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Thema: Geschichten und Fabeln zur Sensibilisierung

  1. #1
    fang_an Gast

    Standard Geschichten und Fabeln zur Sensibilisierung

    Zur Zeit wird immer mehr Zurückhaltung, Misstrauen, Skepsis, Distanziertheit verlangt und oft über Jugendlichen oder auch Frauen geschimpft. Es heisst sie pflegen keine Gefahren-Instinkte, sind nicht vorsichtig genug oder ihr Verhalten zeige sogar ein Mangel am gesunden Menscherverstand.

    Vielleicht sind an dieser Stelle aber auch unsere Geschichten schuld. Die böhsen werden zurückgehalten, die schönen, sind einfach zu schön. Mit Disney und Hollywood aufgewachsen, weiss man dass immer Güte, Ehrlichkeit, Mitgefühl und Grosszügig sein am Ende Recht behalten und gewinnen, egal wie naiv und verschlafen man ist.

    Aber auch Schlauen, Lügner und Trickser gewinnen in manchen Geschichten. Die haben zwar kein Happy-End, sind aber auch nicht soo schlimm.

    also hier kommt die erste Geschichte:
    Der Frosch und der Skorpion

    Ein Skorpion wartet am Ufer eines breiten Flusses und überlegt, wie er auf die andere Seite des reißenden Stromes kommen könnte. Da entdeckt er einen Frosch im Wasser, der gerade den Fluss überqueren möchte.
    „Hallo Frosch" sagte der Skorpion, „ich möchte gerne an das andere Ufer, aber ich kann leider nicht schwimmen. Ich habe einen Vorschlag. Ich könnte mich doch auf Deinen Rücken setzen und du schwimmst mit mir auf das andere Ufer hinüber."
    Der Frosch war empört:
    „Bin ich blöd ?" fuhr der Frosch ihn an. „Das Erste was Du machen wirst, ist doch, dass Du mich mit Deinen Giftstachel stichst und ich bin tot."
    „So überlege doch einmal!," beruhigte ihn der Skorpion.
    „Angenommen Du schwimmst mit mir über den Fluss und ich würde Dich stechen, dann sterbe ich doch auch selber, da ich nicht schwimmen kann. Es kann Dir also gar nichts passieren !"
    „Na gut," sagte der Frosch, „vielleicht hast Du ja recht.
    Also gut, Du kannst Dich auf meinen Rücken setzen und ich bringe Dich auf das andere Ufer.
    Aber halte Dich an Dein Versprechen!“
    Der Skorpion setzte sich also bequem auf den Rücken des Frosches und der Frosch schwamm los. In der Mitte des Flusses angekommen stach der Skorpion plötzlich und unerwartet zu. Der Frosch geriet in Panik und konnte es nicht fassen, dass der Skorpion ihn gestochen hatte.
    „Du weißt doch, dass ich jetzt untergehen und sterben werde. Wir sind noch sehr weit vom anderen Ufer entfernt. Du kannst nicht schwimmen und wirst auch untergehen. Warum hast Du das nur getan ?"
    Darauf antwortete der Skorpion ganz ruhig:
    „Weil ich ein Skorpion bin."

    persische Fabel
    Quelle:
    Alois-Peter-Gerber.com
    https://en.wikipedia.org/wiki/The_Scorpion_and_the_Frog

    Es gibt auch eine andere Variante die nicht so bekannt ist:
    GIRL AND THE SNAKE Story, Young Girls Saves a Rattlesnake's Life and it Bites Her Because He's a Snake in the Grass Ex-Friends & Backstabbers Quotes

    Für eine Interpretation können wir vlt. bei Bedarf einen neuen Thread aufmachen, weil man leicht in andere Themen abdriften kann.

    Es wäre schön wenn wir hier nur die Geschichten an sich sammeln könnten. Es sollen fiktionale Geschichten (also Fabeln, Weisheitsgeschichten, Parabel, Geschichten, wenn es sein muss auch Film Plots ...) sein aber keine schlechte echte Nachrichten (wie Mädchen im Wald überfallen, usw.).

  2. #2
    Gast Gast

    Standard

    Hans Christian Andersen

    Der Tannenbaum

    Draußen im Wald stand ein so niedlicher Tannenbaum. Er hatte einen guten Platz, Sonne konnte er bekommen, von Luft gab es genug, und ringsherum wuchsen viele größere Kameraden, sowohl Tannen wie Fichten. Aber der kleine Tannenbaum war so erpicht auf das Wachsen, er dachte nicht an die warme Sonne und die frische Luft, er kümmerte sich nicht um die Bauernkinder, die herumgingen und plauderten, wenn sie draußen waren, um Erdbeeren oder Himbeeren zu sammeln; oft kamen sie mit einem ganzen Topf voll, oder sie hatten Erdbeeren auf Grashalme aufgezogen, dann setzten sie sich zu dem kleinen Baum und sagten: "Nein, wie ist er niedlich klein!" Das wollte der Baum gar nicht hören.

    Im Jahr danach war er ein langes Ende höher und im Jahr danach wieder um ein noch viel längeres; denn bei einem Tannenbaum kann man immer nach der Zahl der Glieder, die er hat, sehen, wie viele Jahre er gewachsen ist.

    "Oh, wäre ich doch solch ein großer Baum wie die andern!" seufzte der kleine Baum, "dann könnte ich meine Zweige so weit im Umkreis ausbreiten und mit dem Wipfel in die weite Welt hinaussehen! Die Vögel würden dann Nester zwischen meinen Zweigen bauen, und wenn der Wind wehte, könnte ich so vornehm nicken wie die andern dort!"

    Er hatte gar kein Vergnügen am Sonnenschein, an den Vögeln oder an den roten Wolken, die morgens und abends darüber hinsegelten.

    War es nun Winter und der Schnee ringsum lag funkelnd weiß, dann kam oft ein Hase gesprungen und setzte über den kleinen Baum hinweg, - oh, das war so ärgerlich! - Aber zwei Winter vergingen, und im dritten war der Baum so groß, daß der Hase um ihn herumgehen mußte. Oh, wachsen, wachsen, groß und alt werden, das war doch das einzig Schöne in dieser Welt, dachte der Baum.

    Im Herbst kamen immer Holzhauer und fällten einige der größten Bäume; das geschah jedes Jahr, und der junge Tannenbaum, der nun ganz gut gewachsen war, zitterte dabei, denn die großen prächtigen Bäume fielen mit einem Knacken und Krachen zur Erde; die Äste wurden abgehauen, sie sahen ganz nackt, lang und schmal aus; sie waren beinahe nicht zu kennen, aber dann wurden sie auf Wagen gelegt, und Pferde zogen sie fort aus dem Wald.

