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Thema: ANTWORTEN zu "KRK - welche Frage würdest Du ihm stellen?"

  1. #1
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    Standard ANTWORTEN zu "KRK - welche Frage würdest Du ihm stellen?"

    Hallo Zusammen,
    hier präsentiere ich euch die Antworten auf das vorige Thema bezüglich der Fragen an KRK.

    Im Vorfeld sei gesagt, dass einige Fragen rausgenommen worden sind, weil zu persönlich oder auch einfach nicht beantwortet werden wollten. Denke das müssen wir respektieren. Alle Fragen habe ich kategorisiert und zusammengetragen sofern diese Sinn ergeben haben und nicht zu heftig waren.
    Schön ist, dass die Kommunikation sehr freundlich war, sehr offen und
    keinesfalls schwierig gewesen ist. Sehr unkompliziert und einfach. Ein Treffen ist in Vorbereitung , es hapert aber an mir, da ich im Urlaub bin und danach erst wieder Zeit finde.

    Viel Spass beim lessen und wenn Fragen sind, bitte ich diese per PN an mich zu senden (oder an thilo.vahlsing@yahoo.de) da ich ab heute abenderstmal off bin.



    Fragen aus dem Kampfkunstboard zu dem Thema :
    „KRK – Welche Frage würdest Du Ihm stellen?

    Kategorisierung der Fragen
    • Fragen zur Person K.R.Kernspecht
    • Fragen bzgl. EWTO / Verband und Shop
    • Fragen zu anderen Kampfkünsten – Vergleiche WT

