Nach 23 Jahren Pause habe ich vor knapp 2 Wochen wieder mit Aikido angefangen. Vorher hatte ich im Internet nach Videos gesucht und dabei ist mir auch dieses Video aufgefallen, das mir sehr gut gefallen hat, auch die ungewöhnlich gehaltvolle Diskussion im Originalvideo (mit der lauten Hintegrundmusik). Mit dem Verweis auf BJJ (was für mich neu und damit auch informativ war) räumt der Autor ein, dass Aikido nicht dazu taugt, sich im Ring mit anderen Kampfsportlern zu messen. Damit stellt sich die Sinn-Frage: warum praktiziert man Aikido?
Als (Wieder-)Anfänger kann ich natürlich nicht sagen, was Aikido ist oder sein soll, nur was es für mich bedeutet: Als Student hatte ich ca. 7 Jahre Aikido ausgeübt, so 1-2 mal die Woche. Auch nachdem ich aufgehört hatte, war Aikido für mich effektiv, niemals in Prügeleien auf der Straße (hatte ich nie), sondern bei ein paar Unfällen mit dem Fahrrad und beim Kiten, wo das Rollen und Fallen mich vor schweren Verletzungen bewahrt hat. An die Aufwärm-Übungen habe ich mich immer wieder erinnert, um beginnende Rückenprobleme in den Griff zu bekommen. Aikido hält die Gelenke flexibel: ab und zu bin ich mal z.B. beim Wandern mit dem Fuß umgeknickt und konnte dennoch weiterlaufen als wäre nichts passiert.
Das sind jedenfalls die Gründe für mich, warum ich das Aikido-Training wieder aufgenommen habe. Ich gebe zu, es ist verführerisch, sich auszumalen, man könnte wie Gozo Shioda in seinen Demos eine Gruppe von jugendlichen Schlägern abwehren, aber das war auch vor 20-30 Jahren vollkommen illusorisch für mich persönlich (allerdings war ich nie ein guter Aikidoka). Aber auch ein Dan-Träger (Aikikai), bei dem ich vor 30 Jahren ein paar schöne Trainingsstunden hatte und viel talentierter und geübter als ich war, hatte immer wieder gesagt, für ihn sei Aikido keine SV.
Es gehört zu den Paradoxien von Aikido, dass man auch dann, wenn man nicht an SV denkt, ein Leben lang daran arbeitet, die Techniken immer effektiver auszuführen. Effektivität in diesem Sinn heißt für mich nicht, etwas gegen den Widerstand eines "unkooperativen" Ukes durchzusetzen, sondern sich so zu bewegen, dass Uke gar nicht anders kann als zu kooperieren. Ich zitiere noch mal eine andere Stelle aus dem Interview:Zitat von Kendama-Ki
Das ist das Ideal, auf das ich hinarbeiten möchte. In meiner aktiven Aikido-Zeit war ich auf Lehrgängen vielleicht 1-2 mal auf Aikido getroffen, die diesem Ideal sehr nahe kamen. Und das finde ich schon beeindruckend, keinen Widerstand zu spüren und trotzdem unweigerlich aus dem Gleichgewicht geworfen zu werden.Zitat von Ein Interview mit Christian Tissier