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Thema: Jiu-Jitsu, Ju-Jutsu und Brazilian Jiu-Jitsu: Unterschiede und Geschichte

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  1. #1
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    Standard Jiu-Jitsu, Ju-Jutsu und Brazilian Jiu-Jitsu: Unterschiede und Geschichte

    Um mal Zusammenfassend ein bisschen zu erklären, da die Frage immer wieder auftaucht. Dies ist eine arg kurze Zusammenfassung, um zuallererst nur die Begrifflichkeiten zu erklären. Nichts davon ist auf meinen Mist gewachsen, nur die Fehler gehen auf meine Kappe! Die Inhalte kommen kummuliert aus diesem und zwei weiteren Foren. s.u.

    Zu den Begriffen, Unterschieden und der Geschichte des

    Jūjutsu / Jiu-Jitsu / Ju-Jitsu / Ju-Jutsu und Brazilian Jiu-Jitsu


    Die japanischen Schriftzeichen sind für alle Begriffe gleich 柔術 und sprechen sich ganz grob Dsch(i)u-Dsch(i)uts((u)) [dʑɯː.dʑɯ.tsɯ] aus.
    (hier zu hören: Jūjutsu)

    Die korrekte moderne Übertragung in unsere Schrift im Hepburn-System wäre Jūjutsu. Frühere Umschriften schrieben sich allerdings auch
    Jiu-Jitsu, Ju-Jitsu (beides auch nach wie vor im Gebrauch, insbesonders international) und Dschiu-Dschitsu. Als letztes gibt es noch die Schreibweise Ju-Jutsu, welches nicht mit Jūjutsu identisch ist.


    In Deutschland haben die Schreibweisen teilweise eine best. Bedeutung, International sieht es wieder etwas anders aus (siehe unten). Interessant wird, inwieweit es eine Angleichung an internationalen Usus hier mal geben könnte, aber nicht Thema hier. Zunächst die Kurzform, weiter unten die Langform.


    Jūjutsu (Japan, vor 1868):
    in Europa und Deutschland so gut wie gar nicht vorhanden; Teilbereich von Schulen klassischer japanischer Kampfkünste (Koryu). Jūjutsu in dieser Schreibweise ist immer das Jūjutsu einer bestimmten Schule (Ryu), bsp. Tenshin-Shinyo Ryu wäre die Schule, Tenshin-Shinyo Ryu Jūjutsu wäre der Teil, der sich nicht mit den Kriegswaffen beschäftigt; also waffenlos sowie Messer, Dolche, Kurzwaffen etc. behandelt. Enthält u.a. Waffen-, Wurf-, Hebel-, Schlag-, Tritt-, und Würgetechniken. Bezeichnungen der Techniken auf japanisch.


    Judo (Japan, ca. 1882): aus Schulen des Jūjutsu von Jigoro Kano entwickelter Stil, der sich vornehmlich aus Wurf-, Würge-, Hebel- und Haltetechniken zusammensetzt. In Europa größtenteils Wettkampfjudo (keine Schlagtechniken); in Deutschland führt der Deutsche Judo Bund ein Selbstverteidigungsprogramm mit Schlag- und SV-Techniken aus anderen Kamp- und Selbstverteidigungssystemen ein. Das traditionelle Judo von Kano hingegen enthält seit je her Schlag-, Stoß-, und Tritttechniken, dieses in Deutschland extrem selten zu finden. Bezeichnungen der Techniken i.d.R. auf japanisch.

    Jiu-Jitsu (Deutschland, 1906): auf Erich Rahn zurückgehendes System, das u.a. auf dem traditionellen Judo (früher, außerhalb Japans auch als Kano Jiu-Jitsu bezeichnet) basiert. Andere Methoden (Ringen, eigene Techniken von Rahn usw. u.a. dazugekommen) Beinhaltet v.a. Wurf-, Hebel-, Schlag-, Tritt-, und Würge- sowie Entwaffnungstechniken. Bezeichnungen der Techniken i.d.R. auf japanisch.