    Fragen zur Person K.R. Kernspecht

    KKB: Nimmst Du noch Unterricht bei GM Leung Ting?
    KRK: Von ihm ich habe von 1976 bis ca. 2005 gelernt. Sehr viel länger als mein SiFu oder irgendjemand anders von Yip Man. Und wir bilden nach wie vor den größten Teil seines internationalen Verbandes in Hongkong.
    KKB: Was hat Dich damals an Leung Tings WT fasziniert?
    KRK: Ich begann ja schon 1970 mit verschiedenen Varianten des Wing Chun (vor allem in London), aber das WingTsun von SiFu Leung Ting schien mir besonders gut strukturiert zu sein.
    KKB: Hast Du noch Kontakt zu Deinen ersten Schülern?
    KRK: Ja, z.B. war der erste Schüler, Dr. H.W. Neumann, der in den 70er Jahren der Bodyguard vom Beatle George Harrison war, gerade mit seiner Frau, meiner ehemaligen Englisch-Schülerin, eine Woche lang mein Gast in Italien.
    KKB: In Deiner langen Kampfkunst Karriere ... gibt es etwas, auf das Du besonders stolz bist?
    KRK: „Stolz“ war und bin ich auf einige meiner Schüler. Nicht so sehr auf meine eigene Leistung. Dafür würde ich eher das Wort „zufrieden“ benutzen. Ich bin ziemlich zufrieden mit meinen letzten zwei Büchern: „Die Essenz des WingTsun – Jenseits von Techniken, Formen und Anwendungsdenken“ und „Kurs-Buch Inneres WingTsun“. Das Kurs-Buch zeigt, wo die Stationen der Reise zu „meinem“ WingTsun und wird offenbar von den Lesern angenommen, denn schon einen Monat nach seinem Erscheinen muss ich eine 2. Auflage herausbringen.
    KKB: Gibt es etwas In Deiner langen Kampfkunst Karriere, das Du wirklich bedauerst?
    KRK: Es kam alles so, wie es kommen musste, und alles ist gut, wie es ist. Ich hege gegenüber keinem meiner Schüler einen Groll, jeder musste so handeln, wie anders er nicht konnte. Ich auch.
    KKB: Welchem alten Feind / Kontrahent würdest Du heute gerne die Hand reichen?
    KRK: Ich entnehme manchen gehässigen Äußerungen im Forum, die mir weitergeleitet werden, dass mich manche als ihren Feind ansehen möchten und dieser Hass und Neid einen großen Teil ihres Denkens vereinnahmt. Das bedaure ich, denn das Leben ist zu kurz dafür. Vor kurzem traf ich mich mit einem alten Kontrahenten. Auf einem Flughafen. Wir hatten zwei wunderbare Stunden zusammen und schieden als Freunde. Es war ein ehemaliger Mitbewerber, aber kein Schüler. Ich möchte ihn nun für unser Bachelor-Kampfkunst-Studium mit der Universität Derby Buxton (GB) als Dozenten gewinnen.
    KKB: Mit welchem Deiner Kritiker würdest Du am liebsten über Kampfkunst diskutieren und warum?
    KRK: Diskussionen erweisen sich meist als nicht zielführend. Über die wichtigste Hälfte des WingTsun kann man ohnehin nicht sprechen: Über das Fühlen. Da muss die Sprache naturgemäß versagen.
    KKB: Gibt es Meister oder Lehrer des Yong chun auf internationaler Ebene , mit welchen Du dich im praktischen Austausch befindest, um von Ihnen zu lernen? Wenn ja , welche, wenn nein, warum?
    KRK: Die Hoffnung, von südchinesischen *ing *un-Meistern etwas NEUES lernen zu können, das ich für effizient halte und nicht schon aus anderen Quellen kenne, habe ich schon vor 15 Jahren aufgegeben. Das sage ich nicht mit Arroganz, sondern mit Bedauern. Ich konnte die meisten wichtigen Original-Schüler Yip Mans kennenlernen, in Hongkong, Macao, Taiwan, England, Holland und in den USA. Viele der Besten von ihnen leben schon nicht mehr. Ich trainierte schon Ende der 1970er Jahre mit den besten zwei Schülern von Bruce Lee: Jesse Glover und Ed Hart. Meine Schüler schicken mir regelmäßig Youtube-Videos neu entdeckter anderer *ing *un-Richtungen, die nicht von Yip Man abstammen. Aber manche davon lernte ich schon in der ersten Hälfte der 1970er Jahre über Sifu Lee Sing und Sifu Joseph Cheng in London kennen.
    Um Neues zu entdecken, das mein Interesse wachhält, schaue ich mir lieber unbekannte Stile an. Auch mein Lehrer SiFu Leung Ting hat stets über den Tellerrand geguckt. Wie er studierte ich andere Stile: Ringen, Judo, Ju-Jutsu, Aikido, Kempo, Karate, Taekwon-Do, Hapkido, Escrima, Muay Thai, Bruce Lees Non-Classical Gung Fu. In letzter Zeit erforsche ich das Sumo, Tai Ji, Hsing-I, Pakua usw. Nicht indem ich die Stationen eines Schülers durchlaufe, denn ich bin ja ein WT-Mann, der diese anderen Stile gar nicht lernen will. Ich konfrontiere mich selbst mit den Angriffen dieser Stile. Und ich probiere aus, was ich mit meinen „WT-Sachen“ gegen sie ausrichten kann. Ich habe bei einigen japanischen und besonders chinesischen Stilen Kollegen gefunden, denen das genau so viel Spaß macht wie mir. Wenn irgendwas gegen mich funktioniert, dann sage ich: „Mach das bitte noch mal!“ Das mache ich solange, bis es gegen mich nicht mehr wirkt. Die asiatischen Kollegen, mit denen ich so „experimentiere“, sind alle in meinem Alter, ehemalige Ärzte, Professoren, Landestrainer. Vor ihren eigenen Schülern mögen sie Geheimnisse haben, wir untereinander haben keine, das wäre ja auch lächerlich.
    Ich habe seit zig Jahren nie versucht, andere Stile zu erlernen, ich habe keine einzige Technik von irgendeinem anderen Stil übernommen. Deshalb reagiere ich auch vergrätzt, wenn irgendein Naseweis mir immer wieder vorwirft, ich hätte Techniken von diesem oder jenem Stil in mein WingTsun übernommen. Ich liebe kritische Fragen, denn sie regen mich zum Denken an, aber bitte nicht immer dieselben, denn „getretener Quark wird breit, nicht stark“.
    Ich bekam im Jahre 2000 von meinem SiFu Leung Ting den 10. Meistergrad zugesprochen. Damals besaß nur er ihn. Sein Verständnis des WingTsun ging schon damals über die Techniken weit hinaus, nur scheine ich der Einzige zu sein, den er nicht mehr mit den Techniken und Sektionen belastete. Hätte er mich anders unterrichtet, hätte ich es kaum solange bei ihm ausgehalten. Mein SiFu lehrte mich, dass „traditionell“ bedeutet, dass nichts verbessert wurde. Er gab nichts auf Tradition, sondern wurde nicht müde zu betonen, dass *ing *un ein Rebellenstil sei und wir uns nicht um Tradition scheren sollen. Er sagte, es ginge ihm nur um Funktion, um Effizienz. Und ich glaube, dass er das wirklich so meinte. Dass in seinem sonstigen Unterricht aber immer wieder die Form alles bestimmte, zeigte, dass er als Chinese nicht über seinen Schatten springen kann. Innovation und Kreativität darf man nicht aus dem konfuzianischen China erwarten.
    KKB: Wenn Du Deinen jetzigen Kampfkunstweg weiter denkst, wie weit entfernt sich Dein persönlicher Stil (oder „Nicht- Stil“) noch vom Wing Chun im allgemeinen? Würdest Du ohne die Organisation, die ja auch Dein Lebenswerk bedeutet, überhaupt noch vom Wing Chun sprechen oder befindest Du Dich bereits auf der Schwelle zu einem ganz eigenständigen System?
    KRK: Alles ist immer eine Frage, WAS für mich WingTsun ist. Ich sage mal, was für mich nicht zwingend WingTsun ausmacht: z.B. die sog. „Techniken“. Deshalb muss man bei mir persönlich schon viel Glück haben, um in meinem Bewegungsfluss eine typische WingTsun-Technik zu erwischen. Die Form-Techniken sind für mich nur Beispiele, die auf die Prinzipien hindeuten. Habe ich die Prinzipien verinnerlicht, kann ich aus jedem Prinzip Hunderte von Bewegungen („Techniken des Augenblicks“) in Form einer „Sofortkonzeption“, wie mein verstorbener Mentor Prof. Tiwald es formulierte, kreieren. Mein WT ist also prinzipien- oder funktions-orientiert, nicht durch die Techniken bestimmt.
    Die Siu Nim Tau-Form ist für mich nicht ein Repertoire von Techniken, die es anzuwenden gilt. Anwenden will ich niemals festgelegte und vorfabrizierte Techniken aus 2. Hand (wie Bruce Lee sie nannte), sondern die funktionalen Prinzipien.
    Die Siu Nim Tau-Form gilt mir als eine praktische chan-buddhistische Übung, bei der es darum geht, sich selbst beim Bewegen zu beobachten und zwar in der Außen- und Innensicht. Mithilfe der 1. Form soll man lernen, wie man Bewegungen (oder besser das Bewegen) lernt.
    KKB: Befindet sich Dein WT auf einem Übergangsstadium? Werden in absehbarer Zeit nur noch die neuen Programme unterrichtet oder werden die alten Programme ewig „mitgeschleppt“?
    KRK: Es stimmt dass ich das WingTsun, das ich lernte, komplett und pietätlos hinterfragt habe. Die Aussage, dass man etwas schon immer so gemacht hat, galt mir nichts. Kein Stein blieb auf dem anderen. Ich verwarf alles, bis ich das Erste fand, auf das ich mich 100% verlassen konnte. Darauf baute ich das Nächste. Bis das Gebäude wieder stand und ich wusste, dass ich mich auf jeden Stein verlassen konnte.
    Vorhin wurde gefragt, worauf ich stolz bin. Nun habe ich doch etwas gefunden: Ich habe mein WingTsun optimal aufgestellt, alles ist an der richtigen Stelle, wo es Sinn macht. Im „Kurs-Buch Inneres WingTsun“ kann man sich davon überzeugen.
    Übungen sind für mich austauschbar, dazugehören, was mich angeht, auch die Partner-Chi-Sao-Übungen (oft „Sektionen“ genannt) aus Hongkong. Selbst meine eigenen Übungen sind mir nicht heilig. Denn wir wollen ja nicht die Übungen lernen, sondern von ihnen lernen.
    KKB: Warum grenzt Du dich so häufig von anderen Kampfkünsten ab? Hat dies Marketinggründe?
    KRK: Man muss immer die Unterschiede erkennen, aber auch die Gemeinsamkeiten. Je tiefer man zum Kern kommt, desto mehr treffen sich die Kampfkünste und die Unterschiede lösen sich auf. Mit einem Sumo- oder Tai Ji-Könner finde ich mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes. Im Gespräch mit anderen *ing *un-Meistern werden die Unterschiede wichtig, denn man ist sich zu ähnlich. Nun trumpft man mit den trennenden Details auf: Wir : Ihr.

