Seite 5 von 7 ErsteErste ... 34567 LetzteLetzte
Zeige Ergebnis 61 bis 75 von 95

Thema: Kampfkunst und Pflegepersonal

  1. #61
    Registrierungsdatum
    12.06.2008
    Beiträge
    683

    Standard

    Die konkreten Situationen und Besonderheiten? Welche meinst du denn?

  2. #62
    Registrierungsdatum
    23.05.2005
    Alter
    39
    Beiträge
    2.162

    Standard

    Zitat Zitat von Nymphaea Alba Beitrag anzeigen
    Die konkreten Situationen und Besonderheiten? Welche meinst du denn?
    Fängt für mich schon damit an, dass egal was der Pat. mit dir macht, er von dir nicht verletzt werden darf. Also stellt sich mir die Frage, was ich in der jeweiligen Situation berücksichtigen muss, wie ich vorgehen muss und was ich überhaupt wann darf, um dafür später ggf. nicht belangt werden zu können UND am liebsten selbst heil aus der Sache raus komme.
    Weitere Besonderheiten, die es nicht gerade einfacher machen sind die mangelnde verbale Zugänglichkeit, die mir nahezu jegliche Möglichleit nehmen kann, über diesen Weg zu agieren sowie extreme Aggressivität, Kraftentwicklung, Unberechenbarkeit seien als weitere Beispiele genannt.
    Teamförderliches Vorgehen ist auch ein wichtiger Aspekt, Schutz anderer Patienten (Damit meine ich auch die Stresssituation für bspw. ein ACS) und und und...
    Geändert von Krümel2 (19-07-2010 um 21:55 Uhr)

  3. #63
    Registrierungsdatum
    08.05.2007
    Ort
    Köln
    Alter
    45
    Beiträge
    2.184

    Standard

    Ehrlich gesagt setz ich mittlerweile schon darauf im UCS unterrichtet zu werden.
    Sehr empfehlenswert

    Fängt für mich schon damit an, dass egal was der Pat. mit dir macht, er von dir nicht verletzt werden darf.
    Mein Bruder ist geistig behindert und nicht ungefährlich (laut Gefährlichkeitseinschätzung bestehen zumindest stark erhöhte Gesundheitsrisiken für andere). Wenn er zu einer medikamentalen Einstellung oder aus anderen Gründen über einige Zeit in ein Krankenhaus eingeliefert werden muss, geschieht das in aller Regel im Landeskrankenhaus Essen in der geschlossenen Abteilung. Wenn ich ihn dort besuche oder in den allermeisten Fällen hinbringe und abhole, fällt mir jedes Mal auf, dass das Pflegepersonal dort wenn nicht geschult zumindest physisch sehr beeindruckend ausgewählt wurde. Sehr oft große, kräftige Menschen, Männer wie Frauen. Finde ich auch nicht abwegig, wenn Menschen "durchdrehen" entwickeln sie oft übermenschliche Kräfte. Einen Tobsuchtanfall habe dort ich miterlebt, der "Kranke" (es war ein Drogenabhängiger) wurde zumindest nicht zimperlich angefasst, sofort fixiert und weggebracht. Und auch in anderen Umgängen machte das Personal einen kompetenten, aber resoluten Eindruck. Die Frage ist natürlich, was du mit "nicht verletzt werden" meinst. Tatsächlich biologische Beeinträchtigungen oder auch schon ein bestimmtes Schmerzlevel? Könnte mir vorstellen, dass sich viele Patienten alleine durch den Widerstand auch selbst verletzen. Wie kann man das ausschließen bzw. könntest du etwas genauer erläutern, welchen Prämissen ihr bei gebotenem Eingreifen momentan folgt um Verletzungen von Patienten auszuschließen (deine Formulierung liest sich wie ein Verbot)?
    It 's not who I'm underneath but what I do that defines me. Bruce Wayne
    Dabei würdest Du sogar beim Schattenboxen verlieren. Kannix

  4. #64
    Helmut Gensler Gast

    Standard

    Und die Vorgesetzten... denen ist das eigentlich egal. Denen geht es nur darum, wenn es mal zur Klage kommt, nicht hinter demjenigen stehen zu müssen,
    Ich sehe einfach gewisse Parallelen zwischen Schulen/Werkstätten und den von euch beschriebenen Institutionen. Bei uns kommen Eigen- und Fremdgefährdungen erheblich weniger vor, werden aber meistens totgeschwiegen. Es ist schön, wenn die Chefs das Problem sehen und reagieren. Ich habe 3 Zulassungsarbeiten (Uni + Ausbildung) zum Thema " Gewalt und geistige Behinderung" da. Da wird nachgewisen, dass es Handlungsbedarf gibt. ...aber.....

