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Thema: Ethische Aspekte moderner Kampfkunst

  1. #1
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    Standard Ethische Aspekte moderner Kampfkunst

    Hallo Leute,

    ich bin der festen Überzeugung, dass der Kern wahrer KK die Erhaltung und nicht die Zerstörung von Leben ist; damit dient jene der Deeskalation und Kontrolle von Konflikten und nicht dem Gegenteil! In der Tat wurden viele, insb. moderne KK, von intelligenten Leuten entwickelt, die Technik und Methode stumpfer Gewalt entgegensetzten und damit nicht akzeptieren wollten, dass die Starken über die Schwächeren herrschen. Sehr klar formuliert wurde das von Ueshiba. Daher stelle ich mir die Frage, inwiefern es gerechtfertigt ist, dass man Zivilisten militärsche Nahkampf-Systeme lehrt! Diese Systeme sind mE keine KK, sondern als Inhalt der militärischen Ausbildung Methoden der Zerstörung von Leben. Diese Methoden haben ihren Platz in kriegerischen Auseinandersetzungen, aber mE nicht im zivilen Leben. Ich meine daher, dass es mitunter fahrlässig ist, militärische oder daraus abgeleitete Techniken an Zivilisten zu unterrichten. Zum einen, weil kein Bedarf von Zivilisten danach besteht (etwa Entwaffnung von Schußwaffenträgern ect.). Zum anderen, weil es Konflikte eher verschärft und nicht entschärft. Und außerdem, weil es o.g. Kern wahrer KK widerspricht; wahre KK beinhaltet näml. auch moralisch-ethische Aspekte, die untrennbar mit der jeweiligen Kunst verbunden sind (ich meine hiermit aber nicht unbedingt rel.-philosoph. Aspekte). In etwa entspricht das folgenden Analogien: warum sollten Zivilisten zu Sportzwecken militärische Selbstladegewehre führen? O.g. Kriterin, also Bedarf, Konflikteskalation ect. kann man auch darauf anwenden. 2.. Analogie: Warum kaufen Leute super teure Jacken, die dem Konzept nach für Extrembedingen im Gebirge konzipiert sind, obwohl jene Leute nicht mal die Fitness haben, unter solchen Bedingungen zu funktionieren.....Man sollte wirklich in KK-Kreisen mal diskutieren, ob es wirklich gerechtfertigt ist, solche Methoden der breiten Öffentlichkeit zu unterrichten! Insb., weil auch keine Kontrolle besteht, wer diese Techniken lernt und ob derjenige verantwortungsvoll damit umgehen kann- ein Führungszeugnis reicht da mE nicht!!! Ich glaube, dass klassische KK, wie Aikido, Judo, Karate und Kampfsportarten für eine dem Zivilisten angemessene SV-Fähigkeit völlig ausreichen. Es gibt einige KK-Verbände, die das erkannt haben und damit verantwortungsvoll i.S. des Kerns wahrer KK handeln: der DJJV unterrichtet Polizei- und militärische Techniken bsw. am Bundesseminar nur an Amtsträger. Bestimmt gibt es weitere Bsp.
    Wie sehr ihr das?

  2. #2
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    Ich denke, "wahre KK" (welche genau sind das eigentlich?), haben ihren Ursprung in militärischen / kriegerischen Konflikten und den entsprechenden Systemen. Vereinfacht gesagt: was wir heute als Karate etc. pp. kennen, war ursprünglich ein militärisches System. Über die Jahrhunderte haben sich die Systeme gewandelt, manche sind zu Sportarten geworden, manche sind verloren gegangen und werden heute nur noch als leere Form unterrichtet, ohne das die Ausübenden damit kämpfen könnten. Allen Kampf künsten gemeinsam ist aber, dass sie ursprünglich, in grauer Vorzeit mal den Sinn hatten, dem Gegner möglichst hart den Schädel runter zu prügeln.

