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Thema: Shotokan-Kata früher und heute vs. Wado-Ryu Kata früher und heute

  1. #121
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    Zitat Zitat von ThiS Beitrag anzeigen
    Und nochmal eine kleine Ergänzung zu der Abgrenzung von innerem zu äußerem:

    Man hört auf JKA Lehrgängen sehr oft: "Use your inner muscles", oder "strike trough your Hara".
    Das sind innere Anweisungen. Das Problem dabei ist, dass jeder, der die kuden dazu nicht kennt, damit nicht viel anfangen kann. Man sieht dann z.B. oft, dass die Leute anfangen stärker zu schlagen oder den Bauch beim Schlagen nach vorne strecken.
    Dazu kommt dann noch das:

    28. Getting past “Level 1″ | The Classic Budoka

    Apparently, the organizers had forgotten to enlist the services of a very good interpreter. They relied upon the mother of a young student, pulling her in at the last minute to interpret Asai sensei’s more complicated verbal instructions. She was a Japanese national but probably knew next to nothing about karate, and her grasp of English was severely limited, so her translations were garbled and left out some key points.

    So, for example, Asai sensei noted that, “You are all very good at what I would call Level 1 karate. Level 1 is basic form. Kihon. Step. Punch. Kick. Step. In Level 1 you are just trying to do each movement right. You exaggerate the stance to build muscle. But that is Level 1. Level 2 is Step-punch, same time. Kick, move, same time. Level 3 is freedom to move smoothly, without any break. You are good in Level 1 but that is like forever staying with elementary school lessons. You need to go to high school in Level 2, and then college in Level 3.”

    The mother translated all that as, “You are all very good!”
    ...
    With knees flexed, the strength should feel like it is coming from the hips, the koshi, or more succinctly, the seika tanden. Asai sensei chose a little girl and had her do a horse stance. He asked her to practice punching. Then he said, “Very good. But now, just relax. You don’t have to use strength. Just relax all your muscles in the upper body and snap out your punch, like it is nothing. Think of just going as fast as you can, first without putting any strength in it because if you do, sometimes you tighten up too much.”

    The translator said, “Very good! Punch faster!”
    Die Leute fahren dann ohne Sprachkenntnisse nach Japan ins Touri Training, erwarten sich den heiligen Gral und kehren dann enttäuscht zurück, weil sie in 2 Wochen nicht gleich alle "Geheimnisse" gezeigt bekommen und auch nicht alles verstehen können bzw. falsch verstehen und so vielleicht noch schlechte Angewohnheiten stärken ala "Asai hat auch gesagt, dass man viel kime machen muss"...

  2. #122
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    Hallo,

    zu den Nachfragen in meiner Richtung:

    „Flunkerte“ G. Funakoshi mit der Angabe, A. Asato sei sein Hauptlehrer? Seit etwa 1905 war G. Funakoshi in der Präfektur Okinawa eine öffentliche Person in Sachen Karate. Da lebte A. Asato noch und in der damaligen Karate-Welt zu „flunkern“, was seinen Lehrer angeht, hätte zu einem Ausschluss des Flunkerers geführt. Doch G. Funakoshi war ab 1912 Leiter und ab 1917/1918 Mitglied der ersten beiden echten Karate-Vereinigungen Okinawas. K. Mabuni schreibt von „Asato-Ha“ als einem Zweig des Karate – G. Funakoshi, sein Senior, war der Vertreter des „Asato-Ha“ (die Bezeichnung selbst ist nur provisorisch, nicht „offiziell“). G. Funakoshi interviewte A. Asato ca. 1902 und veröffentlichte dieses Interview 1914 in der „Ryūkyū-Zeitung“ (vgl. mein „Band I“ S. 9 ff.). In diesem Interview äußert sich A. Asato über das Trainingsniveau von G. Funakoshi („Band I“ S. 19) – so eine Bewertung dürfte nur bei einigermaßen intimer Kenntnis des Niveaus machbar sein, in etwa wie bei einem Lehrer, der seinen Schüler bewertet. U. a. diese Indizien sprechen aus meiner Sicht gegen ein „Flunkern“ bezüglich A. Asato.