    KKB: Wie hast Du die wahnsinnige Flexibilität deiner Arme erreicht?
    KRK: Lieben Dank, aber tatsächlich ist es der Rumpf, der eine Biegsamkeit der Arme erst zulässt. Und die Arme sind nur die Endapparate, die die Berührung aufnehmen bzw. die Kraft, die vom Rumpf und dem Boden kommt auf den Gegner übertragen. Außerdem trainiere ich immer noch 4 Stunden an 7 Tagen der Woche.
    KKB: Verfolgst Du das Geschehen im Kampfkunstboard? Was hältst Du von dem Geschehen im Kampfkunstboard?
    KRK: Ich lasse mir manchmal erzählen, was da gerade los it. Man schickt mir auch Ausschnitte. Es gibt bei Euch ein paar helle Köpfe und notorische Schlechtreder und Besserwisser. Wie überall.
    KKB: Gibt es Aufzeichnungen von Dir oder Deinen Schülern , die die Funktionalität des WT in einem realitätsnahen Kampf für außenstehende Experten nachvollziehbar machen könnte?
    KRK: Ja, gewisse Spezialeinheiten zeigen mir gelegentlich geheime Aufzeichnungen, wie mein WT in der Anwendung wirkt: gruselig.
    KKB: Wie erklärst Du Dir, dass kein einziger (so gut wie) WT’ler jemals im Allfighting Tunieren Erfolg hatte? Ist WT ein reines SV System, das zum Kämpfen im Turnier nicht taugt?
    KRK: Ich habe nie sportliche Wettkämpfe auf dem Zettel gehabt, nie einen meiner Schüler dorthin geschickt, nie jemand darauf vorbereitet. Ich mach nur das, was ich kann. Sportliche Wettkämpfe waren und sind nicht mein Ding. Wenn man dort Erfolg haben will, muss man ganz anders trainieren. Wenn ich das wollte, würde das Rad nicht neu erfinden wollen, sondern mich mit den weltbesten der Sportsparte zusammentun. Alles andere wäre unprofessionell.
    KKB: Es heißt, dass hochgraduierte Sifus bereits BJJ lernen, werden die WTler jetzt für sportliche Wettkämpfe fit gemacht? Ist eine Wettkampfsparte im Aufbau?
    KRK: Einer von uns studiert BJJ im Rahmen seines englischen Universitätsstudiums zum Bachelor. Als Lehrer muss man von allen Stilen etwas verstehen, das ist doch selbstverständlich, das lebe ich doch vor. An eine Wettkampfsparte ist z.Z. nicht gedacht, eher an ein Hard Core-Team. Mir geht es im Augenblick um die Entwicklung von Kampfgeist, von Fighting Spirit. Der soll etwas aufgefrischt werden.
    Das traditionelle *ing *un kennt kein Sparring und keinen Bodenkampf. Der heutige Ritualkampf ist im Wandel. Offenbar gehören jetzt schon Messer und mehrere Angreifer dazu. Und als weiteres Novum der Bodenkampf. Auch diese neue Lücke wird geschlossen werden: Kaicho Jon Bluming. 9. Dan Judo, 10. Dan Kyokushinkai-Karate, hat begonnen, unsere Ausbilder darin mehrmals im Jahr persönlich zu schulen. Jon Bluming war der Pionier der Mixed Martial Arts, schon bevor sie so hießen, er verband Judo, Karate und Thaiboxen zum „Allround Fighting“. Wir haben keine Probleme damit, von dieser Legende zu lernen!
    KRK: Das klassische WingTsun kam ohne boxähnliches Sparring aus. Falls die Erwartungshaltung unserer Mitglieder in diese Richtung geht, sollte es auf die WT-Prinzipien, auf ChiSao und auf das direkte Ansteuern meiner „Großen Sieben“ aufbauen und nicht auf die vor-fabrizierten Formtechniken. An solch einem Übungsprogramm arbeite ich seit Jahren. Kettenfauststoß-Keilereien dürfen nicht der Weisheit letzter Schluss bleiben.
    KKB: Das WT setzt kaum Kicks ein und hat einen sehr rigiden Stand. Viele Leute meinen, dass es ein großer Nachteil im Kampf ist. Deine Meinung?
    KRK: Mein WT hat keinen rigiden Stand, ich persönlich benutze gar keinen festen Kampfstand und schon gar nicht den Siu Nim Tau-Stand dafür. Dass ich selten trete oder nicht hoch trete, das stimmt. Es gefährdet mir zu leicht das Gleichgewicht. Wir verstehen unser WT als reine Selbstverteidigung auf engstem Raume, da benötige ich persönlich kaum Kicks. Allerdings üben wir die Abwehr von Tritten, und das natürlich auch mit den Beinen, wenn nötig.
    KKB: Für manche hier giltst Du als führende Persönlichkeit, wenn es um wissenschaftliche Evaluierung des Realkampfes geht, andere bestreiten das heftig. Wie erklärst Du dir, dass Deine Erkenntnisse nicht stilübergreifend gebührend honoriert werden?
    KRK: Was ich über die realistische Selbstverteidigung geschrieben habe, und was hier von einigen bestritten wird, ist nicht alles auf meinem Mist gewachsen. In Deutschland war ich der Erste, der darüber sprach, der BlitzDefence usw. einführte. Aber im Ausland rannte ich damit offene Türen ein. In England gab es mit Geoff Thompson jemand, der z.T. schon vor mir an bestimmten Ideen gearbeitet hatte. Und kurz darauf kamen in den USA zahlreiche Experten und Autoren mit „reality based“ martial arts und „Combatives“ heraus, die mich rechts überholten.
    KKB: Wozu Deine Twitter-Texte und die oftmals provozierenden Texte? Du setzt dich damit unnötiger Kritik aus.
    KRK: Ich bin zwar fast 70, aber kein angepasster Rentner. Ich hab noch viel vor. Die Tweets sind für meine EIGENEN Schüler, die ich gerne mit zugespitzten Aphorismen aufrütteln und zum Selbstdenken auffordern möchte. Es erscheint mir nötig, das zu tun. Und wenn nicht ich, wer dann? Meine Schüler sollen alles hinterfragen lernen. Nicht einfach alles glauben, nur weil es ein höherer Meister gesagt hat. Auch mir nicht alles glauben! Den eigenen Verstand benutzen. Bestimmt überfordere ich einige manchmal und rudere dann ein wenig zurück. Manchmal ändere ich auch meine Meinung und lasse es alle Mitleser wissen.
    KKB: Ich habe schon sehr viel von Dir gelesen und auch von dem, was Deiner Aussage nach, andere Leute über Dich geschrieben oder gesagt haben sollen. Wie kommt es, dass bei aller beständig betonter Bescheidenheit am Ende immer der Eindruck besteht , Du seist aus Sicht JEDER Person, die Dir jemals begegnete, eine Koryphäe, ein leuchtendes Vorbild für nahezu jeden Bereich des Lebens, insbesondere natürlich der Kampfkunst?
    KRK: Ich bin keinesfalls ein Könner auf jedem Gebiet des Lebens. Fast auf jedem anderen Gebiet außerhalb der Kampfkunst bin ich auf freundliche Hilfe angewiesen und muss da sehr bescheiden auftreten.
    Und auch was das Gebiet der Kampfkunst betrifft, so scheint es mir wenigstens, verstehe ich nur von einem ganz kleinen Teil davon ganz viel. Da habe ich dann allerdings in über 55 Jahren emsiger Arbeit ein großes Ego angehäuft, das ich nicht immer ganz unterdrücken kann. Und das ist auch gut so, denn wie kann man Kämpfen betreiben, ohne an sich zu glauben?
    KKB: Sprichst Du Chinesisch? Wenn nicht, welche Übersetzungen der alten Klassiker der chinesischen Philosophie würdest Du empfehlen? Und warum?
    KRK: Leider kann ich nur ganz wenig Chinesisch. Ein paar Fachausdrücke und viele Schimpfworte. Ich muss alle Klassiker in Übersetzung lesen. Aber dann kann ich mir wenigstens die Übersetzungen aussuchen, die zu meinen Vorurteilen passen.
    KKB: Was waren Deine Bestleistungen (wdh/kg) im Bankdrücken(Kurzhantel / Langhantel, eng & weit) und an der Schnellschen-Drückmaschine?
    KRK: Mein Gott, das liegt so lange zurück. Im Bankdrücken kam ich fast so weit wie Jon Bluming. Und der schaffte in den 1960er Jahren 180 kg. Im Kurzhanteldrücken war ich ziemlich gut, sowohl im Stand als auch auf der Bank. Selbst Günther Rörsch hatte bei meinen Gewichten Probleme mit der Balance. An der Drückmaschine bewegte ich 200 kg. Thomas, einer meiner Schüler, schaffte sogar noch mehr. Trotz Schultersehnenriss konnte ich ihn kürzlich in Saarbrücken über 8 Meter oder weiter wegstoßen. Ja, darauf bin ich auch stolz: wegschubsen, nun fast ohne Muskeln.
    KKB: Welche polizeilichen bzw. militärischen Spezialeinheiten trainieren offiziell EWTO-WT?
    KRK: Ich bitte um Verständnis, dass ich diese Einheiten nicht alle nennen darf, so gerne ich es möchte. Manche sind ja bekannt durch unsere Veröffentlichungen.

