In der Hoffnung, keinen allzu großen Müll zu schreiben (es ist ja wirklich schon sehr lange her), anbei mein Eindruck von Barrys Ving Tsun, wie ich es in Erinnerung habe. Mögen mir all seine Schüler bitte verzeihen, sofern ich einiges nicht mehr richtig weiss:
Barrys VT ist zu Beginn extrem detailliert, man trainiert ca. 1,5-2 Jahre intensiv die SLT, Daan Chi, Poon Sao, und man schiebt sehr viel. Dazu Fauststöße gegen den Sack ... das wars.
Barry hat mich auch immer wieder mal mit der Rücken zur Wand gestellt, und dann wurde mit Druck Poon Sao trainiert. Das Schieben wurde z. B. eine Stunde am Stück oder länger wiederholt. Interresant ist, dass bei Barrys Art des Poon Sao die Aufmerksamkeit darauf liegt, dass beim Bong-Tan-Wechsel keinelei Verschiebung weg von der Mitte stattfindet, und dabei auch keinerlei Druck- bzw. Zeitverlust entsteht. Ich weiss, dass das alle Wong-Linien machen, jedoch konnte ich noch keine finden, die darauf soviel Wert gelegt hätte, wie dies Barry Lee tut.
Auch die Schrittarbeit wird viel und intensiv isoliert trainiert. Immer und immer wieder läuft man Bahnen, und das auch viel auf Geschwindigkeit (so war das jedenfalls bei mir).
Durch das permanente Wiederholen dieser wenigen Basics, bauen die Jungs dahingehend sehr viel Kraft auf, haben also eine sehr ausgeprägte Kraft in der Hüfte. Die Arme sind ebenfalls stark, dafür vielleicht etwas weniger flexibel. Sie wirken - zumindest zu Beginn - etwas steifer, leicht stilisiert.
Im Gegensatz zum VT von PH_B werden neben der Siu Lim Tao nicht parallel die Chum Kiu, der Langstock und die Holzpuppe trainiert. Bei Barry geht alles der Reihe nach, da er der Meinung ist, dass eines auf dem anderen aufbaut und die nächste Stufe nur erlernt werden kann, wenn die vorherige "gemeistert" wurde. Ergo: die Waffen - auch der Langstock - kommen erst am Schluss.
Philipps VT fühlt sich subjektiv schneller im Wechsel von links nach rechts an, schaltet schneller um und legt von Beginn an mehr Wert auf eine schnelle, leichtfüßige Beinarbeit bzw. ist etwas weniger kraftorientiert. Wobei Barry der Meinung ist, dass eine Technik so intensiv geübt werden muss, dass sie, sobald sie auf Widerstand trifft, diesen "zerstört". Ein allzu frühes Umschalten hält er für suboptimal, da dies aus seiner Sicht bedeutet, dass die Aktion des Gegners besser war als die unserige, da dieser seine Struktur ja halten konnte, wir aber nicht. Barry selbst ist eine extrem starke und explosive Person, seine Aktionen sind sehr präzise und fokusiert; dies fängt beim Blick an und hört bei den Zehen auf.
Ansonsten sehe ich die Unterschiede beider Stile mehr in der individuellen Auslegung beider Meister, in der Anpassung an den eigenen Körper, an die eigene Mentalität. Der größte Unterschied liegt wohl in der Methodik und Didaktik des Unterrichts, im Aufbau des Trainings. Ansonsten ist beides sehr gutes Ving Tsun, und beide sind absolute Meister ihres Fachs!
LG,
Roberto
@Ferdi: ich hoffe, das ist jetzt mehr zu Deiner Zufriedenheit!?