  5. #65
    Big Daddy Düsseldorf Gast

    Unhappy Keine!!!

    Zitat Zitat von WingChun77 Beitrag anzeigen
    Hallo!

    Ich habe einmal eine Frage:
    Welche Kampfkunst lernen eigentlich Pfleger/innen, die zum Beispiel in einer Anstalt für Geistesgestörte arbeiten? Sanfte Mittel und Hebel stehen doch da an der Tagesordnung, oder?


    LG sendet

    Günther
    Glück auf, Leute!

    Ich arbeite in der Psychiatrie, 11 Jahre geschlossene Akutaufnahmestation und seit 3 Jahren Forensik (Mörder, Gewaltverbrecher usw.). Inzwischen werden sogenannte "Pflichtfortbildungen" angeboten. 1mal jährlich, 2 Tage. Abwehr von Umklammerungen, Fesselgriffe u.ä. Ich neide den "Lehrer/innen" ihren Job nicht. Aber sie sind unqualifiziert und wer bildet sich denn ein, 1mal jährlich ein paar mal zuschauen und 3mal tun könnte IRGENDETWAS bewirken?

    Das ganze macht nur Sinn für die jeweiligen "Experten" (auch in vielen anderen "Fortbildungen"), die gut bezahlte Berater- oder wie auch immer bezeichnete -Verträge erhalten. Und natürlich für die Klinik, die "gut dasteht".

    Leider ist das die Tragik hier in good old Germany. Man kümmert sich darum, gut auszusehen anstatt wirklich gut zu sein. Hauptsache irgendein Stück Papier ist abgezeichnet.

    Ich sagte neulich: "Glaubt Ihr denn, dieses sporadische Training könnte jemandem irgendwelche Reflexe antrainieren, um eine Notsituation zu beherrschen? Ausserdem lasse ich mir von niemandem meine eigenen Techniken abtrainieren. Ich bin selber Experte genug, da ich vor 47 Jahren mit Judo angefangen habe und seither immer im Kampfsport aktiv war." Aber wie immer in diesen hirarchischen Strukturen bekommt man keine Antwort, wenn es mit Kritik an der Leitung zusammenhängt. Mag auch damit zusammenhängen, dass die "Vorgesetzten" immer diejenigen sind, die aus Faulheit oder der Erkenntnis, der Praxis nicht gewachsen zu sein, die Flucht nach oben angetreten sind, jedenfalls bei uns.

    Traurig genug, dass in dieser Psychiatrie während des Faschismus Menschen gedemütigt, gequält, ausgesondert und ermordert worden sind. Heute ist man hier im LVR noch immer ein Freund der Bespitzelung und Denunziation, ebenso wie Diskriminierung, Aussonderung und Unterdrückung. Hitler könnte sofort nahtlos übernehmen. Wenn draussen in der Straßenbahn ein Kollege etwas Klinik-Kritisches zu einem anderen sagt, dreht der sich um, sagt, "pst..., hier nicht, es könnte jemand zuhören". Blockwarte, Geheimpolizei? Braucht man nicht, manchen alles die Beschäftigten selber.

    Entschuldigt meine Abschweifung! Es war nur der Versuch einer Erklärung, dass irgendwelche Kurse keineswegs einen Einfluss auf die Realität haben müssen.

    Ich selber bin eher der Meinung, dass es nichts Besseres als die physische Präsens gibt. Selbst der wildeste und verwirrteste Patient, wahnhaft und gewaltbereit, erkennt die Erfolglosigkeit eines Angriffs, wenn wir mit 10 Krankenpflegern, alle um die 190 cm und 100 kg ihn zur Ruhe mahnen. Nur kostet das Geld, man braucht mehr Pflegepersonal. Ist man allerdings zu zweit oder alleine, steigt die Gefährdung sehr stark an.

    Mancher kommt auf Ideen, seine eingeübten oder spontanen Gewaltaktionen auch auszuführen.