    Manche sind dann bis heute zu Bodenturnen mit Esoterik degeneriert.
    Kannix, 24.06.2010, 14:17 Uhr: "Also ich hab noch oben ein Luftgewehr, ganz normal. Bei Katzen jedenfalls gibts keine sichtbaren Verletzungen"

  3. #3
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    Kampfkunst hat viel mit Lernen, Beobachten , Erforschen , Reflektieren zu tun. Es geht um Entwicklung , nach Innen und nach Außen. und auf dieser Reise kommt man nicht an Selbst-kennenlernen , Selbstbeobachtung, Selbstreflexion vorbei.

    bleibt die Sicht nach Innen aussen vor, stagniert irgendwann diese Entwicklung.

    wie schon in dem Messerthread angesprochen , kommt man an der "bewussten" Betrachtung seiner "dunklen" (animalischen) Seite nicht vorbei , um überhaupt erst entscheidungsfähig zu werden. Ob, Wann und Wie diese Seiten gelebt werden sollen/müssen. daraus kann etwas entstehen was nach aussen wie Ethik oder Moral aussieht.

    diese "scheinbare" Ethik ist also gewissermaßen eine Folge , wie ein Bonus ^^, deines unermüdlichen Arbeiten an dir, auf dem Weg deiner Entwicklung, deines Lernens, deiner KK.

    aber sie ist bestimmt nicht von Haus aus ein integraler Bestandteil einer Kampfkunst. selbst wenn es oft so proklamiert .
    wird von Ethik und Moral gesprochen , dann sind das am Anfang erstmal nur Gedankengebäude, Lehrgebäude , Konstrukte . nenne es Vorschläge, wo es vll. Sinn macht hinzusehen.

    aber ......... wenn genau diese theoretische Ethik eines KK-Systems dich hindert dich deiner dunklen Seite zu stellen, um eben deine Ethik in dir zu finden, dann verliert diese von außen übergestülpte KK-Ethik sofort ihre Berechtigung. (stichwort - rosa Welt)

  4. #4
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    Zitat Zitat von TeJutsu Beitrag anzeigen
    ich bin der festen Überzeugung, dass der Kern wahrer KK die Erhaltung und nicht die Zerstörung von Leben ist; damit dient jene der Deeskalation und Kontrolle von Konflikten und nicht dem Gegenteil!
    Dem widerspricht der Ausdruck Kampfkunst irgendwie.

    Zitat Zitat von TeJutsu Beitrag anzeigen
    In der Tat wurden viele, insb. moderne KK, von intelligenten Leuten entwickelt, die Technik und Methode stumpfer Gewalt entgegensetzten und damit nicht akzeptieren wollten, dass die Starken über die Schwächeren herrschen.
    Also wurden sie entwickelt weil schwächere gegen stärker kämpfen mussten. Oder bist du der Meinung das die Schwachen plötzlich gewonnen haben weil sie eben nicht gekämpft haben? Vielleicht waren sie dann ja der moralische Sieger, aber das bringt einem auch nichts wenn man blutend auf dem Boden liegt.
    Außerdem glaube ich das KK nicht entwickelt wurde weil Schwache statt roher Gewalt den dummen Starken Technik und Methode entgegensetzen wollten, sondern weil Krieger ihre Kunst verbessern wollten um am Leben zubleiben.

    Zitat Zitat von TeJutsu Beitrag anzeigen
    Diese Systeme sind mE keine KK, sondern als Inhalt der militärischen Ausbildung Methoden der Zerstörung von Leben. Diese Methoden haben ihren Platz in kriegerischen Auseinandersetzungen, aber mE nicht im zivilen Leben.
    Wie zum Beispiel Aikido, bei dem man lernt sich gegen Schwertangriffe zu wehren? Oder Kendo bei dem man lernt sich mit Schwertern die Rübe einzukloppen? Oder BJJ bei dem man lernt leute zu erwürgen?

    Zitat Zitat von TeJutsu Beitrag anzeigen
    Ich meine daher, dass es mitunter fahrlässig ist, militärische oder daraus abgeleitete Techniken an Zivilisten zu unterrichten.
    Was sind denn für dich militärische Techniken? Die einzige militätische Nahkampftechnik die mir beigebracht wurde ist der Wechsel zur Sekundärwaffe um dann statt 5,56mm/7,62mm großen Friedenstiftern 9mm große zu verteilen. Da ich aber keine Kampfkunst kenne in der das gelehrt wird, weiß ich jetzt nicht was du genau meinst.