    G. Funakoshi lernte als Jugendlicher Naichanchi von A. Itosu, und zwar über zehn Jahre hinweg. In dieser Zeit bekam er kaum technischen Input von A. Asato. Erst nach dieser Zeit begann sein echtes Training unter A. Asato, von dem er zu allererst Kūshankū lernte. Wenn ich von mir selbst ausgehe, dann lernte ich in den ersten zehn Jahren meines Karate-Lebens zunächst mal mehr oder weniger banales JKA-Shōtōkan, und später auf Lehrgängen insbesondere bei zwei japanischen Größen aus dem Umfeld der JKA. Die beiden beeinflussten mein damaliges Karate stark und tatsächlich folgte ich technisch einem der beiden, ich legte bei einem der beiden auch meine Shodan-Prüfung ab. Ich würde nicht bloß „flunkern“, ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass diese ersten zehn Jahre mein „Haupt“-Einfluss im Karate gewesen seien (um nicht „meine Hauptlehrer“ zu schreiben). Erst danach traf ich meinen jetzigen Karate-Lehrer und ich musste alles (a l l e s) vergessen, was ich vorher gelernt habe, um eine Chance zu haben, das erfassen zu können, was er mir beibringen konnte. Mein heutiger Karate-Lehrer ist mein einziger Hauptlehrer, die ersten zehn Jahre haben technisch nichts damit zu tun (abgesehen von erinnerten, äußerlichen Kata-Abläufen, Anekdoten u. ä.). Ganz ähnlich kann zumindest ich verstehen, dass es im Fall von G. Funakoshi ebenso war.

    „Originaleres“ Karate ist ein ungünstiges Wort, weil es impliziert, dass es „irgendwann“ mal ein einziges, einheitliches, von allen akzeptiertes und verkörpertes „Karate“ gab. Das ist nie der Fall gewesen! G. Funakoshi vertrat und unterrichtete das Karate seiner individuellen Übertragungslinie, technisch die hauptsächlich von A. Asato ausgemacht wird und Einflüsse von A. Itosu und anderen aufweist.

    Die Frage nach dem Vergleich von A. Itosus und A. Asatos Karate ist völlig berechtigt. Es gibt keine Bilder oder gar Filme von ihnen, weswegen so ein Vergleich kompliziert ist. Im Forum schrieb ich bereits, worauf sich meine diesbezüglichen – nicht einfach so unüberlegt hin geklatschten – Aussagen gründen. Hier kopiere ich sie nur hinein:

    Gab es Unterschiede zwischen dem Karate von A. Asato (1828–1906) und A. Itosu (1831–1915)? Kurzum: ja die gab es und zwar deutlich!

    (1) Beide waren unterschiedliche Personen – mag überraschen, ist aber so.

    (2) Beide hatten unterschiedliche Haupt-Lehrer.

    (3) Gestuelle Unterschiede, sind am einfachsten aufzeigbar. Tatsächlich geschieht dieses Aufzeigen von Unterschieden häufiger im Training meiner Minigruppe. Damit meine ich deutliche Unterschiede zwischen Gesten im Ablauf gleichnamiger Kata zwischen A. Asato und A. Itosu.
    Anmerkung: Ja, natürlich sind Kata von A. Asato überliefert. Es sind Kata, die G. Funakoshi lehrte. Er hatte einige Kata von A. Itosu, einige von A. Asato (seinem Hauptlehrer) und wieder andere Kata von weiteren Lehrern. Etwa 16 Jahre nach A. Asatos Tod (eine leider lange Zeit) veröffentlichte G. Funakoshi fünfzehn Kata. Einige davon sind eben Kata, die er von A. Asato lernte, z. B. Kūshankū (Kankū). Diese Abläufe weisen Bewegungsfolgen auf, die sich teilweise stark von denen aus der A.-Itosu-Linie unterscheiden (wieder auf Grundlage der Lehre von Schülern A. Itosu). Solche Vergleiche haben nichts mit Hexerei zu tun.

    (4) Beide hatten unterschiedliche taktische Ansätze, die mit ihrem eigenen Kampfstil Hand in Hand gingen. Dazu gibt es ausreichend Aufzeichnungen, die ich zum Teil übersetzt vorlegte.

    Anmerkung: Mein Punkt (4) hat durchaus etwas mit einer „eigenen Art zu kämpfen“ zu tun. Um mal ein plumpes Beispiel zu geben, verweise ich auf eine Schildkröte, deren Taktik ihr Kampfverhalten (oder Abwehrverhalten) bestimmt. Das ist vergleichbar mit einem antrainierten menschlichen kämpferischen Verhalten, einschließlich entsprechender Taktik.