    Brazilian Jiu-Jitsu (Brasilien, 1921): hauptsächlich auf die Gracie Familie zurückgehendes System, dass sich besonders auf den Kampf am Boden spezialisiert hat. Die Gracies haben von Maeda Judo/Kano Jiu-Jitsu gelernt und dieses stark weitergeführt. Weltweite Bekanntheit durch erstaunliche Erfolge bei den ersten Ultimate Fighting Championships. Besteht v.a. aus Positionstechniken, Hebel-, Würge-, und Wurftechniken. Gracie Jiu-Jitsu ist bestrebt, ein System zur Selbstverteidigung zu betreiben. Bezeichnungen der Techniken i.d.R. auf englisch (international) und portugiesisch.

    Ju-Jutsu (Deutschland, 1967):
    Zu der Zeit von unterschiedlichen Budoka aus den Bereichen Judo, Karate, Aikido und Jiu-Jitsu zusammengestelltes System zur Selbstverteidigung. Beinhaltet v.a. Wurf-, Hebel-, Schlag-, Tritt-, und Würge- sowie Entwaffnungstechniken. Im Jahr 2000 Änderung der Prüfungsordnung: Hinzunahme von Techniken unter anderem aus den Filipino Martial Arts, den Wing Tsun und dem Thaiboxen. Ju-Jutsu war SV-System der Polizei (die inzwischen ohne bestimmtes System Eingriffs- und Sicherungstechniken lernt). Wettkampfsystem als Show-Vorführung oder als Leichtkontakt System mit starken Judo-Elementen oder in Form von Allkampf im Vollkontakt. Bezeichnungen der Techniken i.d.R. auf deutsch.

    Jiu, Jitsu, Ju-Jitsu (INTERNATIONAL!): Sammelbegriff, der insbesondere im englischsprachigen Raum zunehmend, aber nicht ausschließlich! synonym mit Brazilian Jiu-Jitsu gebraucht wird (Beispiele: 10th Planet Jiu-Jitsu, Guerrilla Jiu-Jitsu) und von klassisch angehauchtem Jiu-Jitsu ähnlich dem Rahns (American Jiu-Jitsu) über moderne Stile des Gi- und NoGi Grapplings (ähnlich Brazilian Jiu-Jitsus) bis zu Vollkontakt-MMA ähnlichem Training (Kamp Ju Jutsu, Schweden) reicht, weiteres Beispiel auch: (Dennis) Survival Jiu-Jitsu (Israel). Bezeichnungen der Techniken auf japanisch, englisch oder anderen Sprachen.




    Langform und Geschichte


    -Jūjutsu (Japan, vor 1868):
    Begriff für für den waffenlosen und Nicht-Kriegswaffen (also Kurzwaffen, Messer, Dolche usw.) behandelnden Teil der Schulen historischer japanischer Kampfkünste (Koryu,). In der Edo-Periode (1603-1867) gab es über 700 dokumentierte Ryu (Schulen/Stile). Abnahme der Bedeutung in der Meiji-Periode, als Japan sich modernisierte, dem Westen öffnete und eine längere Zeit der Abwesenheit großer Kriege herrschte (ab 1868).
    Jūjutsu in diesem Sinne ist in Europa so gut wie gar nicht zu finden und nicht zu verwechseln mit dem hier angebotenen Jiu-Jitsu. So gibt es z.B. im Jūjutsu nicht das farbige Gürtelsystem, was aus anderen asiatischen KKs uns hier so vertraut ist - das wurde zuerst eingeführt im Kodokan Judo.


