In einem Thread im Grappling-Forum hat ein Schüler Vorwürfe geäußert, demzufolge angeblich im regulären Unterricht ohne Struktur unterrichtet würde und man die Basis und die fortgeschrittenen Techniken in dem Club, den er besuchte, nur in weiteren kostenintensiveren Seminaren lernen würde. Der Thread ist verbrannt. Ich will daher die Fragen, die ich hatte, in einen Extra-Thread auslagern.
Zur Einleitung ganz kurz meine Geschichte und meine Motivation für den Thread:
Vor vielen Jahren kam ich in einen Grapplingclub. Es gab damals keine Anfängerklassen, aber der Trainer hatte eine bestimmte Unterrichtsstruktur, ein Plan, der über einen bestimmten Zeitraum ging und in den ich als absoluter Neuling hineinplatzte. Der Trainer zeigte Hebel. Ich verstand nur Bahnhof, war hoffnungslos überfordert. Nichts klappte. Nach einem halben Jahr wechselte ich die Stadt und den Club. Und wieder platzte ich in ein „laufendes Semester“ hinein und war hoffnungslos überfordert. Es war absolut frustrierend. Ich hatte das Glück, dass einer der Trainer sich für mich interessierte und ich bei ihm Privatstunden nehmen konnte. Hier hörte ich zum ersten Mal, was „die Guard“ war; dass es eine Hirarchie an Kontrollpositionen gibt, was Kontrolle überhaupt bedeutet... Kurz gesagt: Der Trainer fing bei „Adam und Eva“ mit mir an, wofür ich ihm heute noch überaus dankbar bin.
Beim Boxen passierte mir ähnliches. Ich habe jahrelang Boxen, Kickboxen und auch etwas Thaiboxen trainiert. Auch wettkampfmäßig. Doch erst vor ca fünf Jahren traf ich einen Trainer, der mir die Grundlagen der Beinarbeit zeigte und mir die Mechanik hinter den Schlägen erklärte, das Prinzip der Erdung, der Rotation, Schrittfehler uvm. Bis dahin war ich ein „Schläger“ gewesen; dort wurde ich ein technischer Boxer (jedenfalls nach Aussage meiner Trainer).
Ich hatte vier Ringertrainer, doch erst der Letzte nahm sich die Zeit und erklärte mir Strukturfehler und das Prinzip des Abwinkelns. Ich hatte mich gefühlt wie ein Gymnasiast, dem Permutieren beigebracht worden war, der aber nicht mal das einfachste Subtrahieren aus der Grundschule beherrscht.
Das zu meiner Geschichte.
Jetzt zu meinen Fragen.
Was ist für euch die Basis in eurem jeweiligen Stil, den ihr betreibt? (Wobei meine Definition für Basis bedeutet: „Die absolute Grundlage“, die „unterste Stufe der Lernpyramide“.)
Bei den Standkampf-Stilen ist das für mich die Beinarbeit. Darauf aufbauend folgt die Mechanik der geraden Schläge. Erst wenn die beherrscht werden, folgen die Haken und Uppercuts. In einem Boxlehrbuch fand ich den Satz, dass Anfänger erst nach einem halben Jahr die Haken lernen sollten, da sie in einem Wettkampf sonst Geraden und Haken vermischen und Schwinger schlagen würden.
In dem Thaiboxclub, in dem ich trainiere, gibt es einen Grundlagen-Kurs für völlige (!) Anfänger. Dort wird „Die Basis“ definiert: Fußarbeit, gerade Schläge, Roundkicks, das Blocken der Grundschläge. Das wird am Spiegel, am Sandsack und am Partner immer wieder gedrillt bis zum Erbrechen. Alles, was darüber hinaus geht – Haken, Frontkick, Clinch, die Knie- und Ellenbogentechniken, Kombinationen, Meidbewegungen, Paraden – ist Gegenstand des Aufbaukurses. Die Ringarbeit und das Fintieren wird erst in der Wettkampfklasse erklärt.
Am Boden ist „Die Basis“ für mich das Equivalent zur Beinarbeit des Boxens – die Grundbewegung: das Shrimpen, Bridgen, Snaken, Sliden, die Fallschule usw. Dann die Positionen, das Maß der Kontrolle und wie ich sie erreiche und verteidige, die Struktur des Körpers, seine Bewegungsachsen und welche Hebelkräfte darauf wirken.
Beim Ringen ist es für mich „Basis“ die Körperhaltung, Struktur, die Fußarbeit, der Ringerschritt, die Beinangriffe, der Sprawl. Darauf aufbauend folgt das Abwinkeln des Gegners.
Wie ist es bei euch? Was gilt bei euch als absolute Grundlage, die in Anfängerklassen unterrichtet werden? Was baut darauf auf? Gibt es bei euch überhaupt getrennte Klassen? Ist die Preisstruktur einheitlich oder nach Klassen gestaffelt?
In unserem Boxclub bezahlt man einen einzigen Beitrag, aber die einzelnen Kurse stehen nicht für jedermann offen. Absolute Anfänger müssen zunächst den Grundlagenkurs besuchen und werden bei entsprechendem technischen Fortschritt in die anderen Kurse aufgenommen. Sehr weit Fortgeschrittene werden aus Platzgründen (ist ein kleiner Club) nicht mehr zu den Grundlagenkursen zugelassen. Darüber hinaus bietet der Club ein „freies Training“ an, zu dem jedes Clubmitglied eingeladen ist und wo Anfänger und Fortgeschrittene zusammen trainieren können. Seminare werden ebenfalls von Zeit zu Zeit angeboten; allerdings nur an den Wochenenden, an denen sonst keine Kurse statt finden, damit durch kostenpflichtige Seminare keine Kurszeiten besetzt werden, für die der Schüler eh schon einen festen Monatsbeitrag zahlt.