Palisander (Hardcover/2014)
ISBN 978-3-938305-19-5
Übersetzer: Frank Elstner
354 Seiten

Roland Habersetzer ist in erster Linie als Autor von Sachbüchern im Bereich der Kampfkünste und dort in erster Linie zum Karate bekannt. Aber in den vielen Jahren seines schriftstellerischen Schaf-fens hat er auch einige Romane geschrieben, von denen der vorliegende einen darstellt. Vorberei-tend und ausgehend von einem Besuch in Hara im Jahr 1982 hat er sich ausgiebig mit der Geschichte dieses Orts beschäftigt, dem man heute nicht mehr ansieht, dass er zu zwei Zeitpunkten in der japanischen Geschichte eine wichtige Befestigungsanlage dargestellt hat. Dieser Roman beschäftigt sich mit dem zweiten Zeitpunkt. Am 11. Dezember 1637 begann bei Fukaiema ein Aufstand christlicher Japaner gegen das Tokugawa-Shōgunat, das das Ausüben der christlichen Religion verboten hatte. Unter der Leitung von fünf prominenten Rōnin – Samurai ohne Lehensbindung – und angeführt und angestachelt durch den Jüngling Shirō, der von vielen als eine Art Messias gesehen wird, beginnen Aufstände in der ganzen Region, die schließlich zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen christlichen und anderen Rebellen und Shōgunatstruppen in Shimabara und auf Amakusa führen.

Nach einigen unglücklichen Entscheidungen finden sich die christlichen und andere Rebellen, aber auch eine Menge von Shōgunatstruppen drangsalierte Menschen am 15. Januar 1638 auf der Ruine der Befestigung von Hara ein, die sie sofort wieder aufzubauen beginnen. Unterstützt durch ausländische Kämpfer, altehrwürdige Samurai und ihren festen Glauben, das Richtige zu tun, gelingt den Rebellen an dieser Stelle auufbautechnisch erstaunliches und so können sie unter christlichen Gesängen mehrere Angriffe der Shōgunatstruppen erfolgreich abwehren, wobei ihnen auch die Ruhmsucht und der Ungehorsam einiger daimyōs gegenüber dem vom Shōgun eingesetzten General beigetragen haben.

Doch schließlich wird die Festung auf Landseite und zur See hin abgeriegelt und eine lange, zermür-bende Belagerung beginnt, während sich die Samurai vor den Mauern ärgern, dass sie nicht einfach gegen die Mauern, die von „Bauern“ gehalten werden anrennen dürfen – und auch darüber, dass man sie überhaupt gegen einen Haufen bewaffneter Nichtkrieger, Frauen und Kinder ins Feld ge-schickt hat. Gerade diese Einschätzungen sollen noch für einige Überraschungen sorgen.

Sehr anschaulich beschreibt Habersetzer in diesem Roman die damaligen Ereignisse, an denen - zumindest in einer Beobachterrolle – auch der bekannte Schwertmeister Miyamoto Musashi beteiligt gewesen ist. Er gibt den Gedanken der wichtigsten Handlungsträger der Rebellion und der Reaktion darauf Stimmen und Charakter und stellt die Schrecken des Krieges mit Hieb-, Stich- und Schusswaffen ohne jede Glorifizierung dar. Dabei bleibt er bei den jeweiligen Charakteren ganz in den wahrscheinlichen Weltbildern der damaligen Zeit verhaftet, so dass es den Leserinnen und Lesern überlassen bleibt, die hier angebotenen Definitionen von Ehre, Mut, Opferbereitschaft und Pflicht gegenüber ihrem eigenen Denken zu überprüfen. Sollte man bereit sein, für seinen Glauben zu sterben – oder auch Tausende Mitglaubende mit in den Tod zu reißen? Wie sollte man mit einer solchen Geschichte im Nachhinein umgehen?

Das Buch schließt mit einer kurzen historischen Darstellung der Folgeereignisse für einige der Hand-lungsfiguren und einem längeren Anhang mit einer Zeitleiste, zeitgenössischen bildlichen Darstellungen aus japanischer und europäischer Hand, einem Namens- und einem Japanisch-Glossar und einigen Karten. Das alles in einem gut gebundenen angenehm zu haltenden Buch, dem nur noch ein Lesebändchen fehlt. Davon abgesehen für Freundinnen und Freunde der japanischen Kultur und Geschichte sicherlich ein sehr interessanter historischer Roman, bei dem die Historie nicht zu kurz kommt.


K.-G. Beck-Ewerhardy