    Wo sollten sie hin? Was stand ihnen bevor?

    Im Frühling, als die Schwalbe und der Storch kamen, fragte der Baum sie: "Wißt Ihr nicht, wo sie hingeführt wurden? Seid Ihr ihnen begegnet?"

    Die Schwalben wußten nichts, aber der Storch sah nachdenklich aus, nickte mit dem Kopfe und sagte: "Ja, ich glaube wohl! Ich begegnete manchem neuen Schiff, als ich von Ägypten herflog; auf den Schiffen waren prächtige Mastbäume; ich darf sagen, daß sie es waren, sie rochen nach Tanne; ich kann vielmals grüßen, sie ragen auf, sie ragen!"

    "Oh, wäre ich doch auch groß genug, um über das Meer hinzufliegen. Wie ist es eigentlich, dieses Meer, und wem gleicht es?"

    "Ja, das ist zu weitläufig zu erklären!" sagte der Storch, und dann ging er.

    "Freue dich an deiner Jugend!" sagten die Sonnenstrahlen, "freue dich an deinem frischen Wachstum, an dem jungen Leben, das in dir ist!"

    Und der Wind küßte den Baum, und der Tau weinte Tränen auf ihn, aber das verstand der Tannenbaum nicht.

    Wenn die Weihnachtszeit kam, dann wurden ganz junge Bäume gefällt, Bäume, die nicht einmal so groß oder in einem Alter mit diesem Tannenbaum waren, der weder Rast noch Ruhe fand, sondern immer fort wollte; diese jungen Bäume, und es waren gerade die allerschönsten, behielten immer ihre Zweige, sie wurden auf die Wagen gelegt, und Pferde zogen sie fort aus dem Wald.

    "Wohin sollen sie?" fragte der Tannenbaum. "Sie sind nicht größer als ich, da war sogar einer, der viel kleiner war; weshalb behielten sie alle ihre Zweige? Wo fuhren sie hin?"

    "Das wissen wir! Das wissen wir!" zwitscherten die Sperlinge. "Wir haben unten in der Stadt in die Fenster geguckt ! Wir wissen, wo sie hinfahren! Oh, sie kommen zu dem größten Glanz und der größten Herrlichkeit, die man denken kann! Wir haben bei den Fenstern hineingeguckt und gesehen, daß sie mitten in die warme Stube gepflanzt und mit den schönsten Dingen geputzt wurden, mit vergoldeten Äpfeln, Honigkuchen, Spielzeug und vielen hundert Lichtern!"

    "Und dann - ?" fragte der Tannenbaum und zitterte an allen Zweigen. "Und dann? Was geschah dann?"

    "Ja, mehr haben wir nicht gesehen! Das war unvergleichlich!"

    "Wenn ich nun dazu geworden bin, um diesen strahlenden Weg zu gehen!"jubelte der Baum. "Das ist noch besser, als über das Meer zu fahren! Wie ich mich sehne! Wäre es doch Weihnachten! Nun bin ich hoch und breit wie die andern, die im letzten Jahr fortgefahren wurden! - Oh, wäre ich schon auf dem Wagen! Wäre ich doch in der warmen Stube mit all der Pracht und Herrlichkeit! Und dann -? Ja, dann kommt etwas noch Besseres, noch Schöneres, weshalb sollten sie mich sonst so schmücken! Da muß etwas noch Größeres, noch Herrlicheres kommen -! Aber was ? Oh, ich leide! Ich sehne mich! Ich weiß selbst nicht, was mit mir ist!"

    "Freue dich mit mir!" sagten die Luft und das Sonnenlicht; "freue dich an deiner frischen Jugend draußen im Freien!"

    Aber er freute sich gar nicht; er wuchs und wuchs, Winter und Sommer stand er grün, dunkelgrün stand er; die Leute, die ihn sahen, sagten: "Das ist ein schöner Baum!" Und zur Weihnachtszeit wurde er als erster von allen gefällt. Die Axt traf tief hinein durch das Mark, der Baum fiel mit einem Seufzer hin zur Erde, er fühlte einen Schmerz, eine Ohnmacht, er konnte gar nicht an irgendein Glück denken; er war betrübt, sich von der Heimat zu trennen, von dem Fleck, wo er aufgewachsen war. Er wußte ja, daß er nie mehr die lieben alten Kameraden sehen würde, die kleinen Büsche und Blumen ringsum, ja, vielleicht nicht einmal die Vögel. Die Abreise war gar nicht behaglich.

    Der Baum kam erst zu sich, als er im Hof, mit den andern Bäumen abgepackt, einen Mann sagen hörte: "Der ist prächtig! Wir brauchen keinen anderen!"

    Nun kamen zwei Diener in vollem Staat und trugen den Tannenbaum in einen großen schönen Saal hinein. Ringsum an den Wänden hingen Porträts und auf dem großen Kachelofen standen große chinesische Vasen mit Löwen auf den Deckeln; da waren Schaukelstühle, Seidensofas, große Tische voll von Bilderbüchern und mit Spielzeug für hundert mal hundert Reichstaler - wenigstens sagten die Kinder das. Und der Tannenbaum wurde in ein großes Faß voll Sand gestellt, aber niemand konnte sehen, daß es ein Faß war, denn es wurde rundherum mit grünem Zeug behängt und es stand auf einem großen bunten Teppich. Oh, wie der Baum bebte! Was würde noch geschehen? Sowohl Diener wie Fräuleins gingen und schmückten ihn. Auf die Zweige hängten sie kleine Netze, ausgeschnitten aus buntem Papier, jedes Netz war mit Zuckerzeug gefüllt; vergoldete Äpfel und Walnüsse hingen, als wären sie festgewachsen, und über hundert rote, blaue und weiße Lichtchen wurden an den Zweigen festgesteckt. Puppen, die leibhaftig wie Menschen aussahen - der Baum hatte so etwas nie zuvor gesehen -, schwebten in dem Grünen, und ganz zuoberst in den Wipfel wurde ein großer Stern aus Flittergold gesetzt; das war prächtig, unvergleichlich prächtig.

    "Heute abend," sagten sie alle, "heute abend soll er strahlen!"

    "Oh!" dachte der Baum, "wäre es doch Abend! wären nur die Lichter bald angezündet! Oh, was wohl dann geschieht? Ob dann die Bäume aus dem Walde kommen und mich ansehen? Ob die Sperlinge gegen die Scheiben fliegen? Ob ich hier festwachse und Winter und Sommer geschmückt stehe?"