    Dabei verlasse ich mich hauptsächlich auf meine Boxreflexe, die mich schon sehr oft den Kopf gerade noch aus der Schußlinie haben herausnehmen lassen oder Deckung hoch oder Abducken, Sidestep,... was auch immer.
    Und Judo: Fußfeger mit Festhalten, damit der Patient nicht unten stark aufschlägt, Haltegriffe. Selten Hebel, weil auch das Schmerzempfinden minimiert sein kann durch Speed, Koks usw.

    Aber insgesamt bin ich immer mit Gewaltlosigkeit, Verständnis, Emphatie, aber auch Konsequenz und Gerechtigkeit und als Vorbedingung das Nicht-Wegsehen, am allerbesten zurecht gekommen.

  6. #66
    Big Daddy Düsseldorf Gast

    Thumbs down Notfall-Rufgeräte sind Mist

    Diese Pieper suggerieren Sicherheit. Aber im Notfall, der ja in den ersten Sekunden zur erheblichen Gefahr ausarten kann, kommt eben KEIN kollege heraus, um zu helfen. Es ist bei uns nur ein Instrument, Personal noch weiter abzubauen und das vorhandene zu disziplinieren.

    Ausserdem hat man sich im LVR nicht die Mühe gemacht, etwas vernünftiges zu besorgen. Die Dinger machen einen gebrauchten Eindruck und funktionieren im Bedarfsfall viel zu oft NICHT!

    Den "Vorgesetzen" ist das völlig egal. Hauptsache, sie haben gut bezahlte Posten, müssen nicht arbeiten und können uns erklären, was "politisch so gewollt" ist.

    Traurig, Traurig. Wer hier nicht selbst für seine Sicherheit sorgt, kann sich schon auf die bleibenden Schäden einstellen!

  7. #67
    Registrierungsdatum
    08.05.2007
    Ort
    Köln
    Alter
    45
    Beiträge
    2.184

    Standard

    Ich selber bin eher der Meinung, dass es nichts Besseres als die physische Präsens gibt. Selbst der wildeste und verwirrteste Patient, wahnhaft und gewaltbereit, erkennt die Erfolglosigkeit eines Angriffs, wenn wir mit 10 Krankenpflegern, alle um die 190 cm und 100 kg ihn zur Ruhe mahnen.
    Ist auch mein Eindruck. Aber ich kann mich irren, daher meine Fragen, danke für die Ausführung. Offen bleibt für mich nach wie vor, in wie weit Verletzungen an Patienten "untersagt" sind bzw. rechtlich geahndet werden können. Natürlich unter der Prämisse bzw. der Intention des Eigenschutzes für den Pfleger.
    In dem Heim meines Bruders, wo es natürlich glücklicherweise selten so gezielt und gewaltbereit zugeht wie in der Psychiatrie, haben unsere Pädagogen diverse Handlungsspielräume, auch was rabiatere Maßnahmen abseits alltäglicher Situationen betrifft. Natürlich sind solche Aktionen zu begründen, auch schriftlich. Verletzungen sind öfters auf beiden Seiten vorgefallen, ohne dass es im Nachhinein weitere Probleme gab.
    Geändert von MCFly (22-07-2010 um 10:08 Uhr)
    It 's not who I'm underneath but what I do that defines me. Bruce Wayne
    Dabei würdest Du sogar beim Schattenboxen verlieren. Kannix

  8. #68
    WingChun77 Gast

    Standard

    Hallo!

    Ich wage ein erster Fazit:
    Die Motivation für dieses Thema war die Frage, ob Pflegepersonal eine bestimmte und (staatlich?) standardisierte Schulung erhält, um mit "aufständischen" Patinenten sanft umzugehen.

    Nach den vielen interessanten Postings und Meinungen komme ich zu dem Ergebnis, dass dem nicht so ist. Es gibt für Pflegepersonal in solch Insitutionen kein spezielles Drill-Programm, welches als eine Art Standard angesehen werden kann. Das ist sehr schade und gibt mir zu denken.

    Mir kommt dies ein wenig vor, wie die typischen "Erste-Hilfe-Seminare": Jüngst hatten wir auch wieder eines im Kollegium - eine reine Formsache, damit "nach oben" eine Justiziabiltät vorgewiesen werden kann.


