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Thema: Vorlesungsvideoclips zu Konfuzius, weiterhin zum chin. Buddhismus

  1. #1
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    Standard Vorlesungsvideoclips zu Konfuzius, weiterhin zum chin. Buddhismus

    Hallo,

    ausgehend vom Tai Chi Chuan hab' ich (kein Sinologe) ein paar Sachen zur chinesischen Philosophie gelesen (etwa das Buch von Bauer). Zu Konfuzius auch etwa die Seite

    Konfuzius.net

    Nun wollte ich mal wissen, ob meine Einschätzung des Konfuzius (ich hab' im wesentlichen die Sprüche von der Seite oben (und aus einer weiteren Übersetzung der "Gespräche") genommen und einfach versucht zu verstehen, was er wohl gemeint haben könnte) auch aus Sicht der deutschen Sinologie korrekt ist. Dabei bin ich auf diese Vorlesungsreihe "Hans Stumpfeldt, Konfuzius und der Konfuzianismus" gestoßen:

    lecture2go.uni-hamburg.de - Konfuzius und der Konfuzianismus I (Teil 1) - Lecture2Go Videoportal

    Die mich allerdings etwas ratlos zurückläßt.

    Daneben auch auf diese weitere Vorlesungsreihe zum chinesischen Buddhismus:

    lecture2go.uni-hamburg.de - Einführung in den Chinesischen Buddhismus I (Teil 1) - Lecture2Go Videoportal

    Jedenfalls praktisch, daß man heute sowas online verfügbar haben kann. Vielleicht mag sich der eine oder andere hier das ja ebenfalls antun.

  2. #2
    gast Gast

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    Was genau lässt dich denn ratlos zurück?

  3. #3
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    Zitat Zitat von nanhuazhiren Beitrag anzeigen
    Was genau lässt dich denn ratlos zurück?
    Tja. Was ein antiker Philosoph (vor allem im uns völlig fremden alten China) für seine Zeit gelehrt haben mag, wäre mir nicht so wichtig. Wichtig wäre mir mehr, ob und was von seiner Lehre auch für uns heute noch von Bedeutung sein kann, und dann noch, was im heutigen China davon tatsächlich Bedeutung hat, bzw. zunehmend wieder gewinnt.

    Z.B.: In Nr. 6 (III), bei Minute 2:40, erzählt Stumpfeldt von einer Veranstaltung, in der jemand sagte, Konfuzius habe Menschenliebe gelehrt (wegen "Ren", der Menschlichkeit).
    Damit habe er nicht nur die Menschen in seiner Umgebung gemeint, sondern die Menschen auf der ganzen Welt, in allen Völkern und Staaten.
    Stumpfeldt sagt dazu, "soweit, sogut" und "auch das mag so gewesen sein" (auch wenn er von ihren weiteren Ausführungen entsetzt war).
    Nach dem, was ich bisher gelesen hatte, ist das jedoch nicht so. Danach habe Konfuzius in erster Linie die Familie im Blick gehabt, dann den Staat, dann erst, zuletzt, die anderen.
    Die allgemeine Menschenliebe, etwa vergleichbar der christlichen Nächstenliebe, sei in China eher eine Idee von Mo Di gewesen. Die sich aber, und das ist für mich entscheidend, in China gegenüber der Vorstellung des Konfuzius nicht habe durchsetzen können.
    Für mich ist das ein sehr wesentlicher Punkt, um eine realistische Vorstellung von China damals und heute im Gegensatz zum christlich geprägten Abendland zu gewinnen: Keine christliche Nächstenliebe.
    Stumpfeldt, der Konfuzius-Experte, sagt nun etwas anderes, "auch das mag so gewesen sein" (s.o.).

    Ich habe jetzt Teil 1 erstmal ganz angesehen. Es stellt sich heraus, daß über Leben und Werk Vieles sagenhaft verklärt wurde, die Deutung der alten Sprache macht zudem Probleme. Manche Lehre erkläre sich nur aus den längst vergangenen Zuständen während der Lebenszeit des Konfuzius.
    Im Grunde scheint es mir noch weit schwerer, die tatsächliche Lehre des Konfuzius richtig zu verstehen, als ich es ohnehin schon vermutet hatte. Vielleicht ist es mit wissenschaftlicher Strenge nur möglich aus der antiken Zeit heraus und nur mit Gültigkeit für diese Zeit - die mich ja eigentlich gar nicht interessiert.
    Ansonsten scheinen in den letzten Jahrhunderten alle möglichen politischen Richtungen Konfuzius für ihre Ziele vereinnahmt zu haben.
    In Teil 1 sagt Stumpfeldt bei 51:45:
    Zitat Zitat von Stumpfeldt
    Keinesfalls läßt sich Konfuzius als Konservativer oder Reaktionär ansehen.
    Mein bisheriger Eindruck ist aber: Doch, Konfuzius, der das Alte liebte und die Begriffe richtigstellen wollte, war ein Konservativer. Dafür wurde er vom Ersten Kaiser und später von Mao gehaßt, was dann ja auch paßt.
    Vielleicht bin ich mit Stumpfeldt einfach verschiedener Meinung. Vielleicht, und daraus resultiert die Ratlosigkeit, kann man in das Wenige, was heute von Leben und Lehre des Konfuzius noch bekannt ist, aber auch alles hineindeuten, was man möchte.
    Das wäre schade, denn dann ginge die Lehre des Konfuzius in der Beliebigkeit unter.

  4. #4
    Gast Gast

    Standard

    Moin Eistee :-)

    Hmm, ich verstehe das Problem nicht so recht (wenn es denn eins ist). Ich habe die Vorlesungen auch gehört, ist aber schon etwas her. Habe sie ganz positiv in Erinnerung, aber natürlich sind sie nicht der Weisheit letzter Schluss und natürlich sind sie von der Einstellung des Dozenten zum Thema geprägt, wie sollte es anders sein. Die tatsächliche Lehre des Konfuzius ist m.M.n. nicht zu verstehen, denn dazu müsste ja schon klar sein worin sie bestand - und schon zu Lebzeiten haben natürlich bei Konfuzius (wie bei allen anderen prominenten Lehrern und Denkern wohl auch) sowohl Anhänger als auch Gegner unterschiedliche Ansichten darüber gehabt, wie bestimmte Äußerungen und Aussprüche zu verstehen sind. Der Begriff der "Menschlichkeit" wird ja ebenso wie andere zentrale Begriffe (yi, li etc.) seit seinem Aufkommen im Kontext der Geschichte, bestimmter Lehrer und Lehren immer wieder neu gedeutet und interpretiert. Allerdings wäre ich zurückhaltend bezüglich der eingeschränkten Reichweite gegenüber der christlichen Nächstenliebe; der Unterschied ist m.A.n. bestenfalls ein theoretischer (wobei auch hier eine genaue Analyse unerlässlich wäre: was wurde wann bei wem unter diesem und jenem Begriff eingentlich verstanden bzw. praktiziert).

    Die Lunyü finde ich jedenfalls zu weiten Teilen eine für mich sehr inspirierende Lektüre; als kurze Übersicht zum Thema Konfuzianismus finde ich "Der Konfuzianismus" von Hans van Ess ganz gut.

    Viele Grüße,

    Julian

  5. #5
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    Zitat Zitat von Julian Braun Beitrag anzeigen
    als kurze Übersicht zum Thema Konfuzianismus finde ich "Der Konfuzianismus" von Hans van Ess ganz gut.
    Danke für den Tipp. Allerdings bin ich mir mit Stumpfeldt einig, daß der Konfuzianismus aus Lehren besteht, die mit denen des Konfuzius außer dem Namen gar nichts mehr gemein haben. Mich interessiert dagegen allein die Lehre von Konfuzius selbst.

    Ich kann jetzt auch ein Beispiel geben, warum: Gerade ist z.B. ein 21jähriger bei einem Praktikum bei einer Londoner Großbank gestorben, wahrscheinlich an Überarbeitung:

    21-jähriger Student : Deutscher stirbt während Praktikum bei Merrill Lynch - Nachrichten Panorama - Weltgeschehen - DIE WELT
    Seine Maxime sei "stetige Verbesserung und Streben nach Exzellenz", schrieb er weiter.
    Das ist im Prinzip eine gute Sache, nur hat er eine falsche Vorstellung von seinem Ziel (die ihn in diesem Fall sogar umgebracht hat). Ist es wirklich "Exzellenz", sich für diese Leute tot oder fast tot zu arbeiten?
    Sich stetig zu verbessern und dabei ein Edler zu werden, ist auch die Maxime des Konfuzius. Doch seine Zielvorstellung ist anders:
    Zitat Zitat von Konfuzius, 'Gespräche',
    Ein Edler ist, wer andere durch seine Kritik voranbringt und zugleich auf Harmonie und freundschaftlichen Umgang bedacht ist. Seine Freunde bringt er durch Kritik weiter und im Umgang mit seinen Brüdern pflegt er Harmonie ...
    Der Edle gewinnt Freunde durch seine kultivierte Gelehrsamkeit. Und mit Hilfe dieser Freunde fördert er seine Menschlichkeit ...
    Geschickte Reden und ein zurechtgemachtes Äußeres sind selten Zeichen von Mitmenschlichkeit. ...
    Ein Edler mißt alles am Maßstab der Rechtschaffenheit, der Gemeine mißt alles am Maßstab seines persönlichen Vorteils. ...
    Ein Edler, das ist einer, der seinen ganzen Willen auf das Dao richtet. Wenn er sich dabei seiner schlechten Kleidung und seiner schlechten Speisen schämt, so ist er es nicht wert, daß man ihn zurate zieht. ...
    Wenn man auf erstrebenswerte Art zu Reichtum gelangen kann, so werde ich es tun - auch dann, wenn es sich nur um niedrige Tätigkeiten handelt. Kann man aber nur auf eine nicht erstrebenswerte Art zu Reichtum gelangen, so lasse ich es und folge dem, was mir Spaß macht.
    Ich bin fasziniert von Konfuzius, weil er, jedenfalls in dieser Übersetzung von Konfuzius.net, unsere heutigen Probleme direkt anzusprechen scheint und dabei sogar eine Lösung anbietet. An dieser Lösung für heute bin ich interessiert.

  6. #6
    Richard22 Gast

    Standard

    Es gibt eine Reihe Bücher, die klassischer Weise Konfuzius anheim gelegt werden - er soll sie redigiert haben. Diese sollen das Wissen, die Sitten und Gebräuche und die Geschichte der alten Kultur China enthalten haben. Also soll Konfuzius diese nicht Geschrieben haben - nur eben redigiert - oder zensiert.

    Weitere Bücher werden seinen Schülern - vor allem Menzius, zugeschrieben. Bei diesen findet sich auch die "Große Lehre" und "Rechte Mitte", welche praktische Nächstenliebe oder gemeinsamen Nutzen vorstellen, in einem typisch chinesischen zweifachen Umkehrschluss. Diese könnte man als christlich Nächstenliebe missverstehen.

    Konfuzius soll versucht haben nach diesem Lehren und Wissen der Alten zu leben und die Gegenwart danach auszurichten, wobei er zu Lebzeiten scheiterte, verfolgt wurde und Mordanschlägen ausgesetzt war.

    Konfuzius hat niemals Probleme gelöst - am allerwenigsten gesellschaftliche Probleme - sondern sich eher selbst stets durch seine versuchte Einflussnahme Probleme bereitet.

    Das klingt alles extrem unglaubwürdig. Tatsache ist, dass Kung später von verschiedenen Strömungen vereinnahmt wurde und diese ihn vor allem zu Legitimation ihrer Macht benutzten.

    Chinesische Bücher haben selten einen wahren oder tatsächlichen Verfasser - man muss der ganzen Konfuzius-Erscheinung eher kritisch gegenüberstehen und sie als Teil einer Machtverschiebung in der Gesellschaft Chinas wahrnehmen, die sich zwecks ihrer Legitimation der Machtübernahme und folgender Zentralisierung eben eine eigene Integrationsfigur schuf.

    Der Vorsitzende Mao z.B. hat sich durchaus diese Lehren des Konfuzius angeeignet und in der "Mao-Bibel" in seinem Sinne umgedeutet, wenn man so will ist die China KP die neuste Strömung, die Konfuzius vereinnahmte.

    Fechtergruß

  7. #7
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    Zitat Zitat von Richard22 Beitrag anzeigen
    Der Vorsitzende Mao z.B. hat sich durchaus diese Lehren des Konfuzius angeeignet und in der "Mao-Bibel" in seinem Sinne umgedeutet, wenn man so will ist die China KP die neuste Strömung, die Konfuzius vereinnahmte.
    Das ist natürlich alles schwer zu sagen, aber das glaube ich eigentlich nicht. Laut Focus (1996) z.B. habe Mao Konfuzius Lehre "als elitäres Klassensystem, das die Massen unterdrücke" (so der Focus) beschimpt. Soweit ich weiß, sah sich Mao eher in der Tradition des Ersten Kaisers, der ebenfalls kein Freund des Konfuzius war.
    --------------------------------------------------
    Ich wollte aber eigentlich auf eine schöne Konfuzius-Dissertation (von Christiane Haupt, 2006) aufmerksam machen, die ich gerade im Netz entdeckt habe:

    Und der Meister sprach ...

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