    Ja, der wußte gut Bescheid; aber er hatte nun ordentlich Rindenweh vor Sehnsucht, und Rindenweh ist ebenso schlimm für einen Baum, wie Kopfweh für uns andere!

    Nun wurden die Lichte angezündet. Welcher Glanz, welche Pracht! Der Baum zitterte an allen Zweigen dabei, so daß eines der Lichte das Grüne ansteckte; er schwitzte ordentlich.

    "Gott bewahre uns!" schrien die Fräuleins und löschten das Feuer schnell.

    Nun durfte der Baum nicht einmal beben. Oh, das war ein Grauen! Er war so bange davor, etwas von all seinem Staat zu verlieren; er war ganz verwirrt von all dem Glanz -und nun gingen beide Flügeltüren auf und eine Menge Kinder stürzte herein, als wollten sie den ganzen Baum umreißen; die älteren Leute kamen besinnlich hinterher. Die Kleinen standen ganz still, aber nur einen Augenblick, dann jubelten sie wieder, so daß es hallte; sie tanzten rund um den Baum, und ein Geschenk nach dem andern wurde abgepflückt.

    "Was tun sie nur?" dachte der Baum. "Was soll da geschehen?" Und die Lichte brannten bis auf die Zweige herab, und nachdem sie herabgebrannt waren, löschte man sie aus, und dann erhielten die Kinder Erlaubnis, den Baum zu plündern. Oh, sie stürzten auf ihn ein, so daß es in allen Ästen knackte; wäre er nicht mit der Spitze und dem Goldstern an der Decke festgebunden gewesen, so wäre er umgestürzt.

    Die Kinder tanzten herum mit ihrem prächtigen Spielzeug, keiner sah den Baum an, außer dem alten Kindermädchen, das hinging und zwischen die Zweige guckte, aber das war nur, um zu sehen, ob nicht noch eine Feige oder ein Apfel vergessen war.

    "Eine Geschichte! Eine Geschichte!" riefen die Kinder und zogen einen kleinen dicken Mann zum Baum hin, und er setzte sich grade darunter. "Denn dann sind wir im Grünen!" sagte er, "und dem Baum kann es noch besonders gut tun mit zuzuhören; aber ich erzähle nur eine Geschichte. Wollt Ihr von Ivede-Avede hören oder von Klumpe-Dumpe, der die Treppen herabfiel und doch auf den Hochsitz kam und die Prinzessin kriegte?"

    "Ivede-Avede!" schrien einige, und "Klumpe-Dumpe!" schrien andere. Es war ein Rufen und Schreien, nur der Tannenbaum schwieg ganz stille und dachte: "Soll ich gar nicht dabei sein, gar nichts tun?" Er war ja dabei gewesen, hatte getan, was er tun sollte.

    Und der Mann erzählte von "Klumpe-Dumpe", der die Treppen herabfiel und doch in den Hochsitz kam und die Prinzessin erhielt. Und die Kinder klatschten in die Hände und riefen: "Erzähle! Erzähle!" Sie wollten auch "Ivede-Avede" haben, aber sie bekamen nur "Klumpe-Dumpe" zu hören. Der Tannenbaum stand ganz still und gedankenvoll, niemals hatten die Vögel draußen im Wald so etwas erzählt. "Klumpe-Dumpe fiel die Treppen hinab und bekam doch die Prinzessin! Ja, ja! So geht es zu in der Welt!" dachte der Tannenbaum und glaubte, daß es wahr sei, weil es ein so netter Mann war, der erzählte. "Ja! ja! Wer kann wissen! Vielleicht falle ich auch die Treppen hinab und bekomme eine Prinzessin!" Und er freute sich auf den nächsten Tag, daß er wieder mit Eichten und Spielzeug, Gold und Früchten geschmückt werden solle.

    "Morgen werde ich nicht zittern!" dachte er. "Ich will mich recht all meiner Herrlichkeit erfreuen. Morgen werde ich wieder die Geschichte von 'Klumpe-Dumpe' und vielleicht die von 'Ivede-Avede' hören." Und der Baum stand still und gedankenvoll die ganze Nacht.

    Am Morgen kamen Burschen und Mädchen herein.

    "Nun beginnt der Staat wieder!" dachte der Baum, aber sie schleppten ihn aus der Stube, die Treppen hinauf auf den Speicher und dort, in einer dunklen Ecke, wohin kein Tag schien, stellten sie ihn hin. "Was soll das bedeuten?" dachte der Baum. "Was habe ich wohl hier zu tun? Was werde ich wohl zu hören bekommen?" Und er lehnte sich gegen die Mauer und stand und dachte und dachte. - - Und gut Zeit hatte er, denn Tage und Nächte vergingen; keiner kam herauf, und als endlich jemand kam, war es, um einige große Kasten in die Ecke hinzustellen; der Baum stand ganz verborgen, man hätte glauben können, daß er rein vergessen war.

    "Nun ist es Winter draußen!" dachte der Baum. "Die Erde ist hart und mit Schnee bedeckt. Die Menschen können mich nicht einpflanzen; deshalb soll ich wohl hier im Schutz stehen bis zum Frühling! Wie ist das wohlbedacht! Wie sind die Menschen doch gut! - Wäre es hier nur nicht so dunkel und so schrecklich einsam! - Nicht einmal ein kleiner Hase! - Das war doch so hübsch draußen im Wald, wenn der Schnee lag und der Hase vorbeisprang; ja selbst, als er über mich hinwegsprang, aber das mochte ich damals nicht. Hier oben ist es doch schrecklich einsam."

    "Pi! Pi!" sagte eine kleine Maus in diesem Augenblick und schlüpfte hervor; und dann kam noch eine kleine. Sie schnüffelten am Tannenbaum und glitten zwischen den Zweigen auf ihm herum.

    "Es ist eine grausame Kälte!" sagte die kleine Maus. "Sonst ist es hier herrlich zu sein! Nicht wahr, du alter Tannenbaum?"

    "Ich bin gar nicht alt!" sagte der Tannenbaum, "es gibt viele, die viel älter sind als ich!"

    "Wo kommst du her?" fragten die Mäuse, "und was weißt du?" Sie waren so schrecklich neugierig. "Erzähl' uns doch von dem schönsten Ort der Welt! Bist du dort gewesen? Warst du in der Speisekammer, wo Käse auf den Brettern liegen und Schinken unter der Decke hängen, wo man auf Talglichten tanzt und mager hineinkommt und fett herausgeht?"