    LG

    Günther

    Ach ja: Die Masken zum Beatmen werden stets gereinigt

  9. #69
    Registrierungsdatum
    25.11.2003
    Ort
    Lübeck
    Alter
    43
    Beiträge
    3.440

    Standard

    Vor kurzem ist aus einer ähnlichen Institution von Beschäftigten an mich herangetreten worden mit der Bitte, einen Kurs mitgenau der Thematik Selbstschutz und Eigensicherung sowie Halten und Transportieren an mich herangetreten. Die Pfleger wollen das nun komplett privat durchführen und bezahlen, weil die Leitung dem skeptisch gegenüberstehe.

    Interessant, dass hier der Tenor auch in die Richtung geht und gleichzeitig verwunderlich. Ganz unabhängig von dem tatsächlichen praktischen Bedarf, der dort (und in diesem Thread ja auch) an einem solchen Training gesehen wird, kommt noch die psychische Belastung hinzu. Mit Situationen umgehen zu müssen, die jenseits von Eskalation liegen, und in denen man keine trainierten Strategien und Vorgehensweisen hat.

    Der kluge Personalmanager kümmert sich um so etwas.

    Woran hapert es da Eurer Meinung nach, ist es nur das Geld; ist es das Wissen?

  10. #70
    Helmut Gensler Gast

    Standard

    Woran hapert es da Eurer Meinung nach, ist es nur das Geld; ist es das Wissen?
    Es sind -vor allem in Schulen und Internaten, bei denen ich mitreden kann- auch juristische Vorgaben, die Massenträgheit (dös hamm mer noch nie so gmacht) und die Furcht vor körperlichen Aktionen.
    Und wenn ein Chef die Notwendigkeit einsieht, müsste er auch die notwendigen, sehr umfangreichen Konsequenzen ziehen .. und bezahlen.

  11. #71
    WingChun77 Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Pyriander Beitrag anzeigen
    Woran hapert es da Eurer Meinung nach, ist es nur das Geld; ist es das Wissen?
    - Unwissenheit(!)
    - Trägheit sich das Wissen anzueignen
    - Geld(!)
    - Block "von oben"
    - typischer Tenor: Es ging bisher doch auch ohne...
    - nicht mehr aktiv (oder nie dabei gewesen), sondern am Schreibtisch


    Die üblichen Hemmer im System...


    LG

    Günther

  12. #72
    Big Daddy Düsseldorf Gast

    Standard

    Zitat Zitat von MCFly Beitrag anzeigen
    Ist auch mein Eindruck. Aber ich kann mich irren, daher meine Fragen, danke für die Ausführung. Offen bleibt für mich nach wie vor, in wie weit Verletzungen an Patienten "untersagt" sind bzw. rechtlich geahndet werden können.
    Ich scheine die Frage nicht ganz zu verstehen? Mindestens nach dem Grundgesetz und allen mir bekannten Verfassungen ist die Unversehrtheit das Recht eines Jeden. Insofern ist jede Verletzung eine - wie der Name sagt - Körperverletzung, also strafbar und von vorne herein gesetzwidrig.

    Das andererseits heißt nicht, dass nicht andere Repressionen angewendet werden. Nur darf man sie nicht so nennen. Man spricht dann von: Konsequenzen. Aber das ist ein anderes Thema. Nämlich dass Gewalt sich nicht nur auf die Körperlichkeit beschränkt, sondern verschieden strukturiert oder maskiert vorkommt und ausgeübt wird. Jeder Krankenpfleger hat eine gewisse Macht über einen mehr oder weniger abhängigen Patienten. Das jedoch ist den allermeisten Pflegekräften, Ärzten und Therapeuten - zumindest bei uns in der klinik - zu hoch, unbequem oder sonstwie nicht überdenkenswert.
    Geändert von Big Daddy Düsseldorf (22-07-2010 um 15:50 Uhr) Grund: Grammatikfehler

  13. #73
    Registrierungsdatum
    12.06.2008
    Beiträge
    683

    Standard

    @ MCFly: Die Rechtliche Ahndung, wie Big Daddy schon ausführt. Du hast als Pflegeperson ja immerhin noch eine Fürsorgepflicht bzw. man erwartet von dir, dass du professionell genug bist - als ausgebildetes Fachpersonal - deinen Schutzbefohlenen im Vorfeld - mittels Krankenbeobachtung, Medikation, deeskalativer Maßnahmen wie Gespräche, reizarmer Unterbringung *hust* - abzuholen / abzufangen.
    Und das ist in sagen wir mal guten 70-80% der Fälle ja auch gut möglich.

