Hi Sportsfreunde,
da ich solche Erfahrungsberichte immer gerne lese, wollte ich bei Gelegenheit selber einen schreibe. Also hier ist er:
Ich habe zum ersten Mal an einem Kampfsport-Wettkampf teilgenommen. Das war der heutige Preussen Cup in Berlin - Marzahn.
Vorwort:
Ich trainiere seit 2007 in einem kleinen Kampfsportverein in Brandenburg. Der Verein hatte sich anfangs( da war ich noch nicht dabei) auf Shotokan Karate spezialisiert, ist dann aber auf "realistische Selbstverteidigung" übergangen (eig. Ju Jutsu). Seit einiger Zeit hat der Verein aber strukturelle Probleme, sodass das Training mal so mal so abläuft, die Trainer oft wechseln und knapp sind(jeder macht was anderes), die Zielsetzung nicht klar definiert ist usw. usf.
Außerdem ist es in Brandenburg so, dass die Kampfsportvereine zwar teilweise ganz erfolgreich sind, aber ziemlich zersplittert und "egoistisch", sodass keine richtige KS-Gemeinde entsteht wie z.b. in Berlin.
Jedenfalls interessiere ich mich seit ca. 1 Jahr für Muay Thai,MMA und später auch Grappling. Seit Anfang dieses Jahres trainiere ich Grappling. Jedoch ist es so, dass wir bei uns im Verein gar keinen Grappling-Trainer haben und ich mich den Großteil selber beibringen musste (meistens durch Videos, selten Hilfe von anderen Trainern, die aber nicht im Verein sind). Das heißt ich schaue mir Techniken an (Submissions, Takedowns, Positioning usw.) und probiere das im Training aus.
Das das nicht wirklich erfolgsversprechend ist, ist denke ich jedem klar. Aber es macht Spaß und das zählt in erster Linie.
Da Grappling bei uns nicht unterrichtet wird, sondern meistens nur eine kleine Zeit Bodenkampf gemacht wird bzw. man am Wochenende freiwillig trainieren kann, ist dementsprechend auch das kämpferische Niveau. Ich gewinne gegen anderen im Verein ziemlich oft, was ein Problem ist. Dazu später mehr.
Wie gesagt strukturelle Probleme etc..-> also habe ich mich selber um Turniere informiert. Die Vorbereitung verlief nicht wirklich gut. Meistens waren es in den letzten 4-5 Wochen nur 1-2-mal Grappling und ein bisschen Kondition.
Schließlich sind wir (ich als einziger Kämpfer und 2 unterstützende Studenten aus dem Verein) heute nach Berlin gefahren.
Kampftag:
Es ging relativ früh los (7 Uhr Abfahrt), ich war ein wenig müde, aber körperlich rel. fit. Die Aufregung war kaum zu spüren. Als wir in die Halle gegangen sind, fielen mir einige Kämpfer auf, die körperlich und technisch ziemlich stark und souverän erschienen. Und natürlich Frank Burczynski, der mir ziemlich dünn vorkam (hatte ihn zuvor nur auf Videos gesehen). Ziemlich symphatischer und kompetenter Typ.
Jedenfalls ging es dann um 11 Uhr los mit dem Aufwärmen, jedoch stellte sich später raus, dass ich erst ganz am Ende des Turnieres kämpfen sollte. Erst einmal kamen die Männer...Ein paar spitzen Kämpfe waren dabei. Besonders die Leute von der IMAG und dem Team Achilles (die Russen!!) gefielen mir.
Gelegentlich bekam ich Adrenalinstöße, obwohl ich noch gar nicht gekämpft hatte. Es gab in meiner Klasse (Jugend - 70 kg, ich 15 Jahre alt und 65,5 kg.) Als es aber soweit war, kam erst einmal die Aufregung, da ich meinen Namen nicht gehört hatte und schnell hinrennen musste.
Mein erster Gegner war Ibragim Geliskhanov vom Team Achilles.
Dieser sah für mich rel. schmächtig aus, was aber nichts zu bedeuten hat. Ich versuchte gleich einen Double Leg Takedown, doch er sprawlte schnell, holte sich meinen Hals und versuchte einen Guillotine-Choke. Ich richtete meine Hüfte, sodass ich Luft bekam und zugleich seinen Arm wegziehen konnte. Aber durch das Adrenalin ging alles so blitzschnell, dass ich nicht mitbekam wie er meinen rechten Arm nahm und zur Armbar ansetzte. Ich versuchte noch hastig meinen Arm festzuhalten und wegzuziehen, aber vergeblich.
Einige Sekunden habe ich so ausgeharrt, aber dann abgeklopft, um ernsthafte Verletzungen zu vermeiden.