    Zitat Zitat von TeJutsu Beitrag anzeigen
    Zum anderen, weil es Konflikte eher verschärft und nicht entschärft.
    Stimmt. Wenn man sich nicht verteidigen kann sind die Konflikte viel schneller vorbei.

    Zitat Zitat von TeJutsu Beitrag anzeigen
    Und außerdem, weil es o.g. Kern wahrer KK widerspricht; wahre KK beinhaltet näml. auch moralisch-ethische Aspekte, die untrennbar mit der jeweiligen Kunst verbunden sind (ich meine hiermit aber nicht unbedingt rel.-philosoph. Aspekte).
    Wie können moralische Aspekte keine religiösen philosopischen Aspekte sein? Immerhin entspringt die Moral doch der Religion/Philosophie.
    Davon ist dieses Denken in die KK hineingedichtet wird. Und zwar von Menschen die sich nicht eingestehen wollen das ihnen Kämpfen Spaß macht. Also versuchen sie die Gewalt aus dem Kampf hinaus zu dichten.

    Zitat Zitat von TeJutsu Beitrag anzeigen
    warum sollten Zivilisten zu Sportzwecken militärische Selbstladegewehre führen?
    Weil ihnen das Schießen Spaß macht?

    Zitat Zitat von TeJutsu Beitrag anzeigen
    Es gibt einige KK-Verbände, die das erkannt haben und damit verantwortungsvoll i.S. des Kerns wahrer KK handeln: der DJJV unterrichtet Polizei- und militärische Techniken bsw. am Bundesseminar nur an Amtsträger.
    Ich weiß ja nicht welche super gefährlichen Techniken da unterrichtet werden, aber meiner Meinung nach ist das nur Wichtigtuerei von Leute die eine realitätsfremde Einstellung zur Gewalt haben.
    “Das ist zwar peinlich, aber man darf ja wohl noch rumprobieren.”
    - Evolution

  5. #5
    Yip-Man Gast

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    Zitat Zitat von TeJutsu Beitrag anzeigen

    ich bin der festen Überzeugung, dass der Kern wahrer KK die Erhaltung und nicht die Zerstörung von Leben ist;
    Zählt die Erhaltung des eigenen Lebens nicht?

  6. #6
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    Wenn ich sowas lese tausche ich in meinem Kopf das Wort Kampf immer automatisch gegen "Streicheln", oder den Namen irgendeiner Religion aus.
    Dann ergibt es wenigstens ansatzweise Sinn.

    KK`s sind kultivierte Gewalt. Was man über sich selbst lernt mag ja mit Frieden und Kontrolle zu tun haben, ist aber nicht die zugrunde liegende Idee.
    Kein alter chinesischer Weiser dachte sich "Hm, wie könnte man durch eine Form der körperlichen Ertüchtigung Friede in die Welt bringen?" Ahja. Uffe Fresse vllt.
    Das mit dem Frieden dachten sich in der selben Weise wohl Generäle und Heerführer. Aber dann in einem sehr viel kriegerischerem Kontext.

    Ich würde mit Leuten die so ein verklärtes Bild von KK haben immer gerne mal Sparren. Aber eben die machen das ja häufig nicht. Warum auch die Harmonie gefährden?