    Wenn du jemanden aber krass eine kickboxt oder ballerst, weil es bereits eskaliert ist, er dich tritt, beißt oder schlägt, hast du ganz schlechte Karten kommt es im Nachhinein zur Anklage. Denn der Pat. ist ja unzurechnungsfähig oder zumindest stark eingeschränkt, der weiß (vorrübergehend) ja nicht was er tut (das ist ja auch bei schwereren Vergehen ein strafmildernder Umstand). Du hingegen, als Gesunder und auch noch Personal, solltest zumindest immer damit rechnen, dass etwas passieren könnte. Also: Antizipieren, entsprechend frühzeitig präventiv tätig werden = Professionalität. Das ist selbst in der Literatur allg. Konsens.
    Insofern macht es für die Kliniken natürlich keinen Sinn, sich a) hinter dich zu stellen, kommt es zur Anklage wegen Körperverletzung und b) etwas anderes wie das Deeskalationstraining bislang anzubieten. Alles andere wäre eine stumme Aufforderung zur gezielten Gewaltbereitschaft

    Und wie Big Daddy sagt, man darf nicht vergessen wie oft dieses "Machtprinzip" von sowohl Pflegenden als auch Ärzten gegenüber ihrem Klientel ausgenützt wird. Gab's ja auch alles schon

    Die Deeskalationskurse orientieren sich - habe ich mir jetzt sagen lassen - mittlerweile eh überwiegend an Kontaktfreien Mitteln. Also setzen auf physische Präsenz (viele Kollegen), verbale Präsenz.
    Der Punkt ist einfach, man darf den Patienten eben nicht verletzen, es sei denn man kann nachweisen, dass es sich um eine Notwehrsituation gehalten hat, die nicht vorhersehbar oder im Vorfeld abzuwehren gewesen wäre (falls das nicht eh schon in der Definition von Notwehr enthalten ist ).
    Und im Ernstfall, da mir meine Sicherheit wichtig ist, würde ich eben immer auf Notwehr plädieren, aber gleichzeitig etwas sinnvolles privat trainieren, was mich für eine Notwehrsituation fit machen könnte.

    Und wie gesagt, in den restlichen 80% der Fälle, klappt es mit der stinknormalen Deeskalation ganz gut. Man hat sicherlich nicht in jeder Klinik ein funktionierendes Alarmsystem und kollegiale Mitarbeiter... Bei uns ist das glücklicherweise so

  14. #74
    Registrierungsdatum
    08.05.2007
    Ort
    Köln
    Alter
    45
    Beiträge
    2.184

    Standard

    Zitat Zitat von Nymphaea Alba Beitrag anzeigen
    @ MCFly: Die Rechtliche Ahndung, wie Big Daddy schon ausführt. Du hast als Pflegeperson ja immerhin noch eine Fürsorgepflicht bzw. man erwartet von dir, dass du professionell genug bist - als ausgebildetes Fachpersonal - deinen Schutzbefohlenen im Vorfeld - mittels Krankenbeobachtung, Medikation, deeskalativer Maßnahmen wie Gespräche, reizarmer Unterbringung *hust* - abzuholen / abzufangen.
    Und das ist in sagen wir mal guten 70-80% der Fälle ja auch gut möglich.

    Wenn du jemanden aber krass eine kickboxt oder ballerst, weil es bereits eskaliert ist, er dich tritt, beißt oder schlägt, hast du ganz schlechte Karten kommt es im Nachhinein zur Anklage. Denn der Pat. ist ja unzurechnungsfähig oder zumindest stark eingeschränkt, der weiß (vorrübergehend) ja nicht was er tut (das ist ja auch bei schwereren Vergehen ein strafmildernder Umstand). Du hingegen, als Gesunder und auch noch Personal, solltest zumindest immer damit rechnen, dass etwas passieren könnte. Also: Antizipieren, entsprechend frühzeitig präventiv tätig werden = Professionalität. Das ist selbst in der Literatur allg. Konsens.
    Die juristische Lage ist mir bewusst, wie du schreibst, zielen meine Fragen natürlich auf die Fürsorgepflicht ab. Ich stolpere nur schnell über Forumlierungen a la "egal, was der Patient macht, er darf nicht verletzt werden". Das scheint mir in einem solch sensiblen Bereich eine Hinterfragung wert. Deine Einordnung entspricht aber auch meiner Logik, unverhältnismäßige Gewaltanwendung steht als "no go" ausser Frage.

