Tja, da öffnen sich einige interessante Gedankengänge. Für mich ist einer der Gründe für dieses ganze Dilemma halt die (vermeintliche) "Freiheit" des offenen Systems. Man kann mit den (scheinbar) interpretierbaren Kriterien natürlich viele Betrachtungsweisen rechtfertigen und sich so verschiedene Bilder erstellen, wie JKD auszusehen hat.
Ich habe das hier mal vor Jahren in einer Diskussion hier im KKB meine "JKD Matrix" genannt. Vor einiger Zeit stieß ich auf Tim Tacketts "JKD Filter" (
"The JKD Filter" - How Jeet Kune Do is used to analyse other martial arts) ein freier Download, der genau das in viel besseren Worten beschreibt, was ich meinte.
Ein weiterer Beitrag ist natürlich die Entstehung des JKDs (und die Mythen darüber). Welche Ära ist nun "das" JKD? Welche ist wichtig, welche wird als Sackgasse empfunden, muss man die Entwicklung von Bruce Lee nachvollziehen oder muss man seine eigene Entwicklung als Maßstab setzen? Spätestens hier kommen wir auch wieder zu der ausgekauten Original vs. Concepts Debatte. Im Internet heutzutage meistens nur noch gepflegt, um Aufmerksamkeit und Werbung zu erhaschen.
Noch ein Eckpunkt, der ja nun in anderen Unterforen schon häufiger diskutiert wurde, und den alle SV-Systeme inhärent haben, ist die meistens mangelnde realistische Überprüfbarkeit. Sparring, Szenario-Training, Isolations-Drills...alles schön und gut, aber letztendlich Laborwerte. Hier ersetzt ab einem bestimmten Punkt der Glaube das Wissen, und Glaubenskriege sind nicht nur so alt wie die Menschheit, sondern auch schon immer der Grund für die derbsten und sinnlosesten Schlachten.
JKD hat sich verändert. Schon immer. Die Veränderung in den letzten 20+ Jahren habe ich selber miterlebt. Selbst das ist bemerkbar. Das heutige JKD ist schon lange nicht mehr das, was es zu Beginn der 90er war. Und ich denke, diese Veränderung fand auch schon vorher statt. Welche Epoche zeigt denn nun das richtige JKD? Und wer? Aufgrund welcher Autorität. Und aufgrund welcher Erfahrung? "Reserach your own experience"...was für ein schrecklicher Satz hinter der Prämisse, ein System trainieren zu wollen. meine eigenen Erfahrungen können so weit weg sein von der Erfahrung meines Lehrers. Oder sie können sich so weit weg entwickeln...oder sie können halt total konträr zur Erfahrung der "anderen" JKD Schule sein.
Für mich basiert dieses von Astrid beschriebene Dilemma genau in der Freiheit des Systems. Es wird immer, über kurz oder lang, individuell verändert. Die Interpretierbarkeit unterliegt genau so einem Wandel. Was 1968 als revolutionär fortschrittlich galt und als "Freiheit" gepriesen wurde, ist heute eher reaktionär. Die wenigsten wissen, wie "streng" es noch in der Chinatown Schule vor sich ging, an wie viele Formalitäten man sich noch halten musste, als Bruce Lee noch lebte. Sie lesen nur "Frei" und interpretieren das mit der Bedeutung, die sie heute für diesen Begriff im Kopf haben.
Das sind so meine ersten Gedanken und Meinungen dazu...