    Und ich verstehe auch das Gerede von der charakterformenden Kraft von KK`s nicht.
    Klar man fühlt sich selbstbewusster, stärker, evtl. kontrollierter etc.
    Aber ich werde kein neuer rundum besserer Mensch weil ich zwei mal die Woche ins Breitensport Ju-Jutsu oder zum Aikido etc. gehe.
    Im Boxen habe ich noch keinen kennengelernt der solche Flausen im Kopf hat.
    Ich frage mich immer wie schlimm oder leer das eigene Leben sein muss um ernsthaft zu glauben sowas würde einen "retten".
    Geändert von Korkell (12-09-2016 um 14:41 Uhr)

  7. #7
    zocker Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Korkell Beitrag anzeigen
    ... Im Boxen habe ich noch keinen kennengelernt der solche Flausen im Kopf hat. ...
    das ist dann wieder der unterschied zwischen kk und ks, glaube ich.


    gruss

  8. #8
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    Zitat Zitat von Korkell Beitrag anzeigen
    KK`s sind kultivierte Gewalt.
    sogar soweit "kultiviert", dass auch natürliche reaktionen des mitleids einerseits und der wut / des hasses im rahmen einer gewalttätigen auseinandersetzung andererseits unter kontrolle gebracht werden sollen. innerer frieden beim niedermetzeln sozusagen. mit sich selbst im reinen sein, wenn man die gewalt "emotionslos" ausübt - aus rein pragmatischen "kämpferischen" gründen, aus gründen der widerspruchsaufhebung von 1.) philosophisch-religiösen paradigmen und 2.) lebensweltlicher, situativer notwendigkeit, sowie aus gründen der "psychischen gesundheit".
    selbstkontrolle und innerer frieden ist etwas, dass keinenfalls im widerspruch zum effektiven ausschalten eines feindes im krieg stehen muss. eigentlich macht das den "perfekten soldaten/krieger" aus - zumindest aus der sicht des kriegführenden profis.

    das daraus dann so ein esoterischer pseudo-asia quatsch draus gemacht wird, ist wohl eine sehr "moderne" entwicklung.
    ... siehe die ganze budo-diskussion: ein einziger widerspruch zwischen historischen tatsachen und moderner/heutiger romantisierung.
    "I prefer them to be awake when I severe their arms and beat them to death with it." Maul Mornie und sein Verhältnis zu k.o.s

  9. #9
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    Ich werf für die japanischen Kampfkünste mal Karl Fridays Essay aus dem Jahr 2014 in die Runde, der durchaus Irritationspotential hat:

    Zitat Zitat von Karl Friday
    The conventional wisdom among scholars and exponents of Japanese martial arts (ryuha bugei) ties its evolution closely to the history of warface, asserting - or rather, assuming - that systems and schools of martial arts originally developed as tools for passing on workaday battlefield skills
    [...]
    This account begins from the logical assumption that ryuha bugei originated as an instrument for ordinary military training, and evolved from there into budo, a means to broader self-development and self-realization [...] It is also fundamentally misleading.
    For, the conventional wisdom notwithstanding, bugei ryuha did not evolve in linear fashion from schools of combative arts (bujutsu) to system of personal development (budo). Budo has, in fact, been a definitive element of ryuha bugei from its inception.
    Early modern texts on swordmanship and other martial arts describe extraordinarily complex phenomena in which various physical, technical, psychological and philosophical factors interwine and interact [...]. Careful consideration of the circumstances under which ryuha bugei first appeared, moreover, strongly suggest that these arts were never meant to be straightforward tools of war [...].
    It is clear, first of all, that ryuha bugei could not have accounted for more than a tiny portion of sixteenth century military training [...]. Nor did the skills that late medieval bugeisha concentrated on developing have a great deal of direct applicability to sixteenth-century warface [...] developments transformed bushi from mercenaries to soldiers and refocused their attention on contributing to the success of the group rather than on distinguishing themselves as individuals [...]. Thus ryuha bugei, which focused on developing prowess in personal combat, emerged and flourished in almost inverse proportion to the value of skilled individual fighters on the battlefield. Moreover, the weapon that played the mosat prominent role in this new phenomenon - the sword - played a decidedly minor role in medieval warface [...]. Sword wounds, by contrast, amounted to just 5% of the casualities for both periods [15. und 16. Jahrhundert].
    In place of the standard narrative, I have suggested that ruyha bugei represented a distinct phenomenon from workaday military training - that it was, from its veryinception, something closely akin to what we now call budo.
    Quelle: Friday, K.F. (2014): Off the Warpath: Military Science & Budō in the Evolution of Ryūha Bugei.
    In: Bennett, A. (Editor): Budo Perspectives Volume One. Chiba-Shi: Bunkasha International, pp. 249-265.