    Ich suche ein wenig die Parallelen, kenne mich peripher nur in Fällen geistiger Behinderung -und auch da nur in sehr speziellen Bereichen- aus. Da wird es manchmal mit der (systematischen) Antizipation schwierig, weil sehr viele Unberechenbarkeiten auftreten.
    Zwei konkrete Fälle aus unserem Heim: Eine Bewohnerin tritt von hinten unbemerkt an einen Betreuer herran und möchte diesen eine Treppe hinunterstossen. Er merkt das rechtzeitig, blockt ab und um Bewegunsfreiheit zu erhalten, stösst er die Bewohnerin nach hinten. Sie stürzt, schlägt gegen einen Vorsprung. Da sie an Osteogenesis imperfecta (Glasknochenkrankheit) leidet, entstanden schwere Verletzungen.

    Anderer Fall: mein Bruder, körperlich nicht beeinträchtigt, leidet aufgrund seiner Behinderung u.a. an Wutanfällen, die sich verschiedenartig äußern. Ein Betreuer geht in so einer Situation (die er als gefährlich einstuft) zu ihm und versucht ihn zu beruhigen. Es eskaliert und er bekommt meinen Bruder nicht unter Kontrolle. Zwei weitere kommen hinzu und versuchen, ihn zu fixieren. In der Rangelei wühlt und reisst er sich los, wobei sein Arm auskugelt.

    Ich sitze mit Dad (Heimvorstand) des öfteren in Sitzungen, in solchen Fällen auch mit juristischer Begleitung und Vertretern der Landes-Heimaufsicht. Punkte waren neben Personalkompetenzen eben auch Ausnutzung von Vormachtstellungen. Besonders im zweiten Fall ist es ja auch keine unvorhersehbare Situation gewesen. Trotzdem konnte man in diesen Situationen, unter Berücksichtigung der "Krankenakten" und Heimbedingungen feststellen, dass niemand rechtswidrig und/oder bewusst schädigend gehandelt hat. Es sind leider unglückliche und Gott sei Dank sehr seltene Einzelsituationen.
    Mich hat hier einfach interessiert, ob es im psychiatrischen Bereich tatsächlich rigosorer oder einfach nur angepasster gehandhabt wird. Wie gesagt, deine Schilderungen leuchten ein, daher danke für die Erläuterung
    Geändert von MCFly (22-07-2010 um 22:10 Uhr)
    It 's not who I'm underneath but what I do that defines me. Bruce Wayne
    Dabei würdest Du sogar beim Schattenboxen verlieren. Kannix

  15. #75
    Registrierungsdatum
    12.06.2008
    Beiträge
    683

    Standard

    Zitat Zitat von MCFly Beitrag anzeigen
    Die juristische Lage ist mir bewusst, wie du schreibst, zielen meine Fragen natürlich auf die Fürsorgepflicht ab. Ich stolpere nur schnell über Forumlierungen a la "egal, was der Patient macht, er darf nicht verletzt werden". Das scheint mir in einem solch sensiblen Bereich eine Hinterfragung wert. Deine Einordnung entspricht aber auch meiner Logik, unverhältnismäßige Gewaltanwendung steht als "no go" ausser Frage.

    Ich suche ein wenig die Parallelen, kenne mich peripher nur in Fällen geistiger Behinderung -und auch da nur in sehr speziellen Bereichen- aus. Da wird es manchmal mit der (systematischen) Antizipation schwierig, weil sehr viele Unberechenbarkeiten auftreten.
    Zwei konkrete Fälle aus unserem Heim: Eine Bewohnerin tritt von hinten unbemerkt an einen Betreuer herran und möchte diesen eine Treppe hinunterstossen. Er merkt das rechtzeitig, blockt ab und um Bewegunsfreiheit zu erhalten, stösst er die Bewohnerin nach hinten. Sie stürzt, schlägt gegen einen Vorsprung. Da sie an Osteogenesis imperfecta (Glasknochenkrankheit) leidet, entstanden schwere Verletzungen.

    Anderer Fall: mein Bruder, körperlich nicht beeinträchtigt, leidet aufgrund seiner Behinderung u.a. an Wutanfällen, die sich verschiedenartig äußern. Ein Betreuer geht in so einer Situation (die er als gefährlich einstuft) zu ihm und versucht ihn zu beruhigen. Es eskaliert und er bekommt meinen Bruder nicht unter Kontrolle. Zwei weitere kommen hinzu und versuchen, ihn zu fixieren. In der Rangelei wühlt und reisst er sich los, wobei sein Arm auskugelt.

