Zitat von
Richard22
Um es zu wiederholen (es wurde schon viel getippt):
Ing Un ist eine China KK - das bezweifelt hier niemand, denke ich.
Kung Dzi (der selber Bogenschießen und Wagenfahren übte, die millKKs seiner Zeit) hat nichts damit zu tun - sein Einfluß auf die KK ist praktisch null. Kung Dzi hat auch nichts mit den Fünf Wandlungsphasen zu tun. Kung Dzi war zwar Daoist, aber er hat sich historisch auf die Überlieferungen von Liedern und Riten spezialisiert. Mehr nicht.
Die KK wurde vom Daoismus massiv und vom Buddhismus wenig beeinflußt (China KK). Kung Dzi's Schüler lehnten KK genrell ab, Gebildete sollten damit nichts zu tun haben.
Ing Un entstammt historisch ganz normalen Wushu-Stilen und ist damit ein ganz normaler Wushu-Stil - nichts, was man im Ing Un macht, macht man in anderen Wushi Stilen anders.
Ing Un wird heute ganz anders verkauft - keine Frage. Alle Alleinstellungsmerkmale sind entweder konstruiert, also historisch nicht haltbar, oder nicht existent, wenn man sich die historischen China-KKs ansieht.
Ganz klar wurde Ing Un (neuer Anfang/Aufbruch) als Reformversuch gebaut - wie auch das Taiji im 17. Jhd.
Dabei hat Ing und vor allem den Speer als Ideal - was Eure geradlinigen Bewegungen anatomisch korrekt erklärt, wenn man es aus der Sicht des Anfängers betrachtet.
Der Speer wurde im 17. Jhd nunmal als Grundlage der KK gesehen, mit Waffen wie ohne Waffen. Das kann man nachprüfen und ist der Grund dafür, daß Formen heute nicht verstanden werden und die Bewegungen ihren Inhalts beraubt werden.
Auch Xingi, im 18. Jhd, wurde auf der Grundlage des Speers entwickelt oder aufgebaut - wieder ein Reformversuch.
Schaut man sich das älteste erhaltene Speerfechtbuch an, Cheng Zong You 1621, dann findet man die Idee, daß der Speer sich entlang einer Linie bewegt - was natürlich kein Wunder ist, denn der Speer soll stechen.
Aber alle Speerüben Chengs sind Kreisübungen, also sich kreislaufmässig wiederholende Übungen - was auch kein Wunder ist, denn nach einem Stich muß der Speer nunmal wieder zurück vor den Mann.
Alle Bewegungen des menschlichen Körper sind kreisförmig, was anatomisch vorgegeben ist. Ich bin es müde das zu wiederholen - wer es nicht glaubt fragt einfach einen Mediziner.
Schaut man sich die Ing Un Formen kritisch an, was wir im Westen nunmal so handhaben, dann fällt folgendes auf:
-Die häufigste Bewegung ist Tan-Huen. Damit enden fast alle Sätze. Tan-Huen ist die grundlegende Speertecknik von Cheng Zong You, Tan versetzte, Huen ist Streichen - Speerbegriffe - also eine Aufnahmen nach außen (Tan) und eine Aufnahme nach innen (Huen).
Der so ausgeführte Huen, Aufnahme nach innen, erklärt auch, warum Pak und Gam, oft zusammen ausgeführt, eigentlich zwei verschiedene Stücke sind.
Die effektivste Technik im Speer ist das Durchwechseln, wir kenen es im Ing Un als eigenen Übung: Wun Sao. Also Huen Saos als Rotationen, wenn man die Gesamtbewegung sieht.
Alle Speerübungen Chengs sind Kontakt- und Gefühlsübungen. Alle kommen im waffenlosen Üben vor. Im 19. Jhd ging man sogar soweit einhändige Übungen in der waffenlosen KK einzuführen, weil der Verfall der China KK so groß war, daß man den Leuten Krücken bauen mußte (einhänd. Tui Shou, Dan Chi). Ich muß nicht anführen, woher einarmige Übungen stammen, wenn man sich den Speer ansieht.
Das ist - wie getippt - nicht die Erfindung von Alkoholikern und Opiumrauchern, sondern historisch belegtbar.
In der China KK galt folgender Anordnung: Waffenlos, Speer, Dao (Säbel).
Also lernt man nach dem waffenlosen Ringen und dem Speerfechten das Fechten mit Blankwaffen.
Das hat sich in vielen historischen KKs bis heute erhalten - auch wenn so gut wie niemand mehr mit Blankwaffen fechten kann. In der Dao Form des Ing Un beschäftigt man sich viel mit Speeren, weil die nunmal der Hauptgegner waren (1. und 8. Satz).
Fechtergruß