    Vlt. können da die Experten genaueres zu beisteuern.

    Schöne Grüße
    Baghira
    Geändert von KK-Baghira (18-09-2016 um 01:42 Uhr)
    "Empty your mind... be formless, shapeless, like water..." (Bruce Lee)

    www.kampfkunst-ewald.de

  10. #10
    zocker Gast

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    Zitat Zitat von TeJutsu Beitrag anzeigen
    ... ich bin der festen Überzeugung, dass der Kern wahrer KK die Erhaltung und nicht die Zerstörung von Leben ist; ...
    und wenn man zunächst das eigene leben (oder die gesundheit) oder die, angegriffener, unschuldiger dritter eralten will, dabei aber leben oder gesundheit des angreifers beendet?

    ist das dann auch noch der kern der kk?


    ... damit dient jene der Deeskalation und Kontrolle von Konflikten und nicht dem Gegenteil! ...
    wird ein konflikt nicht auch dadurch deeskaliert oder kontrolliert, dass man den angreifer (schnellstmöglich vollständig) kampfunfähig macht?


    insgesamt finde ich, dass bei vielen philosophischen oder soziologischen betrachtungen zu viel augenmerk auf das wohl des täters und zu wenig auf das wohl der (potentiellen) opfer gelegt wird.


    gruss

  11. #11
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    In einer konfliktreichen Welt ist Gewalt zwar ein Übel, aber oft unvermeidbar. Kampfkünste unterliegen einem Wandel, auch weil sie oft die technische Entwicklung eingeholt hat - Gewehre, Raketen und wie man an Nordkorea sieht auch Atombomben sind die Mittel der Wahl. Was keinen militärischen Nutzen mehr hat, wird in der Regel mit anderen Inhalten gefüllt. Von der Kunst her ist das schön, ich liebe es beim Florettfechten den Rumpf treffen zu müssen, das zwingt zu ausgeklügelten Finessen, aber die Extremitäten sind natürlich real nicht tabu und somit hat es einen gewissen Spielcharakter. Kampfkunst ist nicht unbedingt Kampf unter realen Bedingungen und ab einem gewissen Abstraktionsgrad auch nicht mehr dafür geeignet. Dies macht solche Kampfkünste aber nicht automatisch moralisch überlegen. Steht erst mal für sich als eigenes Ding, als Kunstfertigkeit, der Kampf besteht nur noch darin, dass man sich in der Fertigkeit gegeneinander misst.
    Wenn es um den Aspekt Selbstverteidigung geht reicht das nicht, es ist sogar moralisch verwerflich jemanden glauben zu machen er könne sich mit einer stilisierten Kampfkunst verteidigen, damit führt man ihn zur Schlachtbank und ist mit für das Scheitern in einer Notsituation verantwortlich. Wenn etwas zur Selbstverteidigung gelehrt wird muss das auch effizient sein, auch gegen ein starkes Ausmaß an Gewalt. Und da wird es dann schwierig, kann der Schaden begrenzt werden, kann man tödliche Techniken von Seiten des Verteidigers aussparen oder führt das schon dazu, dass man es schon gleich lassen kann? Wenn ich an diese klassischen Kampfsportarten denke aus dem Eingangspost muss ich sagen, das kann man so oder so machen. Beim Karate lernt man beispielsweise beide Varianten, Mawashi Geri zum Antippen und klassisch mit Fuß in die Niere versenken. Das kann es schon für den anderen gewesen sein, ist das dann noch zivil oder schon militärisch? Ich möchte das nicht entscheiden und anderen auch keine Vorschriften machen, wenn das Leben auf dem Spiel steht. Ich sehe nur den Gewaltexzess kritisch, aber darüber kann man ewig diskutieren und in der Realität entscheidet sich das in einem Augenblick. Und wem verweigere ich dieses Wissen, mit welchem Recht, bin ich moralisch die letzte allwissende Instanz? Im allgemeinen werden in den KKs erst mal Basissachen vermittelt, also gefährlich wird man nicht gleich, ich schätze das auf drei Jahre ein bis einer echt Nutzen ziehen kann, wenn es ernst wird. Ein SV Kurs allerdings betont sofortige Anwendbarkeit, aber wenn einer schnell was braucht, moralisch vielleicht kritischer, aber für bestimmte stärker gefährdete Personengruppen gewiss vertretbar. Und mir ist lieber jemand geht zum Krav Maga o.ä. als dass sich eine Waffe mehr oder weniger legal besorgt wird.

