Also was die Kriegsverbrechen der Japaner im 2. WK angeht, da muss man finde ich schon noch differenzieren. Ich meine wir setzen ja auch nicht alles was nach 1933 passiert ist mit der deutschen Kultur gleich. Das Militär und nationalistische Gruppierungen hatten in Japan einen ähnlichen Einfluss wie hier in Deutschland. Es wurde ein bestimmtes Bild propagiert und dessen Ergebnisse konnte man im Krieg sehen. Es sei nur auf die aufgezwungene Änderung der Vereinssatzungen ab 1933 hingewiesen, da war der Vereinszweck in Deutschland u.a. die Förderung der Arischen Rasse und des Nationalsozialismus bzw. eine Erziehung im Sinne dessen. Das ist das Prinzip jeden totalitären Regimes, eine vollständige Durchdringung mit der eigenen Ideologie. Man kann die einzelnen Elemente einer Kultur aber nicht vor diesem Hintergrund für die Ergebnisse des Ganzen verantwortlich machen. Auch der Buddhismus oder das Christentum (ins Schicksal fügen, Herrscher von Gottes Gnaden) wurden für bestimmte Zwecke instrumentalisiert.
Lt. Satzung verfolgt der DJJV ja eine „Verbindung fernöstlicher Traditionen und dem Lebensgefühl moderner Menschen“, so sehe ich es auch, man sollte sich das herausnehmen was man als gut und nützlich empfindet und nicht pauschal alles verwerfen.
Oh, da verwechselst Du jetzt aber einige Dinge ganz und gar.
Die Kriegsverbrechen der Japaner und die "Lehre des Kôdôkan- Jûdo" haben gar nix mit einander zu tun.
Kanô hatte in den 1920er und vor allem 1930er Jahren (aber eigentlich auch schon von Beginn an) "sein" Jûdô deutlich abgrenzen wollen und von den reaktionären Kräften, die den ganzen Bûshidô und Bûdô Kram ausgegraben haben und instrumentalisierten, fern halten wollen. Das ging sogar so weit, dass er das Kôdôkan 1936/1937 schloss.
Das ist das eine, trotzdem gab es zu genüge Jûdôka, die als Person (im Geiste des reaktionären Bûshidô) Kriegsverbrechen begangen haben.
Aber die eigentliche Intension der Institution "Kôdôkan" war deutlich "Anti- Bûdô".
Meine Aussage ist sicherlich streitbar, da heute immer schnell davon die Rede ist, Jûdô sei typisches, sozusagen der Inbegriff japanisches Bûdô.
Die Institution "Kôdôkan" und dessen Pädagogik ist es aber eben historisch gesehen nicht.
Aber fakt ist, das es in Japan auch genügent Jûdô außerhalb des Einflusses des Kôdôkan gab und gibt. Das meiste Jûjutsu wurde damals ja auch als "Jûdô" bezeichnet, und da waren die alten, für reaktionären Nationalismus besonders empfänglichen Strukturen eben auch noch stark vorhanden.
Wie gesagt, das ist meine Meinung, die ich mir in den Jahren, in denen ich mich mit diesen Dingen beschäftigt habe, zueigen gemacht habe. Iss nicht Mainstream, ich weiss. Und damit eine streitbare Meinung.
MIT FREUNDLICHEN GRÜßEN JOBI
Innere Haltung bekommst du durch Fokussieren und hartes trainieren und nicht gleich aufgeben.
Besserer Mensch wirst du nicht nur wiel du JJ machst.
Beim JJ ist in den letzten Jahrzehnten auch die Wettkampfsparte immer stöärker betont worden, da geht es um geld und Gewinnen. Wo soll da die Selbstlosigkeit und die menschlichen Werte herkommen? Die musst du schon vorleben, noch besser die Trainer und der Vereinsvorstand und das geht nru wenn sich Leute mit dieser Haltung zusammenfinden.
Für das spirituelle gibt es in Regensburg eine Schule traditionell mit Seiza, verbeugen, dazu noch Klangschale, kein Reden beim Trainings, wer 3mal wegen Reden ermahnt wird bekommt einen Monat Trainingssperre, wenn do auf so twas steht, so Vereine gibt es noch. Ob man es haben muss soll jeder für sich entscheiden.
Wurde hier Kano nicht schon in mehreren Threads mit ordentlich Quellen eine sehr affirmative Haltung gegenüber dem Kaiserreich während des 2 WK nachgewiesen?