    (5) Am schwierigsten nachweisbar sind fraglos Unterschiede in der jeweiligen Art der Krafterzeugung. Aber auch für ihr Vorhandensein gibt es zumindest deutliche Indizien.

    Anmerkung: Mein Punkt (5) betrifft die deutlichen Indizien für verschiedene Arten der Krafterzeugung/Körpermechanik (mir ist dafür immer noch kein besserer Begriff eingefallen). Von mir übersetzte Beispiele finden sich in „Band I“, S. 31 f. (Zitat von C. Motobu), S. 53 f. (Zitat von G. Funakoshi); in „Band II“ S. 13, S. 17 (anonyme Zitate von 1915), S. 57 ff. (Zitat von G. Funakoshi).

    Grüße,

    Henning Wittwer

  3. #123
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    Besten Dank für die wie immer sehr interessanten Ausführungen Gibukai.

  4. #124
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    Zitat Zitat von ThiS Beitrag anzeigen
    Ähm nein. "Dieses" Spüren kennt garantiert nicht jeder Karateka
    OT Ein:

    Das ist ein leidiges, letztlich philosophisches Thema.

    Die meisten von uns werden schon mal Zahnschmerzen gehabt haben.

    Dennoch wird es mir nicht möglich sein, einem Andern meinen aktuellen Zahnschmerz erlebbar sprachlich deutlich zu machen ...

    Andererseits kann ich Einem, der behauptet, Zahnschmerzen zu haben, letztlich nur "glauben".

    Fragwürdig wird das Alles, wenn ich mein eigenes "Spüren" als Beweis für etwas anführe, Anderen dieses oder ein anderes "Empfinden" aber abspreche.

    "Innere Zustände" sind letztlich nicht objektivierbar.

    OT Aus

  5. #125
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    Zitat Zitat von ThiS Beitrag anzeigen
    Eben darum geht's ja. Ohne das Wissen und die Übung kommt man nicht weiter. Hat man beides, werden die Aussagen oben zu einer konkreten Handlungsanweisung.
    Erstaunlicherweise habe ich immer von Personen, die Tai-Chi betreiben, die Rückmeldung bekommen, dass das sehr ähnlich sei. Seit ich Kankens Karate-Bilder verwurste höre ich sogar, dass es das selbe sei. Die Art der Bewegung ist im Karate ein wenig kleiner, und die Didaktik ist genau andersrum. Im Endeffekt läuft's aber von der Motorik mehr oder weniger auf dasselbe hinaus. Die Anwendung im Kampf ist dann allerdings wieder unterschiedlich - zumindest so weit ich das mit meinem zugegebenermaßen sehr geringen Wissen vom Tai-Chi beurteilen kann. Haben mir jedoch ein paar Tai-Chi'ler so im Großen und Ganzen auch so bestätigt.
    Ersteres verstehe und unterschreibe ich ja sofort. Unterweisung und (langwierige) Übung.

    Häufig klingt´s hier aber so, dass nach extrem kurzer Zeit gewaltige Fortschritte gemacht werden Richtung innerer Körperarbeit, auch wenn man vorher diesbezüglich nicht unterwegs war. Als gäbe es eine Art Zaubertrick, um gewaltig abzukürzen. Das widerspricht ja einerseits den eigenen allgemeinen Erfahrungen, andererseits jedenfalls in meinem Fall den Aussagen von Leuten, die tatsächlich über den Tanden ihre Bewegungen steuern können oder auf dem Weg sind, das zu können.

    Zum Beispiel der Einsatz der inneren Muskeln: das dürften nach meinem Verständnis die sein, die bei den allermeisten auf Grund fehlender Ausrichtung des Körpers für das Halten des Skelettes gebunden sind. Wenn also nicht der Körper ausgerichtet hat, dass das Skelett allein trägt, stehen diese Muskeln für qualifiziertes Arbeiten nicht zur Verfügung.

    Für mich der einfachste Nachweis, ob man´s kann: aufrecht entspannt stehen, Füße nebeneinander und jemanden bitten, (beliebig stark) frontal gegen die Hände zu drücken und einen nach hinten umzuwerfen. Wenn man stehenbleibt, also die Kraft in den Boden leiten kann, ist die Ausrichtung des Körpers OK, sonst nicht.