  12. #12
    Gast Gast

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    Zitat von TeJutsu
    ... ich bin der festen Überzeugung, dass der Kern wahrer KK die Erhaltung und nicht die Zerstörung von Leben ist; ...

    „Bujutsu is for killing people“
    Ushiro Kenji
    "Bujutsu is for killing people" - Judo-Blog

  13. #13
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    Zitat Zitat von hand-werker Beitrag anzeigen
    Ich denke, "wahre KK" (welche genau sind das eigentlich?), haben ihren Ursprung in militärischen / kriegerischen Konflikten und den entsprechenden Systemen. Vereinfacht gesagt: was wir heute als Karate etc. pp. kennen, war ursprünglich ein militärisches System. Über die Jahrhunderte haben sich die Systeme gewandelt, manche sind zu Sportarten geworden, manche sind verloren gegangen und werden heute nur noch als leere Form unterrichtet, ohne das die Ausübenden damit kämpfen könnten. Allen Kampf künsten gemeinsam ist aber, dass sie ursprünglich, in grauer Vorzeit mal den Sinn hatten, dem Gegner möglichst hart den Schädel runter zu prügeln.

    Manche sind dann bis heute zu Bodenturnen mit Esoterik degeneriert.
    Zweifellos haben Kampffertigkeiten ihren Ursprung in Konflikten, mitunter auch militärischer Natur. Man muss aber differenzieren: was sind Kampfkünste? KK, in der Form, in der sie heute vorliegen, sind eine eher moderen Erscheinung- und davon spreche ich; Aikido bsw. ist erst im 20. Jhd. entstanden; Wing Chun ist vermutlich nicht viel mehr als 100 Jahre alt; BJJ ist noch deutlich jünger ect., JJ sogar noch viel jünger.... man könnte weitere Bsw. anführen. KK als in sich geschlossenes, kohärentes System mit Graduierungen, einer didaktisch sinnvollen Zusammenstellung von Prinzipien und daraus abgeleiteten Techniken ist ein eher modernes Phänomen.
    Als solches beinhaltet es i.d.R. auch moralische Prinzipien der Konfliktvermeidung, der Verhältnismäßigkeit der Mittel ect., darin spiegelt sich wiederum auch eine moralische Weiterentwicklung der Menschheit. Alte KK, man sollte wahrscheinlich nicht von Künsten, sondern eher von Kampf-Feritgkeiten sprechen, lagen in der Form nicht vor. Was man als Bu-Jutsu, als Kampfringen (im europ- Mittelalter) ect. kennt, entspricht nicht o.g. Def. Vielmehr handelt es sich vermutlich um eine eher lose Zusammenstellung von eben Kampffertigkeiten, ohne Graduierungssystem und weitestgehend ohne moralische Prinzipien. Meine These ist daher, dass KK, in der Form, in der sie heute vorliegen (Kriterien habe ich o.g.), eine eher moderne Erscheinung sind, die moralische Werte und Prinzipien umfassen (insb. aber das Prinzip der Verhältnismäßigkeit der Mittel). Am deutlichsten wird das bei Ueshiba, dessen Aikido diese Entwicklung sehr klar wiederspiegelt.
    Die Frage danach, ob militärische Nahkampftechniken in die Hände von Zivilisten, die keine militärische Ausbildung "genossen" haben, gehören, kann man aber auch weitestgehend ohne Bezug auf o.s. führen; es ist vielmehr eine moralische Frage. Tatsache ist
    aber, das möchte ich ergänzend noch anführen, dass es sich bei den sog. "Combatives" nicht um KK im engeren Sinne handelt. Der KK-Ansatz ist für militärische Anwendungen sogar eher kontraproduktiv: aufgrund zeitlicher Aspekte; weil die meisten KK best. Kampfdistanzen bevorzugen; wegen einer didaktischen Anordnung der Techniken, die den militärischen Erfordernissen nicht entspr. ect. Tatsache ist auch, dass es viele Menschen gibt, die nicht verantwortungsvoll mit Kampffertigkeiten umgehen können und damit eine Gefahr für ihre Mitmenschen darstellen. Schon deswegen ist es fahrlässig, den moralischen (sei er rel.-philosophisch motiviert oder eben einfach nur auf sozialen Konventionen gründend) Aspekt von KK zu verleugnen, die eben "mehr" darstellen als "Combatives".