    "Das kenne ich nicht!" sagte der Baum, "aber den Wald kenne ich, wo die Sonne scheint und wo die Vögel singen!" Und dann erzählte er alles von seiner Jugend, und die kleinen Mäuse hatten nie zuvor so etwas gehört, und sie hörten zu und sagten: "Nein, wie viel hast du gesehen! Wie glücklich warst du!"

    "Ich!" sagte der Tannenbaum und dachte über das, was er selbst erzählte: "Ja, es waren im Grunde ganz angenehme Zeiten!" - aber dann erzählte er vom Weihnachtsabend, als er mit Kuchen und Lichten geschmückt worden war.

    "Oh!" sagten die kleinen Mäuse, "wie bist du glücklich gewesen, du alter Tannenbaum!"

    "Ich bin gar nicht alt!" sagte der Baum, "es war ja in diesem Winter, daß ich aus dem Wald gekommen bin! Ich bin in meinem allerbesten Alter, ich bin nur im Wachstum voraus!"

    "Wie du schön erzählst!" sagten die kleinen Mäuse, und nächste Nacht kamen sie mit vier anderen kleinen Mäusen, die den Baum erzählen hören sollten, und je mehr er erzählte, desto deutlicher erinnerte er sich selbst und dachte: "Es waren doch ganz vergnügte Zeiten! Aber sie können noch kommen! Sie können kommen! Klumpe-Dumpe fiel die Treppen hinab und bekam doch die Prinzessin, vielleicht kann ich auch eine Prinzessin bekommen!" Und dann dachte der Tannenbaum an solch einen niedlichen Birkenbaum, der draußen im Walde wuchs, der war für den Tannenbaum eine wirkliche schöne Prinzessin.

    "Wer ist Klumpe-Dumpe?" fragten die kleinen Mäuse. Und da erzählte der Tannenbaum das ganze Märchen, er konnte sich jedes einzelnen Wortes erinnern; und die kleinen Mäuse waren bereit, auf die Spitze des Baumes zu springen vor lauter Vergnügen! Nächste Nacht kamen viel mehr Mäuse, und am Sonntag kamen auch zwei Ratten; aber sie sagten, daß die Geschichte nicht amüsant sei, und das betrübte die kleinen Mäuse, denn nun gefiel sie ihnen auch weniger.

    "Können Sie nur die eine Geschichte?" fragten die Ratten.

    "Nur die eine!" antwortete der Baum, "die hörte ich an meinem glücklichsten Abend, aber damals dachte ich gar nicht, wie glücklich ich war!"

    "Das ist eine über die Maßen jämmerliche Geschichte! Kennen Sie keine mit Speck und Talglichten? Keine Speisekammergeschichten?" "Nein!" sagte der Baum.

    "Ja, nun wollen wir Ihnen danken!" sagten die Ratten und gingen hinweg zu den Ihren.

    Die kleinen Mäuse blieben zuletzt auch fort, und dann seufzte der Baum: "Das war doch ganz hübsch, als sie um mich herumsaßen, die zappligen Mäuschen, und hörten, was ich erzählte! Nun ist das auch vorbei! - Aber ich werde daran denken, mich zu freuen, wenn ich nun wieder hervorgeholt werde!"

    Aber wann geschah das? - Ja doch! es war an einem Morgen, da kamen Leute und räumten auf dem Speicher auf. Die Kasten wurden weggehoben, der Baum hervorgezogen; sie warfen ihn freilich etwas hart auf den Boden, aber gleich schleppte ein Bursche ihn zur Treppe hin, wo der Tag schien.

    "Nun beginnt wieder das Leben!" dachte der Baum; er fühlte die frische Luft, die ersten Sonnenstrahlen, - und nun war er draußen im Hof. Alles ging so schnell, der Baum vergaß ganz, sich selbst anzusehen, so viel war ringsum zu sehen. Der Hof stieß an einen Garten, und alles blühte darin; Rosen hingen da so frisch und duftend über das kleine Gitterwerk hinaus, und die Schwalben flogen umher und sagten: "Quirre-wirre-witt, mein Mann ist da!" Aber es war nicht der Tannenbaum, den sie meinten.

    "Nun werde ich leben!" jubelte er und breitete seine Zweige weit aus; ach, sie waren alle vertrocknet und gelb; er war in der Ecke zwischen Unkraut und Nesseln, da lag er, der Goldpapierstern saß noch oben an der Spitze und schimmerte im hellsten Sonnenschein.

    Im Hof spielten ein paar der lustigen Kinder, die zur Weihnachtszeit um den Baum getanzt hatten und über ihn so froh gewesen waren. Eines der Kleinsten eilte hin und riß den Goldstern ab.

    "Seht, was da noch auf dem häßlichen alten Weihnachtsbaum sitzt!" sagte es und trampelte auf den Zweigen, so daß sie unter seinen Stiefeln knackten.

    Und der Baum sah auf all die Blumenpracht und Frische im Garten, er sah sich selbst an, und er wünschte, daß er in seiner dunklen Ecke auf dem Speicher geblieben wäre; er dachte an seine frische Jugend im Wald, an den lustigen Weihnachtsabend und an die kleinen Mäuse, die so froh die Geschichte von Klumpe-Dumpe gehört hatten.

    "Vorbei! Vorbei!" sagte der arme Baum. "Hätte ich mich doch gefreut, da ich es konnte! Vorbei! Vorbei!"

    Und der Hausknecht kam und hackte den Baum in kleine Stücke, ein ganzer Bund lag da; prächtig flammte das auf unter dem großen Braukessel; und es seufzte so tief; jeder Seufzer war wie ein kleiner Schuß; deshalb liefen die Kinder, die spielten, herein und setzten sich vor das Feuer, sahen es an und riefen: "Piff! Paff!" aber bei jedem Knall, der ein tiefer Seufzer war, dachte der Baum an einen Sommertag im Wald, an eine Winternacht draußen, wenn die Sterne leuchteten; er dachte an den Weihnachtsabend und Klumpe-Dumpe, das einzige Märchen, das er gehört hatte und zu erzählen wußte - und dann war der Baum ausgebrannt.

    Die Jungen spielten im Hof, und der Kleinste hatte den Goldstern auf der Brust, den der Baum an seinem glücklichsten Abend getragen hatte. Nun war der vorbei, und der Baum war vorbei und die Geschichte auch! Vorbei, vorbei, und so geht es mit allen Geschichten!
    (Quelle: Märchen von Hans Christian Andersen, Berlin 1910)

  3. #3
    Gast Gast

    Standard Aesop

    Der Löwe, der Fuchs und der Esel

    Ein Löwe, ein Fuchs und ein Esel gingen miteinander auf die Jagd, nachdem sie vorher einiggeworden waren, den Raub ganz gleich unter sich zu verteilen. Ihre Beute war groß. Der Esel erhielt vom Löwen den Befehl zur Teilung, die er auch so gewissenhaft als möglich veranstaltete, und bat dann den Löwen, zu wählen. Allein ergrimmt zerriß ihn der Löwe und übertrug dem Fuchs eine neue Teilung. Dieser häufte alles zusammen, legte den Esel obenauf und erbat sich nur etwas Weniges für seine Mühe.
    »Schön, mein Freund«, sagte der Löwe, »sage mir doch, wer hat dich so schön teilen gelehrt?«
    »Das Schicksal des Esels«, war seine Antwort.