    Zitat Zitat von AkushonWasi Beitrag anzeigen
    Hm. Das es eine Legende ist habe ich mir auch gedacht. Habe mich nur gewundert, dass bisher bei all den anderen Legenden, die noch nicht gefallen ist
    Frag´ mal Wado-Leute, welche Kampfkunst Otsuka ursprünglich betrieben hat ... das wissen schon nur die Wenigsten.


    @Gibukai

    Vielen Dank für die aufschlussreiche Antwort.


    Grüße

  6. #126
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    Zitat Zitat von Nick_Nick Beitrag anzeigen
    Ersteres verstehe und unterschreibe ich ja sofort. Unterweisung und (langwierige) Übung.

    Häufig klingt´s hier aber so, dass nach extrem kurzer Zeit gewaltige Fortschritte gemacht werden Richtung innerer Körperarbeit, auch wenn man vorher diesbezüglich nicht unterwegs war. Als gäbe es eine Art Zaubertrick, um gewaltig abzukürzen.
    Ich denke, die "gewaltigen Fortschritte in kurzer Zeit" können nur die Leute machen, die bereits die körperlichen Vorraussetzungen durch langes Training haben. Da kommt dann dein erster Satz wieder mit ins Spiel und es passt.
    Ich kann mir schon vorstellen, dass jemand, der bereits eine sehr gute Körperkontrolle / Motorik etcpp. besitzt, durch bestimmte neue Trainingsmethoden (wie zB "Bilder") deutlich weiter gebracht werden kann.
    "Eternity my friend is a long f'ing time!"

  7. #127
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    Zitat Zitat von SKA-Student Beitrag anzeigen
    Ich denke, die "gewaltigen Fortschritte in kurzer Zeit" können nur die Leute machen, die bereits die körperlichen Vorraussetzungen durch langes Training haben. Da kommt dann dein erster Satz wieder mit ins Spiel und es passt.
    Ich kann mir schon vorstellen, dass jemand, der bereits eine sehr gute Körperkontrolle / Motorik etcpp. besitzt, durch bestimmte neue Trainingsmethoden (wie zB "Bilder") deutlich weiter gebracht werden kann.

    Gebe ich dir sofort recht. Ob´s aber nur ein kleiner Schritt ist von guter eigener Körperkontrolle und Bewegungsqualität zu den Sachen, die bspw. die guten Tai Chi-Leute können ... hm, kann ich mir nicht vorstellen. Gut, aber vielleicht ist´s so.

    Grüße

  8. #128
    ky0han Gast

    Standard

    Tach,

    Zitat Zitat von Gibukai
    K. Mabunis Hauptlehrer war A. Itosu (1831–1915) und G. Funakoshis Hauptlehrer war A. Asato (1828–1906). K. Mabunis Kata, die auf H. Ōtsuka „Einfluss“ gehabt haben können (Pinan, Kūshankū, Passai), stammen von A. Itosu. G. Funakoshis Kūshankū und Passai stammen dagegen von A. Asato und seine Pinan ist eine „asatoisierte“ (im Stil seiner Kūshankū überarbeitete) Kata-Serie. Daher sahen diese Kata bei K. Mabuni und G. Funakoshi auch nicht gleich aus.
    Das mit den asatoisierten Pinan finde ich sehr interessant. Habe mich schon immer gefragt, wieso diese sich so unterscheiden.

    Ich hätte da noch eine Frage bezüglich der Passai. Wenn Funakoshi diese von Asato lernte, müsste diese doch der Matsumura Passai ähneln. Funakoshis Passai erinnert meiner Meinung nach doch eher an die Itosu Passai. Lässt sich das irgendwie erklären? Wo lernte denn Itosu seine Passai?

    Ich hoffe das ist jetzt nicht all zu OT.

    Gruß Holger

  9. #129
    KeineRegeln Gast

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    Ich glaube, dass ist topicer als 97% der letzten Seiten.

    Sig: meine Gottheit ist ein Molch und heißt Muk oder Muck. Habe mich noch nicht entschieden. ^^

  10. #130
    Gulli Gast

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    Im Kobayashi ryu (direkte Ableitung von Itosu) wird allerdings die Itosu no Bassai (Shito Ryu Bezeichnung) als Passai Sho (kleine Passai) und die Matsumura no Passai (Shito Ryu Bezeichnung) als Passai Dai (große Passai) bezeichnet. Falls man Dai und Sho als Wertung nehmen könnte, wäre für Itosu die Matsumura no Passai die Wichtigere.