  14. #14
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    Zitat Zitat von Billy die Kampfkugel Beitrag anzeigen
    In einer konfliktreichen Welt ist Gewalt zwar ein Übel, aber oft unvermeidbar. Kampfkünste unterliegen einem Wandel, auch weil sie oft die technische Entwicklung eingeholt hat - Gewehre, Raketen und wie man an Nordkorea sieht auch Atombomben sind die Mittel der Wahl. Was keinen militärischen Nutzen mehr hat, wird in der Regel mit anderen Inhalten gefüllt. Von der Kunst her ist das schön, ich liebe es beim Florettfechten den Rumpf treffen zu müssen, das zwingt zu ausgeklügelten Finessen, aber die Extremitäten sind natürlich real nicht tabu und somit hat es einen gewissen Spielcharakter. Kampfkunst ist nicht unbedingt Kampf unter realen Bedingungen und ab einem gewissen Abstraktionsgrad auch nicht mehr dafür geeignet. Dies macht solche Kampfkünste aber nicht automatisch moralisch überlegen. Steht erst mal für sich als eigenes Ding, als Kunstfertigkeit, der Kampf besteht nur noch darin, dass man sich in der Fertigkeit gegeneinander misst.
    Wenn es um den Aspekt Selbstverteidigung geht reicht das nicht, es ist sogar moralisch verwerflich jemanden glauben zu machen er könne sich mit einer stilisierten Kampfkunst verteidigen, damit führt man ihn zur Schlachtbank und ist mit für das Scheitern in einer Notsituation verantwortlich. Wenn etwas zur Selbstverteidigung gelehrt wird muss das auch effizient sein, auch gegen ein starkes Ausmaß an Gewalt. Und da wird es dann schwierig, kann der Schaden begrenzt werden, kann man tödliche Techniken von Seiten des Verteidigers aussparen oder führt das schon dazu, dass man es schon gleich lassen kann? Wenn ich an diese klassischen Kampfsportarten denke aus dem Eingangspost muss ich sagen, das kann man so oder so machen. Beim Karate lernt man beispielsweise beide Varianten, Mawashi Geri zum Antippen und klassisch mit Fuß in die Niere versenken. Das kann es schon für den anderen gewesen sein, ist das dann noch zivil oder schon militärisch? Ich möchte das nicht entscheiden und anderen auch keine Vorschriften machen, wenn das Leben auf dem Spiel steht. Ich sehe nur den Gewaltexzess kritisch, aber darüber kann man ewig diskutieren und in der Realität entscheidet sich das in einem Augenblick. Und wem verweigere ich dieses Wissen, mit welchem Recht, bin ich moralisch die letzte allwissende Instanz? Im allgemeinen werden in den KKs erst mal Basissachen vermittelt, also gefährlich wird man nicht gleich, ich schätze das auf drei Jahre ein bis einer echt Nutzen ziehen kann, wenn es ernst wird. Ein SV Kurs allerdings betont sofortige Anwendbarkeit, aber wenn einer schnell was braucht, moralisch vielleicht kritischer, aber für bestimmte stärker gefährdete Personengruppen gewiss vertretbar. Und mir ist lieber jemand geht zum Krav Maga o.ä. als dass sich eine Waffe mehr oder weniger legal besorgt wird.
    Glücklicherweise leben wir in einer (mehr oder weniger) zivilisierten Gesellschaft. Mit dem, was Du schr., magst Du recht haben. In der Tat ist es fahrlässig vermeintlich wirkungsvolle Techniken zu vermitteln, die in Wahrheit aber eher realitätsfremd sind. Wenn ein SV-Kurs jedoch "sofortige Anwendbarkeit" lehrt, ist das genauso fahrlässig, weil es so etwas wie "sofortige Anwendbarkeit" eigentlich nicht gibt, da der Kampf nicht nur mit Techniken geführt wird und i.d.R. ein Kurs von 1 Wo. oder ein paar Tage bei weitem nicht ausreicht um "straßentauglich" zu werden. Der Punkt ist doch der, wieso soll man Zivilisten bzw. Normalbürgern potentiell tödl. Techniken beibringen? Wieso soll man jenen- in unserer Gesellschaft!- Combatives lehren- glücklicherweise leben wir ja nicht in Bürgerkriegsgebieten. Natürlich hat jeder Mensch das Recht sich selbst zu verteidigen, aber auch im Blick auf "Techniken" oder "Systeme" gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit: potentiell tödl. Techniken militärischer Natur nur an Angehörige enspr. militärischer Einheiten; dem muss Kampfkunst, i.S. von Kunst, Rechnung tragen. Oben habe ich ja schon ausgeführt, dass Kunst mehr impliziert als "Combatives". I.S. von Kunst beinhalter KK auch moralische Leitsätze und Prinzipien, spiegel damit die Tatsache wieder, dass der Mensch ein moralisches Wesen ist, spiegelt damit die Tatsache, dass wir uns moralisch weiterentwickeln und, dass sich diese Weiterentwicklung in der "Kunst" niederschlägt.

