DK (Hardcover/2008)
ISBN 978-1-4053-3095-4
360 Seiten

DEUTSCH (September 2009):

Die Kunst des Kampfes: 300 Kampfsportarten Tradition, Entwicklung, Techniken
DK (Hardcover)
ISBN-13: 978-3831014750
360 Seiten
€ 29,95

Chris Crudelli ist den Freunden von Dokumentationsreihen zu den Kampfkünsten in der regel ein Begriff, da seine Serie zu den verschiedenen Kampfkünsten der Welt, bei der er sich im-mer wieder selbst auf die Matte begeben hat ihnen ganz unvermutete einblicke in einige Sys-teme ermöglicht hat. Das vorliegende Buch bringt diese Reisen und Beobachtungen nun in eine lexikalische Form, so dass interessierte Profis und Laien ein ziemlich breites Spektrum an Kampfkünsten vorliegen haben. 300 vorgestellte Stile sind bei Weitem nicht eine erschöp-fende Betrachtung der in der Welt zu findenden Stile und man könnte sich auch über die Wichtigkeit einiger Auslassungen – und einige Beiträge – stundenlang streiten, aber es ist nun mal so, dass ein gut lesbares und global orientiertes Lexikon zu dieser Thematik heutzutage eher schwierig zu finden ist.

Das Buch ist zunächst einmal geographisch aufgeteilt und beginnt mit einer Betrachtung der Kampfkünste in Indien und Südasien – den Bereich, den viele Menschen als die historische Wiege der meisten heute verbreiteten Kampfkünste sehen, da sich von hier aus viele Dinge Richtung China und Japan bewegt haben. China und Südostasien sind dann der zweite große Bereich, wobei man hier zum Beispiel zu den Wudang-Stilen und den Bereichen des Xingyi und Bagua erschreckend wenige Informationen bekommt. Aber dies mag daran liegen, dass Herr Crudelli mehr in anderen Gebieten des doch sehr großen Chinas unterwegs gewesen ist.

Im Weiteren beschäftigt sich das Buch dann mit Südostasien und Ozeanien und zeigt, was es dort an interessanten Dingen gibt, bevor sich der Blickwinkel dann im nächsten Abschnitt nach Japan und Okinawa verschiebt, wo neben den klassischen bekannten Stilen auch einige ältere Exoten und Neuschöpfungen dargestellt werden. Hier hätte ich mir bei dem Kapitel über das Ninjutsu allerdings noch ein paar Worte zum davon abgeleiteten Bujinkan ge-wünscht.

Als Nächstes gibt es eine Betrachtung der europäischen Kampfkünste, wobei auch die ritterli-chen Kampftechniken mit Schwert, Lanze, Stock usw. eingehend betrachtet werden, genau wie einige aktuellere Entwicklungen, wobei ich mich aber persönlich schon frage, ob das durchaus interessante Parcouring wirklich zu den Kampfkünsten zu zählen ist. Aber interes-sant ist es wie gesagt schon.

Die letzten beiden Kapitel behandeln zunächst die Kampfkünste in der „wiege der Mensch-heit“, also in Afrika, dem Mittleren Osten und Zentralasien, wobei hier immer wieder auch die soziale Bedeutung von Kampffähigkeit auch noch in der heutigen Zeit deutlich gezeigt wird.

Das letzte Kapitel beschäftigt sich dann mit einem Teil der Kampfkünste der beiden Ameri-kas, wobei auch hier die Stile naturgemäß etwas jünger sind und auch militärische Systeme der amerikanischen Streitkräfte mit eingebracht werden. Unter all den verschiedenen Systemen, gerade auch aus Zentral- und Südamerika vermisste ich aber unter den Waffen das Bola, das doch sehr charakteristisch für einen Teil des südamerikanischen Kontinents ist.

Trotz der erwähnten Mängel ist dieses Buch aber überaus informativ und zeigt neben den ver-schiedenen Kampfkünsten und ihren Ausprägungen auch die historischen Verbindungen zwi-schen den verschiedenen Regionen und wie stark sich die Kampfkünste auf diesen Wegen gegenseitig beeinflusst haben. Die ständigen Querverweise zwischen den Beiträgen ermögli-chen es den Leserinnen und Lesern immer wieder zwischen den Beiträgen hin und her zu springen und die Illustrationen und Einschübe über persönliche Erfahrungen, die Herr Crudelli mit bestimmten Systemen gemacht hat, machen das Lesen dieses Lexikons von Anfang bis zum Ende zu einer wahren Freude – und hinterher ist der Arm, der das Buch gehalten hat sehr gut trainiert. Bis auf die genannten Einschränkungen auf jeden Fall eine gute Ergänzung für jede ernsthafte Kampfkunstbibliothek.


K.-G. Beck-Ewerhardy