    Der Eber und der Fuchs

    Ein Fuchs sah einen Eber seine Hauer an einem Eichstamme wetzen und fragte ihn, was er da mache, da er doch keine Not, keinen Feind vor sich sehe?
    »Wohl wahr«, antwortete der Eber, »aber gerade deswegen rüste ich mich zum Streit; denn wenn der Feind da ist, dann ist es Zeit zum Kampf, nicht mehr Zeit zum Zähnewetzen.«


    Das Lamm und der Wolf

    Ein Lämmchen löschte an einem Bache seinen Durst. Fern von ihm, aber nahe der Quelle, tat ein Wolf das Gleiche. Kaum erblickte er das Lämmchen, da schrie er: "Warum trübst du mir das Wasser, das ich trinken will?"
    "Wie soll das möglich sein?", antwortete das Lämmchen schüchtern. "Ich stehe hier unten am Wasser, und du so weit oben. Das Wasser fließt mir doch zu. Und glaube mir, ich habe nicht die Absicht, dir etwas Böses zu tun!"
    "Ei, sieh doch!", rief der Wolf. "Du machst es gerade, wie dein Vater vor sechs Monaten. Lämmchen, du warst doch dabei und bist nur glücklich entkommen, als ich deinem Vater das Fell für seine ungehobelten Schmähungen abgezogen habe."
    "Ach, lieber Herr", flehte das zitternde Lämmchen, "ich bin ja erst vier Wochen alt und kannte meinen Vater gar nicht. Er ist ja schon so lange tot."
    "Du unverschämtes Ding!", knurrte der Wolf mit vorgespielter Wut. "Tot oder nicht tot, weiß ich doch, dass euer ganzes Geschlecht mich hasst. Und dafür muss ich mich rächen."
    Kaum hatte er das gesagt, stürzte sich der Wolf auch schon auf das Lämmchen, zerriss es und fraß es auf.


    Das Lamm und der Wolf - Lesekorb, Geschichten für Kinder | Labbé Verlag

  4. #4
    fang_an Gast

    Standard

    Danke für die Geschichten, gefallen mir gut.

    Was ich oben vergessen habe abzugrenzen und mache es jetzt bevor es vielleicht kommt sind traurige, depri Geschichten, die Hoffnungen abwürgen und zur Resignation aufrufen. Ein Pessimismus, Fatalismus und Vanitas-Einstellung, dass trotz der Sensibilisierung und des ganzen Bemühens das Unvermeindliche doch eintrifft, würd ich nicht zu arg unterstützen wollen.

    ich mache dann auch mit Aesop weiter:

    Auf dem Weg nach Athen, fragte ein Reisender den Fabeldichter Äsop: "Wie sind denn die Leute in Athen?"

    Äsop fragte zurück: "Wie sind denn die Leute dort, wo du lebst?"

    Der Mann antwortete: "Ich komme aus Argos. Die Menschen dort sind Taugenichtse, Lügner, Diebe, ungerecht und streitsüchtig."

    Äsop meinte: "Du wirst auch in Athen die gleichen Leute finden."

    Später stellte ein anderer Reisender Äsop die gleiche Frage, und auch von ihm wollte der Dichter zuerst wissen, wie die Menschen in seiner Heimat seien. Der Reisende antwortete: "Ich komme aus Argos, wo alle Menschen nett, freundlich, ehrbar und wahrhaftig sind."

    Da lächelte Äsop und sagte: "Du wirst auch in Athen die gleichen Leute finden."
    Quelle: z.B. Parabel, Gleichnis, symbolische Erzählung, ethische Grundsätze

    Der Esel auf Probe

    Ein Mann kaufte einen Esel, aber nicht gleich endgültig, sondern er machte eine Probezeit aus. Als er mit ihm in seinen Hof kam, wo schon mehrere Esel teils bei der Arbeit, teils bei der Abfütterung waren, ließ er ihn frei laufen. Sogleich trottete der neue zu dem faulsten und gefräßigsten Gefährten und stellte sich zu ihm an die Futterkrippe. Da legte ihm der Mann den Strick wieder um den Hals und brachte ihn dem bisherigen Besitzer zurück.

    "So schnell kannst du ihn doch gar nicht erprobt haben", wunderte sich der.

    "O mir genügt, was ich gesehen und erfahren habe: Nach der Gesellschaft, die er sich ausgesucht hat, ist er ein übler Bursche!"
    Quelle: z.B. Der Esel auf Probe (von Aesop)

  5. #5
    fujikomma Gast

    Standard

    "Ein kleines Vögelchen fällt aus dem Nest und landet auf einer Wiese.
    Da kommt eine Kuh und lässt einen Flatschen über dem kleinen Piepmatz ab.
    Das Vögelchen krabbelt hinaus.
    Da kommt ein Adler und ergreift den Kleinen..
    um ihn zuverspeisen.!"
    Die Moral von der Geschichte:
    "Nicht jeder der auf dich sch**sst ist böse...
    und nicht jeder der dich aus der derselben holt meint es gut mit dir...!"
    aus "Mein Name ist Nobody"

  6. #6
    * Silverback Gast

    Standard

    Hier ist eine Zen-Geschichte ...
    von einem chinesischen Bauern, dessen Pferd davonlief. Am Abend versammelten sich die Nachbarn und bemitleideten ihn, weil er ein solches Pech hatte. Der Bauer sagte: "Kann sein."
    Am nächsten Tag kehrte das Pferd zurück und brachte noch vier zusätzliche Pferde mit, und die Nachbarn kamen und riefen, welches Glück er hatte. Er sagte: "Kann sein."
    Am folgenden Tag versuchte sein Sohn, eines der wilden Pferde zu satteln und zu reiten, er wurde abgeworfen und brach sich ein Bein. Wieder kamen die Nachbarn und bekundeten ihr Mitleid wegen seines Unglücks. Er sagte: "Kann sein".
    Am anderen Tag kamen Offiziere ins Dorf und zogen junge Männer als Rekruten für die Armee ein, aber der Sohn des Bauern wurde wegen seines gebrochenen Beines zurückgestellt. Als die Nachbarn hereinkamen und ihm sagen wollten, wie glücklich sich alles gewendet hatte, sagte er: "Kann sein"...
    (unbekannte Quelle)