    KKB: Was konnte Bluming von Dir lernen, was Du von Bluming?
    KRK: Ich werde mich hüten, einem großen alten Mann wie Jon Bluming etwas beibringen zu wollen. Dazu bin ich auch viel zu egoistisch, da lausche ich lieber seinen Erklärungen. Mit Bluming verbindet mich sehr viel, nicht nur Judo und Karate. Es gibt keinen besseren Lehrer für Kampfgeist. Und meine Ausbilder können am Boden sehr viel von ihm lernen. Außerdem wie man zum Wurf kommt bzw. ihn verhindert.
    KKB: Gibt es einen Nachfolger für Dich?
    KRK: Ich bin ja noch jung. Aber Spaß beiseite, ich habe ein gutes Team, das mich schon jetzt in seiner Gesamtheit gut vertreten kann. Das findet ja bereits mit Erfolg statt. Diese Freiheit gibt mir ja die Möglichkeit, herumzuexperimentieren, wie es wohl kaum einem anderen möglich ist.




    Fragen bzgl. EWTO / Entwicklung des Verbandes und Shop
    KKB: Wann erscheinen neuen Bücher, Publikationen und DVD’s?
    KRK: Ich versuche mindestens ein neues Buch (über 400 Seiten) pro Jahr zu schreiben. Voriges Jahr war es die „Essenz des WingTsun“, dieses Jahr das „Kurs-Buch Inneres WingTsun“.
    KKB: Wie viele Mitglieder hat die EWTO?
    KRK: Ich meine, wir zählen über 60.000 Aktive allein in den deutschsprechenden Ländern.
    KKB: Wann öffnet sich die EWTO den Möglichkeiten der neuen Medien und Elektronik? Wann wird es ein Lehrvideo für Kids-WT geben?
    KRK: Dafür bin ich nicht der Ansprechpartner. Das macht alles mein Team.
    KKB: Wo siehst Du die EWTO in 5 und 10 Jahren?
    KRK: Ich hoffe, bis dahin möglichst viele meiner Vorstellungen in Bezug auf ein optimiertes Unterrichtssystem implantiert zu haben.
    KKB: Wie hast Du es geschafft, die EWTO in so kurzer Zeit zum weltweit führenden , kommerziellen Verband zu formen?
    KRK: Nun, so kurz war die Zeit nicht. Ich begann damit Ende der 1970erJahre, aber nicht so gezielt und gewollt, wie es vom Ende her jetzt erscheinen mag. Und das Wort „kommerziell“ mag ich nicht. Aufs Finanzielle starrte ich nicht, mein Kontostand war mir nicht wichtig. Es ging mir immer um das Gefühl der Freude dabei. Das Geldverdienen kam, ohne dass ich darauf abzielte. Wenn die Schüler merken, dass man mit Freude und engagiert unterrichtet, dann bleibt auch der wirtschaftliche Erfolg nicht aus. Es stimmt wohl, dass ich den Beruf des „Kampfkunst-Lehrers“ zumindest hier in Europa erst geschaffen habe. Aber im Gegensatz zu anderen betrachte ich WingTsun und meine Schüler nicht als Einnahmequelle. Hier finde ich mich oft missverstanden.
    KKB: Bist Du glücklich mit der Entwicklung der EWTO, wenn Du den finanziellen Aspekt ausklammerst?
    KRK: Ich glaube, ich könnte nicht zufriedener sein. Ich habe ein super Mitarbeiter-Team, das mich so entlastet, dass ich mit den verschiedenen Unterrichtsmethoden experimentieren und spielen kann. Ein schöneres Leben und einen Beruf, der befriedigender ist, kann ich mir nicht vorstellen.