    -Judo (Japan, ca. 1882):
    Jigoro Kano war Schüler mehrerer Koryu (Schulen alter japanischer Kampfkünste, deren waffenloser und bewaffneter (außer Kriegswaffen) Teil Jūjutsu heißt) ab 1870, insbesonders Tenshin-Shinyo Ryu und Kito Ryu. In beiden erlangte er die Lehrbefähigung. 1882, nach vier Jahren Training in den Koryu öffnete Kano eine eigene Schule, das Kodokan. Kano legte Wert auf Techniken, die sich mit vollem Widerstand und hartem Kontakt trainieren ließen, um realistisches Kämpfen lehren zu können und benutzte in besonderem Maße, aber nicht nur (!) Wurf- Würge und Hebeltechniken. Kano nannte sein System Judo, es wurde in der Anfangszeit von Unkundigen im Ausland aber auch als Kano Jiu-Jitsu bezeichnet (siehe BJJ)
    In späteren Jahren fand übrigens (Quelle: Gracie, Renzo und Danaher, John: Mastering Jiu-Jitsu) eine weitere Koryu ihren Weg ins Judo: Fusen Ryu, welches starken Wert auf Bodenkampf legte und in sportlichen Kämpfen mit dem Kodokan einige Erfolge errang; über Mataemon Tanabe, der daraufhin auch im Kodokan unterrichtete.

    In Europa herrscht heutzutage hauptsächlich (aber nicht nur) das Wettkampfjudo vor, das z.B. keine Schlagtechniken beinhaltet. In Deutschland führt der Deutsche Judo Bund im Rahmen eines Selbstverteidigungsprogramms Schlag- und SV-Techniken aus anderen Kamp- und Selbstverteidigungssystemen ein.

    Das traditionelle Judo von Kano hingegen enthält seit jeher Schlag-, Stoß-, und Tritttechniken (sowie auch Waffentechniken), es wird in Deutschland von einem vergleichsweise sehr kleinen Kreis betrieben. Bekannte Vertreter dieser Richtung sind z.B. Tokio Hirano, Frank Thiele und Tom Herold.


    -Jiu-Jitsu (Deutschland, 1906): Der deutsche Kaufmannssohn Erich Rahn lernte mutmaßlich von dem nach Deutschland gekommenen Japaner Katsukuma Higashi (ein Judoka des Kodokan Judo!) und eröffnete noch im selben Jahr (1906) im Alter von 21 Jahren in einem Hinterzimmer einer Kneipe in Berlin-Mitte die erste deutsche Jiu Jitsu-Schule, dabei fanden auch Ringergriffe, Boxschläge und Kraftanwendung Eingang in das Rahn-Jiu Jitsu.

    Damit beruht das Jiu-Jitsu von Erich Rahn eigentlich (genau wie übrigens auch das Brazilian Jiu-Jitsu) nicht auf Jūjutsu, sondern auf dem Kodokan Judo (welches selber wiederum sehr wohl als Fortführung des Jūjutsu gesehen werden kann). Wie erwähnt, wurde Kanos Judo von Dritten im Ausland eben auch als Jiu-Jitsu bezeichnet. (u.a. z.B. Volksbrockhaus von 1938). In welchem Ausmaß Rahn tatsächlich von Higashi gelernt hat, ist nicht belegt und bekannt, ihm wird u.a. vorgeworfen, er hätte die Techniken nicht von Higashi persönlich, sondern aus einem Buch von diesem erlernt.

    Durch Vorführungen und Kämpfe wurde die Polizei auf Rahn aufmerksam und am 30. Juni 1910 führte Rahn im Königlichen Polizeipräsidium das Jiu Jitsu vor. Daraufhin wurde ihm die Durchführung der neu angeordneten Jiu Jitsu-Ausbildung der Berliner Kriminalpolizei und später auch der Schutzpolizei übertragen. Obwohl 1930 in Deutschland bereits 110 Jiu Jitsu-Vereine registriert waren, ging die Tendenz nun vom Jiu Jitsu zum von Kano entwickelten Judo hin. 1933 gründete Alfred Rhode die Europäische Judo-Union (EJU), wodurch Jiu Jitsu und Judo erstmals organisatorisch voneinander getrennt wurden.



