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Thema: Anatomie in den Koryu

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  1. #1
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    Standard Anatomie in den Koryu

    Der Faden von Kanken im HEMA Bereich


    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Da ich mich in den HEMA Kreisen nicht auskenne habe ich mal eine Frage bzgl. der Quellenlage zur Anwendung von anatomischen Kenntnissen.

    In den CMA ist es ja so dass es dort ein sehr gutes anatomisches Wissen gegeben hat, jedenfalls lassen die Dinge, die ich lerne, über die Führung der Klinge im menschlichen Körper, diese Schlüsse mehr als zu.
    Es wird genau gelehrt wo man sticht, welche Leitstruktur man sucht und wie man dann ggf. den Schnittwinkel ändert. Da ich ja über gute anatomische Kenntnisse verfüge kann ich sagen dass damit in der Regel ein sofortiger Eintritt des Todes, bzw. eine sofortige Bewußtlosigkeit, bewirkt wurde. Euch bestimmte Drehungen des Körpers, bzw. des Kopfes nach einer Aktion zeigen dass die Leute sehr genau wußten was "auf sie zukommt" wenn die Aktion so geklappt hat wie beabsichtigt....

    Gibt es in den historischen Fechtquellen Stellen die auf eben dieses anatomische Wissen eingehen? Wird so etwas in den HEMA überhaupt geübt und wenn ja wie?
    Unsere kleine Truppe hier nehme ich ja ab und an mit und demonstriere bestimmte anatomische Dinge im Ultraschall, aber so etwas wird ja wohl kaum überall möglich sein. Habt ihr für so etwas "Theorieunterricht", oder wird es nicht gelehrt?

    Grüße

    Kanken
    hat mich auf die Idee gebracht zu fragen ob ein so ähnlich tiefgründiges Wissen auch in den Koryu vorhanden war/ist.

    ps: Ich weiß nicht so ein mehr oder weniger Parallelthread erlaubt ist. Falls nicht, bitte schon mal im Vorfeld um Entschuldigung.

  2. #2
    Jade Buddha Gast

    Standard

    Tatsächlich spielten Medizin und Anatomie eine sehr große Rolle in den japanischen Kampfkünsten. Dabei wurde das Wissen verwendet um sowohl Verletzungen (Trainingsverletzungen aber auch Kampfverletzungen) zu behandeln als auch um die Wirksamkeit der eigenen Techniken zu steigern.

    Dabei wurden sowohl traditionelle japanische (und auch traditionelle chinesische) Medizin, als auch Ansätze "orthopädischer Schulmedizin" genutzt.

    Bekannt ist z.B. dass General Saburo Minamoto Yoshimitsu (*1056, †1127), ein berühmter Krieger und Enkel des Kaisers Seiwa, die Körper von toten Feinden seziert hat, um Wissen über den menschlichen Körper, dessen Aufbau, sowie dessen Stärken und Schwächen zu sammeln und in seinen Kampftechniken zu verwerten.

  3. #3
    Chondropython Gast

    Standard

    Informationen über Nervendruckpunkte (Atemi Punkte / Kyusho), anatomische Besonderheiten, Erste Hilfe (Kuatsu) sind häufig Bestandteil von Büchern aus dem späten 19. und dem frühen 20. Jh.. Zum Beispiel von Kano oder Higashi.
    Bei uns im Training werden auch anatomische Kenntnisse verwendet und verfeinern die Techniken an sich.

    Die (vermeintlichen) Koryu, aus denen sich Bujinkan zusammensetzt lehren Dasselbe.

    Kyusho im Judo wurde laut Jigoro Kano aus der Tenjin-Shinyo-Ryu übernommen.
    Geändert von Chondropython (02-01-2016 um 19:36 Uhr)

  4. #4
    Jade Buddha Gast

    Standard

    Auch sehr interessant:
    im XIX. Jahrhundert (vor allem mit der Meiji-Restauration) hat das Jiu Jitsu sehr stark an Popularität und Verbreitung verloren: es galt als nicht mehr zeitgemäß neben den "friedlichen" DO-Künsten, außerdem führten die veralteten Trainingsmethoden zu unliebsamen Verletzungen; hinzu kam dass mit der Meiji-Restauration alles altmodische abgestoßen wurde.

    Einige große Meister des Jiu Jitsu, die mit dieser Kunst nicht mehr für ihren Lebensunterhalt sorgen konnten, arbeiteten als Osteopathen und Chiropraktier.

    Eine tolle Quelle ist hier Sensei Ritsumi Yamazaki, Cheftrainerin im Enshin Judo Dojo in Kyoto und hauptberuflich Professorin für Ostheopatie an der Meiji Universität für Medizin. In ihrer Familie waren Medizin und Jiu Jitsu schon seit vielen Generationen untrennbar miteinander verbunden.

  5. #5
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    Zitat Zitat von Jade Buddha Beitrag anzeigen
    Auch sehr interessant:
    im XIX. Jahrhundert (vor allem mit der Meiji-Restauration) hat das Jiu Jitsu sehr stark an Popularität und Verbreitung verloren: es galt als nicht mehr zeitgemäß neben den "friedlichen" DO-Künsten, außerdem führten die veralteten Trainingsmethoden zu unliebsamen Verletzungen; hinzu kam dass mit der Meiji-Restauration alles altmodische abgestoßen wurde.
    Welche "friedlichen Do-Künste" gab es denn um 1870 in Japan? Und Jiu Jitsu ist ohnehin ein etwas ungünstiger Begriff im Bezug zu koryu, da es überwiegend das deutsche System nach Rahn beschreibt und von der Umschrift nicht gebräuchlich ist.