    Fragen zu anderen Kampfkünsten / Vergleichen / Systemfragen EWTO-WT

    KKB: Unterhältst Du Beziehungen zu anderen Wing Chun-Stilen?
    KRK: Ja, durchaus, ich treffe mich gelegentlich mit ihren Repräsentanten und plaudere mit ihnen beim Essen.
    KKB: Was hältst Du von Systema ? Welche Linie ? Was findest Du gut und was schlecht?
    KRK: Ich mag es, denn es baut auf eine gewisse Entspannung und auf Atmung und Selbstbeobachtung auf, wie mein WingTsun auch. Ich habe einen Schüler, der das Ryabkov-System direkt in Russland vom Schöpfer des Systems lernt. Der erzählt mir gelegentlich darüber. Was ich daran schlecht finde? Nichts, denn es passt alles gut zusammen. Aber es gibt da auch nichts, was ich übernehmen wollte in mein WingTsun, denn es passt so nicht hinein. Ein ehemaliger WT-Schüler versuchte in einem Video, das, was er vor zig Jahren vom WT gelernt hatte, mit Systema zu mischen. Ich finde es nicht gelungen.
    Dann gibt es aber noch die zweite Seite meines WT, und die ist das genaue Gegenteil, wenn man in Gegensätzen denken will. Für mich ist es nur die nötige Ergänzung des Ganzen. Dabei verwurzele ich mich, das würde Systema wahrscheinlich für grundfalsch halten. Ich hab damit aber durchschlagenden Erfolg. In einem meiner nächsten Bücher werde ich die Prinzipien sehr vieler Kampfkünste gegeneinander stellen.
    KKB: Was hältst Du von Tai Chi ? Welche Linie? Was findest Du gut und was schlecht?
    KRK: Tai Ji erscheint mir grundsätzlich perfekt. In der Theorie, die aber viel zu kompliziert ist. Das Fließende ist wunderbar. Die Verkörperung des Yin & Yang. Das wünschte ich mir im oft abgehackten WingTsun.
    KKB: Was macht WT Deiner Meinung nach so viel besser als z.B. das viel einfachere/schneller zu erlernende und vielleicht nicht minder effektive Krav Maga ?
    KRK: Um darüber ein Urteil zu fällen, müsste ich mich intensiver mit KM beschäftigen. Bald bin ich in Israel, vielleicht ergibt es sich dort. Ich habe aber auch selbst einen hohen Krav Maga-Experten unter meinen Schülern, den könnte ich auch konsultieren. Aber irgendwie ist das nicht mein Ding: zu körperlich, zu sportlich, zu biomechanisch, zu angestrengt. Ich bin auf einem ganz anderen Trip, dem der mühelosen Effizienz. Und ich glaube, dass sich mein WT schneller unterrichten lassen könnte. Allerdings müsste ich dazu meine Unterrichtsvorstellungen verwirklichen.
    KKB: Ist MMA (Allround Kampf) ein neues Feld, welches die EWTO sich erschließen wird? Wird damit das Dogma der Inkompatibilität zum Wettkampf fallen?
    KRK: Wir spielen mit allen möglichen Gedanken und schließen nie etwas aus. Aber das wären nur Nebengedanken. Unser Kerngeschäft ist und bleibt die zivile Selbstverteidigung für Leute mit Köpfchen.
    KKB: Warum ist der Drang, besonders im WT, sich mit anderen Systemen zu messen so stark ausgeprägt? Besonders vor dem Blickpunkt, dass WT sich vom sportlichen Vergleich immer distanziert hat? Warum immer das „Vergleichen ohne sich zu vergleichen“, denn man bleibt auf technischer Ebene unter sich.
    KRK: Gut beobachtet: Das ist eine typisch chinesische kluge Eigenart: Sich nie richtig „kloppen“, sich nie andere richtig zu Feinden machen, eigene Ressourcen schonen, keine Schüler für Zuschauer zu verheizen und aufeinander hetzen, immer nur kleine Test- oder Teilkämpfe auf begrenzten Gebieten.
    Allerdings geht es uns in der EWTO schon lange nicht mehr darum, uns mit anderen Stilen messen zu wollen. Es geht uns um die zivile, individuelle Selbstverteidigungsfähigkeit auf der Straße.
    KKB: Siehst Du die vielen WC-Derivate eher als Bereicherung der KK oder als Abweichen vom ursprünglichen Weg?
    KRK: Jeder kann machen, was er will. Für jedes Stilchen ist genug Platz und jeder soll sich selbst ausdrücken dürfen. Ich sehe mich nicht als Gralshüter des traditionellen WingTsun, egal welcher Schreibweise. Und ich kritisiere keine anderen Stile, wenn man mich nicht provoziert. Alles was man von einem fremden Stil sehen kann, sind doch nur Übungen. Wie kann ich mir anmaßen, den Wert einer Übung zu kritisieren, bevor ich weiß, welchem Zweck sie dienen soll? Auf einen Stilfremden muss z.B. die x-beinige SNT-Form seltsam wirken, wenn er nicht weiß, was damit bezweckt wird.
    KKB: Steht das chaotische Element des freien Kampfes mit seinen unzähligen Variablen nicht im Widerspruch zum wissenschaftlichen Anspruch?
    KRK: Genau mit diesen Variablen muss eine Funktion im Sinne von Frege klarkommen. Das müssen die funktionalen Prinzipien des WingTsun leisten. Genau darum geht es bei unserem Bewegen. Und das Wort „Chaos“ trifft nicht wirklich zu. Es handelt sich eher um eine „Komplexität“, der man Herr werden kann.
    KKB: Wie kommst Du auf die Idee, dass Dein Gestänge-Modell oder generell der Schwerpunkt aufs „Fühlen“ funktional ist? Wie erklärst Du Dir, dass die ganzen Kämpfsportler weltweit noch nicht Schlange stehen, um sich die Vorteile, in Ihren Kämpfen erschließen zu können?
    KRK: Genau dies habe ich in meinem „Kurs-Buch Inneres WingTsun“ auf ca. 145 Seiten komprimiert erklärt. Kürzer schaffe ich es noch nicht. Und es geht nicht nur um Fühlen, es geht um: Geistesgegenwart, Beweglichkeit, Balance, Körpereinheit, Wahrnehmungsfähigkeit (auch optisch!), Timing und Kampfgeist.
    KKB: Wie wird im regulären Unterricht die Reaktion auf Fremdstilangriffe realistisch geübt ohne 1) gute Fremdstilisten zu haben (wer zum Großteil WT macht und nebenher ein bisschen was anderes ist selten gut) / oder 2) falls vorhanden , ohne, dass die Fremdstilisten versuchen dürfen zu treffen (Vollkontakt/Schutzausrüstung) / warum ist Crosssparring verpönt?
    KRK: Man kann das machen und wir haben sehr viele Experten anderer Stile bei uns. Ich persönlich habe einen ganz anderen Denkansatz: Ich mache nicht irgendetwas explizit gegen andere Stilisten, mein Bewegen soll gegen alle Argumente funktionieren, die mir mein Gegner vorsetzt. Ich stelle mir keinen bestimmten Stilisten vor. Allerdings stelle ich mir aber auch keinen traditionellen *ing *un-Mann als Gegner vor. Auf der Straße treffen wir nicht auf irgendwelche Stilisten mit Spezial-Techniken, sondern auf Adrenalin-Monster, die uns packen, wegstoßen, uns Schwinger, Haken und Kopfnüsse verpassen wollen, oder gar ein Messer zücken.
    KKB: Du scheuest dich nach eigener Angabe nicht davor, heilige Kühe zu schlachten. Wie verträgt sich dieser lobenswerte Ansatz aber mit der immerhin schon jahrzehntelang anhaltenden und vielmals kritisierten öffentlichen Darstellung des WT als im Grunde fast allem überlegendes Kampfkunstsystem ? Ist es einfach nur notwendige Marktschreierei wie beim Waschmittel , dass nun endlich nicht nur wie vor 20 Jahren weiß wäscht, sondern sogar „weißer als Weiß“ und morgen sogar porentief reinweiß oder steckt da mehr dahinter und wenn ja, was ist das genau?