    -Brazilian Jiu-Jitsu (Brasilien, um 1921):

    Mitsuyo Maeda (1878-1941) war Schüler einer Koryu (Tenshin Shinyo Ryu), der um 1896 zum Kodokan Judo gewechselt ist. Maeda war in Japan und später auch darüber hinaus ein sehr erfolgreicher und anerkannter Kämpfer. Er reiste durch Amerika und Europa, um dort das Judo zu verbreiten; bestritt zahlreiche Kämpfe in Japan, USA und Europa gegen Judoka, Ringer und Boxer. Kurz vor dem ersten Weltkrieg kam Maeda nach Brasilien und war dort für ein Ansiedlungsprogramm der japanischen Regierung für Japaner in Brasilien tätig. Bei dieser Tätigkeit hatte er auch mit Gastao Gracie zu tun, der dort in der Lokalpolitik eine bedeutende Figur war. Als Ausgleich für Hilfe bei seiner Arbeit von Gracie bat Maeda an, Gracies Sohn Carlos im Kämpfen zu unterrichten. Maeda unterrichtete also weitesgehend Kodokan Judo, bezeichnete aber zuweilen selber (so wie z.B. [fälschlicherweise] auch andere wie etwa brasilianische oder englische Zeitungen) die Kampfkunst, die er unterrichtete: Jiu-Jitsu.(1917). Wie erwähnt, wurde zu der Zeit auch in Deutschland z.B. vom Volks-Brockhaus 1938 Judo als Jiu-Jitsu bezeichnet. Daher heißt BJJ Br. Jiu-Jitsu, obwohl Brazilian Judo tatsächlich eigentlich treffender gewesen wäre.

    Carlos Gracie unterrichtete seine Brüder, von denen der jüngste, Helio Gracie war, welcher in der Entwicklung des Brazilian Jiu-Jitsu eine entscheidende Rolle spielen sollte. Helio war klein und schmächtig und den meisten körperlich unterlegen. Nicht er alleine, aber zu einem wichtigen Teil, passte er die erlernten und erarbeiteten Techniken seinen Bedürfnissen und Überzeugungen an. Die Gracie Familie machte ihre Form von Jujutsu in Brasilien bekannt und in den 1990ern in großen Teilen des Restes der Welt: indem Rorion Gracie die ersten Ultimate Fighting Championchips (UFC) kreierte, in denen Kämpfer unterschiedlichster Kampfkünste mit anfangs fast keinen Regeln und ohne Gewichtsklassen gegeneinander antraten. Sieger der ersten UFCs war Rorions kleinerer Bruder, Royce Gracie, in der Regel gegen körperlich überlegene Gegner.


    -Ju-Jutsu (Deutschland, 1967):
    Franz-Josef Gresch, Werner Heim, Otto Brief, Richard Unterberger, Klaus Münstermann und weitere wurden zu dieser Zeit damit beauftragt, Techniken aus Jiu Jitsu, Judo, Karate, und Aikidō zu einem neuen Selbstverteidigungssystem zusammenzustellen. Informationen über genaue Graduierungen der Beteiligten ließen sich vom Autor leider nicht ermitteln.
    Beinhaltet v.a. Wurf-, Hebel-, Schlag-, Tritt-, und Würge- sowie Entwaffnungstechniken. Im Jahr 2000 sind weitere Techniken und Konzepte bei Änderung der Prüfungsordnung hinzugekommen, unter anderem aus den Filipino Martial Arts, den Wing Tsun und dem Thaiboxen.

    Ju-Jutsu war das Selbstverteidigungssystem bei der dt. Polizeiausbildung und als solches konzipiert; inzwischen hat sich das teilweise gewandelt. Die Polizeiausbildung in Deutschland ist Ländersache und unterschiedlich geregelt, teilweise werden Eingreif und Sicherungstechniken, ohne sich dabei auf ein bestimmtes System zu berufen, unterrichtet, teilweise gibt es auch noch Ju-Jutsu.
    Es besteht ein Wettkampfsystem als Show-Vorführung oder als Leichtkontakt System mit eingeschränkten Atemi-Möglichkeiten und relativ starken Judo-Elementen. Außerdem gibt es den Ableger Allkampf, der außerhalb des Deutschen Ju-Jutsu Verbandes ein MMA-Ähnliches Wettkampfsystem mit unterschiedlichen Vollkontakt-Modi betreibt.