Ersten Kampf verloren - na gut. Ich machte mir keine großen Gedanken, um mich für den nächsten Kampf vorzubereiten. Der war gegen einen kräftigeren Jungen (ich glaube von Trigoon, bin mir aber nicht sicher). Da ich dieses Armziehen/ Nackengreifen im Stand kaum geübt hatte, wusste ich nichts damit anzufangen, also versuchte ich ihn in der Guard auf den Boden zu ziehen. Ich rutschte aber ab und er nahm sich gleich mein Fußgelenk und setze einen Angle Lock an. Eigentlich war der recht effektiv und schmerzhaft, aber ich wollte nicht schon wieder so früh aufgeben, also biss ich aufs Zahnfleisch. Erst versuchte ich meinen Fuß da rauszukriegen und später versuchte ich einen Toe Hold, was aber nicht funktionierte und ich unter Schmerzen wieder aufgab. Da er irgendwann merkte, dass ich nicht so schnell tappen werde, lies er immer wieder etwas locker, um aber gleich wieder anzusetzen. Irgendwie konnte ich aber meinen Fuß rausziehen und es ging kurz im Stand weiter. Er zog mich zu Boden, doch ich konnte in die Full Guard. Dort realisierte ich, dass das Ganze unglaublich anstrengend war, worauf ich nicht vorbereitet war. Er hielt seine Arme fest bei sich, sodass ich keine Submission direkt anlegen konnte. Vielleicht hätte ich einfach etwas spielen sollen und irgendwie einen Arm wegziehen können, aber egal. Er slammte mich 2-mal zu Boden, was eig. verboten war, aber mir egal war und der Ref. auch irgendwann bemerkte. Dennoch verlor ich die Full Guard und er konnte in die N-S Position, dann in die Side Mount und schließlich in die Full Mount. Das alles realisierte ich zu spät, sodass er diese Position widerstandslos einnehmen konnte. Erst als er auf mir drauf saß, versuchte ich mit meiner Hüfte zu escapen, aber vergeblich. Da ich Angst hatte, er würde zur Triangle ansetzen ( er saß ziemlich weit vorne), streckte ich meine Arme. Das war der Fehler und er setzte zur Armbar an - wieder musste ich tappen.
Obwohl ich wieder verloren hatte, was mich ein wenig demotivierte und ziemlich Kraft kostete, wusste ich, dass der Kampf besser war. Er ging länger und ich konnte ein wenig klarer denken.
Ich wollte wenigstens den letzten Kampf gewinnen, schließlich bin ich gerade erst in Fahrt gekommen.
Den Namen meines Gegners + Team weiß ich leider nicht, aber seine Betreuerin war eine Frau, die auch Ref war und ich wusste, dass er auch 2-mal verloren hatte. Also alles geben!
Mein Gegner war rel. ruhig im Stand und ziemlich nach unten gebeugt, sodass ich ihn gleich in die Guillotine nahm und zu Boden brachte. Erst konnte ich in die Full Guard und dann versuchte ich den Choke etwas fester zu greifen. Aber als ich versuchte meine Hüfte zu strecken und den Choke festzuziehen, klappte es nicht so wie ich wollte. Obwohl ich der Meinung bin, dass der Choke technisch in Ordnung war. Die Attempts kosteten aber ziemlich viel Kraft,also lies ich ermüdet los, um mich etwas zu sammeln und auszuruhen. Mein Gegner schien ziemlich verunsichert und hörte nur auf die Anweisungen seiner Betreuerin. Ich überlegt, ob ich seinen rechten Arm für eine Triangle nutzen sollte, aber setzte dann zum Kimura an. Der war aber zu hastig, sodass nach Anweisungen seiner Betreuerin er seine Hand etwas festhalten konnte. Ich dachte mir aber, dass ich in den Griff nicht aufgeben sollte, sodass ich etwas ruckartiger zog, was auch kurzzeitig klappte, dann aber wieder neutralisiert wurde. Irgendwie landete ich dann in der Guard. Ich drückte seinen rechten Arm auf den Boden und wollte gerade zum Americana ansetzen, als wir vom Mattenrand weggeholt wurden. In der Mitte und in derselben Position versuchte ich das selbe, aber er konnte seinen Arm wegziehen. Keine Ahnung, ob der Americana mit mir in der Guard funktioniert hätte . Jedenfalls hatte ich wieder meine Arme lang und der dritte Gegner versuchte eine Armbar und das gleich 2-mal hintereinander, aber ich konnte diesmal meine Arme rausziehen. Jedoch hätte ich beim Neutralisieren seine Beine wegdrücken sollen, um in die Side Mount zu gelangen. So hatte er wieder die Full Guard und er versuchte gleich einen Kimura. Sofort hielt ich meine Hand fest, aber ich konnte nur einen schwachen Finger Grip ansetzen. Aufgrund der Ermüdung und des schlechten Grips, war es nur eine Frage der Zeit bis er den Arm frei hatte. Schließlich konnte auch er mich zur Aufgabe zwingen.
Ich hätte nie gedacht, dass diese paar Minuten so anstrengend sein könnten. Das Adrenalin hat also ziemlich gewirkt, denn nach dem Kampf tat mir meine Achillessehne weh (Angle Lock 2. Kampf) und mein rechtes Ellenbogengelenk (Armbar 1. Kampf).
Letztendlich hatte ich alle meine 3 Kämpfe verloren. Zwar wollte ich von Anfang an gewinnen, aber große Chancen rechnete ich mir nicht aus. Trotzdem war das Event cool, es hat unglaublich viel Spaß gemacht und ich habe viele wichtige Erfahrungen gesammelt.
Ich schaute mir noch die Finalkämpfe an und ging dann erschöpft nach Hause.
Schlusswort:
Jetzt werde ich mich erst einmal ausruhen und im Training später irgendwie versuchen meine Fehler auszubessern. Ob das langfristig gesehen in der aktuellen Situation klappen wird, bezweifle ich, aber wir werden sehen. Denn es gibt unendlich viele Dinge, dich ich besser machen kann.
Bei den nächsten Grappling-Turnieren bin ich auf jeden Fall dabei. Vielleicht auch später MMA, aber durch das Turnier erkannte ich, dass ich leistungstechnisch noch sehr weit unten bin und mich Grappling allein ziemlich auslastet.
Ich hoffe der Bericht wahr halbwegs interessant und nicht allzu lang. Vielleicht könnt ihr mir sogar Tipps geben, egal ob zur mentalen oder physischen Vorbereitung.
Bei Bedarf kann ich auch die Kämpfe uploaden, obwohl das mir eher peinlich ist