  7. #7
    Registrierungsdatum
    24.06.2007
    Ort
    Fryway to hell
    Beiträge
    2.641

    Standard

    Vom Meister aller literarischen Klassen:
    Heinrich von Kleist
    Anekdote

    Zwei berühmte englische Baxer, der eine aus Portsmouth gebürtig, der andere aus Plymouth, die seit vielen Jahren von einander gehört hatten, ohne sich zu sehen, beschlossen, da sie in London zusammentrafen, zur Entscheidung der Frage, wem von ihnen der Siegerruhm gebühre, einen öffentlichen Wettkampf zu halten. Demnach stellten sich beide, im Angesicht des Volks, mit geballten Fäusten, im Garten einer Kneipe, gegeneinander; und als der Plymouther den Portsmouther, in wenig Augenblicken, dergestalt auf die Brust traf, daß er Blut spie, rief dieser, indem er sich den Mund abwischte: brav! – Als aber bald darauf, da sie sich wieder gestellt hatten, der Portsmouther den Plymouther, mit der Faust der geballten Rechten, dergestalt auf den Leib traf, daß dieser, indem er die Augen verkehrte, umfiel, rief der letztere: das ist auch nicht übel –! Worauf das Volk, das im Kreise herumstand, laut aufjauchzte, und, während der Plymouther, der an den Gedärmen verletzt worden war, tot weggetragen ward, dem Portsmouther den Siegsruhm zuerkannte. – Der Portsmouther soll aber auch Tags darauf am Blutsturz gestorben sein.
    Volenti non fit iniuria

  8. #8
    * Silverback Gast

    Standard

    Keine Geschichte im klassischen Sinne - aber eine nette Metapher zum drüber Nachdenken:


    "Könnte ich mein Leben nochmals leben, dann würde ich das nächste Mal riskieren, mehr Fehler zu machen. Ich würde mich entspannen, lockerer und humorvoller sein als dieses Mal. Ich kenne nur sehr wenige Dinge, die ich ernst nehmen würde.

    Ich würde mehr verreisen. Und ein bisschen verrückter sein. Ich würde mehr Berge erklimmen, mehr Flüsse durchschwimmen und mir mehr Sonnenuntergänge anschauen. Ich würde mehr spazieren gehen und mir alles besser anschauen. Ich würde öfter ein Eis essen und weniger Bohnen.

    Ich hätte mehr echte Schwierigkeiten als eingebildete. Müsste ich es noch einmal machen, ich würde einfach versuchen, immer nur einen Augenblick nach dem anderen zu leben, anstatt jeden schon viele Jahre im Voraus.

    Könnte ich noch einmal von vorne anfangen, würde ich viel herumkommen, viele Dinge tun und mit sehr wenig Gepäck reisen, würde ich im Frühjahr früher und im Herbst länger barfuß gehen. Und ich würde öfter die Schule schwänzen.

    Ich würde mir nicht so hohe Stellungen erarbeiten, es sei denn, ich käme zufällig daran. Auf dem Rummelplatz würde ich viel mehr Fahrten machen, und ich würde mehr Gänseblümchen pflücken."


    (Nadine Stair)

  9. #9
    fang_an Gast

    Standard

    @fujikomma: eine super Geschichte, wenn ich darf, als kleine Ergänzung eine umfangreichere Variante (leider auf Englisch):
    Moral of the story - Positive Leadership - Combining Heads with Hearts

    The bird that refused to migrate

    A little bird in Russia refused to join the pack which was flying south for the winter. It refused to listen to its parents and elders thinking it can tough it out.
    Winter came and It was so cold so the bird froze and fell to the ground covered with snow. A cow came by and dropped some dung on the bird. The pile of cow dung warmed the bird and brought it back to life. It lay there all warm and happy, and soon began to sing for joy. A passing cat heard the bird singing took the bird out of the pile of cow dung, and ate it.

    Morals of the story:
    (1) Don't discount experienced advice of people who care for your success.
    (2) Not everyone who shits on you is your enemy.
    (3) Not everyone who gets you out of shit is your friend.
    (4) And when you're in deep shit, it's best to keep your mouth shut!
    @Silverback: die erste Geschichte ist cool, kenne es auch als
    "Glück oder Pech. Wer weiß?" z.B.: Glück oder Pech?
    Aber vielleicht nochmal, und auch gerade wegen deiner 2. Geschichte (z.B. Original: If I Had My Life to Live Over by Nadine Stair), eine genauere Präzisierung, dass ich keine allgemeine Sensibilisierung meine. Sicherlich ist für das Leben ein positives Denken, entspannt und locker sein, eine fröhliche Natur behalten, sich auch mal etwas trauen, extrem wichtig. Darüber habe ich jetzt aber keinen Thread aufgemacht, weil es mMn ausreichend bedient wird.
    Die Geschichten hier sollen, wie oben geschrieben, eine Sensibilisierung für Gefahren (Hinterhältigkeit, Gemeinheit, ...) sein, d.h. schon Angst-Geschichten, aber welche die zum Handeln und Verhaltenskorrektur bewegen, falls Bedarf. So zu sagen leider ziemlich das Gegenteil von "ich würde mich trauen mehr Fehler zu machen das nächste mal".

  10. #10
    Gast Gast

    Standard

    In einem Hühnerhof. Der Hahn ist schon alt, daher beschließt der Bauer, einen jungen Hahn zu holen, der für Küken sorgen soll. Der junge Hahn wird in das Gehege gesetzt. Der alte Hahn geht auf ihn zu und spricht ihn an: "Ich weiß, in einem Kampf hab ich keine Chance gegen Dich. Ich überlasse Dir die Hennen, aber lass mir wenigstens meine Lieblingshenne!"

    "Nein," antwortet der junge Hahn, "wenn, dann will ich auch alle Hennen." Der alte Hahn macht dann einen Vorschlag: "Wir machen ein Wettrennen. Wenn ich gewinne, lässt du mir meine Lieblingshenne. Wenn Du gewinnst, kannst du alle haben. Aber da ich nicht mehr der Jüngste bin, lass mir bitte einen kleinen Vorsprung."

    Der junge Hahn ist einverstanden. Der alte Hahn läuft los. Zwei Sekunden später läuft der junge Hahn los, als er den alten Hahn fast eingeholt hat gibt es einen Knall. Der junge Hahn fällt tot um. Der Bauer lädt seine Schrotflinte nach und denkt: "Mist, schon der dritte schwule Hahn diese Woche."