    So viel als kleinen Überblick; trotz Bemühen kann es hier kein Anspruch auf Richtigkeit geben; denn diese Informationen hier habe ich lediglich zusammengefasst, nicht recherchiert. Somit kommt das meiste auch aus tertiär und quartär Quellen. Danke an die User dieses Forums, an Tom Herold und die User dessen Forums. (Welche zurecht einwenden, dass ein so kurzer Text dem Thema nicht gerecht werden kann und es zum Verfassen eines solchen intensiven Quellenstudiums bedarf.

    Dem ist nichts hinzuzufügen, außer: im Web geistert so viel Unfug zu dem Thema herum, dass jeder Beitrag in die richtige Richtung einen kleinen Schritt hilft.
    Geändert von Pyriander (20-10-2011 um 12:33 Uhr)

  2. #2
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    So, hier kann zum Einen drüber diskutiert werden, im Anfangspost kann ich ggf. Änderungen und Korrekturen vornehmen und vielleicht, so hoffe ich, könnte man den Thread "Sticky" machen und wenn die Frage nach Unterschieden, Schreibweisen oder ähnlichem, sowie geschichtlichen Unklarheiten hierauf verweisen.

    Im Laufe der Zeit würde ich gerne Stück für Stück Verbesserungen vornehmen und Wissen aus dem Board bündeln, insb. zu Rahn und zum Ju-Jutsu (DJJV) und zum Jujutsu lässt sich ja noch einiges ergänzen.

    Schöen Grüße

    André

  3. #3
    gibmirmalneohrfeige Gast

    Standard


  4. #4
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    Zitat Zitat von gibmirmalneohrfeige Beitrag anzeigen
    Was willste denn damit sagen?
    Mein Englisch ist zu schlecht. Ich löse das physikalisch!

  5. #5
    totaler anfänger Gast

    Standard

    Danke Pyriander, sowas ist ne gute Sache.

  6. #6
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    Super! Darf ich das ins Wiki mit übernehmen?
    Frank Burczynski

    HILTI BJJ Berlin
    https://www.hiltibjj.de


    http://www.jkdberlin.de

  7. #7
    DerUnkurze Gast

    Standard

    Zum Jû Jutsu:

    Jû Jutsu ist nur ein Sammelbegriff des "waffenlosen" (unter Anführungszeichen deswegen, weil hier auch verdeckte Waffen, zum Teil Messer etc durchaus ein Bestandteil sind) Teil der Koryu, darum würde ich hier
    Sammelbegriff für unterschiedliche Schulen historischer japanischer Kampfkünste
    eher "Sammelbegriff für den waffenlosen Teil der Koryu (oder auch der alten japanischen Kampfschulen)" schreiben und hier
    Jigoro Kano war Schüler zweier Jūjutsu Ryu
    statt Jûjtusu Ryu einfach nur Koryu schreiben, insbesondere da er ja nicht nur den waffenlosen Teil lernte.

    Aber sonst eine schöne grobe Übersicht, find ich gut.

  8. #8
    Poenix21 Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Pyriander Beitrag anzeigen

    -Jiu-Jitsu (Deutschland, 1906): Der deutsche Kaufmannssohn Erich Rahn lernte mutmaßlich von dem nach Deutschland gekommenen Japaner Katsukuma Higashi (ein Judoka des Kodokan Judo!) und eröffnete noch im selben Jahr (1906) im Alter von 21 Jahren in einem Hinterzimmer einer Kneipe in Berlin-Mitte die erste deutsche Jiu Jitsu-Schule, dabei fanden auch Ringergriffe, Boxschläge und Kraftanwendung Eingang in das Rahn-Jiu Jitsu.

    Damit beruht das Jiu-Jitsu von Erich Rahn eigentlich (genau wie übrigens auch das Brazilian Jiu-Jitsu) nicht auf Jūjutsu, sondern auf dem Kodokan Judo (welches selber wiederum sehr wohl als Fortführung des Jūjutsu gesehen werden kann). Wie erwähnt, wurde Kanos Judo von Dritten im Ausland eben auch als Jiu-Jitsu bezeichnet. (u.a. z.B. Volksbrockhaus von 1938). In welchem Ausmaß Rahn tatsächlich von Higashi gelernt hat, ist nicht belegt und bekannt, ihm wird u.a. vorgeworfen, er hätte die Techniken nicht von Higashi persönlich, sondern aus einem Buch von diesem erlernt.

