Auf den ersten Blick kein so ganz leichtes Thema...und es trifft mitten in meinen Arbeitsalltag, wo ich als Erzieher nach den Herbstferien eine AG zum Thema "Ringen, Rangeln und Raufen" an einer Grundschule durchführen darf und gebeten wurde...

Ich selbst folge gerne der Devise: Je jünger die Kinder (mentales wie körperliches Alter), desto eher kommen spielerische Elemente oder vielfältige Bewegungsarten in den Sinn, um die Entwicklung von (elementaren) Bewegungen als kontinuierliche Veränderung in einer aktiven Auseinandersetzung mit der Umwelt zu ermöglichen (vgl. Zimmer, 2004: 76f. und auch Hartnack (2010)).

Petzold (in Bloem et al., 2004: 137ff.) betont nämlich für Zielgruppen mit der Lernaufgabe der Impulsregulation und Aggressionsmoderation wegen Identitätsgefährdung statt –sicherung durch Aggression versichernde Aspekte als bedeutsam und weist für kleine Kinder auf spielerische Tätigkeiten hin.

Wenn er damit Recht hat, sind schlagend-tretende Elemente mit äußerster Vorsicht zu genießen.
Oft wird das Bewegungsfeld des Ringens, Rangelns und Raufens angeführt und von technikorientiertem Sport wie bspw. Judo, Ringen etc. sowie von Schlag- und Tritteinsatz abgegrenzt (vgl. bspw. Beudels & Anders, 2014: 12ff.).

Nichtsdestotrotz sind schlagend-tretende Elemente Kindern im Grundschul- und Primarstufenalter (medial) geläufig, wie ich jeden Tag sehen kann, wenn 'meine' Grundschüler_innen "Star Wars" spielen oder mir nach einer Sportstunde, wo Ringen, Rangeln, Raufen nach Beudels & Anders (2014) angebahnt wurde, erzählen und zeigen, wie sie mit ihren "Kumpels zu Hause boxen"...

Und so stellt sich mir die Frage:
Kann es in bestimmten Gruppen und Settings Sinn machen, in diesem Bewegungsfeld (vgl. Hartnack (2012)) oder als Grenzgang Elemente oder Konzeptionen mit Bezug zu Distanzkampfsystemen in kanalisierten, Beschädigungscharakter vermeidenden Formen (Soundkarate, Einsatz von Schlagpolster) einzubeziehen, um Verantwortung einzufordern, an multimediale Lebenswirklichkeiten anzuschließen (vgl. Hartnack (2013a)) oder als Bewegungskunst erfahrbar zu werden (vgl. Klein & Frenger (2013))?
Interessanterweise finden sich bei Beudels & Anders (2014: 172) aber auch Brückenspiele wie "Schattenboxen" und es kommt auf spezifische, gruppensensible Überlegungen an, wenn es um Technikvermittlung geht (vgl. Hartnack, 2013b: 185f.).

So sieht es bei mir bisher so aus - grobe Einteilung, Faktoren wie kalendarisches und mentales Alter (vgl. Delfos, 2010: 42) oder eher noch das Leben als Ansammlung von Eindrücken können aufbrechen bzw irritieren - letztendlich geht es um ein spezifisch-sensibles Arbeiten mit einzelnen Kindern oder Gruppen:

Kinder im Kindergartenalter: Spielerisch bewegen, Bewegen, Bewegen
Kinder im Grundschulalter: Spielerisch bewegen, bewegen, bewegen; Ringen, Rangeln Raufen; gruppensensible Technikvermittlung im Bereich Judo, Ringen, Teakwondo, Boxen fraglich
Kinder im Alter 12+-1: Spielerisch bewegen, bewegen, bewegen (wie ich immer wieder feststellen darf XD); Ringen, Rangeln Raufen; gruppensensible Technikvermittlung im Bereich Judo, Ringen, Teakwondo, Boxen fraglich

Gerne Anregungen und weiterführende Diskussionen

Baghira aka Alex

Quellenverzeichnis

Beudels, W. & Anders, W. (2014): Wo rohe Kräfte sinnvoll walten. Handbuch zum Ringen, Rangeln und Raufen in Pädagogik und Therapie. Dortmund: borgmann publishing, 5. Auflage.

Bloem, J. / Moget, P.C.M. / Petzold, H.G. (2004): Budo, Aggressionsreduktion und psychosoziale Effekte: Faktum oder Fiktion? Forschungsergebnisse - Modelle - psychologische und neurobiologische Konzepte.
In: Integrative Therapie. Zeitschrift für vergleichende Psychotherapie und Methodenintegration, 30. Jahrgang, 1-2/2004, S. 101-149.

Delfos, M.F. (2010): „Sag mir mal…“ Gesprächsführung mit Kindern (4-12 Jahre). Weinheim und Basel: Beltz Taschenbuch, 6. Auflage.

Hartnack, F. (2010): „Wenn du der Salat bist, bin ich die Tomate!“ Körperkontaktspiele in der kindzentrierten psychomotorischen Entwicklungsförderung aus systemisch-konstruktivistischer Sicht.
In: Praxis der Psychomotorik, Jahrgang 35, Nummer (4), November 2010, S. 195-200.

Hartnack, F. (2012): Ringen oder Raufen? Überlegungen zum Kämpfen im Sportunterricht in der Primarstufe.
Aachen: Shaker. DOI: 10.2370/OND000000000103.

Hartnack, F. (Hrsg.) (2013a): Karate, Boxen, Taekwondo - Sport für die Schule?: Beiträge zu den Einsatzmöglichkeiten von Kampfsportarten mit Schlag- und Tritttechniken im Schulsport. Hamburg: Verlag Dr. Kovač.

Hartnack, F. (2013b): Zusammenraufen durch zusammen raufen?! Sozial-emotionale Kompetenzentwicklung durch kämpferische Spiele und Übungen in der Schule.
In: Happ, S. & Zajonc, O. (Hrsg.): Kampfkunst und Kampfsport in Forschung und Lehre 2012. 2. Symposium der dvs-Kommission „Kampfkunst und Kampfsport" vom 20.-21. September 2012 in Hamburg. Hamburg: Feldhaus Edition Czwalina, S. 181-186.

Zimmer, R. (2004): Handbuch der Bewegungserziehung. Grundlagen für Ausbildung und pädagogische Praxis. Freiburg im Breisgau: Herder-Verlag, 7. Ausgabe der überarbeiteten und erweiterten Neuausgabe.