    Kann es daher sein, dass Itosu die Passai Sho (Kobayashi Bezeichnung) von Asato lernte?

    Interessanter Weise ist die Shotokan Bassai Sho direkt verwandt mit der Koryu Passai oder auch Passai Gwa. Kommt diese auch über Asato ins Shotokan?

  11. #131
    ky0han Gast

    Standard

    Tach,

    Zitat Zitat von gulli
    Im Kobayashi ryu (direkte Ableitung von Itosu) wird allerdings die Itosu no Bassai (Shito Ryu Bezeichnung) als Passai Sho (kleine Passai) und die Matsumura no Passai (Shito Ryu Bezeichnung) als Passai Dai (große Passai) bezeichnet. Falls man Dai und Sho als Wertung nehmen könnte, wäre für Itosu die Matsumura no Passai die Wichtigere.

    Kann es daher sein, dass Itosu die Passai Sho (Kobayashi Bezeichnung) von Asato lernte?
    Ich denke nicht, dass Itosu die Matsumura Passai für die wichtigere hielt. Soweit ich mich erinnere lernte Chibana die Matsumura Passai und zeigte diese Itosu. Dieser sagte, es wäre die beste die er je gesehen hätte und auf Grund dessen behielt Chibana diese drin. Dai und Sho bedeuten soviel wie ältere und jüngere. Die Passai Dai ist die Matsumura Passai also die ältere. Die Passai Sho ist die Itosu Passai also die jüngere.

    Wurde die Passai Gwa (Shotokan Bassai Sho) nicht auch von Itosu entwickelt?

    Gruß Holger

  12. #132
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    Hallo,

    der Knackpunkt der Frage ist, was genau „Matsumura no Passai“ meinen soll. Ich gehe mal davon aus, dass die von C. Chibana gelehrte Passai, die er 1938 als Kata des „Matsumura-Ha“ von seiner Passai des „Itosu-Ha“ unterscheidet und in Wort und Bild vorstellt, gemeint ist. Tatsächlich handelt es sich dabei aber nicht um „die“ Passai von S. Matsumura; es handelt sich um eine abgewandelte Version aus der Familienkampfkunst des Tawada-Klans. C. Chibana schreibt deutlich, dass er diese Passai von einem „Herrn Tawada“ lernte.

    Die Familienkampfkunst des Tawada-Klans geht auf Tawada nu Meigantū („Tawada mit der [traditionellen] Männerfrisur“) zurück, dessen richtiger Name wahrscheinlich Tawada Shinboku war. S. Tawada lernte unter dem nur wenig älteren S. Matsumura u. a. Passai. Zu dieser Familienkampfkunst gehörten daneben auch Rokushaku-Bō (ca. 1,82 m langer Stock), Sanjaku-Bō (ca. 91 cm langer Stock) und Sai (metallene Polizeiprügel). S. Tawada passte seine Passai insbesondere an seine Vorstellungen vom Umgang mit Sai an, so dass seine Passai und seine Sai-Techniken aufeinander aufbauten bzw. zueinander passten. D. h. in aller Deutlichkeit: S. Tawada beließ die Passai nicht, wie er sie gelernt hatte.

    Jedenfalls unterrichtete Shinboku seinen ältesten Sohn, Shinho, in der Familienkampfkunst. Shinho wiederum unterrichtete seinen jüngeren Bruder, Shinjō. Shinjō brachte dann die Tawada-Familienkampfkunst zwei Personen zusammen bei: Shinhos zweitem Sohn und C. Chibana. C. Chibana hatte Zugang zum Tawada-Klan, weil er der Schwager von Shinho war.

    Die Passai, die C. Chibana von S. Tawada lernte, war also drei Generationen von S. Matsumura entfernt und ist eine innerhalb der Tawada-Kampfkunst angepasste Version.

    A. Itosu und A. Asato lernten Passai von S. Matsumura und gaben sie jeweils mit mehr oder weniger großen eigenen Anpassungen/Veränderungen an C. Chibana bzw. G. Funakoshi weiter.

