort auch dinge, wie mentales training (für den ... nennen wir es ruhig "intent"), "augensteuerung" usw. usf. relevant sind, dann ist das auch ne "internal" art - zumindest in teilen.
man sollte sich mal von der idee verabschieden, der unterschied von internal/external liege in einer ganz bestimmten "philosophie" oder in einer "geistigen tradition". das ist bullshit (schon alleine deshalb, weil die "geistigen traditionen" von allgemein "anerkannten" internal KKs aus China, Südostasien und Indien erhebliche unterschiede aufweisen OBWOHL alle einen hindu-buddhistischen einfluss haben... der ist halt nicht unabhängig von den kulturspezifischen synkretismen mit animismus, ahnenkult, daoismus, islam usw. usf.. von "internal" ansätzen in europa oder in tribalen kriegertraditionen unterschiedlichster kulturen auf der ganzen welt mal ganz zu schweigen).
Geändert von amasbaal (06-08-2021 um 16:03 Uhr)
"I prefer them to be awake when I severe their arms and beat them to death with it." Maul Mornie und sein Verhältnis zu k.o.s
@amasbaal
Im römischen Reich, wozu auch Griechenland gehörte, verbreitete sich der Stoizismus insbesondere über die römischen Heerführer und Politiker, die von Staatsmännern wie die Stoiker Seneca und Marc Aurel gezielt ethisch diszipliniert wurden, was der spartanischen Erziehung nicht unähnlich war. Später lief das über christliche Stoiker weiter.
Ich schrieb im Stoizismus-Thread mehr dazu: https://www.kampfkunst-board.info/fo...17#post3809917
Geändert von Joykey (06-08-2021 um 20:47 Uhr)
ja, aber ich halte die dort verbreitete funktion des stoizismus (und anderer philosophischen schulen) für die entwicklung der kampf- und kriegskünste für völlig übertrieben. wollte mich nicht an der von dir erwähnten diskussion beteiligen. halte sie nicht für zielführend. begründung (aus der perspektive der kampfkunst): siehe oben. ist eine rein theoretische und elitäre angelegenheit, die eher die adelige (sub)kulturelle "allgemeine haltung" gewisser militärs und deren lebenseinstellung betrifft, als dass es konkret die "kunst des kämpfens" berührt.
der kämpfende soldat hatte damit wohl eher nichts zu tun.
da ich mir sicher bin, dass du kein beispiel eines konkreten stils der kampfkünste nennen kannst (hier v.a. die antiken und mittelalterlichen in Europa), die ihre prinzipien und techniken auf die Stoa zurückführen, wo erkennst du denn die Stoa (und zwar AUSDRÜCKLICH die Stoa und nicht ähnlich klingendes, das aber letztlich von ganz anderen bereichen, wie zb. Rationalismus, Machiavelli o.ä. geprägt ist) wenigstens zb. in theoretischen abhandlungen (metaebene) über den krieg an sich (Clausewitz zb.)? selbst da wird es probleme mit deiner grundaussage geben, wenn man die philosophie als kontext der abhandlungen nicht nur mit den augen der Stoa und des Neuplatonismus betrachtet. für die PRAXIS, also für das, was wir hier tatsächlich machen, inklusive der "praktischen theorie", ist es genau so irreführend, mit der Stoa um die ecke zu kommen, wie etwa mit den humanistisch fehlinterpretierten pseudo-philosophischen, westlichen spekulationen über den zusammenhang von Zen, Budo und Samurai (was da für ein "philosophie-murks" jenseits aller kultureller realität bei rauskommt, wird hier im board ja immer wieder mit grauen festgestellt).
Geändert von amasbaal (06-08-2021 um 22:23 Uhr) Grund: Machiavelli... nicht Macchiavelli :)
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ups... doppelpost
"I prefer them to be awake when I severe their arms and beat them to death with it." Maul Mornie und sein Verhältnis zu k.o.s
Der Einfluss auf die Kampftechniken selbst liegt doch in denjenigen Aspekten, wo sie auch bei den asiatischen Kampfstilen wirksam werden (stoische Ruhe, höchste Konzentration, meditativer Flow usw.). Das halte ich schon für wesentlich. Der Stoizismus war keineswegs elitär, ganz im Gegenteil, er folgt übrigens auch nicht Platon. Weißt Du wirklich, was den Stoizismus ausmacht und wie er wirksam ist?
Darum geht es aber gerade in der Eingangsfrage "Weshalb gibt es in der griechisch-römischen Antike scheinbar keine Tradition betont weicher/innerer Stile?"
Der Stoizismus ist dieser gesuchte innere Stil in Europa.
Geändert von Joykey (06-08-2021 um 23:10 Uhr)
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