    Zum Thema - hier sehen wir Shimazu Kenji der Yagyu Shingan Ryu:




  6. #6
    Chondropython Gast

    Standard

    Zitat Zitat von FireFlea Beitrag anzeigen
    Und Jiu Jitsu ist ohnehin ein etwas ungünstiger Begriff im Bezug zu koryu, da es überwiegend das deutsche System nach Rahn beschreibt und von der Umschrift nicht gebräuchlich ist.
    Jigoro Kano, Yukio Tani, Katsukuma Higashi, Sadu Raku Uyenishi schreiben zum Beispiel von "Jiu Jitsu oder Ju Jitsu" und meinen damit Systeme der Koryu Bugei.
    Diese Herren gehören wohl mit zu den ersten japanischen fachkundigen Autoren die nach der Meji Restauration, in fremder Sprache, über das Thema geschrieben haben?

    Kano schreibt:
    "In Japan wurden während der Feudalzeit viele verschiedene Kampfkünste ausgeübt: der Gebrauch der Lanze, Bogenschießen, Schwertkampf, und viele mehr. Jujutsu war eine von diesen Kampfkünsten. Auch als Taijutsu und Yawara bezeichnet, bildete es ein System von Angriffen, wie etwa Werfen, Schlagen, Treten, Stechen, Schneiden, Würgen, Hebeln und Festhalten, sowie von Verteidigungen gegen diese Angriffe. Obwohl Jujutsu-Techniken bereits seit alters her bekannt waren, dauerte es noch bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts, bis Jujutsu systematisch geübt und unterrichtet wurde. Während der Edo-Zeit (1603-1868) entwickelte es sich zu einer komplexen Kunst, die von Meistern zahlreicher Schulen unterrichtet wurde."

    Irgendwie muss man "Es" ja nennen?

  7. #7
    Jade Buddha Gast

    Standard

    Unter der Meiji-Restauration verloren alle traditionellen Künste stark an Beliebtheit und Ansehen, waren gar verpönt, doch einigen ging es da deutlich besser.
    Als charakterformende Do-Künste waren da natürlich noch Chado (die Teezeremonie) oder Ikebana halbwegs angesehen,
    aus den "ehemaligen Kampfkünsten" waren in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts Kyudo sowie Jodo halbwegs verbreitet, während Kendo und Kenbu fast sogar noch populär waren.

    Zitat Zitat von FireFlea Beitrag anzeigen
    Und Jiu Jitsu ist ohnehin ein etwas ungünstiger Begriff im Bezug zu koryu, da es überwiegend das deutsche System nach Rahn beschreibt und von der Umschrift nicht gebräuchlich ist.
    Es tut mir leid da widersprechen zu müssen, aber das stimmt so nicht, wie Chondropython schon aufgezeigt hat.
    Als die Japaner ihre Kunst Ende XIX., Anfang XX: Jahrhundert in der westlichen Welt verbreiteten, bürgerten sich diverse Schriftarten ein: Jiu Jitsu, Ju Jitsu, Jiu-Jitsu, Ju Jutsu, etc., alle als Synonym für das gleiche System. In Deutschland verwendete man viele Jahre lang sogar die eingedeutschte Lautschrift Dschiu Dschitsu.
    Zum damaligen Zeitpunkt war einfach die einheitliche Transkription nach Hepburn nicht durchgesetzt.
    Die Schreibweise "Jiu Jitsu" wurde dabei nicht nur von Rahn für "sein" System verwendet, das im Grunde gar kein "deutsches System nach Rahn" war sondern lediglich Rahns Versuch japanische Kampfkunst trotz mangelnder Ausbildung und Trainer umzusetzen.
    Die Schreibweise "Jiu Jitsu" wurde auch von anderen für die aus Japan importierte Kunst verwendet, allen voran auch den nach England durch Barton-Wright eingeflogenen japanischen Meistern.

    Erst mit der einheitlichen Durchsetzung der Hepburn-Transkription wurde die einheitliche Schreibweise Jujutsu international festgelegt, dank den Deppen um Heim und Gresch gab es aber hierzulange bereits ein deutsches System namens Ju Jutsu, das mit dem japanischen nur noch bedingt was zu tun hatte, weswegen sich hier für die japanische Kunst, ob koryu oder gendai, auch weiterhin die Schreibweise Jiu Jitsu hält.

    Wenn du diese Diskussion um JJ-Schreibweisen ebenso überflüssig und alt findest, warum fängst du sie dann an?
    Hängst du dich daran auf um dich besserwisserisch auszulassen?
    Und welchen Beitrag bietet dein Post zu dem eigentlichen Thema?

    Irgendwie amüsant, dass eine japanische Meisterin, die sehr stolz auf die alte Tradition ihrer Familie ist, kein Problem damit hat die waffenlosen Techniken ihrer Familie als "Jiu Jitsu" zu bezeichnen, während sich hier Deutsche so gekünstelt aufregen. Sind wir heiliger als der Papst? ;-)

    Ja, die heutzutage verbreiteten Budo-Künste haben sehr wenig mit den historischen Koryu zu tun und selbst die noch erhaltenen Koryu sind auch nich mehr zu 100% das was sie früher waren. Aber wir wissen, dass Anatomie und Medizin seit langer Zeit eine Rolle darin gespielt haben- um zum Thema zurückzukehren.
    Geändert von Jade Buddha (03-01-2016 um 01:12 Uhr)

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