    A. Itosu ist nicht der Gründer des Shōrin-Ryū („Kobayashi-Ryū“ ist eine nicht gute Bezeichnung). C. Chibana ist sein Gründer, so dass auch die darin gebrauchten Bezeichnungen, wie „Passai Gwā“ nicht von A. Itosu stammen. Zu dem Suffix „-Gwā“ (Shō) in Bezug auf Kata-Bezeichnungen bitte ich, einfach in meinem „Band I“ S. 144 nachzulesen. Diese Logik ist auf Passai übertragbar.

    A. Asato lehrte A. Itosu wahrscheinlich keine Passai, aber es ist selbstverständlich, dass sie sich als enge „Kampfkunstbrüder“ über Passai austauschten und vielleicht die ein oder andere Bewegung gemeinsam anpassten.

    Grüße,

    Henning Wittwer

  13. #133
    ky0han Gast

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    Hallo Henning,

    vielen Dank für die Ausführungen. Hab gerade nochmal in Nakamotos Okinawa Kobudo geschaut, da sind die selben Angaben zu S. Tawada festgehalten. Ich nehme an, dass dies Deine Quelle ist (ich habe allerdings nur die Übersetzung von M. Da Luz)?

    Chibana benannte die Passai also Dai, Sho und Gwa wobei Gwa = Sho (also selbes Kanji?) Ich nehme an, dass sie deshalb zur besseren Unterscheidung Koryu Passai genannt wird. Stammt diese denn von Itosu oder ist der Kompilator dieser Kata unbekannt?

    Gruß Holger

  14. #134
    Gulli Gast

    Standard

    Hallo Henning,
    erstmal vielen Dank für die Ausführung.

    Selbstverständlich weiß ich, dass Itosu nicht der Gründer des Kobayashi Ryu ist.

    Meine Frage wäre wiederum, welche Passai Asato und Itosu von S. Matsumura lernte?

    Kann man bei der "Tawada-Passai" davon ausgehen, dass man sie auch mit Waffen, sprich Sai, "laufen" kann?

    Wie kommt die "Matsumura (Tawada) no Passai (wenn ich Dich richtig verstanden habe sind es die selben) dann in das Shito Ryu? Hat Itosu die Passai dann von Chibana Chosin übernommen oder hat Mabuni K. die Kata von Chibana gelernt.

    Falls ich Dich falsch verstanden habe, dann bitte berichtigen .

    Gruß, Christian.

  15. #135
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    Hallo Holger,

    A. Itosu nannte die Passai, die er selbst zusammenstellte, Passai Gwā, um sie von der, die er von S. Matsumura lernte, zu unterscheiden.


    Hallo Christian,

    A. Asato und A. Itosu lernten sehr wahrscheinlich dieselbe Passai von S. Matsumura. Wie sie jeweils aussahen, kann nur über deren Schüler nachvollzogen werden. Je weniger Personen zwischen S. Matsumura und dem späteren Passai-Lehrer/Vorführer liegen, desto größer die Chance auf „Authentizität“. Nur zwei Generationen liegen zwischen S. Matsumura und den Schülern von A. Itosu und A. Asato. Die Matsumura-Passai-Version von A. Itosu via C. Chibana sieht so aus:

    https://www.youtube.com/watch?v=pZfWfFXRnjE

    Und die von A. Itosu via K. Mabuni (hier sein zweiter Sohn, aber Bilder vom Vater bestätigen die Ausführung) sieht so aus:

    https://www.youtube.com/watch?v=i2WFFC2hHCs

    Dazu kommen die Matsumura-Passai-Version von A. Asato via G. Funakoshi (ohne Film) und Ishimine (ohne Film), die vom groben Ablauf mit der von A. Itosu übereinstimmen.

    Passai aus der Tawada-Tradition wird nicht mit Sai ausgeführt, aber die Sai-Techniken dieser Tradition sind eng mit den Bewegungsmustern dieser Passai verbunden. So konnte diese Passai einfach als Grundlage für den Waffenunterricht (Sai) genutzt werden.

    K. Mabuni selbst erwähnt, dass er von einem "Tawada" lernte. Spätestens ab 1917/1918 hatte er aber auch die Möglichkeit, sich mit C. Chibana innerhalb der zu dieser Zeit gegründeten „Arbeitsgemeinschaft für Karate“ auszutauschen – die war ein Karate-Hot-Spot …

    Grüße,

    Henning Wittwer

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