    KRK: Die Gewissheit, dass unser WingTsun überlegen war, rührt von den 1970er Jahren, den Gründerjahren, den Pionierjahren des WT in Deutschland und Europa her. Wir mussten uns beweisen gegen Karate, Boxen, koreanische Stile, Judo. JJ, usw. Nun kannte ich deren Methoden ziemlich gut, denn das waren ja meine eigenen vertrauten Wurzeln schon seit Mitte/Ende der 1950er Jahre. Schon früh zeigte sich, dass wir, so wie wir trainierten, auch mit Boxern keine Probleme hatten. Ähnliches berichtete mir Jon Bluming auch von seinem Kyokushin-Karate. Da ich selbst vom Ringen kam, war mir aber immer klar, dass ein guter Ringer, der ein zwei Treffer einstecken kann, der gefährlichste Gegner ist. Meine Erfahrung war, dass ein guter Ringer einem in seinem Fach ebenso guten Boxer überlegen ist. Das schrieb ich schon 1987 in „Vom Zweikampf“ und wurde belächelt. Konsequenterweise kombinierte ich mein WingTsun von Anfang an mit Ringen. Am Anfang gehörte an den Anfang jeder Stunde Bodenkampf, zum Teil kämpfte ich am Boden gegen zwei Gegner, was eine gute Übung war. Später schlief diese Praxis leider ein, weil ich ständig auf Reisen war und wir selten geeignete Matten für die Teilnehmer zur Verfügung hatten. Wir beschränkten uns also auf „aufrechtes Ringen“, das sich prima auf das ChiSao satteln ließ. Irgendwo im Netz gibt es sicherlich noch Videos, auf denen ich mit Ringerweltmeistern und Olympiasiegern aus Bulgarien arbeite. Wir luden auch einen Sambo-Vizeweltmeister zu Lehrgängen nach Deutschland und Österreich ein. Dadurch war unser WingTsun immer kompatibel mit Ringen. Zumindest mit Stand-up Wrestling. Wir haben uns immer für alle Kampfkünste interessiert, sind Trends nicht gefolgt, sondern haben sie gemacht. So habe ich 1977 nicht nur Escrima nach Deutschland importiert und darüber ein Buch herausgegeben, an dem sogar GM Leung Ting als Ratgeber mitwirkte, sondern habe das in Deutschland noch weitgehend unbekannte Thaiboxen nach Kiel geholt. Ich bilde mir etwas darauf ein, das vielleicht europaweit erste Buch über 5 verschiedene thailändische Kampfkunst-Disziplinen herausgebracht zu haben. Insofern haben wir auf Lehrgängen unter meinem Freund Sunthus Bekanntschaft mit den gefährliche Lowkicks gemacht. Mit dem modernen Ju-jutsu wurde ich durch meinen Freund Erich Reinhardt, 8. Dan, vertraut gemacht, mit dem ich sogar ein Buch zu schreiben begonnen hatte. Den Kontakt zum Karate habe ich ebenso wie den zum Judo nie verloren. Damit will ich sagen, dass ich die anderen Stile ziemlich gut kenne und im Gegensatz zu vielen „Nur *ing *un-Lern, immer über den Tellerrand geguckt habe und mir die „neuen“ Stile schon bekannt waren, bevor sie in Deutschland ankamen. Wir sind durch die ganze Welt gereist, wenn wir erfuhren, dass es irgendwo ein besonders effizientes System geben soll. Das südchinesische *ing *un lernte ich in den verschiedensten Spielarten in London, Amsterdam und Asien kennen. Z.B. sogar das Po Fa Lien Wing Chun. Ende der 1970er Jahre reiste ich nach Seattle, um dort Bruce Lees persönlichen Stil von Jesse Glover und Ed Hart zu lernen. Die Ausbildung im Leung Ting WingTsun habe ich über den 10. Meistergrad hinaus, den ich 2000 erhielt, noch viele Jahre fortgesetzt. Obwohl ich danach aus den verschiedensten Gründen mit eigenen Ideen zu experimentieren begann, lud ich weiterhin meinen SiFu zu regelmäßigen Tutorials über die einzelnen Programme nach Deutschland und später Italien ein, damit die Ausbilder direkt von ihm lernen konnten. Ich habe alle Tutorials gefilmt, so dass nichts verloren gehen kann.
    Im Rahmen unserer Universitätskurse in Bulgarien (seit den 1990er Jahren) und England begann ich mich mit den internen asiatischen Kampfkünsten (z.B. Tai Ji, Hsing-I, Pakua, Aikido) intensiver als vorher zu beschäftigen, mit dem Aikido und Hapkido war ich schon vorher vertraut.
    Wenn ich soweit ausgeholt habe, dann deshalb, weil ich zeigen wollte, dass ich mit den anderen Kampfkunst-Methoden sehr wohl vertraut bin und dies aus persönlicher leiblicher Erfahrung und nicht nur vom Youtube-Schauen.
    Durch meine Erfahrung und meine kampflogischen Studien kam ich zu der tiefen Gewissheit, dass WT, immer so wie ich es gerade betrieb, das Optimum einer Selbstverteidigung sei. Diese Gewissheit hatte sicherlich auch seinen psychologischen Anteil daran, dass ich in all den Jahren, in denen ich es mit ziemlich gefährlichen Spezialisten der diversen Stile und körperlich überlegenen Elitekämpfern nie den kürzeren zog. Man muss schon als Sieger den Kampfplatz betreten. Der geringste Zweifel führt zur Niederlage. Wer sich schon vor dem Kampf verloren gibt, der wird auch verlieren.
    Jon Bluming erlaubte sich nie Zweifel und blieb sowohl auf der Straße als auch auf der Matte und im Ring unbesiegt. Auch er würde seine Kombination aus Judo, Kyokushin-Karate und Thaiboxen als das Wirkungsvollste bezeichnen. Schon deshalb, weil er es selbst macht, gegen jeden ausprobiert hat und ständig verbessert.
    Ich weiß, dass das traditionelle *ing *ung, egal welcher Schreibweise, Defizite hat und würde es heutzutage so nicht lernen wollen. In den 70er und auch noch den 90er Jahren war es „King of Kotelett“, aber heute haben die anderen nachgerüstet. Deshalb dürfen wir auch nicht stehen bleiben und ich habe mich nie zufrieden zurückgelehnt, sondern immer wieder alles in Frage gestellt und nach der Schwachstelle gesucht.
    Würde ich mein augenblickliches WT als die effizienteste Selbstverteidigung bezeichnen?
    Ich weiß und kann heute viel mehr als in den 1970er Jahren, als ich WT hier einführte, viel mehr als 1987, als ich als nur 4. Grad „Vom Zweikampf“ schrieb, viel mehr als im Jahre 2000, als ich den 10. Grad im LeungTing-Stil erhielt. Mit dem Wissen steigt die Unsicherheit. Ich habe seitdem eigene Ideen verfolgt, bei Professor Tiwald Bewegungswissenschaften studiert, mich mit den sog. inneren Stile theoretisch und sehr praktisch auseinandergesetzt und eine neue Welt entdeckt.
    Ich erkenne, dass das südchinesische *ing *ung wie ein innerer Stl konzipiert ist, aber (seit Yip Man oder vorher?) wie ein äußerer unterrichtet wird. Und mir ist bewusst, wie viel dem *ing *ung dabei verloren gegangen ist. Statt dort zu suchen, wo nicht mehr viel zu holen ist, rekonstruiere ich mein WingTsun aus seinen Genen, seinen Prinzipien, seinen Solo-Formen. Und ich beginne die Unterrichtsweise der äußeren durch die der inneren Stile zu ersetzen, was zu ganz anderen Ergebnissen führt. Offenbar bin ich mit meiner Rekonstruktion nun bei etwas angekommen, das dem einen der beiden Ursprungsstile des *ing *ung sehr ähnelt, dem Weißen Kranich.
    Halte ich mein Ergebnis also für die beste Selbstverteidigung? Nicht für die beste Selbstverteidigung, die ich mir nur als MÖGLICHKEIT vorstellen kann, aber vielleicht als die zweitbeste real existierende. Wobei ich nicht sagen kann, welche die Nummer eins ist oder sein könnte. In jedem Fall handelt es sich um keine, die in diesem Forum oder dieser Sparte diskutiert wurde. Denke ich zumindest.
    Wäre ich damals auf eine insgesamt überlegene Methode gestoßen, hätte ich diese auf der Stelle lernen wollen, denn ich bin nicht einem Stil treu, sondern meinem Hang zur Überlegenheit. Ich muss immer dieses Über-Dings haben, egal ob Motorrad, Auto oder Wumme. Und ich lasse selten etwas im Auslieferungszustand, alles muss optimiert werden, von der Leistung her.