  15. #15
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    Zitat Zitat von zocker Beitrag anzeigen
    und wenn man zunächst das eigene leben (oder die gesundheit) oder die, angegriffener, unschuldiger dritter eralten will, dabei aber leben oder gesundheit des angreifers beendet?

    ist das dann auch noch der kern der kk?
    Das entspricht mE dem Kern "wahrer" KK, wenn es nicht zu vermeiden ist. Denn das Leben des Angegriffenen, wenn dieser zu Unrecht durch den Aggressor Gewalt erfährt, hat oberste Priorität. Auch hier gilt aber das Prinzip der Verhältnismäßigkeit: wenn es nicht nötig ist, den Angreifer ernsthaft zu schädigen, darf man das nicht tun- das meine ich mit Erhalten von Leben, wobei- nochmal- das Leben des "Unschuldigen" Priorität hat!



    Zitat Zitat von zocker Beitrag anzeigen

    wird ein konflikt nicht auch dadurch deeskaliert oder kontrolliert, dass man den angreifer (schnellstmöglich vollständig) kampfunfähig macht?


    insgesamt finde ich, dass bei vielen philosophischen oder soziologischen betrachtungen zu viel augenmerk auf das wohl des täters und zu wenig auf das wohl der (potentiellen) opfer gelegt wird.


    gruss
    Ja, def., dass ist auch eine Form von Kontrolle des Konfliktes. Kampfunfähig meint aber nicht umbringen! Hier wird also wieder das Prinzip von Erhaltung von Leben wirksam. An diesem Bsp. möchte ich aber nochm. deutlich machen, was ich mit Eskalation von Konflikten meine: wenn man Zivilisten, Normalbürgern Combatives lehrt, kann bei diesen schnell der Eindruck entstehen, sie seien unbesiegbar oder überlegen, sodas diese dazu neigen Kämpf zu führen, anstatt jene, wenn möglich, zu vermeiden: hier wird das Prinzip "ein vermiedener Kampf ist ein gewonnener Kampf" wirksam, Anwendung dieses Prinzip demonstriert wiederum die moralische Überlegenheit des wahren Kampfkünstlers gegenüber Halbstarken oder Brutalos, die mit ihren Kräften nicht menschengerecht umgehen können- aus welchen Gründen auch immer.

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