    Durch Vorführungen und Kämpfe wurde die Polizei auf Rahn aufmerksam und am 30. Juni 1910 führte Rahn im Königlichen Polizeipräsidium das Jiu Jitsu vor. Daraufhin wurde ihm die Durchführung der neu angeordneten Jiu Jitsu-Ausbildung der Berliner Kriminalpolizei und später auch der Schutzpolizei übertragen. Obwohl 1930 in Deutschland bereits 110 Jiu Jitsu-Vereine registriert waren, ging die Tendenz nun vom Jiu Jitsu zum von Kano entwickelten Judo hin. 1933 gründete Alfred Rhode die Europäische Judo-Union (EJU), wodurch Jiu Jitsu und Judo erstmals organisatorisch voneinander getrennt wurden.

    Nach neueren Erkenntnissen ist es wohl so das Katsukuma Higashi wohl nicht dem Kodokan Judo entstammt sonder ihn mit beeinflusst hat.

    Tom Herold und noch ein paar andere haben wohl zum Thema Buch nachgeforscht und haben wohl herausgefunden das Higashi ein Mitwirker von Kano war. Dafür gibt es glaube ich sogar eine brauchbare Referenz.

    Kann ich leider aber erst nachreichen wenn ich den Link von meinem Kumpel hab(ich hab keine lust das ganze Judoforum auf den Kopf zu stellen).

  9. #9
    Gast Gast

    Standard

    Nach neueren Erkenntnissen ist es wohl so das Katsukuma Higashi wohl nicht dem Kodokan Judo entstammt sonder ihn mit beeinflusst hat.
    nein.

    higashi hatte mit dem kodokan und kanos judo nichts zu tun.
    es gibt keinerlei belege für eine "mitwirkung" higashis oder einer "beeinflussung" des judo durch higashi.


    Tom Herold und noch ein paar andere haben wohl zum Thema Buch nachgeforscht und haben wohl herausgefunden das Higashi ein Mitwirker von Kano war. Dafür gibt es glaube ich sogar eine brauchbare Referenz.
    nein.
    tom herold hat das gegenteil herausgefunden.

    higashi hatte mit kano und dessen judo nichts, aber auch rein gar nichts zu tun.

    allerdings gebe ich zu, daß ich mich vor etlichen jahren aufs glatteis führen ließ und zwei quellen nicht auf vertrauenswürdigkeit prüfte.
    daher resultierte dann auch mein irrtum, anzunehmen, daß higashi ein judoka war.

    zu higshi gibt es so gut wie keine zitierfähigen quellen.
    festzustehen scheint, daß er kein judoka war und keine graduierung im judo besaß. higashis name taucht, soweit mir bekannt, nicht in den verzeichnissen der danträger des kodokan auf.

    welcher schule er angehörte, ist äußerst strittig.
    einen wie auch immer gearteten nachweis dafür, daß er bspw. der tsutsumi hozan ryu angehörte, gibt es nicht, auch wenn öfter das gegenteil postuliert wird.
    higashis buch "the complete kano jiu jitsu" hat jedenfalls nach kanos eigener bestätigter aussage nicht das geringste mit kanos judo zu tun.

    es ist sehr wahrscheinlich, daß higashi einer jener japaner war, die um die jahrhundertwende nach europa kamen, um dort geld mit ihren mehr oder weniger fundierten kenntnissen des "jujutsu" zu verdienen.
    in higashis fall darf man annehmen, daß seine kenntnisse eher marginal waren.
    es gibt keinerlei nachweis für eine wie auch immer geartete lehrerlaubnis einer koryu oder für eine graduierung im judo.
    gewiß wird higashi, bevor er nach europa kam, in irgend einer schule trainiert haben. welche kenntnisse und fertigkeiten er sich dort aneignete, ist heute nicht mehr zu klären - der fehlende nachweis einer lehrerlaubnis sollte aber zu denken geben.

