Hallo Leute,
„Struktur“ ist ein viel verwendetes Wort in den Forendiskussionen. Man kann den Begriff auf alles Gegenständliche anwenden, aber auch auf die Beziehungen zwischen verschiedenen Strukturen.
Die Struktur behandelt zunächst die körperliche Haltung, womit die äußere Erscheinung gestaltet ist. Desgleichen aber bezeichnet Struktur auch den Grad der Flexibilität dieser äußeren Erscheinung.
Für den Kampf benötigen wir eine Struktur zur Realisierung kampfrelevanter Maßnahmen. Hierbei gibt das Systemverhalten vor, mit welcher inneren, wie äußeren Struktur wir arbeiten. Je mehr das Systemverhalten auf den Einsatz von Kraft hin sich orientiert, desto mehr muß die Struktur Kräfte aufnehmen können oder bei eigener Kraftleistung die dazu notwendige Statik liefern.
Die Aufgabe der Struktur ist es, zwischen Bindung und Felxibilität zu variieren, ist damit die Grundlage der Dynamik, mit der wir uns verändern wollen oder lassen, oder bewußt uns Veränderung widersetzten.
Die Frage, die ich hier gerne zur Diskussion stellen möchte ist die, wie konkret ihr in Eurer Struktur die Dynamik zwischen Bindung und Flexibilität einsetzt. Die Selbstwahrnehmung der eigenen Struktur und dessen Veränderung ist ein wichtiger Schlüssel für das Verstehen der angestrebten Wirkungen, sowohl im Angriff, als auch im Verteidigungsverhalten. Ein starker Gegner beansprucht die eigene Struktur ganz anders, wenn man ihm Widerstand entgegnet, als würde man im eigenen Maß über den Widerstand entscheiden. Ein schwacher Gegner verleitet mitunter dazu, die eigene Beweglichkeit zu reduzieren - man kann sich ja auch so durchsetzen - was deswegen riskant sein kann, wenn man den Gegner in erster Aktion falsch einschätzt.
Struktur kann dominieren - soweit sie überlegen ist, kann aber auch von Widerständen lösen, um frei agieren zu können. Beides kann zum Ziel führen, wobei die zweite Variante unabhängiger von des Anderen Attributen ist. Das sehe ich als großen Vorteil an. Die erste Variante kann eine Sackgasse sein, wenn die eigenen Attribute sich zu denen des Gegners in einem ungünstigen Verhältnis befinden.
Es kann daher durchaus sinnvoll sein, von Anbeginn an sich eine Struktur zu erarbeiten, die unabhängiger von der Struktur des Gegners ist, sich also auf Verhaltensweisen konzentrieren, die den Aspekt der Autonomie verstärkt fokussiert. Das „Strukturverhalten“ kann dazu einen wesentlichen Beitrag liefern.
Treffen zwei differente Strukturen aufeinander - was im Kampf immer der Fall ist - und beide Kämpfer eine vergleichbare, auf Kraft anwendend setzende, Struktur verwenden, wird die stärkere Struktur gewinnen. Wendet einer der beiden eine sich von des Anderen lösende Struktur an, wird jener gewinnen, der im übrigen Kampfverhalten die bessere Strategie anwenden kann. Strategie kann also Kraft-Struktur besiegen.
Chi-Sao ist ein Thema, das viel mit Struktur zu tun hat. In den verschiedenen Derivaten wird im Chi-Sao sehr bewußt sehr unterschiedlich strukturbildend trainiert. Hier wird am deutlichsten, welche Struktur im System eingesetzt wird. Auffällig ist, daß gerade im Chi-Sao-Training, mehr als im Formentraining, eine bestimmte Struktur angestrebt wird. Welche strukturellen Ziele die übrigen Formen liefern, ist nicht einmal identisch, weil das Bewegen in den Formen nur im Zusammenwirken mit der Intension der Bewegung eine entsprechend geartete Struktur bildet.
Vielleicht schaffen wir es, dieses Thema einmal wirklich sachlich zu behandeln.
Die Fragen:
- Wie konkret nehmt Ihr Eure Struktur im Training / im Kampf wahr?
- Wie konkret arbeitet Ihr an der Dynamik Eurer Struktur?
- Welche strukturelle Dynamik strebt Ihr an?
- Wie begründet Ihr die obigen drei Punkte?
Gruß, WT-Herb