  11. #11
    fujikomma Gast

    Standard

    @fang-an:Nee,das ist ja cool äh kuhl-ein Beispiel für gelungene Kuhmmunikaktion...

  12. #12
    Gast Gast

    Standard

    Vom Adler im Hühnerhof

    Ein Mann fand das Ei eines Adlers und legte es in das Nest einer Hinterhofhenne. Das Adlerjunge schlüpfte mit der Kükenbrut und wuchs mit ihnen auf.
    Sein Leben lang tat der Adler,was die Hinterhofhühner auch taten, denn er dachte, er sei ein Hinterhofhuhn. Er scharrte auf der Erde nach Würmern und Insekten. Er gluckste und gackerte. Und schlug mit den Flügeln, um ein paar Meter in die Luft zu flattern.
    Die Jahre vergingen, und der Adler wurde sehr alt. Eines Tages sah er weit über sich am wolkenlosen Himmel einen prachtvollen Vogel, der anmutig und majestätisch auf dem kräftigen Wind dahinsegelte, und dabei kaum die großen goldenen Schwingen bewegen musste. Der alte Adler sah in ehrfürchtigem Staunen auf. "Wer ist das?" fragte er.
    "Das ist der Adler, der König der Vögel", sagte sein Nachbar. "Er gehört dem Himmel. Wir gehören dem Boden - wir sind Hühner."
    So lebte und starb der Adler als Huhn, denn er war das, wofür er sich hielt.

    (Anthony de Mello)

  13. #13
    * Silverback Gast

    Standard

    Zitat Zitat von fang_an Beitrag anzeigen
    ...
    Aber vielleicht nochmal, und auch gerade wegen deiner 2. Geschichte ...eine genauere Präzisierung, dass ich keine allgemeine Sensibilisierung meine. ...
    Die Geschichten hier sollen, wie oben geschrieben, eine Sensibilisierung für Gefahren (Hinterhältigkeit, Gemeinheit, ...) sein, ... aber welche die zum Handeln und Verhaltenskorrektur bewegen, falls Bedarf.
    Appologies, sorry
    Obwohl ich den Teil von "Würde Dinge anders machen" eigentlich als recht treffend empfunden hatte.


    Vieleicht ist die hier treffender (und wenn's zu happyend-lastig ist, kann man das Ende ja weglassen oder umformulieren):

    Die kleine Schraube

    Es gab einmal in einem riesigen Schiff eine ganz kleine Schraube, die mit vielen anderen ebenso kleinen Schrauben zwei große Stahlplatten miteinander verband. Diese kleine Schraube fing an, bei der Fahrt mitten im Indischen Ozean etwas lockerer zu werden, und drohte herauszufallen. Da sagten die nächsten Schrauben zu ihr: "Wenn du herausfällst, dann gehen wir auch." Und die Nägel unten am Schiffskörper sagten: "Uns wird es auch zu eng, wir lockern uns auch ein wenig." Als die großen eisernen Rippen das hörten, da riefen sie: "Um Gottes willen bleibt; denn wenn ihr nicht mehr haltet, dann ist es um uns geschehen!"

    Und das Gerücht von dem Vorhaben der kleinen Schraube verbreitete sich blitzschnell durch den ganzen riesigen Körper des Schiffes. Es ächzte und erbebte in allen Fugen. Da beschlossen sämtliche Rippen und Platten und Schrauben und auch die kleinsten Nägel, eine gemeinsame Botschaft an die kleine Schraube zu senden, sie möge doch bleiben, denn sonst würde das ganze Schiff bersten und keine von ihnen die Heimat erreichen. Das schmeichelte dem Stolz der kleine Schraube, dass ihr solch eine ungeheure Bedeutung beigemessen wurde, und sie ließ sagen, sie wolle sitzen bleiben.

    - Rudyard Kipling -

  14. #14
    Gast Gast

    Standard

    Zitat Zitat von fujikomma Beitrag anzeigen
    "Ein kleines Vögelchen fällt aus dem Nest und landet auf einer Wiese.
    Da kommt eine Kuh und lässt einen Flatschen über dem kleinen Piepmatz ab.
    Das Vögelchen krabbelt hinaus.
    Da kommt ein Adler und ergreift den Kleinen..
    um ihn zuverspeisen.!"
    Die Moral von der Geschichte:
    "Nicht jeder der auf dich sch**sst ist böse...
    und nicht jeder der dich aus der derselben holt meint es gut mit dir...!"
    aus "Mein Name ist Nobody"
    äääähhhhmmmm ...
    diese geschichte wurde zwar in dem film "mein name ist nobody" von terence hill erzählt, ging dann aber doch ein klein wenig anders ...


    https://www.youtube.com/watch?v=UXILHZAlw10



    was terence hill nicht aussprach, war die moral der geschichte.
    und die lautet:
    "nicht jeder, der dich bescheisst, ist dein feind. nicht jeder, der dich aus der schei*e holt, ist dein freund. also wenn du in der schei*e steckst, dann zieh den kopf ein und halt den schnabel!"



    wenn, dann richtig, ok?

  15. #15
    fang_an Gast

    Standard Der Bauer, die Schlange und der Fuchs

    @Silverback: Ich habe die Präzisierung gemacht, weil die zweite, von dir gepostete, Geschichte eher ein Statement ist. Im Thread hat dieses Statement somit für mehr Klarheit gesorgt, also Danke
    Vlt aber noch als Info woher ich diese Möglichkeit zur Sensibilisierung für Gefahren indirekt abgeleitet:
    http://www.kampfkunst-board.info/for...kursen-177680/

    Die fiktionalen Geschichten (deine erste und dritte auch) sind durch ihre Interpretationsfreiheit vielseitig nutzbar und durch die Bildvorstellungen einfach zu merken. Ohne Interpretation, also ohne Bevormundung, kann jeder das heraus nehmen was er für sinvoll erachtet. Wir brauchen uns auch nicht zu streiten ob vor uns eine Obst- oder eine Käse-Platte steht.

    @Aruna: Das "Vom Adler im Hühnerhof" ist eine wirklich schöne, flexible Geschichte.

    meine heute:

    Der Bauer, die Schlange und der Fuchs

    Ein Bauer, der auf dem Felde gearbeitet hatte, legte sich dort zu kurzer Rast nieder. Neben seiner Lagerstätte erblickte er da eine Schlange, die sich in einem engen Loche zusammengeringelt hatte. Schnell ergriff er einen breiten Stein und legte den über das Loch, um während des Schlafes vor einem Bisse geschützt zu sein.