    Ich sitze mit Dad (Heimvorstand) des öfteren in Sitzungen, in solchen Fällen auch mit juristischer Begleitung und Vertretern der Landes-Heimaufsicht. Punkte waren neben Personalkompetenzen eben auch Ausnutzung von Vormachtstellungen. Besonders im zweiten Fall ist es ja auch keine unvorhersehbare Situation gewesen. Trotzdem konnte man in diesen Situationen, unter Berücksichtigung der "Krankenakten" und Heimbedingungen feststellen, dass niemand rechtswidrig und/oder bewusst schädigend gehandelt hat. Es sind leider unglückliche und Gott sei Dank sehr seltene Einzelsituationen.
    Mich hat hier einfach interessiert, ob es im psychiatrischen Bereich tatsächlich rigosorer oder einfach nur angepasster gehandhabt wird. Wie gesagt, deine Schilderungen leuchten ein, daher danke für die Erläuterung
    Wenn man bei deinem ersten Beispiel bleibt und ich übertrage es auf die Psychiatrie (Heimbewohner gibt es dort zur med. Einstellung auch oft genug), fällt mir spontan dazu ein, dass man die Bewohnerin, wenn sie schon so schwer einschätzbar ist und man nicht ausschließen kann, dass sie akut gefährlich werden kann (ob nun durch gezielt oder ungezieltes Handeln), eigentlich nicht außer Sichtkontakt lassen sollte.

    Aber es ist schon klar, dass sich im prakt. Alltag nicht alles so rigoros umsetzen lässt. Oder die Umgehensweise von Person zu Person sehr variiert.
    In den meisten Fällen würden aber hier auch die Angehörigen nicht klagen bzw. die Bewohnerin. Ist zumindest meine Erfahrung.

    Bei Verletzungen, die durch eine Fixierung entstehen, ist es schon wieder eine andere Geschichte.
    Man kann natürlich auch hinterfragen, inwieweit die Art und Weise, deinen Bruder zu beruhigen zu wollen, sinnvoll ausgewählt war (Berührungen z.B. werden gemeinhin als tröstend oder beruhigend empfunden und eingesetzt, bei psychisch instabilen oder affektiv labilen Personen kann dies jedoch überhaupt erst der Trigger für aggressives Verhalten sein. Ebenso wie jegliche akustische Reizüberflutung). Genauso gut kann es eben sein, du überlässt jemanden sich selbst eine halbe Stunde lang, er hat seinen Ausbruch dann aber trotzdem und hat ihn gegen sich selbst oder Gegenstände gerichtet. Man steckt nicht drin und kann daher auch nicht pauschal von richtig oder falsch sprechen. Die Arbeit hat sehr viel mit Gespür und Übertragung / Empfänglichkeit hierfür zu tun. Und natürlich auch Glück.

    Das "egal was der Pat. macht...." trifft eben eigentlich nicht zu. Notwehr ist Notwehr, Kollateralschäden werden meist auf beiden Seiten hingenommen (z.B. in einer Fixiersituation).
    Was anderes ist es, wenn der Pat. bereits fixiert ist, und dann den Ellenbogen etwas fester als notwendig in die fixierte Extremität gebohrt bekommt...etc.pp.

Seite 5 von 7 ErsteErste ... 34567 LetzteLetzte

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)

Ähnliche Themen

  1. Kampfkunst !!!
    Von M4tz3 im Forum Off-Topic Bereich
    Antworten: 10
    Letzter Beitrag: 07-01-2010, 22:40
  2. Antworten: 1
    Letzter Beitrag: 22-03-2008, 12:50
  3. Kampfkunst Ausbildungsmöglichkeiten
    Von f-r-a-n-k d-u-x im Forum Offenes Kampfsportarten Forum
    Antworten: 3
    Letzter Beitrag: 30-06-2005, 16:13
  4. Bo Kampfkunst
    Von womme im Forum Japanische Kampfkünste
    Antworten: 33
    Letzter Beitrag: 13-04-2004, 14:24
  5. KampfKunst-Event! An alle KampfKunst-Stile oder besser deren Anwender...!
    Von Der Suchende im Forum Offenes Kampfsportarten Forum
    Antworten: 18
    Letzter Beitrag: 14-10-2002, 09:03

Forumregeln

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •