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Thema: Capoeira - Kampf oder Show?

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  1. #1
    Câmera Gast

    Standard Capoeira - Kampf oder Show?

    Capoeira wurde ursprünglich von afrik. Sklaven in Brasilien entwickelt, die sie nutzten um ihren Unterdrückern gegenüber wehrhaft zu bleiben, aber auch um sich im Sklavenalltag eine gewisse kulturelle Identität zu bewahren.

    Im Lauf der Geschichte kam es zu vielen Aufständen und gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den Sklaven und den Portugiesen.
    In welchem Maße die Capoeira dabei eine Rolle spielte ist weitgehenst ungeklärt.

    Während der langen Verbotszeit der Capoeira, existierte die Capoeira nur am Rand der Gesellschaft und wurde sehr häufig von Strassenbanden, den sogenannten Maltas praktiziert.

    Diese kämpften oft mit Rasiermessern und trugen ein charakteristisches, seidenes Halsband zum Schutz ihrer Kehle.
    Die Capoeira wurde gleichbedeutend mit kriminell und Capoeiristas waren gefürchtete Kämpfer, die teilweise sogar von Politikern für unlautere Zwecke angeheuert wurden. Aber auch Polizisten liessen sich in der Kampfkunst ausbilden. So kam es auch das viele Jäger der Capoeiristas, selber Capoeiristas waren.



    Als Feuerwaffen immer erschwinglicher wurden, verlor die Capoeira mehr und mehr ihre Bedeutung in den Bandenkriegen und diente bald nur noch als Mittel um sich vor Publikum damit einen schnellen Groschen zu verdienen.

    Zur selben Zeit erkannte Manoel dos Reis Machado (Mestre Bimba), das die echte Capoeira (heute Angola) mehr und mehr zu degenerieren drohte und vielmals zur reinen Show, ohne Musik, Tradition und Charakter verkommen war.

    Mestre Bimba wollte die Capoeira legalisieren und ihr den Respekt verschaffen der Ihr gebührte. Um dies zu erreichen musste er die Capoeira mehr in den Mittelpunkt der Gesellschaft bringen.

    Mestre Bimba begann damit die Capoeira Angola zu "dynamisieren". Er führte schnellere Toques (Rythmen) ein, fügte neue Techniken hinzu und erfand Lehrsequenzen und Methoden um die Capoeira effektiv zu trainieren. Er nannte diesen Stil zunächst "Luta Regional da Bahia" (Regionaler Kampf von Bahia), später sollte er jedoch unter dem Namen "Capoeira Regional" bekannt werden.

    Nachdem er sich mit seinem Capoeira Regional vertraut gemacht hatte, fing er an es in anderen Rodas auszuprobieren. Er kam, ging in die Roda und schlug die anderen Capoeiristas, in die Flucht.

    In den dreißiger Jahren mit Beginn eines neuen Zeitalters und im Zuge von gesellschaftlich-politischen Veränderungen bekam auch der von Mestre Bimba geschaffene Stil die Chance, andere gesellschaftliche Schichten zu erreichen.

    1936 forderte Mestre Bimba jeden Kämpfer jeden Kampfstils auf sich mit seinem Capoeira Regional zu messen. Der Ort der Kämpfe war der Park Odeon am Praça da Sé. Es gab 4 Kämpfe gegen Vitor Benedito Lopes, Henrique Bahia, José Custódio dos Santos und Américo Ciência.
    Der längste Kampf dauerte 1 Minute und 10 Sekunden, was seinen Namen, den er im Viertel hatte, unterstrich („3 Pancadas“-„3 Schläge“). Dies war das Maximum, was seine Gegner aushielten. Die Zeitungen titelten „Bimba é bamba!“, was soviel bedeutet, wie „Bimba ist ein As“ („O Estado da Bahia“). Und die Capoeira kam langsam in aller Munde.



    Am 23.7.1953 lud ihn der populistische Präsident Getúlio Vargas in seinen Palast ein um sich diese moderne Capoeira präsentieren zu lassen. Während der Präsentation vernahm Bimba ein Kommentar des Präsidenten: "Capoeira ist der einzig wahre Nationalsport".

    In den Folgejahren schaffte es die Capoeira sogar zeitweise in die Handbücher des brasilianischen Militärs und wurde von Soldaten, hautpsächlich zum körperlichen Drill, trainiert.



    Die heutige Capoeira zeigt sich zumindestens in Europa weitgehenst friedlich. Das heutige Spiel zwischen zwei Capoeiristas, würde man mit Kampfsport-Termen in etwa als "Semikontakt" bezeichnen.

    Dennoch kann sich ein Spiel durchaus auch zu "Vollkontakt" entwickeln.
    Die einzige Regel dabei ist das dies weitgehenst mit Capoeira-Techniken, Tritten und Schlägen von sich geht, wobei es auch vorkommt das das Spiel am Boden in Grappling Manier fortgeführt wird.
    Einige Gruppen trainieren dies sogar speziell.

    In der Regel trennt aber der Leiter der Roda die Capoeiristas nach einiger Zeit worauf dann meist ein neues, nicht minder kontaktvolles Spiel beginnt.

    Dennoch ziehen es die meisten Capoeiristas vor die Roda unverletzt zu verlassen und beweisen ihre spielerische Überlegenheit lieber damit das sie die Schwächen des Gegners mit angedeuteten oder leichten Tritten, leichten Schlägen an den Kopf und ins Gesicht (Galopantes) offenlegen oder ihn mit Würfen und Beinfegern (Bandas) zu Boden bringen.

    Der wilde Charakter der Capoeira ist aber dennoch trotz ihrer Massentauglichkeit noch häufig zu spüren.
    So gibt es noch eine Toque namens Santa Maria, in der beide Capoeiristas mit Rasierklingen gegeneinander spielen. Auf Gruppen die diese Spielart noch originalgetreu praktizieren, trifft man aber zumindestens in Europa eher selten.


    Sehr weit verbreitet ist die Missdeutung des Maculele als "Stockkampf der Capoeira".
    Maculele ist ein Tanz der ursprünglich zur Zuckerrohr-Ernte von den Sklaven praktiziert wurde und bei dem sie im Takt ihre Macheten gegeneinander schlugen.

    Heutzutage wird Maculele von den meisten Gruppen anlässlich von Feiern wie der Batizado (Taufe) aufgeführt. Statt den Macheten verwenden die meisten Gruppen, wegen des Verletzungsrisikos und wohl auch aus Kostengründen einfache Stöcke.
    Geändert von Câmera (18-04-2004 um 16:59 Uhr)

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