Also, das glaube ich nicht, erstens lebte Kâno da schon gar nicht mehr, zweitens stellte Kâno immer seine Friedfertigkeit klar dar, trat offen für Völkerverständigung (olympische Bewegung ect.) ein. Er vertrat jediglich die Vorteile seines Lehrsystems Jûdô gegenüber den westlichen (Kampf-) Sportarten in Bezug auf Ganzheitlichkeit, Selbstschutz ect., deshalb sein Einsatz für Jûdô bei Olympia.
Und er hat immerhin das Kôdôkan, wegen den Bestrebungen der reaktionären Kräfte, das Kôdôkan für ihre Zwecke zu gebrauchen, geschlossen.
Ich vertrete in diesem Bezug weitestgehend den Standpunkt von Tom Herold, der sich in Punkto Historie Kâno und Kôdôkan noch mal eine ganze Ecke intensiver beschäftigt hat, als ich. Ich bin unabhängig (!) von ihm zu ganz ähnlichen Erkenntnissen gelangt.
MIT FREUNDLICHEN GRÜßEN JOBI
Ich hab mal ein bisschen nachgeschlagen - 1. Anlaufstelle sind die Artikel
- "Japan: Judo" (Garcia/Gutierrez/Svinth),
- "Belief systems: Japanese Martial Arts and Religion since 1868" (Bodiford),
- "Judo in Japan, 1931-1950" (Gatling)
in der von Thomas Green & Joseph Svinth herausgebenenen Enzyklopädie aus dem Jahr 2010
sowie der Artikel "Judo’s techniques performed from a distance: The origin of Jigoro Kano’s concept and its actualization by Kenji Tomiki" von Fumiaki Shishida aus dem gleichen Jahr.
Die Quellen sind gelegentlich freier in der Anordnung zitiert - Hervorhebungen meinerseits:
Bei Bodiford ist diesbezüglich zu lesen:Zitat von Garcia/Gutierrez/Svinth, 2010: 128
Dann erneut Garcia/Gutierrez/Svinth:Zitat von Bodiford, 2010: 385f.
Back to Bodiford:Zitat von Garcia/Gutierrez/Svinth, 2010: 128
Für die 1920/30er und die Kriegsjahre schreiben Garcia/Gutierrez/Svinth:Zitat von Bodiford, 2010: 385f.
EDIT: Dann Fumiaki Shishida:Zitat von Garcia/Gutierrez/Svinth, 2010: 128ff.
Und abschließend Gatling:Zitat von Fumiaki Shishida, 2010: 168f.
Schöne GrüßeZitat von Gatling, 2010: 573ff.
Baghira
Geändert von KK-Baghira (18-04-2016 um 17:35 Uhr) Grund: Fumiaki Shishida & Gatling ergänzt und Garcia/Gutierrez/Svinth erweitert
Das sind zwar alles Dinge, die (immer wieder mal ... ) auf den Tisch gehören, die man wissen sollte, wenn man mit so'nem weißen Kittel rumspringt. Eigentlich schätze ich in diesem Zusammenhang die Disertation von Niehaus als einer der absolut besten Quellen ein, aber oft werden immer wieder die alten englisch sprachigen Quellen aufgetischt, die nicht immer 100 % seriös sind.
Um wieder auf meine anfängliche Aussage zurück zu kommen;
Ich hoffe einfach, daß sich, auch mit dem Einfluß des BJJ (zumindest die positiven Elemente davon), im Ju- Jutsu der asiatische Einfluß bei den Etikette etwas verliert und durch liberalere und pluralistische, auch einfach etwas entspanntere (Ihr wisst schon, wie ich's mein) Art ersetzt wird.
Wer unbedingt das Asiatische will, dem steht im DJJV ja das (japanisch ausgerichtete) "Jiu Jitsu" zur Verfügung, da kann man nach Lust und Laune "Oss" schreien.
MIT FREUNDLICHEN GRÜßEN JOBI
- Welche alten englischen Quellen meinst Du genau? Wieso sind diese nicht seriös?
- Wie verhalten sich diese zu den Lexikaartikeln?
Niehaus liegt mir zur Zeit (noch) nicht vor - und ich lerne gerne dazu
Daher:
- Was schreibt Niehaus denn bzgl. der von Garcia/Gutierrez/Svinth (2010) geäußerten Verschränkung Kodokan&Judo im 2. Weltkrieg (falls er über das Todesjahr Kanos hinausgeht) oder hinsichtlich der von Gatling (2010) angesprochenen Magazinartikel, der ja explizit auf Kontext & Kontinuum verweist?
Schöne Grüße
Baghira
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