  2. #2
    Registrierungsdatum
    23.06.2009
    Beiträge
    2.829

    Standard

    Zitat Zitat von Thiloy Beitrag anzeigen
    Hallo Zusammen,
    hier präsentiere ich euch die Antworten auf das vorige Thema bezüglich der Fragen an KRK.
    Vielen Dank !
    habs noch nicht ganz gelesen aber ein Highlight ist:

    KKB: Gibt es Aufzeichnungen von Dir oder Deinen Schülern , die die Funktionalität des WT in einem realitätsnahen Kampf für außenstehende Experten nachvollziehbar machen könnte?
    KRK: Ja, gewisse Spezialeinheiten zeigen mir gelegentlich geheime Aufzeichnungen, wie mein WT in der Anwendung wirkt: gruselig.

  3. #3
    die Chisau Gast

    Standard

    Herzlichen Dank für den Aufwand, den du (ihr) da getrieben habt.
    KRK kommt hier durchaus sympathisch rüber, wenn mir auch manche Aussagen etwas sagen wir "aufstoßen", aber das kann ja fast nicht anders sein.

    Interessant finde ich den neuen SV Ansatz, nach dem der Ritualkampf sich gewandelt hat und nun eher mit Waffen, mehreren Gegnern zu rechnen sei und der Bodenkampf nun an Bedeutung gewinne und deshalb vermehrt trainiert werde.
    PS: 6 Life Saving Rules to Survive a Serious Fight | Doug Marcaida - YouTube

  4. #4
    Nuada Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Paradiso Beitrag anzeigen
    Vielen Dank !
    habs noch nicht ganz gelesen aber ein Highlight ist:

    KKB: Gibt es Aufzeichnungen von Dir oder Deinen Schülern , die die Funktionalität des WT in einem realitätsnahen Kampf für außenstehende Experten nachvollziehbar machen könnte?
    KRK: Ja, gewisse Spezialeinheiten zeigen mir gelegentlich geheime Aufzeichnungen, wie mein WT in der Anwendung wirkt: gruselig.
    Bei der Stelle musste ich auch das erste Mal lachen.

  5. #5
    die Chisau Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Paradiso Beitrag anzeigen

    KKB: Gibt es Aufzeichnungen von Dir oder Deinen Schülern , die die Funktionalität des WT in einem realitätsnahen Kampf für außenstehende Experten nachvollziehbar machen könnte?
    KRK: Ja, gewisse Spezialeinheiten zeigen mir gelegentlich geheime Aufzeichnungen, wie mein WT in der Anwendung wirkt: gruselig.
    Genau das ist mir "aufgestoßen"....

