Ich grüße alle!
Es gibt ja Originale und Quellen wie die Fechtbücher, wo man die Schwertlänge ablesen kann. Diesem Artikel zufolge war das Langschwert aus historischer Sicht nicht unbedingt tatsächlich "lang" sondern die die Führung mit beiden Händen war wohl die, welche "lang" genannt wurde.
Ich hab neulich mit Holzstangen ein Paar Experiemnte gemacht, denn ich hab selbst in den Quellen geschmökert und da gab es einige spannende Sachen.
Fiore dei Liberi um 1410: Fiore delli Liberi/Longsword - Wiktenauer
Da sieht man ein Schwert, gar nicht so "lang", welches sowohl mit einer als auch mit beiden Händen gebraucht wird. Besonders diese Technik kommt oft vor wo mit einer Hand die gegenerische Waffe fixiert wird und mit der anderen einhändig ins Gesicht gestochen wird. Bei einer Stocklänge von 90cm ("Klingenlänge ohne Griff") war das ausgesprochen schwierig für mich, denn es war zu lang. Erst bei 75-80cm ging es vernünftig. Ich bin 1,80 groß, aber es gibt sicherlich auch Menschen denen 90cm zum einhändigen Stechen optimal sind, deswegen ist das allein nicht aussagekräftig.
Das Wichtigste ist aber dass dasselbe Schwert von Fiore dann zum rein zweihändigen Fechten benutzt wird, es gibt keine Unterscheidung zwischen "kürzeren" und "längeren" Schwertern, im Originaltext ist für ihn alles "spada".
Hans Talhoffer 1459: Fight Earnestly - Talhoffer's 1459 Fight Manual
Auf Seiten 167 bis 172 wird das Schwert (was auch nicht besonders groß wirkt) einhändig und zweihändig geführt, ähnlich wie bei Fiore. Doch am besten sind die seiten 175-176, nämlich das berühmte "Talhoffer-Iaido"! Das Beste daran ist, man kann hier die maximale Länge experimentell bestimmen, was ich gemacht hab. Holzstock + passendes Plastikrohr = Erkenntnis, dass bei mir die Stocklänge von etwa 76cm gerade noch passt! Das deckt sich auch in etwa mit Fiore-Abbildungen. Diese Abbildung zeigt Schwerter die in diese Kategorie ebenfalls zu passen scheinen. Man beachte auch dass all diese Schwerter nen Birnenknauf haben, der rein technisch für zweihändige Führung eingeführt worden ist.
Hier ein Paar Originale, die bemerkenswert kurze Klingen haben, aber doch voll ausgeprägte anderthalbhändige Griffe (um 20cm samt Knauf), alle in etwa aus der ersten Hälfte des 15 Jh (oder gar früher).
myArmoury.com
myArmoury.com
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Meine Frage wäre an die Praktiker - wo ist die unterste Grenze der Klingenlänge eines Langschwertes damit die überlieferten Techniken einwandfrei funktionieren? Wenn ich jetzt gemäß obigen Techniken von Talhoffer und Fiore meine optimale Klingenlänge finden soll, dann wären es nur 76cm. Gehilz von 20cm geht bei meinen kleinen Händen relativ problemlos, allerdings sind solche Sachen wie "Hängen" (oder "Hangetort") schon unbequemer als mit 24-26cm Gehilzen, Zwerchhau und Krumphau sind grenzwertig.
Ich glaube man würde die obigen Schwerter "Bastardschwerter" nennen, aber sowiet ich weiß gab es diese Bezeichnung in der esten Hälfte 15 Jh. noch nicht. Bei Fiore heißt's "spada". Bei Talhoffer wirds aber sogar "messer" betitelt, vllt. als Unterscheidung zu längeren "wahren Langschwertern". Bei T. Wanke wird angesprochen dass diese "frühen Langschwerter" meist Klingen von Einhändern besaßen und auf Abbildungen bis etwa an die Bauch-Höhe reichten. Bei mir wäre die Bauch-Höhe 105cm, bei einer Gehilzlänge von 20cm sinds 85cm Klinge. Bei dieser Länge kann man aber "Talhoffer-Iaido" getrost vergessen.
Auf jeden Fall spannend...
Liebe Grüße
Vlf