    angesichts dessen finde ich es immer wieder amüsant, daß anhänger des "jiu jitsu" vor allem in deutschland sich auf eine so ... schillernde figur wie higashi berufen.
    Geändert von Gast (22-11-2015 um 10:44 Uhr)

  10. #10
    Gast Gast

    Standard

    es wurde zwar schon einige hundert mal gepostet, aber es kann ja nicht schaden, es zu wiederholen ...

    im netz findet man folgende behauptung zur hozan ryu:
    Tsutsumi Masao, the last Tsutsumi Grandmaster, died in 1898. Among his students were Higashi.
    eine durch nichts belegte behauptung.
    es gibt, soweit mir bekannt, nicht den geringsten beweis dafür, daß higashi der hozan ryu angehörte.
    oder daß er ein schüler von tsutsumi masao war.


    und auch das hier findet man noch immer im netz, wenn man "higashi katsukuma" sucht:
    Tsutsumi Masao, the last Tsutsumi Grandmaster, died in 1898. Among his students were Higashi. K, Saito. K (7th Dan) and Saito. S (8th Dan). Tsutsumi and Higashi were involved in the development of Kano Ju-Jitsu, the precursor to Judo. Professor Kanos original intention being to bring together into one system the best of the Ju-Jitsu schools, Tsutsumi contributed greatly to the expansion of the Kano Ju-Jitsu system. Higashi coauthored a book with Irving Hancock entitled "The Complete Kano Ju-Jitsu".
    und das ist einfach gequirlter fäzes.

    "Tsutsumi and Higashi were involved in the development of Kano Ju-Jitsu, the precursor to Judo."
    unsinn.
    es gab keinen "vorläufer" des kodokan judo.
    kano hatte, als er 1882 den kodokan gründete, sein system nicht "kano ju-jitsu" genannt, und er benannt es auch nicht "später in judo um".

    und weder tsutsumi masao noch higashi katsukuma waren "in die entwicklung des judo involviert".

  11. #11
    Gast Gast

    Standard

    Sowohl der Kodokan als auch Kano (indirekt) haben sich von Higashi distanziert... In Judo Memoirs schreibt Kano über Higashis Buch, das unbrauchbar sei und nichts mit Judo zu tun habe!
    nicht nur dort finden wir entsprechende aussagen ...

    1928 äußerte sich kano über seinen aufenthalt in deutschland, bei dem er die polizeischule in berlin besuchte:

    „Als ich diese Schule besuchte, holte der Schulleiter unverhofft ein ziemlich dickes und mit Illustrationen versehenes Buch mit dem Titel 'Kanō Jiu Jitsu' heraus, zeigte es mir und sagte, dass man an seiner Schule mit diesem Buch als Grundlage das Jūjūtsu erforschen würde.
    Schlägt man das Buch auf, enthält es auf der Titelseite eine Abbildung von mir und die Einleitung stammt gar von Dr. Baelz.
    Doch sein Inhalt besteht aus lauter Dingen, die mir unbekannt sind, und ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass es sich dabei nicht um meine wahre Lehre handelt und es daher unzulässig ist.

    Deshalb sprach ich dann, beginnend mit dem geschichtlichen Werdegang des Jūdō, im Großen und Ganzen über die Theorie der Techniken und der Prinzipien und dann über die Anwendung von Jūdō-Prinzipien auf die verschiedenen Bereiche der Gesellschaft. Mir kam es so vor, als hätten sie, [die Lehrer und Schüler der Polizeischule], zum ersten Mal verstanden, was das Kōdōkan-Jūdō eigentlich ist.
    Ich bin der Meinung, dass es völlig unmöglich ist, durch dieses Buch den Sinn des Jūdō richtig zu verstehen. Mit ziemlicher Sicherheit hat dieses Buch jemand geschrieben, der das Kōdōkan-Jūdō nie erlernte.“
    (sakko, heft 7, nr. 12, 1928, übersetzung von bittmann, 2010)

  12. #12
    Chondropython Gast

    Standard

    Zitat Zitat von rambat Beitrag anzeigen

    1928 äußerte sich kano über seinen aufenthalt in deutschland, bei dem er die polizeischule in berlin besuchte:


    (sakko, heft 7, nr. 12, 1928, übersetzung von bittmann, 2010)
    Das ist wohl die selbe Begebenheit! In Judo Memoirs schreibt Kano auch von dieser Polizei Schule in der man ihm das "complete Kano Jiu Jitsu" aushändigt.