  6. #6
    Suriage Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Thiloy Beitrag anzeigen
    Trotz Schultersehnenriss konnte ich ihn kürzlich in Saarbrücken über 8 Meter oder weiter wegstoßen. Ja, darauf bin ich auch stolz: wegschubsen, nun fast ohne Muskeln.
    Also das ist doch absolut übertrieben. 8 Meter. Das ist die Diagonale meines Wohnzimmers. Das ist doch unmöglich wenn der Andere nicht noch absichtlich ein paar Meter zurücktaumelt.

  7. #7
    die Chisau Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Suriage Beitrag anzeigen
    Also das ist doch absolut übertrieben. 8 Meter. Das ist die Diagonale meines Wohnzimmers. Das ist doch unmöglich wenn der Andere nicht noch absichtlich ein paar Meter zurücktaumelt.
    Nach der 7 Stern Schritt Regel dürften es doch maximal 6 Meter sein, oder?
    Spätestens dann steht der geschulte WTler wieder, wie ne Eins.

  8. #8
    Terao Gast

    Standard

    Na, zumindest seinen aktuellen Schülerstoßweiterekord kann er genau angeben. Wenn schon sonst nur Vages kommt.

  9. #9
    Suriage Gast

    Standard

    Zitat Zitat von die Chisau Beitrag anzeigen
    Nach der 7 Stern Schritt Regel dürften es doch maximal 6 Meter sein, oder?
    Spätestens dann steht der geschulte WTler wieder, wie ne Eins.
    Immer noch 6 Meter? Könnte man sich als Kendoka nicht erlauben...

  10. #10
    Yen_Li Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Thiloy Beitrag anzeigen
    [...]
    Hallo Thiloy,

    Danke für die Mühe die du dir gemacht hast.

    Gruß

    Yen Li

  11. #11
    Bero Gast

    Standard

    Erst einmal dir Thiloy und auch Herrn Kernspecht (in Abwesenheit) vielen Dank für eure Mühen, sowas ist alles andere als Selbstverständlich.

    Ich werde mir das heute Abend mal genauer durchlesen aber es hat mich sehr gefreut, dass es meine Frage in den Katalog geschafft hat.
    Jetzt kann ich sagen: "Herr Kernspecht findet ich kann gut beobachten."

    Leider wurde die Frage aber mal so gar nicht beantwortet sondern einfach Umschifft, was ich sehr Schade finde.

    Zitat Zitat von Thiloy Beitrag anzeigen
    KKB: Warum ist der Drang, besonders im WT, sich mit anderen Systemen zu messen so stark ausgeprägt? Besonders vor dem Blickpunkt, dass WT sich vom sportlichen Vergleich immer distanziert hat? Warum immer das „Vergleichen ohne sich zu vergleichen“, denn man bleibt auf technischer Ebene unter sich.
    KRK: Gut beobachtet: Das ist eine typisch chinesische kluge Eigenart: Sich nie richtig „kloppen“, sich nie andere richtig zu Feinden machen, eigene Ressourcen schonen, keine Schüler für Zuschauer zu verheizen und aufeinander hetzen, immer nur kleine Test- oder Teilkämpfe auf begrenzten Gebieten.
    Allerdings geht es uns in der EWTO schon lange nicht mehr darum, uns mit anderen Stilen messen zu wollen. Es geht uns um die zivile, individuelle Selbstverteidigungsfähigkeit auf der Straße.

  12. #12
    Suriage Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Thiloy Beitrag anzeigen
    KKB: Was macht WT Deiner Meinung nach so viel besser als z.B. das viel einfachere/schneller zu erlernende und vielleicht nicht minder effektive Krav Maga ?
    KRK: Um darüber ein Urteil zu fällen, müsste ich mich intensiver mit KM beschäftigen. Bald bin ich in Israel, vielleicht ergibt es sich dort. Ich habe aber auch selbst einen hohen Krav Maga-Experten unter meinen Schülern, den könnte ich auch konsultieren. Aber irgendwie ist das nicht mein Ding: zu körperlich, zu sportlich, zu biomechanisch, zu angestrengt. Ich bin auf einem ganz anderen Trip, dem der mühelosen Effizienz. Und ich glaube, dass sich mein WT schneller unterrichten lassen könnte. Allerdings müsste ich dazu meine Unterrichtsvorstellungen verwirklichen.
    Diesen Teil finde ich auch spannend. Basiert WT nicht auf Biomechanik?

  13. #13
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    Standard

    Zitat Zitat von Yen_Li Beitrag anzeigen
    Hallo Thiloy,

    Danke für die Mühe die du dir gemacht hast.

    Gruß

    Yen Li
    Gerne :-))

  14. #14
    Terao Gast

    Standard

    Meine Frage wurde auch gestellt und beantwortet:
    KKB: Was hat Dich damals an Leung Tings WT fasziniert?
    KRK: Ich begann ja schon 1970 mit verschiedenen Varianten des Wing Chun (vor allem in London), aber das WingTsun von SiFu Leung Ting schien mir besonders gut strukturiert zu sein.
    Wobei ich das irgendwie ein seltsames Argument finde. Zumal, wenn man danach 30 Jahre damit verbringt, es umzustrukturieren.


    Leider wurde die Frage aber mal so gar nicht beantwortet
    Finde ich nicht:
    Sich nie richtig „kloppen“, sich nie andere richtig zu Feinden machen, eigene Ressourcen schonen, keine Schüler für Zuschauer zu verheizen und aufeinander hetzen, immer nur kleine Test- oder Teilkämpfe auf begrenzten Gebieten.
    Ist doch ne klare Aussage. Und genau das passiert ja auch: Komische "Proxies" für "Effektivität", wie "Dominieren im ChiSao" oder die aktuelle Schülerschubsweite. Nur bloß nie kloppen. Dazu noch ein wenig Geraune über ominöse "Spezialeinheiten-Studien".
    Halt wie im Systema.
    Und dann spuckt einem auch die blöde Biomechanik nicht in die Suppe, und man kann weiter den ganz mühelosen Trip fahren. Das System funktioniert.

  15. #15
    die Chisau Gast

    Standard

    Sich andere nicht so richtig zu Feinden zu machen ist durch das "verunglückte" Marketing nicht so richtig gelungen, da musste man die gar nicht erst durch Kämpfe provozieren.

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