    Gar jämmerlich fing die Schlange da an zu wimmern und flehentlich bat sie den Bauer, sie von dem Stein zu befreien, denn sie müsse sonst verhungern.

    »Du möchtest mir es übel lohnen«, sagte der Bauer.

    »Fürchte das nicht«, sprach die Schlange. »Königlich werde ich dich belohnen!«

    Da befreite der Bauer die Schlange und begehrte dann seinen Lohn

    »Den sollst du haben; ein tödlicher Biss von mir wird es sein«, sagte die Schlange.

    »Wie?« fragte der Bauer da. »Wohltaten belohnst du so?«

    »Ganz Nach Art der Menschen«, sprach die Schlange.

    »Nimmermehr«, entgegnete der Bauer.

    »Komm denn mit mir«, sagte die Schlange, »so will ich dir zeigen, dass der Mensch Wohltaten ebenso zu lohnen pflegt.«

    »Das ist nicht der Menschen Art«, erwiderte der Bauer; »ich möchte sonst keinen Lohn von dir begehren.«

    »Lass dir's beweisen!« sprach die Schlange. Und der Bauer war es zufrieden.

    Die Schlange führte ihn dem nahen Dorfe zu. Am Rande des Weges lag da ein Pferd; das war mager bis auf die Haut. »Was liegst du hier so müßig, du fauler Gaul?« fragte die Schlange das arme Tier.

    »Zur Arbeit«, sagte das Pferd, »bin ich zu alt und zu schwach; der Bauer, dem ich viele, viele Jahre lang schwere Dienste getan habe, gibt mir daher kein Futter mehr. Am Rande des Weges wollt' ich mir's nun hier suchen, doch meine Füße tragen mich nicht mehr. Da wart' ich denn des Abdeckers, der meinem traurigen Leben ein Ende machen wird. Das ist nun mein Lohn für ein Leben voller Plag' und Müh«.

    »Hab' ich dir's nicht gesagt?« wandte die Schlange sich an das Bäuerlein. »Was ich dir sagte, hier siehst du es nun bewiesen!«

    »An dem armen Pferde wohl«, sprach der Bauer, »allein so undankbar, wie dessen Herr, sind die anderen Menschen nicht.«

    »Folge mir denn«, sagte die Schlange, »und Lass es dir noch weiter beweisen!«

    Sie gingen fürbass und nun begegnete ihnen ein Mann, der einen Hund an einem Strick hinter sich her zerrte. Des Mannes Gesichtszüge waren so lieblos und hart, als hätte er im Leibe kein Herz.

    Sprach die Schlange zum Hunde: »Was will der Mann mit dir machen?«

    »Ach«, seufzte der Hund, »aufhängen an einem Baum im Walde will er mich! Um ihm sein Vieh auf der Weide zu bewachen, bin ich ihm zu alt. So bekomm' ich nun für all meine Treue meinen Lohn. Und treu habe ich meinem Herrn doch so lange, als ich nur konnte, gedient!«

    »Hast du nun genug gesehen?« fragte die Schlange den Bauer.

    Der aber sagte: »Zeig mir, wenn du kannst, noch ein Exempel solch groben Undankes! Aller guten Dinge sind drei.«

    »Der schlechten leider noch mehr!« sprach die Schlange. »Dir geschehe daher dein Wille!«

    Fürbass gehend, trafen sie bald einen Fuchs. Dem erzählte die Schlange von ihrem Streite.

    »Ich bin dem Rechte so hold«, sprach der Fuchs, »dass es mich schmerzt, wenn ich sehe, dass einem unrecht geschieht. Gern will ich euren Streit daher schlichten, wenn - ihr es wünscht.«

    Der Bauer und die Schlange waren es zufrieden.

    »Erzähle denn auch du mir«, sagte der Fuchs zum Bauer, »wie sich die Sache verhält!« - Und heimlich zog er den Bauer dabei auf die Seite.

    »Was gibst du mir«, fragte er ihn leise, »wenn ich dich von der Schlange befreie?«

    »Alle Hühner«, sagte der Bauer, »die ich besitze.«

    »Wohlan denn«, sprach der Fuchs, »du bist mein Mann! Tu, was ich dir sage, und ich werde dir helfen.«

    So laut, dass die Schlange es hören konnte, fügte er hinzu: »Führt mich dorthin, wo euer Streit sich entspannen hat! Mit meinen eigenen Augen muss ich sehen, wie die Sache sich zugetragen hat.«

    Der Bauer und die Schlange taten, wie der Fuchs es wünschte.

    Beide hieß sie der Schiedsrichter sich dann so niederlegen, wie sie vor dem Streite gelegen waren: die Schlange in dem Erdloche und den Bauer daneben. Auf das Loch musste dieser wieder den Stein legen, genauso, wie er es zum ersten Mal getan hatte.

    »Nun«, sagte der Fuchs dann zum Bauer, »führe mich nach deinem Hause, damit ich meinen Lohn empfange! Die Schlange aber bleibe ruhig unter dem Steine liegen!«

    Da ward das Bäuerlein seines Lebens froh. Die Schlange dagegen flehte, dass man sie aus dem Loche wieder befreie.

    »Da sei Gott vor!« sprach der Bauer. »Zum zweiten Mal begehr' ich deines Dankes nimmer.«

    »Du aber«, sprach er zum Fuchse, »hast mir das Leben errettet. Komm daher heute Abend nach meinem Hofe!« Und er beschrieb dem Fuchse den Weg. »Meine Hühner«, sagte der Bauer, »will ich dir alsdann geben.« Der Fuchs war es zufrieden und lief zurück in seine Höhle. Der Bauer aber kehrte heim in sein Dorf.

    Seinem Weibe erzählte er dort von seinem Handel mit der Schlange und dem Fuchse.

    »Dem Fuchse willst du unsere Hühner geben?« fuhr die Bäuerin da auf. »dass dich der Böse hole, du heilloser Tropf!«

    »Ja, aber«, sprach der Bauer, »was soll ich tun?«

    »Erschlagen«, sagte die Frau, »sollst du ihn, den Hühnerdieb, wenn er kommt! Seinen Balg verkaufen wir dann und du kaufst dir dafür ein Paar neue Schuh'.«

    »Der Handel wär' freilich nicht schlecht«, meinte der Bauer. Und als der Fuchs kam, tat er nach seines Weibes Rat.

    »Recht hat sie doch gehabt, die Schlange«, sagte er dann: »Undank ist allweil der Welt Lohn.«
    Quelle z.B. Weitere Fabeln von - Text im Projekt Gutenberg

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