    Sprich, die Geschichten decken sich!

  13. #13
    Chondropython Gast

    Standard

    Das hatten wir kürzlich erst. Da steht wieder das Buch "Die Selbstverteidigung Jiu-Jitsu" von Masao Tsutsumi und Katsukuma Higashi im Raum... Dessen Authentizität du ja anzweifelst. Aber beweisen lässt sich da auch nichts!
    Was Tsutsumi mit Judo zu tun haben soll weiss ich auch nicht!

  14. #14
    Poenix21 Gast

    Standard

    Zitat Zitat von rambat Beitrag anzeigen
    nein.

    higashi hatte mit dem kodokan und kanos judo nichts zu tun.
    es gibt keinerlei belege für eine "mitwirkung" higashis oder einer "beeinflussung" des judo durch higashi.



    nein.
    tom herold hat das gegenteil herausgefunden.

    higashi hatte mit kano und dessen judo nichts, aber auch rein gar nichts zu tun.

    allerdings gebe ich zu, daß ich mich vor etlichen jahren aufs glatteis führen ließ und zwei quellen nicht auf vertrauenswürdigkeit prüfte.
    daher resultierte dann auch mein irrtum, anzunehmen, daß higashi ein judoka war.

    zu higshi gibt es so gut wie keine zitierfähigen quellen.
    festzustehen scheint, daß er kein judoka war und keine graduierung im judo besaß. higashis name taucht, soweit mir bekannt, nicht in den verzeichnissen der danträger des kodokan auf.

    welcher schule er angehörte, ist äußerst strittig.
    einen wie auch immer gearteten nachweis dafür, daß er bspw. der tsutsumi hozan ryu angehörte, gibt es nicht, auch wenn öfter das gegenteil postuliert wird.
    higashis buch "the complete kano jiu jitsu" hat jedenfalls nach kanos eigener bestätigter aussage nicht das geringste mit kanos judo zu tun.

    es ist sehr wahrscheinlich, daß higashi einer jener japaner war, die um die jahrhundertwende nach europa kamen, um dort geld mit ihren mehr oder weniger fundierten kenntnissen des "jujutsu" zu verdienen.
    in higashis fall darf man annehmen, daß seine kenntnisse eher marginal waren.
    es gibt keinerlei nachweis für eine wie auch immer geartete lehrerlaubnis einer koryu oder für eine graduierung im judo.
    gewiß wird higashi, bevor er nach europa kam, in irgend einer schule trainiert haben. welche kenntnisse und fertigkeiten er sich dort aneignete, ist heute nicht mehr zu klären - der fehlende nachweis einer lehrerlaubnis sollte aber zu denken geben.

    angesichts dessen finde ich es immer wieder amüsant, daß anhänger des "jiu jitsu" vor allem in deutschland sich auf eine so ... schillernde figur wie higashi berufen.
    Hab tatsächlich nochmal gefunden und erneut gelesen...
    Du hast natürlich Recht hab mich wohl etwas verlesen und irgendwo den Zusammenhang nicht richtig gelesen.
    Asche auf mein Haupt!!

    Hat eigentlich irgendjemand das mysteriöse Buch schon mal gesehen?
    Würde mich ja echt interessieren was da drinne steht...

  15. #15
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    Standard

    Das Buch "complete Kano Jiu Jitsu"gibt es bei judoinfo zum lesen siehe Hancock 1905.

    Judo Books Online
    Geändert von Huangshan (07-12-2015 um 08:04 Uhr)

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